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"Ecopreneure": Nach der Dekade des Umweltmanagements das Jahrzehnt des nachhaltigen Unternehmertums? | Die Diskussion um Nachhaltigkeit | bpb.de

Die Diskussion um Nachhaltigkeit Editorial Konstruktives braucht Zeit. Über die langsame Entdeckung der Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit: Politik mit gesellschaftlicher Perspektive Lokale Agenda 21 in Deutschland - eine Bilanz 10 Jahre nach Rio - Wie nachhaltig ist die Agrarpolitik? "Ecopreneure": Nach der Dekade des Umweltmanagements das Jahrzehnt des nachhaltigen Unternehmertums?

"Ecopreneure": Nach der Dekade des Umweltmanagements das Jahrzehnt des nachhaltigen Unternehmertums?

Stefan Schaltegger Holger Petersen Holger Stefan / Petersen Schaltegger

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Dieser Beitrag vermittelt einen Überblick über Merkmale des Ecopreneurships und grenzt diesen Wirtschaftstyp von anderen Geschäftsformen idealtypisch ab. Die Alternativen werden in einer Positionierungsmatrix gegenübergestellt.

I. Einleitung

Für Unternehmen gewann die Vision einer öko-effizienten Wirtschaftsweise und einer nachhaltigen Entwicklung (sustainable development) durch die UNCED-Konferenz in Rio de Janeiro vor zehn Jahren maßgeblich an Bedeutung. Inzwischen wurden viele Konzepte des Umweltmanagements entwickelt und in der Praxis umgesetzt. Mit der Richtlinie zum europäischen Umweltmanagementsystem EMAS und der Umweltmanagementnorm ISO 14001 wurden Standards gesetzt, nach denen sich mehrere tausend Unternehmen zertifizieren ließen. Nun wird von immer mehr Unternehmen der Schritt aus der Öko-Nische gemacht, um mit einer konsequent nachhaltigen Ausrichtung des Kerngeschäfts in den Massenmarkt zu treten.

Die Behandlung betrieblicher Umweltschutzaufgaben als ein juristisches und technisches Problem und die Umsetzung von betrieblichen Umweltstrategien hat zwar in vielen Fällen zu erfreulicher Reduktion von negativen Umwelteinwirkungen geführt. Umweltschutz hat in diesen Fällen indes kaum Eingang in die Kerngeschäftsprozesse der Firmen gefunden. Demgegenüber haben in jüngerer Zeit einige Unternehmen die Innovationsdynamik des Unternehmertums mit der Vision einer nachhaltigen Entwicklung verbunden. Darauf beruht das vorliegende Konzept des Ecopreneurships. Vor dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg ist es Zeit zu diskutieren, wodurch die aufkommende Entwicklung zum Ecopreneurship gekennzeichnet ist.

II. Typologie des Ecopreneurships

Was kann unter Ecopreneuren idealtypisch verstanden werden, und wodurch unterscheiden sie sich von anderen Geschäfts- und Umweltmanagementformen? Grundsätzlich tragen Unternehmen am effektivsten zur Verbesserung der Umweltqualität und zur nachhaltigen Entwicklung bei, wenn sie umweltbezogene Problemlösungen zum Kerngeschäft machen und ihre Innovationen auf dem Massenmarkt Platz greifen können. Mit dieser Einschätzung liefern wir die Ausgangsthese und lenken die Aufmerksamkeit genau auf jene Akteure, die wir Ecopreneure nennen. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass nur solche Unternehmen einen echten Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten, die erstens Nachhaltigkeit als bedeutendes Ziel erkennen und umsetzen und die zweitens einen bedeutenden Nachfrageimpuls in ihrem Markt auslösen, das heißt, eine große Marktwirkung ausüben.

Ecopreneure streben hohe Marktanteile mit Innovationen zur Lösung von Umweltproblemen an. Ihre Motivation geht dort über herkömmliches Umweltmanagement hinaus, wo nicht nur Umweltschäden und Umweltkosten in der Produktion gesenkt oder exklusive Öko-Nischen bedient werden sollen, sondern umweltbezogene Problemlösungen das Angebotsprofil eines Unternehmens auf eine solide, umsatzstarke Basis stellen. Zunehmende Entlastungen in der Umweltnutzung für eine möglichst große Zahl von Umweltnutzern ist das Resultat, wenn Ecopreneure auf den Markt treten, dort Fuß fassen und den Wettbewerb prägen können. So ziehen Ecopreneure im Idealfall den gesamten Markt hinter sich her und potenzieren den Effekt für eine nachhaltige Entwicklung durch eine bessere Erfüllung der Kundenwünsche. Ecopreneure entsprechen damit den beiden Maßstäben unserer Ausgangsthese: Sie vermögen den Markt stark zu beeinflussen, und sie geben dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung in ihrer Geschäftspolitik oberste Priorität. Der Unternehmenserfolg soll in erster Linie durch ökologische Problemlösungen für den Massenmarkt erzielt werden. Damit lässt sich Ecopreneurship grafisch wie in Abbildung 1 dargestellt einordnen.

Die beiden Dimensionen "Priorität ökologischer Zielsetzungen" und "Marktwirkung" lassen sich in je drei Ausprägungen untergliedern: Priorität der ökologischen Zielsetzungen (vertikale Dimension): Umweltschutz als treuhänderische Aufgabe, Umweltziele als Ergänzung zu den Geschäftszielen und Umweltziele als zentrale Geschäftsziele. Marktwirkung der Unternehmung (horizontale Dimension): Alternative Szene, Öko-Nische und Massenmarkt .

