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Deutschland in der Weltpolitik 1945-1948 | Grundgesetz und Parlamentarischer Rat | bpb.de

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Deutschland in der Weltpolitik 1945-1948

Thomas Freiberger

/ 12 Minuten zu lesen

Bereits vor Ende des Zweiten Weltkrieges machten sich die Alliierten Gedanken über die Zukunft Deutschlands. Doch nach der Kapitulation Deutschlands wurde schnell klar: Die Alliierten konnten sich nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen. Alles lief auf eine Zweistaatenlösung hinaus.

Der "Handschlag von Torgau". (© AP)

Es gibt wohl kaum ein symbolträchtigeres Foto zum Ende des Zweiten Weltkrieges als jenes vom 25. April 1945, das sowjetische und amerikanische Truppen in Torgau an der Elbe zeigt. Auf den Trümmern der Elbbrücke reichen sich die Soldaten der beiden Siegermächte die Hände.

Der "Handschlag von Torgau" markiert das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa – aber auch das vorläufige Ende der staatlichen Existenz Deutschlands. Zugleich symbolisiert er den Beginn der Besatzungsherrschaft in Deutschland und die Hoffnung auf eine friedliche Nachkriegsordnung. Rückblickend zeigt das Bild jedoch auch den Händedruck zweier zukünftiger Feinde.

Innerhalb von nur 16 Monaten nach dem Kriegsende in Europa zerbrach jegliche Grundlage für eine Nachkriegskooperation zwischen den USA und Großbritannien einerseits und der Sowjetunion andererseits. Das Ende des Zweiten Weltkrieges brachte nicht nur den ersehnten Frieden nach Europa, sondern war auch Ausgangspunkt für den Kalten Krieg und die Teilung Deutschlands in zwei Staaten. Als wesentliche Ursachen für diese weltpolitische Entwicklung sind drei Faktoren anzuführen:

  • Der Kalte Krieg war eine zutiefst ideologische Auseinandersetzung, in der sich zwei unterschiedliche Gesellschaftsordnungen mit universellem Geltungsanspruch gegenüberstanden. Mit der russischen Oktoberrevolution im Jahr 1917 war dieser Gegensatz zwischen dem "American way of Life" und dem "Kommunismus" bereits im Keim angelegt.

  • Erst der von Hitler verursachte Zweite Weltkrieg brachte diese beiden gegensätzlichen Ordnungsvorstellungen auch in Europa in eine geostrategische Frontstellung.

  • Die rasche Entwicklung von thermonuklearen Waffen zementierte schließlich diesen Systemgegensatz und damit auch das Schicksal der beiden deutschen Teilstaaten für mehrere Jahrzehnte.

Ohne die Furcht vor dem nuklearen Krieg sind die lange Dauer und die Gefährlichkeit des Ost-West-Konflikts nicht zu begreifen. Aber wie kam es zu dieser Entwicklung?

Die Gewaltexzesse des Zweiten Weltkrieges hatten nicht nur Zerstörung und Leid über die Welt gebracht, sondern auch jegliche völkerrechtliche Verbindlichkeit in der Staatenwelt zerrüttet. Es lag an den beiden mächtigsten Siegern des Krieges, den USA und der UdSSR, eine neue Nachkriegsordnung zu errichten. Dabei wurden die Siegermächte im Kern von zwei Motiven angetrieben: Der Furcht vor einem weiteren Krieg und den gestalterischen Möglichkeiten, die ein zusammengebrochenes Staatensystem bot.

Die Nachkriegsplanungen der Siegermächte für Deutschland

Die Planungen der "Großen Drei" (USA, Großbritannien, UdSSR) wichen nicht nur zum Teil erheblich voneinander ab, sondern unterlagen auch einem teilweisen Wandel. Nicht selten waren die Konzepte vage und von taktischen Erwägungen bestimmt. Zudem konnte die Vernunftallianz zwischen den USA, Großbritannien und der UdSSR im Krieg zu keinem Zeitpunkt wirklich das tiefsitzende Misstrauen ausräumen, das Roosevelt, Churchill und Stalin untereinander hegten.

Entscheidend war allerdings, dass alle drei Staatsmänner eine Nachkriegskooperation anstrebten, jedoch jeder zu seinen eigenen Bedingungen. Dies wurde schließlich an den unterschiedlichen Sicherheitsvorstellungen deutlich. So war eine Hauptursache des Kalten Krieges, dass Stalin Sicherheit mit Herrschaft über die eroberten Territorien gleichsetzte - Roosevelt und Churchill dies aber eben nicht taten.

