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Rekrutierungsfähigkeit der Parteien | Parteien in Deutschland | bpb.de

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Rekrutierungsfähigkeit der Parteien

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Die Parteien beziehen sich bei der Mitgliederrekrutierung auf unterschiedliche Teile der Bevölkerung. Zwischen Parteien und Bundesländern unterscheidet sich die Rekrutierungsfähigkeit beträchtlich.

Will man die Parteien im Hinblick auf ihre Fähigkeit zur Mitgliedergewinnung vergleichen, dann helfen die absoluten Mitgliederzahlen nicht weiter. Dies liegt daran, dass die einzelnen Parteien ihre Mitglieder aus einer unterschiedlich großen Zahl von Personen rekrutieren, die zum Parteibeitritt berechtigt sind.

Die SPD kann ihre Mitglieder in ganz Deutschland aus der Bevölkerung ab 14 Jahren rekrutieren. Bei CDU und CSU liegt die Altersgrenze jedoch bei 16 Jahren und zudem kann die CDU nur außerhalb Bayerns und die CSU nur in Bayern Mitglieder gewinnen. Damit ist die Zahl der Parteibeitrittsberechtigten bei der CDU und vor allem der CSU geringer und damit ihre Rekrutierungsfähigkeit, also ihre Fähigkeit zur Gewinnung von Mitgliedern aus dem Kreis der jeweils Beitrittsberechtigten, bei gleicher absoluter Mitgliederzahl höher als bei der SPD.

SPD und CDU haben in den letzten zehn Jahren um Platz 1 bei den absoluten Mitgliederzahlen gekämpft, wobei mal die eine, mal die andere Partei vorne lag. In Bezug auf die Fähigkeit zur Mitgliederrekrutierung wurde die SPD aber schon 1999 von der CDU überholt und seither hat die CDU ihren Vorsprung auch aufrechterhalten. Ende 2021 waren 0,64 Prozent der Bevölkerung außerhalb Bayerns ab 16 Jahren CDU-Mitglied, während 0,54 Prozent derer, die die SPD ansprechen konnte - also der gesamten Bevölkerung ab 14 Jahren - den Weg in die SPD fanden. Beide Parteien wiederum lagen weit hinter der CSU zurück, die im gesamten Untersuchungszeitraum auf Platz 1 lag und in der Ende 2021 1,16 Prozent der bayerischen Bevölkerung ab 16 Jahren organisiert waren.

Betrachtet man das Parteiensystem insgesamt, so hat die Rekrutierungsfähigkeit in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen. Ende 1980, nach dem Hinzukommen der Grünen, waren in der Bundesrepublik insgesamt fast vier Prozent der beitrittsberechtigten Bevölkerung in einer der fünf Bundestagsparteien organisiert. Ende 1989 waren es in der alten Bundesrepublik noch knapp 3,6 Prozent. Nach der Vereinigung 1990 und dem Hinzukommen der PDS konnten die Bundestagsparteien im gesamten Deutschland knapp 3,7 Prozent der Bürgerinnen und Bürger rekrutieren. Ende 2021 waren - trotz des Hinzukommens der AfD und des SSW- nur noch knapp 1,7 Prozent der beitrittsberechtigten Bevölkerung in einer der acht Bundestagsparteien Mitglied. Allerdings ist die gesamte Rekrutierungsfähigkeit in den letzten Jahren nicht mehr so stark gesunken wie früher.

Die Rekrutierungsfähigkeit der einzelnen Parteien unterscheidet sich regional, d.h. zwischen den Bundesländern, beträchtlich. Alle Parteien haben bezüglich ihrer Mitgliederrekrutierung Hochburgen und Regionen, in denen sie schwach vertreten sind. Bei der SPD und den Grünen bilden die fünf ostdeutschen Bundesländer das Schlusslicht. In Ostdeutschland rekrutierte die SPD Ende 2021 nur zwischen 0,1 Prozent (Sachsen) und knapp 0,3 Prozent (Brandenburg) der jeweils beitrittsberechtigten Bevölkerung. Im Saarland hingegen sind 1,7 Prozent, in Rheinland-Pfalz knapp 0,9 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren Mitglied der SPD. Zu den Grünen fanden Ende 2021 in den ostdeutschen Bundesländern nur zwischen 0,07 Prozent (Sachsen-Anhalt und Thüringen) und 0,12 Prozent (Brandenburg) der Beitrittsberechtigten. In Berlin hingegen rekrutierte die Partei 0,4 Prozent und in Hamburg knapp 0,3 Prozent der Beitrittsberechtigten.