Aus der Kombination der Dimensionen ergeben sich verschiedene Positionen in Abbildung 1, anhand derer Ecopreneurship abgegrenzt werden kann:

- Organisationen, für die ökologische Fragestellungen ausschließlich eine treuhänderische Aufgabe darstellen und die sich auf die Umsetzung vorgegebener rechtlicher Vorgaben, Normen und Standards konzentrieren, überlassen Umweltfragen in der Regel einer, vom restlichen Unternehmensgeschehen abgelösten, Umweltschutzadministration.

- Im Unterschied hierzu werden beim Umweltmanagement ökologische Aspekte als ergänzende Zielgröße aktiv im betrieblichen Handeln berücksichtigt. Umweltmanagement verfolgt das Anliegen, Umweltaspekte der Unternehmung effizient zu steuern.

Unternehmen in der oberen Ebene in Abbildung 1 behandeln ökologische Fragen schließlich als zentralen Aspekt des Kerngeschäfts, durch den ökonomischer Erfolg und Ansehen erworben werden soll. Auf der horizontalen Dimension, der Marktwirkung, unterscheiden wir die Ausprägungen "alternative Szene", "Öko-Nische" und "Massenmarkt":

- Durch alternatives Wirtschaften gekennzeichnete Anbieter agieren in der "Alternativ-" oder "Öko-Szene" unter ihresgleichen. Der Umsatz soll den persönlichen Lebensunterhalt sichern. Marktanteilsziele einzelner Betriebe bestehen nicht.

- Öko-Nischen spiegeln hingegen kleinere Marktsegmente wider und werden von Bionieren bearbeitet. Der Begriff "Bionier" setzt sich aus "Bio" und "Pionier" zusammen, womit die zentrale Rolle von Forschung und Entwicklung, die mit Marktausrichtung gleichzieht, unterstrichen werden soll. Bioniere zeichnen sich meist durch eine professionelle, kundenspezifische Bearbeitung von Marktnischen für Öko-Produkte aus.

- Im Unterschied hierzu verfolgen Ecopreneure hohe Marktanteile und Umsatzziele auf den ökologischen Massenmärkten.

Nach einer kurzen Darstellung, was unter Entre- und Ecopreneurship verstanden werden kann, werden die der Typologisierung zugrunde gelegten Dimensionen genauer dargestellt.

III. Was ist Ecopreneurship?

Der Begriff "Ecopreneurship" setzt sich aus ökologischer Orientierung ("Eco") und unternehmerischem Handeln bzw. Unternehmertum ("Entrepreneurship") zusammen. Ecopreneurship kann also mit ökologieorientiertem Unternehmertum übersetzt werden. Dem Ecopreneurship lassen sich grundlegende Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit zuordnen. Diese Tätigkeit ist weniger an Managementsysteme oder technische Verfahren als an den persönlichen Antrieb und die Fähigkeiten eines Entrepreneurs gebunden, ökologisch bedeutende Marktchancen für sich zu erschließen. Zum näheren Verständnis ist eine kurze Darlegung ökonomischer Interpretationen des Ecopreneurships hilfreich.

Wer als Entrepreneur gilt und was die Tätigkeit des Entrepreneurships im Einzelnen kennzeichnet, ist in der Theorie nicht eindeutig bestimmt. Dem "Entrepreneur" liegt das französische "entreprendre", übersetzt als "dazwischen gehen", zugrunde. Demgemäß stellen Entrepreneure eine Verbindung her, die sich auf die Überbrückung von Raum, Zeit, Risiken, Informationslücken, Versorgungsengpässen oder sonstigen Hindernissen beziehen kann. Unterschiede zum herkömmlichen Unternehmer sind dabei:

- Entrepreneure gelten eher als Gründer eines neuen Unternehmens und weniger als Führungskräfte alteingesessener Firmen. Entrepreneurship wird von vielen Autoren auf den Prozess der Unternehmensgründung beschränkt.

- Entrepreneure verhalten sich konsequent marktorientiert und hegen ambitionierte Umsatzziele. Das Streben nach Wachstum aus der Gründungsphase heraus wird als wichtiges Kriterium für Entrepreneurship gewertet.

- Entrepreneure werden von traditionellen Unternehmern und Imitatoren häufig anhand ihrer Innovationsfähigkeit abgegrenzt. Entrepreneure verändern die Geschäftswelt demnach durch neue Problemlösungen und erzielen ihr Umsatzwachstum aus den daraus resultierenden Wettbewerbsvorteilen. Sie schaffen die innovative Verbindung zwischen Erfindungen und der Marktnachfrage.

- Schließlich kann Entrepreneurship statt an sichtbaren Ereignissen wie der Unternehmensgründung an der Persönlichkeit festgemacht werden. Entrepreneure sind dann als Person nach ihrer Geisteshaltung, ihrem inneren Antrieb und Ehrgeiz charakterisiert. Aus dieser Perspektive ist Entrepreneurship am ehesten mit "Unternehmergeist" zu übersetzen. Probleme als Chancen zu werten, nach Unabhängigkeit zu streben und Kreativität zu entfalten, kennzeichnet den Entrepreneur als dynamischen Querdenker und Anpacker.

In den Wirtschaftswissenschaften fanden solche typischen Charakterzüge eines Entrepreneurs lange Zeit wenig Beachtung. Besonders in den abstrakten Gleichgewichtsmodellen der Neoklassik kam der Unternehmer als solcher nicht vor. Selbst in der Betriebswirtschaftslehre ist der Unternehmer in persona nicht immer präsent. Das Unbehagen gegenüber Phänomenen, die sich wie selbstständige Menschen in der eigenen Fachlogik kaum eingrenzen, berechnen und determinieren lassen, scheint auch in weiten Teilen der Umweltmanagementliteratur ausschlaggebend dafür zu sein, Unternehmen und Märkte unter Ausschluss von Unternehmerpersönlichkeiten zu diskutieren.

