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Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

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Seit 1996 ist der 27. Januar in der Bundesrepublik der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Der Tag erinnert an die Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz vor 78 Jahren, in dem mehr als eine Million Menschen ermordet wurden.

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Deutschland. Berlin. Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Wie wird heute an den Holocaust erinnert? Ein Kurzfilm zum Nachdenken und Diskutieren.

Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Soldaten das Interner Link: Konzentrations- und Vernichtungslager Interner Link: Auschwitz. Auf dem Gelände befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch etwa 7.000 Menschen. Wie kein anderer Ort symbolisiert Auschwitz die Verbrechen der Nationalsozialisten. Hier wurden zwischen von 1940 und 1945 mindestens 1,1 Millionen Menschen ermordet.

Auschwitz im System der Konzentrations- und Vernichtungslager

Nach der Interner Link: Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden politische Oppositionelle und Interner Link: rassistisch und sozial Verfolgte auf der Grundlage der "Reichstagsbrandverordnung" in Konzentrationslagern interniert. Das erste Lager dieser Art entstand im März 1933 in Dachau. Mit den Interner Link: Nürnberger Gesetzen gab es ab 1935 auch eine juristische Grundlage für die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung sowie der Sinti und Roma. Die bestehenden Lager wurden zu Stätten der Zwangsarbeit ausgebaut und Häftlinge als Arbeitssklaven ausgebeutet.

Das Konzentrationslager Auschwitz wurde 1940 in der Nähe der Stadt Oświęcim im besetzten Polen errichtet. SS-Reichsführer Heinrich Himmler ordnete 1941 den Ausbau des Lagers an. Daraufhin entstand drei Kilometer entfernt das Arbeits- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, in dem zunächst vor allem sowjetische Kriegsgefangene interniert wurden. Die meisten von ihnen starben durch Hunger, Folter und Krankheiten oder wurden auf andere Weise ermordet. Im September 1941 wurde in Auschwitz erstmals das Giftgas Zyklon B eingesetzt.

Gleichzeitig begann die Interner Link: massenhafte Deportation von Jüdinnen und Juden in Ghettos im Osten Europas. Die NS-Führung hatte die "Endlösung der Judenfrage" bereits beschlossen, bevor 1942 auf der "Interner Link: Wannsee-Konferenz" die Organisation des Völkermords geplant wurde. Ab Ende 1941 errichteten die Nationalsozialisten Vernichtungslager, deren vorrangiges Ziel die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung Europas war. Das erste Vernichtungslager entstand in der polnischen Stadt Chelmno, 70 Kilometer westlich von Lodz. 1942 entstanden im Distrikt Lublin die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka. Insgesamt wurden in diesen drei letzteren Lagern etwa 1,7 Millionen Menschen ermordet.

Mehr als 90 Prozent der Opfer von Auschwitz waren jüdisch

In Auschwitz-Birkenau "selektierte" die SS an der sogenannten Rampe, wo die Deportationszüge ankamen, zwischen "Arbeitsfähigen" und jenen, die sofort ermordet werden sollten. Eine Mehrheit der Deportierten, darunter ältere und kranke Menschen, viele Frauen und Kinder, wurde als nicht arbeitsfähig angesehen und direkt in die Gaskammern getrieben. Zunächst wurde die Leichenhalle des Krematoriums I im Stammlager als Gaskammer genutzt. Ab 1943 wurden in Auschwitz-Birkenau vier Gaskammern betrieben. Die Leichen ließ man anschließend verbrennen. Wertsachen der Opfer wurden gesammelt und meist nach Deutschland verbracht.