Im Krieg hatten sich auf Seiten der Alliierten zwei Minimalziele herauskristallisiert: Deutschland sollte militärisch besiegt und sein künftiges Machtpotenzial gebrochen werden. Aufgrund dieser beiden Zielsetzungen einigten sich Roosevelt, Churchill und Stalin im Jahr 1943 darauf, den Kampf gegen das "Deutsche Reich" bis zur "bedingungslosen Kapitulation" der Deutschen fortzuführen. Mit der Unterzeichnung dieser bedingungslosen Kapitulation am 7. Mai in Reims und am 8. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst endete daher nicht nur formal der Krieg in Europa, sondern auch die staatliche Existenz Deutschlands. Dieser Vorgang stellte ein völkerrechtliches Novum dar.

Der "Morgenthau-Plan" der USA

Franklin D. Roosevelts Nachkriegsordnung basierte auf einem dem Völkerbund ähnlichen System kollektiver Sicherheit, das durch die vier mächtigsten Mitgliedstaaten - die "Four Policemen" - USA, UdSSR, Großbritannien und China, garantiert werden sollte. Der amerikanische Präsident hoffte, durch die Anerkennung sowjetischer Sicherheitsbedürfnisse, eine Nachkriegskooperation zu amerikanischen Bedingungen erreichen zu können. Er setzte dabei im persönlichen Kontakt mit Stalin auf sein Charisma im Umgang mit Menschen.

Mit Blick auf das künftige Schicksal Deutschlands plädierte Roosevelt für eine harte Linie. So unterstützte er im September 1944 Pläne seines Finanzministers Henry Morgenthau, nach dem Krieg alle deutschen Industrieanlagen zu zerstören und Deutschland in einen schwachen Agrarstaat umzuwandeln. Als Roosevelt jedoch erkannte, dass der "Morgenthau-Plan" den Wiederaufbau der gesamten europäischen Wirtschaft verhindern würde, nahm er Abstand von diesem Plan.

Welche Pläne Roosevelt stattdessen mit Deutschland hatte, ist unklar, da er am 12. April 1945 vor Kriegsende starb. Sein außenpolitisch unerfahrener Nachfolger, Harry S. Truman, konzentrierte sich zunächst auf die Fortsetzung der Kooperationspolitik mit der Sowjetunion.

Die Kontrolle Deutschlands war Stalins oberstes Ziel

Stalin hingegen besaß keine präzisen Pläne oder konkreten Strategien zur Verwirklichung seiner Nachkriegsordnung. Aufgrund dieser Ambivalenz bleibt seine Außenpolitik bis heute diffus und widersprüchlich. Stalin war traumatisiert vom deutschen Überfall im Juni 1941 und den Folgen des deutschen Vernichtungskrieges auf sowjetischem Staatsgebiet.

Doch trotz der anfänglich bedrängten Lage hegte Stalin große territoriale Ambitionen. Der Krieg sollte mit der Wiederherstellung der sowjetischen Grenzen von 1941 enden, also einschließlich der durch den Hitler-Stalin-Pakt gewonnenen Gebiete. Überdies war Stalin von dem Gedanken beherrscht, die sowjetische Peripherie aus Sicherheitsgründen kontrollieren zu müssen. So spekulierte Stalin auf die Errichtung einer sowjetisch dominierten Einflusssphäre in Osteuropa.

Dieses Sicherheitsbedürfnis resultierte aus seiner Erfahrung mit den westlichen Mächten. Er hatte die Intervention Englands und Frankreichs im russischen Bürgerkrieg auf Seiten der "weißen" Truppen nicht vergessen und witterte überall "kapitalistische" Verschwörungen. Zudem war er verbittert über die Verzögerungen bei der Errichtung der zweiten Front auf dem Kontinent und zunehmend verärgert über die Kritik an seiner Besatzungspolitik und Einflussnahme in den Staaten Osteuropas.

In all seinen Erwägungen stellte jedoch Deutschland die größte Bedrohung dar. Stalin befürchtete, Deutschland könne sich, wie nach dem Ersten Weltkrieg, innerhalb von 12-15 Jahren wieder erholen. Damit wurde vor allem die Kontrolle Deutschlands und Polens zum Kern von Stalins Nachkriegspolitik. Deutschland sollte zunächst zerschlagen werden und Polen als Pufferstaat und Aufmarschzone dienen.

Stalin war zudem an der ökonomischen Ausbeutung der Besatzungszonen in Form von Reparationen, Demontagen, Technologie- und Wissenstransfer interessiert. Die neue Besatzungszone war für das sowjetische Atomwaffenprogramm unersetzlich, gewann man doch nahezu das gesamte waffenfähige Uran aus Mienen in Sachsen und Thüringen. Nicht zuletzt wollte Stalin die Entstehung einer in seinen Augen stets drohenden Allianz der "kapitalistischen Kräfte" mit Deutschland gegen die UdSSR verhindern.