Doch ist die Zahl der Autoren und Forschungseinrichtungen, die den Entrepreneur in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten stellen, inzwischen stark angestiegen. Darunter finden sich vermehrt auch Beiträge zu ökologisch ausgerichteten Entrepreneuren, hier als Ecopreneure bezeichnet. An der Universität Lüneburg wird derzeit der weltweit erste Masterstudiengang zu Ecopreneurship aufgebaut. Im engeren Sinne ist Ecopreneurship als Gründung innovativer ökologieorientierter Unternehmen ein Prozess, der von Umsatz- oder Marktanteilszielen geleitet das Erkennen, Schaffen und Nutzen von Marktchancen von Öko-Innovationen beinhaltet. Ecopreneurship beschreibt damit den essentiellen Kern der unternehmerischen Wertschöpfung als Ausdruck persönlicher ökologieorientierter Motive und Bestrebungen. Während Umweltmanager ein etabliertes Unternehmen in der Regel verlassen können, ohne die Identität der Organisation zu gefährden, sind Ecopreneure konstitutiv für das Profil ihres Unternehmens.

Dementsprechend beschäftigt sich die Literatur zum Entrepreneurship intensiv mit der Frage, welche Eigenschaften Entrepreneure besitzen (sollten) und ob diese angeboren oder erlernbar sind. Nach empirischen Einsichten in das Gründerverhalten einzelner Personen entstehen Unternehmen aus persönlichem Tatendrang, aus Faszination durch eine Geschäftsidee, aus gesundem Zutrauen in die eigenen Stärken und aufgrund psychologischer Motive wie Freiheitsstreben oder Selbstbestätigung. Die genannten Aktivitäten und Charakterzüge eines Entrepreneurs treten im Verlauf der Existenzgründung und des Markteintritts ganz besonders zutage und werden gerade bei der Markteinführung ökologischer Dienstleistungen und Produkte alltäglich gefordert.

Ecopreneurship am äußerlich sichtbaren Prozess der Unternehmensgründung festzumachen und auf die Startphase zu beschränken halten wir jedoch für zu kurz gegriffen, denn auch in etablierten Unternehmen, die Marktwachstum anstreben und Öko-Innovationen entwickeln, ist dieser maßgebliche Antrieb zur Wertschöpfung durch kundenorientierte Umweltleistungen vorhanden. Deshalb betrachten wir Ecopreneurship im weiteren Sinne als innovative, marktorientierte und persönlich angetriebene Form der Wertschöpfung mit Öko-Innovationen und ökologieorientierten Produkten über die Gründungsphase eines Unternehmens hinaus. Dabei wollen wir Ecopreneurship nicht auf die Rolle des leitenden Firmeninhabers beschränken. Im übertragenen Sinne wird die Grundhaltung des Ecopreneurships von vielen Mitarbeitern verfolgt und kann sich, sofern Freiräume und Motivationen bestehen, im Unternehmen tatkräftig auswirken. Mitarbeiter oder Manager, die als Angestellte unternehmerisch denken und handeln, werden als Intrapreneure bezeichnet.

IV. Bedeutung ökologischer Ziele für das Kerngeschäft des nachhaltigen Unternehmens

Der erste Entwicklungspfad verläuft nach Abbildung 1 in vertikaler Richtung. Von einer juristisch auferlegten Pflichtübung bewegt sich der Umweltschutz dort zur zentralen unternehmerischen Zielgröße einer nachhaltigen Entwicklung. Idealtypisch unterscheiden wir dabei in aufstrebender Richtung zwischen Administration, Management und Unternehmertum (s. Abb. 2).

1. Umweltschutz als treuhänderischer Administrationsakt

Aufgaben der Administration oder Verwaltung sind primär auf die Absicherung des Vorhandenen und die korrekte Umsetzung von Vorgaben gerichtet. Begriffe wie Gut, Haus oder Forst, mit denen man das Wort "Verwaltung" üblicherweise verbindet, zeigen an, dass der wesentliche Zweck einer Verwaltung darin besteht, vorhandene Werte zu schützen und Geschäfte oder Einrichtungen ordnungsgemäß zu führen. Einer Verwaltung wird die Gewalt über Bestehendes treuhänderisch verliehen. Der Begriff der Verwaltung kann im ökologischen Kontext durchaus passend angesiedelt sein. In der Forstwirtschaft wird die Idee der Nachhaltigkeit seit dem Mittelalter verfolgt mit dem Ziel, den vorhandenen natürlichen Waldbestand als Kapitalstock nicht aufzuzehren. Auch Umweltschutz entspricht begrifflich dem Prinzip der Bestandssicherung.

Wird Umweltschutz in Unternehmen als Administrationsaufgabe begriffen, liegt dem jedoch eine andere Intention zugrunde. Die Bestandssicherung bezieht sich nicht primär auf die Umwelt, sondern auf den eigenen Handlungsspielraum. Juristische Vorgaben sowie technische und organisatorische Mindeststandards sollen gewährleisten, dass ein Unternehmen am Erreichen seiner primären Zielsetzungen nicht gehindert wird. Im Vordergrund steht dabei die Marktabsicherung durch die Einhaltung vorgegebener Rahmenbedingungen. Dementsprechend wird Umweltschutz als Administrationsaufgabe weniger freiwillig als erzwungenermaßen (nach Vorschrift) erledigt.

