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Va bene – Europa verstehen: Italien | Presse | bpb.de

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Va bene – Europa verstehen: Italien Eröffnungsrede von bpb-Präsident Thomas Krüger in München

/ 4 Minuten zu lesen

Mit "Va bene – Europa verstehen: Italien" startet die bpb ein neues Europa-orientiertes bildungspolitisches Veranstaltungsformat. Im Mittelpunkt von drei Tagen politischem Diskurs, Theater, Film, Literatur und Performance stehen Politik, Kultur und Lebensart des zeitgenössischen Italien.

Wo anders als in der italienischsten Stadt Deutschlands lässt sich ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm zu Italien und seinen Beziehungen zu Deutschland besser starten als hier in München?

Sehr geehrter Herr Professor Putz, ich danke Ihnen und der Ludwig-Maximilians-Universität, dass Sie uns diese wunderschöne Aula für unsere Eröffnung zur Verfügung gestellt haben. Ich danke Ihnen, Herr Botschafter, dass Sie den Weg von Berlin nach München gefunden haben, um den Start unseres Projekts mit zu begleiten. Und ich danke Ihnen, Frau Professorin Hartl, dass sich die Landeshauptstadt München und Ihr Kulturreferat für die Durchführung dieses Projekts stark gemacht haben.

Mit der heutigen Eröffnung von "Va bene – Europa verstehen: Italien" startet die Bundeszentrale für politische Bildung ein neues bildungspolitisches und Europa orientiertes Veranstaltungsformat. Drei Tage lang werden wir uns mit unterschiedlichen Vermittlungsformen – wie dem politischen Diskurs, dem Theater und Film, der Musik, Literatur und Performance – dem zeitgenössischen Italien, seiner Politik, Kultur und Lebensart annähern und einer breiten Öffentlichkeit Ausschnitte daraus präsentieren.

Mit Diskussionen zu speziellen und kontroversen Themenstellungen, die Italien mit Deutschland, aber auch mit anderen europäischen Staaten aktuell verbindet, wie z.B. den Reformbestrebungen im "politischen System", der Verflechtung von "Medien und Politik", den Debatten zur "Migration und Integration" sowie der Beschaffenheit der "politischen Kultur und Zivilgesellschaft", möchten wir Sie herzlich einladen, sich eine eigene Meinung über eines unserer wichtigsten Nachbarländer zu bilden. Ein Land, das – von der deutschen und europäischen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – seit den 90er Jahren einen tiefgreifenden gesellschaftspolitischen und institutionellen Wandel erfahren hat, dessen Aufarbeitung und Vermittlung in der bisherigen bildungspolitischen Arbeit zu kurz gekommen ist. Und dessen aktuelle Situation oftmals und vor allem auch in der Mediendarstellung zu einseitig und undifferenziert wiedergegeben wird.

Und es ist nach wie vor – oder gar erneut – wichtig, die immer noch existierenden Vorurteile und Klischees in beiden Ländern zu beleuchten und offen zu thematisieren. "Italiener und Deutsche kennen sich seit vielen Jahrhunderten", hat der ehemalige italienische Botschafter in Deutschland und jetzige italienische Präsident der Villa Vigoni, Luigi Vittorio Ferraris, einmal geschrieben, "so gut, dass sie sich nicht verstehen."

In einem Europa aber, das auf die Bildung einer gemeinsamen Identität und die Schaffung einer europäischen Öffentlichkeit setzt, ist es unabdingbar, dass alte Ressentiments, Missverständnisse oder Klischees nicht länger verdrängt oder als skurrile Gemeinplätze behandelt werden.

Ich freue mich daher sehr, dass wir während der drei Tage hier in München Professor Gian Enrico Rusconi auf verschiedenen Veranstaltungen begrüßen können. Ihr aktuelles Buch "Germania Italia Europa", sehr geehrter Professor Rusconi, ist ja heute Vormittag bereits im Rahmen unserer Reihe vorgestellt worden. Es setzt sich mit den Vorurteilen in unseren beiden Ländern während der vergangenen 150 Jahre auseinander. Zurecht haben sie im Kontext der europäischen Integration darauf verwiesen, dass wir die gemeinsame deutsch-italienische Geschichte "kritisch und solidarisch neu lesen müssen, wenn wir die Vorurteile wirklich abbauen wollen."

