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Präsidentschaftswahl in Rumänien | Hintergrund aktuell | bpb.de

Präsidentschaftswahl in Rumänien

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Der amtierende rumänische Präsident Klaus Iohannis geht in eine zweite Amtszeit. Er setzte sich am 24. November in einer Stichwahl mit 66,1 Prozent gegen die Ex-Premierministerin Viorica Dăncilă durch.

Amtsinhaber Klaus Iohannis, hier nach der Stimmabgabe im ersten Wahlgang am 10. November, geht in eine zweite Amtszeit als rumänischer Präsident. (© picture-alliance, AA)

Mehr als 18 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Interner Link: Rumänien waren aufgerufen, ein neues Staatsoberhaupt zu wählen. Zur Präsidentschaftswahl kandidierten 14 Personen. Im ersten Wahlgang erhielt der Amtsinhaber Klaus Iohannis rund 37,5 Prozent der Stimmen und verfehlte damit die für einen Sieg notwendige absolute Mehrheit. Deshalb musste er in einer Interner Link: Stichwahl gegen die ehemalige Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă antreten.

Im zweiten Wahlgang am 24. November entfielen 66,1 Prozent der Stimmen auf den Amtsinhaber Klaus Iohannis. Er geht damit in eine zweite Amtszeit. Die ehemalige Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă kam auf 33,9 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung war mit 54,9 Prozent höher als im ersten Wahlgang (50,1 Prozent).

Nachdem bei vergangenen Wahlen in Rumänien immer wieder die erschwerten Wahlbedingungen für die Wählerinnen und Wähler im Ausland kritisiert wurden, durften diese erstmals drei Tage lang ihre Stimme abgeben. Von den insgesamt rund 10 Millionen Wählerinnen und Wählern im zweiten Wahlgang stimmen etwa 944.000 im Ausland ab.

Die letzte Interner Link: Präsidentschaftswahl im November 2014 hatte Klaus Iohannis mit 54,4 Prozent der Stimmen erst in der Stichwahl für sich entschieden – gegen den damaligen Premierminister Victor Ponta, dem er noch im ersten Wahlgang unterlegen war. Die Wahlbeteiligung lag damals bei 64,1 Prozent.

Wie ist die innenpolitische Lage?

Seit der letzten Interner Link: Parlamentswahl im Dezember 2016 regierte in Rumänien die "Sozialdemokratische Partei" (PSD) in einer Koalition mit der "Allianz der Liberalen und Demokraten" (ALDE), zuletzt unter der Führung von Premierministerin Viorica Dăncilă. Versuche der Regierung, die Strafen für Korruptionsdelikte zu lockern, führten in den letzten Jahren immer wieder zu Interner Link: Massenprotesten und internationaler Kritik.

Bei der Europawahl im Mai 2019 stürzte die Regierungspartei PSD auf 22,5 Prozent der Stimmen (Parlamentswahl 2016: über 45 Prozent). Am Tag nach der Wahl bestätigte das Oberste Gericht außerdem eine dreieinhalbjährige Haftstrafe wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch gegen Liviu Dragnea, bis dahin Parteivorsitzender der PSD. Im August zerbrach die Koalition von PSD und ALDE im Streit um die Präsidentschaftskandidatur der unpopulären Premierministerin Viorica Dăncilă. Anschließend regierte sie in einer Minderheitsregierung weiter, bis ihre Regierung am 10. Oktober durch ein Misstrauensvotum gestürzt wurde.

Staatspräsident Klaus Iohannis beauftragte anschließend Ludovic Orban, Parteichef der "Nationalliberalen Partei" (PNL), mit der Bildung einer Regierung – Neuwahlen schließt die rumänische Verfassung in den sechs Monaten vor einer Präsidentschaftswahl aus. Am 4. November hat das rumänische Parlament einer von Ludovic Orban geführten Minderheitsregierung das Vertrauen ausgesprochen. Für den Präsidentschaftswahlkampf blieb vor dem Hintergrund der wochenlangen Regierungskrise wenig Raum.

Wie viel Macht hat ein rumänischer Präsident?

Die Präsidentin oder der Präsident ist Staatsoberhaupt und repräsentiert den rumänischen Staat. Daneben gibt es noch eine Premierministerin oder einen Premierminister, der die Regierung führt und von dem Vertrauen der beiden Parlamentskammern abhängig ist. Man spricht von einem semipräsidentiellen Regierungssystem.

Die Kompetenzen der Präsidentin oder des Präsidenten beschränken sich vor allem auf die Regierungsbildung sowie die Außen- und Verteidigungspolitik. Außerdem kann sie oder er laut rumänischer Verfassung "Fragen von nationalem Interesse" dem Volk zur Abstimmung vorlegen (Referendum).

Während seiner Amtszeit hat der aktuelle Präsident Klaus Iohannis immer wieder in das politische Tagesgeschäft eingegriffen. Die letzten Jahre waren geprägt von einem Dauerkonflikt zwischen PSD-Regierung und dem Staatspräsidenten, zum Beispiel über die Externer Link: umstrittene Justizreform , die Externer Link: Absetzung der Leiterin der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (DNA) Laura Kövesi und die Externer Link: Frage der Verlegung der rumänischen Botschaft in Israel. Zuletzt verzögerte unter anderem ein Streit um den rumänischen Vorschlag für die neue Europäische Kommission deren Amtsantritt.