Schätzungen des Museums Auschwitz zufolge waren unter den mindestens 1,1 Millionen Toten etwa eine Million Jüdinnen und Juden, die meisten von ihnen wurden aus Ungarn und Polen deportiert. Weitere 70.000 bis 75.000 Polinnen und Polen, 21.000 Interner Link: Sintize und Sinti sowie Romnia und Roma, 14.000 sowjetische Kriegsgefangene und 10.000 bis 15.000 Menschen, die aus anderweitigen rassistischen Motiven deportiert wurden oder bestimmten Religionen angehörten, wurden in Auschwitz ermordet. Von den 1,3 Millionen Menschen, die das NS-Regime insgesamt nach Auschwitz deportierte, wurden 400.000 registriert und damit formell im Lager interniert. Von ihnen kamen etwa 200.000 Menschen durch Hunger, Entkräftung, willkürliche Gewalt und Exekutionen ums Leben. Weitere 200.000 in Auschwitz registrierte Menschen wurden im Laufe der Zeit in andere Lager deportiert, wo ein großer Teil von ihnen umkam.

Versuch der Spurenbeseitigung am Ende des Krieges

Als Ende des Jahres 1944 sowjetische Truppen Richtung Westen vorrückten, begannen die Nationalsozialisten, die Spuren des industriellen Völkermords zu beseitigen. Zwischen dem 17. und dem 21. Januar 1945 wurden jene Häftlinge, die noch einigermaßen bei Kräften waren, zu "Interner Link: Todesmärschen" in Richtung Westen gezwungen. Das letzte Krematorium wurde in der Nacht zum 26. Januar 1945 gesprengt, einen Tag bevor die Rote Armee den Lagerkomplex Auschwitz erreichte und am 27. Januar etwa 7000 Überlebende befreite, darunter rund 500 Kinder.

Internationales Gedenken

Für die sechs Millionen Jüdinnen und Juden, die im Interner Link: Holocaust ermordet wurden, gibt es in Israel bereits seit 1959 einen Gedenktag, den Yom Hashoah, der nach dem hebräischen Kalender jeweils auf den 27. Tag des Monats Nisan fällt. Nach dem gregorianischen Kalender variiert dieser Tag, in diesem Jahr ist er am 8. April.

In Deutschland wird seit 1996 am 27. Januar mit dem "Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus" an die Verbrechen der NS-Herrschaft erinnert. Der damalige Bundespräsident Roman Herzog, der den Tag ins Leben gerufen hatte, bezog das Gedenken auf Interner Link: all jene Menschen, die "einer willkürlich definierten Rasse angehörten oder sonst wie vom willkürlich festgelegten Menschenbild abwichen" und die den rassistischen Kategorien der Nationalsozialisten damit zum Opfer fielen. Als Beispiele nannte er, wobei er die Unvollständigkeit betonte, jüdische, behinderte oder homosexuelle Menschen sowie Sintize und Sinti sowie Romnia und Roma. Doch auch den vielen anderen Menschen, die beispielsweise als „asozial“ gekennzeichnet und verfolgt wurden, ist dieser Tag gewidmet. Viele dieser Gruppen haben lange um eine politische Anerkennung ihrer Opfer ringen müssen.

Daher soll am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismussoll bewusst allen Opfern nationalsozialistischer Herrschaft gedacht werden. In den Bundesländern wird zu diesem Anlass Trauerbeflaggung angeordnet.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen erklärte den 27. Januar im November 2005 zum "Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust". Er wurde zum ersten Mal im darauffolgenden Jahr begangen.

Gedenkstunde im Bundestag

Im Mittelpunkt der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag am 27. Januar 2023 standen Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität im Nationalsozialismus verfolgt wurden. Dazu ergriffen mehrere Rednerinnen und Redner das Wort.

Nach einer Eröffnungsrede der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sprach die Holocaust-Überlebende Rozette Kats, die sich vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biografie auch für sexuelle Minderheiten einsetzt. Im weiteren Verlauf der Gedenkstunde wurde die nationalsozialistische Verfolgung sexueller Minderheiten anhand der Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus vorgestellt. Im letzten Teil der Gedenkstunde sprach Klaus Schirdewahn als Vertreter der queeren Community über die Bedeutung des Gedenkens an die im Nationalsozialismus verfolgten sexuellen Minderheiten.

Hinweis: Der Text wurde erstmals am 26.01.2021 veröffentlicht und wird hier leicht aktualisiert angeboten.

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