Konkret bedeutet dies etwa, gesetzlich vorgeschriebene Umweltbeauftragte zu ernennen, Betriebsgenehmigungen einzuholen, Grenzwerte und Unfallrisiken zu überwachen sowie branchenweite Selbstverpflichtungen zu unterzeichnen und einzuhalten. Die Dokumentation all dieser Vorgänge ist für die Nachweisbarkeit entscheidend. Der Fortgang der Produktion und der Marktzugang sollen durch Dokumente gesichert werden. Auch die Teilnahme an ISO 14001 oder EMAS kann dem Administrationsansatz entsprechen, wenn Unternehmen ihr Umweltengagement auf die formale Einrichtung der Systeme beschränken und sich davon in erster Linie eine erhöhte Rechtssicherheit sowie Erleichterungen im Umgang mit Behörden versprechen. Werden Umweltmanagementsysteme mit dieser bürokratischen Intention eingerichtet, liegt der Schwerpunkt in der Regel eher auf der Dokumentation umweltrelevanter Vorgänge als in der tatsächlichen Verbesserung der eigenen Umweltperformance. Deutlich wird dies etwa an umfangreichen Umwelthandbüchern.

Durch diese Art der Marktabsicherung reagieren Unternehmen defensiv auf gesellschaftliche Einflüsse, die bestehende Märkte und Geschäftstätigkeiten in Frage stellen. Die Diskussion ökologischer Probleme wird eher als bedrohlich wahrgenommen, weil sie Verschärfungen des Umweltrechts befürchten lässt und höhere Kosten nach sich ziehen kann. Unternehmen, die im Umweltschutz einen Administrationsansatz verfolgen, bemühen sich deshalb, die gegebenen Marktstrukturen so lange wie möglich zu erhalten oder nur so zu modifizieren, dass die Umstellung der Produktion und Produkte kostengünstig in moderaten Grenzen verlaufen kann. Diese in vielen Unternehmen noch gängige Praxis der Umweltschutzadministration kann als eine "formschützende Dienstleistung" innerhalb der Unternehmung bezeichnet werden. Bei ihr dominiert die "Vermeidungskomponente" - die Abwehr verändernder Einflüsse. Dem stehen "innovative Dienstleistungen" gegenüber, deren Funktion darin besteht, die Wertschöpfung und die Wohlfahrt durch Effizienz- und Effektivitätsgewinne zu steigern. Solche Dienstleistungen besitzen investiven Charakter und betreffen die beiden folgenden Stufen.

2. Öko-Effizienz als Managementaufgabe

Während im Begriff "Umweltschutz" die administrative Vermeidungskomponente offen mitschwingt, wird der Zweck des Umweltmanagements positiv definiert. Der Antrieb zum Managen entspringt der Absicht, aktiv zu gestalten sowie technische und soziale Möglichkeiten zu nutzen, um die Lebensumstände nach eigenen Vorstellungen zu verbessern. Dies erfordert, dass wir knappe Ressourcen wie Zeit, Geld oder Energie für prinzipiell unbegrenzte Ansprüche und Möglichkeiten der Lebensführung gezielt einsetzen. Dafür sind Prioritäten zu setzen, Kräfte und Ressourcen einzuteilen. Effizienzsteigerungen stehen somit im Vordergrund des Managements.

Unternehmen betreiben Management, weil ihre Ressourcen knapp sind. Während Verwaltung Ressourcen konservieren soll, zielt Management durch Effizienzsteigerung darauf, die Ausstattung mit Ressourcen zu verbessern. Das Gebot der Öko-Effizienz wurde vor einer Dekade in Rio de Janeiro als unternehmerisches Ziel popularisiert. Als Ziel, Wertschöpfung mit möglichst geringem Umweltverbrauch zu erwirtschaften, entspricht es zu sehr der ökonomischen Logik, als dass es bei steigenden Umweltkosten und zunehmenden ökologischen Knappheiten von Unternehmen auf Dauer vernachlässigt werden könnte. Öko-Effizienz als das Verhältnis von Wertschöpfung zum Umweltverbrauch, das heißt der wirtschaftlichen Leistung zur Umweltbelastung, widerspiegelt die relative Umweltfreundlichkeit oder -belastung eines Produktionsprozesses, eines Produktes oder einer Unternehmung.

Die Entdeckung der Öko-Effizienz kam zwar leise daher. Sie veränderte die betriebliche Realität jedoch nachhaltiger als manch anderes Managementkonzept. So zählt der haushälterische, systematisch geplante und kontrollierte Umgang mit Stoffen, Energien und Flächen heute zu den anerkannt guten Managementpraktiken und wird zunehmend häufiger zum Inhalt von Unternehmensanalysen und Öko-Ratings. Zentrale Aufgabe des Umweltmanagements ist damit die systematische Steuerung und das Öko-Controlling der umweltrelevanten Unternehmenstätigkeiten, um die Umwelteinwirkungen möglichst effizient in den Griff zu bekommen. Hierzu werden Umweltmanagementsysteme (UMS) und Instrumente des strategischen Managements wie zum Beispiel eine Sustainability Balanced Scorecard aufgebaut. Sie sind im Unterschied zu administrativen Umweltschutzsystemen (wie EMAS und ISO 14000) weniger an der Normerfüllung als an der Praxis und Logik der Unternehmens- und Geschäftssteuerung ausgerichtet.