Auch die Rekrutierungsfähigkeit der CDU ist im Ostteil des Landes - mit Ausnahme von Thüringen - am geringsten, wobei hier die Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg ähnlich niedrige Rekrutierungsgrade aufweisen. Am geringsten ist die Rekrutierungsfähigkeit in Brandenburg ausgeprägt, wo die CDU nur 0,26 Prozent der Beitrittsberechtigten gewinnen kann, während in den Mitgliederhochburgen Saarland und Rheinland-Pfalz gut 1,7 Prozent bzw. 1 Prozent der Bevölkerung über 16 Jahre Mitglied der CDU sind. Die hohe Rekrutierungsfähigkeit der CSU in Bayern (1,16 Prozent) wird nur noch von der CDU und der SPD im Saarland übertroffen.

Die FDP ist in den fünf ostdeutschen Ländern sowie in Bayern und Bremen rekrutierungsschwach. In Mecklenburg-Vorpommern gehörten Ende 2021 nur 0,06 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren der FDP an, während die Partei in Rheinland-Pfalz und Hessen 0,14 Prozent der Beitrittsberechtigten rekrutieren konnte.

Die Linke bleibt auch 2021 von ihrer Mitgliederverankerung her noch eine ostdeutsche Regionalpartei, die im Westen - außer Berlin - eine deutlich geringere Organisationsbasis aufweist. Das gilt mittlerweile auch für das Saarland - die Heimat von Oskar Lafontaine - das 2017 mit knapp 0,3 Prozent noch das rekrutierungsstärkste Bundesland war, seit 2019 jedoch auf den 6. Platz zurückgefallen ist. Hervorzuheben ist, dass die Linkspartei auch in ihren ostdeutschen Hochburgen - mit höchstens 0,22 Prozent der Beitrittsberechtigten in Brandenburg - nirgendwo auch nur annähernd die Rekrutierungsfähigkeit der CDU, SPD und CSU in ihren westdeutschen Hochburgen erreicht.

Bei der AfD kommen die rekrutierungsschwächsten Bundesländer alle aus dem Westen. Schlusslicht ist Bremen mit 0,02 Prozent. Die vier Länder mit dem höchsten Rekrutierungsgrad liegen seit 2019 im Osten, wobei Sachsen-Anhalt, das 2017 noch auf dem 11. Platz lag, 2021 mit gut 0,07 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren auf den 1. Platz vorgerückt ist.

Der SSW rekrutiert seine Mitglieder nur aus Schleswig-Holstein. Seine vier Kreisverbände konzentrieren sich auf den Landesteil Schleswig. Ende 2021 waren im gesamten Bundesland 0,12 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren Mitglied des SSW.

Betrachtet man das Parteiensystem der einzelnen Bundesländer insgesamt, dann ist die Rekrutierungsfähigkeit im Saarland am höchsten. Hier waren Ende 2021 insgesamt gut 4 Prozent der beitrittsberechtigten Bevölkerung in einer der Bundestagsparteien organisiert. Den zweiten Platz nimmt - mit großem Abstand - Rheinland-Pfalz mit knapp 2,3 Prozent ein. Das Schlusslicht bilden die fünf ostdeutschen Bundesländer, in denen zwischen 0,84 Prozent (Sachsen) und 1,08 Prozent (Thüringen) der jeweils Beitrittsberechtigten Mitglied in einer der Parteien sind.

Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen

Unter der Rekrutierungsfähigkeit wird der Anteil der Parteimitglieder an den Parteibeitrittsberechtigten verstanden. Für die Grafiken wurde daher für das gesamte Bundesgebiet sowie für jedes Bundesland und für jede Partei die Anzahl der Beitrittsberechtigten ermittelt und zur Anzahl der Parteimitglieder in Beziehung gesetzt. Ende 2021 lebten z.B. in Berlin 3.119.118 Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren und die CDU hatte dort zu dieser Zeit 12.431 Mitglieder. Da man ab 16 Jahren Mitglied der CDU werden kann, waren damit 0,4 Prozent der Beitrittsberechtigten Mitglied der CDU, d.h. die Rekrutierungsfähigkeit der Partei betrug 0,4 Prozent. [HM1]https://charts.datawrapper.bpb.de/fBaNV

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