Churchill plante die "Vereinigten Staaten von Europa"

Auch Churchill besaß eigene Vorstellungen einer Nachkriegsordnung und strebte die Kooperation der "Großen Drei" zu seinen Bedingungen an. Sein Verhältnis zu Stalin war ambivalent, da er einerseits ein Antikommunist reinsten Wassers war, aber andererseits Stalin als Staatsmann bewunderte. Wie Roosevelt glaubte auch Churchill, dass er die Gipfeltreffen mit Stalin und Roosevelt allein durch seine Persönlichkeit beeinflussen könne. Mit Blick auf die Nachkriegswelt wollte Churchill eine dominierende Stellung sowohl der USA als auch der UdSSR verhindern, um so den britischen Weltmachtstatus und das Empire zu bewahren.

Bereits während des Krieges entwickelte er ein vages Konzept der von Großbritannien angeführten "Vereinigten Staaten von Europa", die künftig eine Mittlerrolle zwischen den USA und der UdSSR einnehmen sollten. Diese Vereinigten Staaten sollten aus England, Frankreich, Italien, Spanien und Preußen sowie vier regionalen Konföderationen, welche die skandinavischen, mittelost- und südosteuropäischen Gebiete abdecken sollten, bestehen. Churchills Europakonzept stieß sowohl bei Roosevelt als auch bei Stalin auf Widerstand. Beide führten ihm auf der Konferenz von Teheran (28.11.-1.12.1943) die weltpolitische Zweitklassigkeit Großbritanniens vor Augen.

Deutschlandpolitisch hatte Churchill bereits im Jahr 1943 in Vorahnung einer künftigen sowjetischen Bedrohung vor einer allzu drastischen Schwächung Deutschlands gewarnt. Zwar sahen seine Vereinigten Staaten von Europa die Abtrennung Bayerns und Österreich von Preußen vor, eine vollkommene Schwächung war jedoch nicht im Interesse des europäischen Gleichgewichts.

In Jalta werden die "vier Ds" beschlossen

Die wesentlichen deutschlandpolitischen Beschlüsse wurden schließlich auf den Konferenzen von Jalta (4.2.-12.2.1945) und Potsdam (17.7.-2.8.1945) gefasst. Die Konferenz von Jalta war die letzte Konferenz der "Großen Drei", die noch von der Furcht vor einem wiedererstarkenden Deutschland dominiert wurde. So beschloss man in Jalta die Aufteilung des deutschen Staatsgebietes und der Hauptstadt Berlin zunächst in drei Besatzungszonen, die jeweils von einem der Bündnispartner besetzt werden sollten.

Winston Churchill (links), Franklin D. Roosevelt und Josef Stalin im Februar 1945 während der Konferenz von Jalta. (© AP)

Ferner sollte eine Kontrollkommission, der spätere Alliierte Kontrollrat, bestehend aus den drei Oberbefehlshabern der alliierten Streitkräfte, die Besatzungszonen gemeinsam verwalten. Darüber hinaus erhielt Frankreich in Jalta eine Besatzungszone. Man verständigte sich zudem auf die Umsetzung der so genannten "vier Ds": die Demilitarisierung und Denazifizierung Deutschlands sowie die Dekartellisierung und Demontage der deutschen Industrie.

Eine Entscheidung in der heiklen Frage der Reparationszahlungen – Stalin wollte umfassende Entschädigungsleistungen, während Roosevelt und Churchill darin eine Gefährdung des Wiederaufbaus in Europas sahen – wurde aufgeschoben und in eine neu zu gründende Reparationskommission verlagert.

Erste Risse im Bündnis der Siegermächte

Die erste Konferenz der "Großen Drei" nach Kriegsende in Potsdam bekräftigte die auf Jalta beschlossene Deutschlandpolitik und konkretisierte sie weiter. So kam zu "den vier Ds" als Ziel die Demokratisierung Deutschlands hinzu. Ferner wurde unter anderem die Dezentralisierung der Verwaltung und der Wirtschaft sowie die Zulassung politischer Parteien in den Besatzungszonen beschlossen.

Die Frage der Reparationszahlungen wurde zwar erneut aufgegriffen, aber die von Stalin angestrebte Festlegung auf feste Summen wurde vermieden. Die Aushandlung eines Friedensvertrages mit Deutschland wurde dem neu geschaffenen Rat der Außenminister übertragen, der künftig in London tagen sollte.