Für eine global wirksame Reduktion der absoluten Umwelteinwirkungen und die Erhöhung der Umweltqualität ist Öko-Effizienz erforderlich, jedoch nicht hinreichend. Denn relative Verbesserungen der Umweltbelastungen pro Produkt (oder Deckungsbeitrag) werden oft durch wirtschaftliches Wachstum wieder aufgezehrt. Daraus entsteht die unternehmerische Herausforderung, nicht nur die Öko-Effizienz von Verfahren und Produkten zu gewährleisten, sondern Umweltqualität und Nachhaltigkeit durch eigene Wertschöpfung effektiv zu erhöhen.

3. Nachhaltigkeit als unternehmerische Herausforderung

Um durch gesteigerte Wirtschaftsleistung ökologische Effizienzgewinne nicht aufzuzehren, konzentrieren sich Ecopreneure neben Steigerungen der betrieblichen Öko-Effizienz vor allem auf das Erreichen von Öko-Effektivität. Einen ökoeffektiven Charakter erhält Wertschöpfung in Form innovativer Produkte und Dienstleistungen, die einen wirksamen (effektiven) Beitrag zur Lösung ökologischer Probleme und zur Verbesserung der Umweltqualität leisten. Während durch betriebliche Öko-Effizienz Wertschöpfung relativ weniger Schäden verursacht, betrifft Öko-Effektivität die Frage, inwiefern das Unternehmen in der Lage ist, technische oder organisatorische Problemlösungen, die zu einer absoluten Verbesserung der Umweltqualität führen, erfolgreich auf dem Markt anzubieten.

Effektivität kann generell mit Wirksamkeit oder Treffsicherheit beschrieben werden. Im ökologischen Kontext kann sie anhand der Umwelteinwirkung von Verfahren und Produkten gemessen werden. Die Analyse der Schäden und Gefahren und ihre Veröffentlichung in Fach- und Testpublikationen sowie Massenmedien führen häufig zu neuen Bedürfnissen und Innovationen - nicht nur in der Umwelttechnikbranche, wie der Abfallwirtschaft oder Wasserbehandlung, sondern in nahezu allen Wirtschafts- und Konsumbereichen. Messen, Testgutachten, Fachjournale oder Patentanmeldungen dienen als Signale oder Indikatoren für Trends und Entwicklungen, die von Ecopreneuren aufgegriffen und am Markt potenziert werden können.

Im Unterschied zu vielen Bionieren sind Ecopreneure in der Regel keine Erfinder. Statt Zeit in Laboren zu verbringen, will zum Beispiel Frank Asbeck, Gründer der Solarworld AG, nach eigenen Worten zeigen, "dass man mit Solarstrom Geld verdienen kann". Nur Ausnahmen wie Geoffrey Ballard sind sowohl als Erfinder wie als Unternehmer (Ballard Power) erfolgreich. Ecopreneure arbeiten mit Erfindern jedoch häufig zusammen. Sie machen Erfindungen im ersten Schritt praktisch nutzbar und somit marktfähig, bevor im zweiten Schritt der Vermarktung Bedürfnisse angesprochen werden.

Die Kernaufgabe von Ecopreneuren liegt im Entdecken und Realisieren von ökologieorientierten Marktchancen. Der Antrieb hierzu geht nicht von Vorschriften und Normen oder der möglichen Mehrung betrieblicher Ressourcen aus, sondern vor allem von der Begeisterung für die eigene Geschäftsidee. Die unternehmerische Motivation ist von der eigenen Ressourcenausstattung zunächst losgelöst und kann dazu beitragen, Ressourcen von Investoren zu beschaffen, den Aufbau der benötigten Organisation zu bewerkstelligen und Kompetenzen im Zuge der Umsetzung zu erwerben. Eine treffende Beschreibung dessen, was Unternehmer im Extremfall tun, lautet, dass Unternehmertum eine menschliche Aktivität sei, die einen Wert aus fast nichts schafft. Es ist das Streben nach der Nutzung von Gelegenheiten, unabhängig von fehlenden Ressourcen oder ungeeigneten Rahmenbedingungen. Ideen und Chancen für innovatives Problem-Lösen, mit dem ein Markterfolg realisiert werden kann, sind handlungsleitend. Ökologische Aspekte stellen damit einen integralen Bestandteil des Kerngeschäfts dar. Neben der Priorität ökologischer Zielsetzungen geht die Marktwirkung als zweite Dimension in die Positionierungsmatrix ein.

V. Marktwirkung ökologieorientierter Unternehmen

Ökologische Problemlösungen sind in ihrer Wirkung beschränkt, wenn sie in einer Nische verhaftet bleiben oder wenn die Marktetablierung gar nicht erst gelingt. Durch marktwirtschaftliche Erneuerung "von innen" kann Umweltqualität dagegen verbessert werden, wenn es einem Unternehmen gelingt, eine ökologische Leistung derart attraktiv zu gestalten, dass sie sich auf dem Massenmarkt durchsetzt.

In der Positionierungsmatrix steht das Szenemitglied in horizontaler Richtung neben dem Nischenanbieter und dem Massenmarktanbieter am anderen Ende des Spektrums (s. Abb. 3).

1. Wirtschaften in der Alternativszene

Selbstverwaltung ohne Chefs, Verzicht auf Hierarchien, handwerkliche Produktionsmethoden sowie Verschmelzung von Wohn-, Freizeit- und Arbeitsbereichen sind einige Kennzeichen des alternativen Wirtschaftens. In ihrer Summe wollten sie eine Gegenkultur zur herkömmlichen Wirtschaftspraxis abbilden. Die neuere Alternativbewegung zeichnete sich mit ihrem Aufkommen in den siebziger Jahren vor allem durch die große Zahl ihrer Projekte aus, durch die Gründung von Zeitungen, Verlagen, Teestuben, Kneipen, Landkommunen, Handwerkskollektiven, Dritte-Welt-Läden, Selbsthilfenetzwerken und Tauschringen. Im Unterschied zur vorgelagerten Bewegung der 68er-Studenten gelang es den Alternativen damit, nach ideellen Vorstellungen konkrete, alltagstaugliche Strukturen zu schaffen, in denen unkonventionelle Arbeits- und Konsummuster für Jahre Bestand hatten und zum Teil noch bestehen. In einer Art Gründerwelle entstand eine Szene aus sozialen und organisatorischen Innovationen.