Italien als modernes gesellschaftliches Laboratorium, Europa als Ort der Veränderung und neuen Orientierung denken und öffentlich präsentieren – das ist das Ziel unserer Veranstaltungsreihe zu Italien, die heute hier in München beginnt, wo sonst. Für die bpb als einer zwar primär national ausgerichteten Organisation, die sich aber verstärkt internationalen Prozessen öffnet, besteht ein grundlegender öffentlicher Auftrag und damit ein substanzielles Interesse an der nationalen Aufbereitung und Vermittlung transnationaler und bilateraler Diskurse aus Politik, Gesellschaft und Kultur. Folglich erhoffen wir uns eine über den reinen Informationsbedarf hinausgehende neue kulturelle Produktivität und intellektuelle Stimulanz, die keine gängigen Klischees und Stereotypen vermitteln, sondern neue europäische Diskurse auf den Weg bringen.

Für eine Veranstaltungsreihe mit mehr als einhundert Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Journalismus und Kunst, wie ich sie heute eröffnen darf, sind intensive Vorbereitungen nötig. Ich danke insbesondere unseren Kooperationspartnern und dem Organisation-steam für die fruchtbare und konstruktive Zusammenarbeit. Ich danke ganz besonders den Häusern, bei denen wir die nächsten Tage zu Gast sein dürfen, der Ludwig-Maximilians-Universität, dem Forum Goethe-Institut, dem Literaturhaus München, der Seidlvilla, der Muffathalle, dem Centrum für angewandte Politikforschung und der Münchner Stadtbibliothek. Darüber hinaus natürlich dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München, den Goethe-Instituten in Rom und Genua, der Europäische Akademie, dem deutsch-italienischen Journalistenverein, dem Circolo Cento Fiori und der Villa Vigoni, dessen deutschen Präsidenten und langjährigen Italien-Korrespondenten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Erich Kusch, ich hier ebenfalls sehr herzlich begrüßen darf.

Mein ganz spezieller Dank gilt auch unserem Kooperationspartner, der Compagnia di San Pao-lo und ihrem Generalsekretär, Piero Gastaldo, die dieses Projekt mit gefördert und unterstützt haben sowie Professor Ugo Perone, dem ehemaligen Leiter des italienischen Kulturinstituts, der dieses Projekt mit begleitet hat.

Lassen Sie mich schließlich dem Eindruck entgegen treten, dass in den nächsten drei Tagen nur schwerwiegende politische und gesellschaftliche Diskurse geführt werden – wir werden Sie mit musikalischen Melange-Stücken des bekannten italienischen Jazzkünstlers Nicola Conte ebenso unterhalten wie mit "Baal" von Berthold Brecht in der Fassung des Envers Theaters sowie aktuellen Filmen und Lesungen von bekannten zeitgenössischen italienischen Autoren und Autorinnen.

Aber schließlich soll auch die Vermittlung der italienischen Lebensart nicht zu kurz kommen. Am Freitag Abend werden die Autoren und Journalisten Jan Weiler, Roberto Giardina und Dietmar Polaczek über die besonderen deutsch-italienischen Beziehungen aus ihren Büchern im Literaturhaus lesen. Jan Weilers Beschreibungen über seine angeheiratete italienische Sippe sollen uns hier einen kleinen Vorgeschmack, auf den Esprit der nächsten Tage geben:

"Als ich meine Frau heiratete, konnte ihre süditalienische Familie leider nicht dabei sein. Zu weit, zu teuer, zu kalt. Schade, dachte ich und öffnete ihr Geschenk. Zum Vorschein kam ein monströser Schwan aus Porzellan mit einem großen Loch im Rücken, in das man Bonbons füllt. Menschen, die einem so etwas schenken, muss man einfach kennen lernen."

In diesem Sinne möchte ich Sie zu spannenden, interessanten und unterhaltsamen Tage einladen.

Fussnoten