Von seinem Initiativrecht für Referenden hat der Amtsinhaber im Frühjahr 2019 Gebrauch gemacht: In einem Interner Link: Referendum über die umstrittene Justizreform stimmten rund 86 Prozent der Wählerinnen und Wähler für ein Verbot der Amnestie und Begnadigung bei Korruptionsverbrechen und der Verabschiedung von Justizgesetzen per Eilverordnung.

Wer trat zur Wahl an?

Insgesamt kandidierten Externer Link: 14 Personen für das Amt des Präsidenten oder der Präsidentin. Da der Amtsinhaber Klaus Iohannis die notwendige absolute Mehrheit im ersten Wahlgang verfehlte, musste er sich in einer Stichwahl gegen die zweitplatzierte Viorica Dăncilă durchsetzen.

Der Amtsinhaber Klaus Iohannis geht als Favorit in die Wahl. Er wurde von der "Nationalliberalen Partei" (PNL) unterstützt. In seinem Wahlprogramm warb er für ein "normales Rumänien" und versteht darunter einen Staat, der im Dienste seiner Bürgerinnen und Bürger agiert. Dazu will er in seiner Rolle als Präsident die Unabhängigkeit der Justiz garantieren, den Kampf gegen die Korruption unterstützen und den Wohlstand stärken. Iohannis gehört der Interner Link: deutschsprachigen Minderheit der Interner Link: Siebenbürger Sachsen an und war von 2000 bis 2014 Bürgermeister der Stadt Sibiu (Hermannstadt).

Für die "Sozialdemokratische Partei" (PSD) kandidierte die Parteivorsitzende Viorica Dăncilă. Seit Januar 2018 war sie rumänische Premierministerin, im Oktober 2019 wurde ihre Regierung durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Von 2009 bis 2018 war Dăncilă Mitglied des Europäischen Parlaments. Mit einem "Pakt für den Wohlstand" warb Dăncilă in ihrem Wahlprogramm vor allem um einkommensschwache Wählerinnen und Wähler.

Zwölf Kandidatinnen und Kandidaten sind im ersten Wahlgang ausgeschieden, darunter Dan Barna (14,7 Prozent) und Mircea Diaconu (9,0 Prozent).

Der Jurist Dan Barna kandidierte für ein Bündnis aus zwei relativ jungen Parteien: Die "Union Rettet Rumänien" (USR) und die "Partei der Freiheit, Einheit und Solidarität" (PLUS) sind schon zur Europawahl gemeinsam angetreten. Kernthema des Wahlbündnisses ist der Kampf gegen Korruption. Im Wahlprogramm warb Barna für eine Verfassungsreform und wollte die Kompetenzen des Präsidenten stärken, Vorbestrafte von öffentlichen Ämtern ausschließen und die Anzahl der Abgeordneten im Parlament reduzieren. Barna landete im ersten Wahlgang mit 14,2 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz.

Die Kandidatur des Schauspielers Mircea Diaconu wurde von der "Allianz der Liberalen und Demokraten" (ALDE) und der Partei "Für Rumänien" (PRO) unterstützt. ALDE war bis August 2019 als Koalitionspartnerin der PSD an der Regierung beteiligt, PRO wurde vom ehemaligen Ministerpräsidenten Victor Ponta als Abspaltung der PSD gegründet. Das Wahlbündnis hofft daher auch auf die Unterstützung von ehemaligen PSD-Wählerinnen und -Wählern. Diaconu kam auf neun Prozent der Stimmen.

Wie wird die Präsidentin oder der Präsident gewählt?

Die Präsidentschaftswahl findet in Rumänien alle fünf Jahre statt. Wahlberechtigt ist, wer die rumänische Staatsbürgerschaft besitzt und das 18. Lebensjahr am Wahltag vollendet hat. Als Präsidentin oder Präsident gewählt ist, wer im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen kann. Erhält keine Bewerberin oder kein Bewerber die erforderliche Mehrheit im ersten Wahlgang, findet zwei Wochen später eine Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten statt.

Für Kritik und Proteste sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder der erschwerte Zugang zu Wahlen für die im Ausland lebenden rumänischen Wahlberechtigten. Einem Externer Link: OECD-Bericht zufolge lebten in den Jahren 2015/2016 mindestens 3,6 Millionen Rumäninnen und Rumänen im Ausland. Die meisten davon lebten in Italien (über eine Million), Deutschland (680.000) und Spanien (573.000). Aufgrund der geringen Zahl an Auslandswahllokalen mussten zuletzt bei der Europawahl 2019 Wahlberechtigte stundenlang warten oder konnten nicht abstimmen. Die Opposition warf der Regierung vor, den Zugang zur Wahl im Ausland gezielt zu behindern.

Um rumänischen Staatsangehörigen, die im Ausland leben, die Stimmabgabe zu erleichtern, hatten diese bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl erstmals die Möglichkeit, ihre Stimme über drei Tage hinweg abzugeben – vom 8. bis 10. November. Der zweite Wahlgang fand im Ausland vom 22. bis 24. November statt. Das rumänische Außenministerium hatte im Vorfeld der Wahl außerdem bekanntgegeben, dass weltweit 835 Auslandswahllokale eingerichtet werden – das sind fast doppelt so viele wie bei der Europawahl (441) und fast dreimal so viele wie bei der letzten Präsidentschaftswahl vor fünf Jahren (294). Allein in Deutschland standen 80 Wahllokale zur Verfügung, 2014 waren es nur fünf.

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