Die Entwicklung zur Szene zeigt gleichzeitig den inneren Widerspruch zur erklärten Utopie, herkömmliche Markt- und Machtstrukturen mit ideellem Elan aufzulösen. Denn die Szene definiert sich aus ihrer Abgrenzung zur Normalität und verdankt ihre Attraktivität der Möglichkeit, aus der Masse hervorzutreten. Der Schauplatz der Szene besteht aus einem Netzwerk lokaler Publika. Der Zusammenhang ergibt sich aus der Ähnlichkeit von Personen, Orten, Einstellungen und Geschmäckern. Zur Szene gehören ein Stammpublikum, feste Lokalitäten, gemeinsame Ansichten und verbindende Erlebnisse. Die Zugehörigkeit stiftet soziale Identität und wird als Gefühl der Gemeinschaft erfahrbar.

Während bestimmte Szenen auf Freizeitaktivitäten beschränkt bleiben (z. B. Technoszene, Kneipenszene usw.), ist die Alternativszene durch Utopien und Werte geprägt, die sich auf alle Lebensbereiche erstrecken und diese miteinander verschmelzen sollen. Das Teilen ideeller Werte befördert ein elitäres Bewusstsein, das den Anstoß zu besonderem Engagement und freiwilliger Verzichtsübung geben kann. Eine Annäherung zwischen Szene und Normalität birgt als "Egalisierung" dagegen stets die Gefahr in sich, das Engagement und die Attraktivität einer Szene zu schmälern.

Übliche Formen der Vermarktung und Werbung werden als problematisch beurteilt, weil sie in den Ruch der Manipulation von Bedürfnissen geraten und den Konsum insgesamt ankurbeln können. Die Preisfestlegung orientiert sich in der Alternativszene nicht an der Zahlungsbereitschaft, sondern an den Produktionskosten. Die persönliche Bereicherung jenseits der allgemein akzeptierten Lebenshaltungskosten (in Wohngemeinschaften) ist nicht regelkonform. Damit fehlen auch ökonomische Anreize, den Handel auszuweiten. Die Umstellung weiterer Bevölkerungsteile auf ökologisch erzeugte Produkte ist deshalb nur möglich, wenn die Szene sich insgesamt ausweitet und der Szenencharakter aufgegeben wird.

2. Fokussierung auf die Öko-Nische

Schon Mitte der achtziger Jahre sagte der Publizist Matthias Horx das "Ende der Alternativen" voraus. Er beschreibt im gleichnamigen Bericht, wie Personen die Szene verlassen und kommerzielle Nischen besetzen, darunter zum Beispiel einen Weinkeller mit toskanischem Ambiente oder einen Kleinverlag. Diese Angebote ähneln auf den ersten Blick den Erzeugnissen der Szeneökonomie. Im Unterschied zur Szene sind die Eigentumsverhältnisse eines Nischenanbieters jedoch klar definiert. Die Gründerunternehmen gehören einem Chef, der die Investition trägt, die Entscheidungen trifft und damit auch Geld verdienen möchte. Produkte und Dienstleistungen sind zwar politisch wie ökologisch "korrekt". Der ideelle Anspruch aber, an der Verwirklichung einer sozialen Utopie teilzuhaben, wird zur Privatsache erklärt, relativiert oder aufgegeben.

In der Öko-Nische wird die in der Szene kultivierte Ästhetik und Umweltkompetenz marktfähig gemacht. Es bedarf keiner besonderen Zugehörigkeit und keiner aktiven Mitarbeit mehr, um in den Genuss ökologischer Produkte und Dienstleistungen zu kommen. Die Zahlungsbereitschaft, Interesse und gewisse Marktkenntnisse reichen aus. Generell sind Nischenbesetzer kleinere Unternehmen, die sich auf bestimmte Teilmärkte beschränken. Sie besetzen Marktnischen, die sie durch Spezialisierung erfolgreich bearbeiten können und die von den größeren Konkurrenten entweder übersehen oder vernachlässigt werden. Ähnlich beschreibt Porter die "Konzentration auf Schwerpunkte" als eine der grundlegenden Wettbewerbsstrategien. Unternehmen begrenzen ihren Markt auf ein eng definiertes Segment (Nische) innerhalb einer Branche, das sie "maßgeschneidert", möglichst unter Ausschluss anderer Konkurrenten bedienen. Eine Konzentration auf Schwerpunkte ermöglicht Wettbewerbsvorteile gegenüber Anbietern, die aufgrund ihrer breiteren Angebotsstreuung spezielle Wünsche nicht optimal erfüllen können.

Anbieter, die Marktnischen erfolgreich bearbeiten, zeichnen sich meist durch originelle Erfindungen und Entwicklungen neuer Produkte, Dienstleistungen, Technologien oder Organisationskonzepte aus. Inventions- und innovationsgetriebene Anbieter ökologischer Leistungen, die Marktnischen erfolgreich bearbeiten, bezeichnen wir als Bioniere. Diese besetzen Öko-Nischen, die sich seit den achtziger Jahren in großer Anzahl aufgetan haben. Sie vermitteln einer exklusiven Kundschaft ökologische Waren sowie natürliche Atmosphäre zu Preisen, die das Budget eines "echten Alternativen" oder "Normalverbrauchers" meist deutlich übersteigen. Die Mehrheit der umweltbewussten Kunden in der Öko-Nische setzt sich aus gut gebildeten und besser situierten Personen zusammen. Da die meisten Unternehmen nur vereinzelt bereit und in der Lage sind, die neue, kritische Zielgruppe glaubwürdig und kompetent anzusprechen, öffnen sich Nischen für Bioniere, sobald sie die Marktchance für ihre Erfindungen erkannt haben.

In diesem Kontext hat sich das "Öko-Marketing" als Teildisziplin der Marketinglehre herausgebildet und besetzt dort selbst eine Nische. In erster Linie überträgt das Öko-Marketing konventionelle Konzepte, um die neue Kundengruppe der "besonders Umweltbewussten" anzusprechen. In der Praxis bieten die Anbieter dieser Kundengruppe den ökologischen Zusatznutzen ihrer Produkte zum Beispiel in Bioläden, Boutiquen, auf Wochenmärkten, über ökologisch orientierte Versandhäuser, im Internet oder in "grünen" Branchenbüchern und Zeitschriften an.

Zu den eingangs beschriebenen "Überläufern" aus der Szenenökonomie sind in jüngerer Zeit Unternehmen mit "ökologischem Hightech" hinzugetreten. Sie eröffnen neue Nischensegmente, in denen zum Beispiel regenerative Energien (vor allem Wind und Sonnenenergie), Energiecontracting und Stärkeverpackungen nutzbar gemacht wurden. Eine weitere Gruppe der ökologischen Nischenökonomie bilden traditionelle kleine und mittlere Unternehmen (KMU). In der Regel geht der Anstoß zu diesen Unternehmen von engagierten Persönlichkeiten aus, die als leitende Inhaber nachhaltige Entwicklung aus ideellen Motiven verfolgen und zugleich die wirtschaftlichen Vorteile erkannt haben. Aus innerer Überzeugung streben sie danach, die postulierte Harmonie zwischen ökologischen Zielen und finanziellem Erfolg für sich umzusetzen.

Ihrer Herkunft nach bedienen die drei vorgestellten Gruppen der Postalternativen, der jungen Hightechfirmen und der ökologischen Vorreiter aus dem KMU-Sektor zusammen die ökologischen Nischenmärkte. Umweltbezogene Ansprüche, die durch das Massenangebot der herkömmlichen Großunternehmen nur unzureichend bedient werden, finden in der spezialisierten Form des Angebots und in ausgewählten Vertriebswegen ihre Entsprechung. Die Zielgruppen dieser Nischen liegen seitdem in der Regel in der Schnittmenge zwischen Nachfragern mit starken ökologischen Präferenzen einerseits und gehobenen Einkünften andererseits. Neben dem erforderlichen Einkommen müssen Nachfrager zum Einkauf in Öko-Nischen in der Regel mehr Zeit mitbringen und längere Wege zurücklegen. Es werden Markt-, Qualitäts- und Preiskenntnisse vorausgesetzt, die sich dem Normalverbraucher nur selten über die sonst üblichen Werbekanäle erschließen.

Nischenanbieter bedienen exklusive Zielgruppen durch konsequente Differenzierung. Sie schaffen neue Statussymbole und Optionen, den "Mainstream" hinter sich zu lassen. Die ökologische Wirkung ihrer Innovationen bleibt allerdings begrenzt, solange die mehrheitliche Masse der Kaufkraft und die wesentlichen Stoffströme an der Nische vorbeifließen. Als Pioniere übernehmen Nischenanbieter allerdings die Funktion, Innovationen in latenten Wettbewerbsfeldern zu demonstrieren, die später von Massenanbietern aufgegriffen werden können. Während Anhänger der Umweltbewegung Fragen der Betriebsführung in der Vergangenheit oft unter das Motto "Small is beautiful" gestellt haben, kommen wir damit zu einem neueren Leitsatz ökologieorientierter Unternehmensführung: "Think big."

3. Ökologieorientierung auf dem Massenmarkt

Besonders auf Märkten, in denen Nischen durch ökologische Innovationen gefüllt sind, kann es für Unternehmen reizvoll sein, ökologische Angebote auf den Massenmarkt zu führen. Die beiden zentralen Wege dorthin unterscheiden sich je nach der Ausgangslage des Unternehmens und können mit den Dimensionen "ökologische Qualität" und "Marktanteil" beschrieben werden: Zum einen kann die Anzahl und Größe der Bioniere zunehmen und so den Massenmarkt erfassen. Dabei können sich auch mehrere KMU zu virtuellen Unternehmen, Genossenschaften oder Kooperationen vereinen, um Kostennachteile und weitere Wettbewerbshemmnisse gemeinsam zu überwinden. Zum anderen können Großverteiler ihr Massenangebot sukzessive mit ökologischen Qualitätsvorteilen bereichern.

Die Gegenüberstellung von großen und kleinen Anbietern vereinfacht die Illustration des Zugangs ökologischer Marktleistungen zum Massenmarkt. In der Realität befinden sich weitere Akteure zwischen den beiden Polen. Zu ihnen zählen zum Beispiel Anbieter integriert angebauter Lebensmittel oder Textilhersteller, die den Ökotex-Standard 100 einhalten und damit ökologische Ansprüche auf niedrigem Niveau bedienen. Mit einer begrenzten ökologischen Optimierung versuchen sie, die Attraktivität der Produkte zu steigern. Der Schritt zum ökologischen Massenmarkt erfolgt für sie durch die parallele Anhebung von ökologischer Qualität und Umsatzwachstum. Ecopreneurship kann damit sowohl von kleinen als auch von großen Anbietern ausgehen. Entscheidend ist, dass sowohl ein hoher ökologischer Anspruch das Kerngeschäft auszeichnet, als auch, dass der Massenmarkt erfasst wird.

Bioniere können sich zu Ecopreneuren entwickeln oder diese ergänzen, indem sie mit ihren Erfindungen und Nischenprodukten Vorlagen liefern, die Ecopreneure modifizieren, vereinfachen und in den Massenmarkt überführen. Wenn konventionelle Marktführer diese Rolle übernehmen möchten, müssen sie Lernfähigkeit und Veränderungsbereitschaft beweisen, da innovative Öko-Produkte oft ein umweltspezifisches Fachwissen und besondere Kenntnisse der Marktbearbeitung erfordern.

Ecopreneure müssen nicht unbedingt in dem Sinne Massenanbieter sein, dass sie viele Mitarbeiter haben und Milliardenumsätze tätigen. Sie können sich auch lediglich dadurch kennzeichnen, dass sie große Marktanteile haben und dadurch den Massenmarkt beeinflussen. Die Produktgestaltung und die Verfügbarkeit sollten sich an den Bedürfnissen und Einkaufsgewohnheiten breiter Bevölkerungsschichten orientieren. Preise sind an der Zahlungsbereitschaft von "Normalverdienern" auszurichten. Kostenvorteile der Massenproduktion und attraktive Preise bedingen sich dabei gegenseitig. Die Kommunikation erfolgt über Massenmedien, intensiv und in einfachen Botschaften. Im Unterschied zur Umweltbewegung der siebziger Jahre, die ihre Appelle mit Weltuntergangsstimmung unterlegte, stehen die höhere Lebensqualität durch Öko-Produkte und ihre ökonomischen Vorteile im Vordergrund.

Sofern erforderlich, nehmen Ecopreneure außerdem Einfluss auf die Marktrahmenbedingungen, um neue Märkte für ökologische Angebote zu entwickeln. Zur Marktentwicklung tragen sie durch aktive Öffentlichkeitsarbeit, durch die Entwicklung und Etablierung einheitlicher Öko-Label und gegebenenfalls durch politische Einflussnahme bei. Ecopreneure lassen sich bei ihrem Marktauftritt allerdings nicht von ideologischen oder politischen Auseinandersetzungen vereinnahmen, sondern orientieren sich an den Marktgegebenheiten und verbinden aus Kundensicht das ökologisch Wünschenswerte mit dem Nützlichen. Daraus folgt, dass auch weniger Umweltbewusste mit ökologischen Produkten angesprochen werden, indem komplementäre Vorteile wie Kosten-, Erlebnis- und Gesundheitsvorteile zu Kernargumenten werden und der ökologische Aspekt nur im Hintergrund kommuniziert wird. Die Herausforderung der Ecopreneure liegt darin, Wertschöpfung durch Öko-Innovationen so zu kombinieren, dass daraus Lebensqualität und positives Lebensgefühl hervorgehen kann.

VI. Resümee

Ecopreneurship kann als die erfolgreiche Integration von konsequenter Orientierung an ökologischen Zielen und Streben nach Umsatzwachstum verstanden werden. Ecopreneurship geht dort über das seit rund einer Dekade entwickelte Umweltmanagement hinaus, wo nicht nur Umweltkosten in der Produktion gesenkt oder exklusive Öko-Nischen bedient werden sollen, sondern umweltbezogene Problemlösungen das Angebotsprofil eines Unternehmens auf eine umsatzstarke Basis stellen. Dabei wird Ecopreneurship nicht auf die Rolle des leitenden Firmeninhabers beschränkt. Mitarbeiter oder Manager, die als Angestellte unternehmerisch denken und handeln, werden als ökologieorientierte Intrapreneure mit einbezogen.

Die Entwicklung zum Ecopreneur kann in einer Positionierungsmatrix im Kontext anderer Formen des betrieblichen Umweltengagements diskutiert werden. Unternehmen tragen dann am meisten zum ökologischen Fortschritt von Wirtschaft und Gesellschaft bei, wenn erstens Umweltaspekte im Kerngeschäft eine zentrale Rolle einnehmen und zweitens der Massenmarkt mit ihren Leistungsangeboten beeinflusst wird. Ecopreneure kennzeichnen sich einerseits durch ökologisch innovative Angebote, die zum Kerngeschäft gehören, und andererseits dadurch, dass sie damit den Massenmarkt ökonomisch erfolgreich bearbeiten.

geb. 1954; seit 1999 ordentlicher Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Umweltmanagement an der Universität Lüneburg.

Anschrift: Center for Sustainability Management (CSM) e.V., Universität Lüneburg, Scharnhorstr. 1, 21335 Lüneburg
E-Mail: Schaltegger@uni-lueneburg.de

Veröffentlichungen u.a.: (zus. mit H. Petersen) Ecopreneurship: Nachhaltiges Wirtschaften aus der Unternehmensperspektive. Studienband für den Fernstudiengang Umweltwissenschaften der FernUniversität Hagen, Hagen 2002.

geb. 1968; seit 1999 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Umweltmanagement der Universität Lüneburg.

Anschrift: Center for Sustainability Management (CSM) e.V., Universität Lüneburg, Scharnhorststr. 1, 21335 Lüneburg.
E-Mail: juhol@t-online.de

Veröffentlichungen u. a.: Gewinner der Nachhaltigkeit - Sustainable Champions: Ansätze der Analyse von Marktführern im Umweltbereich, Lüneburg 2001.