Insgesamt ließ die Konferenz von Potsdam bereits erste Risse im Bündnis der Siegermächte erkennen. Es war Churchill, der nur wenige Wochen nach Jalta auf Konfrontationskurs zur UdSSR ging, nachdem er zunehmend den defensiven Charakter der sowjetischen Sicherheitspolitik in Osteuropa angezweifelt hatte.

In der Folge bemühte er sich zunächst erfolglos, Roosevelt und dessen Amtsnachfolger Harry S. Truman von der Gefährlichkeit der Sowjets zu überzeugen. Diesen Kurs setzte auch Churchills Nachfolger Clement Attlee fort, der nach dem erdrutschartigen Sieg der Labour-Partei in den britischen Unterhauswahlen (5.-26. Juli 1945) Churchill als Premierminister auf der Potsdamer Konferenz ablöste.

Die deutsche "Zusammenbruchgesellschaft"

Zahlreiche deutsche Städte, wie hier Hamburg, liegen 1945 in Schutt und Asche. (© AP)

Der deutschen Bevölkerung indes machten weniger die völkerrechtlichen Konsequenzen des Krieges zu schaffen, als vielmehr die lebenspraktischen Nöte und Sorgen einer "Zusammenbruch-
gesellschaft" (C. Kleßmann). Mehr als sieben Millionen Deutsche waren dem Krieg zum Opfer gefallen. Hinzu kamen 1,5 bis 2 Millionen Kriegsverletzte und für einen kurzen Zeitraum gerieten bis zu 9 Millionen Soldaten in Kriegsgefangenschaft. Gleichzeitig stellte die Integration von rund 7,9 Millionen Vertriebenen die deutsche Nachkriegsgesellschaft vor große Herausforderungen.

Auch die materiellen Folgeschäden waren erheblich. Einige Großstädte waren bis zu 70 Prozent zerstört, wobei der Zerstörungsgrad durchschnittlich bei 40 Prozent lag. Der Bombenkrieg der Alliierten hatte vor allem Wohnraum, öffentliche Gebäude und einen Großteil der Verkehrsinfrastruktur zerstört. Hunger, Kälte und Obdachlosigkeit gehörten zu den drängendsten Problemen der unmittelbaren Nachkriegszeit, die durch den ungewöhnlich strengen Winter des Jahres 1946/1947 zusätzlich verschärft wurden. Deutschland lag am Boden, und die Bevölkerung war erschöpft und demoralisiert.

Die Alliierten teilen Deutschland auf

Die Länder der Westzone 1948.

In dieser Atmosphäre teilten die Alliierten Deutschland in vier Besatzungszonen auf. Den Briten oblag die Verwaltung des heutigen Schleswig-Holsteins, Niedersachsens inklusive Hamburgs und Nordrhein-Westfalens. Frankreich erhielt die Oberhoheit über Rheinland-Pfalz, das Saarland und Baden. Die USA besetzten das heutige Bayern, Hessen und Württemberg, während Bremen und Bremerhaven als amerikanische Enklaven in der britischen Besatzungszone den Zugang zur Nordsee sicherten.

Die sowjetische Besatzungszone (SBZ) umfasste die heutigen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Die deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie wurden Polen zugeschlagen und die dort lebenden Deutschen von der Roten Armee vertrieben. Berlin erhielt einen Ausnahmestatus und wurde in vier Besatzungssektoren unterteilt.

In der Praxis sah die Besatzung recht unterschiedlich aus. Die Verwaltung mittels des Alliierten Kontrollrats war schwierig, da sowohl Frankreich als auch die Sowjetunion den Kontrollrat mit einer gezielten Vetopolitik zum Schutz eigener Interessen lahm legten. Die Beschlüsse von Potsdam konnten daher nur teilweise umgesetzt werden.

Während die Demilitarisierung ohne größere Schwierigkeiten durchgeführt werden konnte, stießen vor allem die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse und die Entnazifizierung auf Unverständnis und Ablehnung in der deutschen Bevölkerung. Im März 1946 hatten in einer Umfrage der amerikanischen Militärregierung noch 57 Prozent der Bevölkerung in der U.S.-Besatzungszone eine Entnazifizierung befürwortet. Bereits im Dezember 1946 sank die Zustimmung auf 34 Prozent ab. Im September 1947 betrug die Zustimmung nur noch 32 Prozent um dann bis zum Mai 1949 auf 17 Prozent abzusinken.

Die allzu schematische Vorgehensweise bei der Entnazifizierung führte dazu, dass viele, deren Parteimitgliedschaft eher unpolitisch motiviert war, den Status des "Mitläufers" erhielten. Parteigenossen hingegen, die tief in die nationalsozialistischen Machenschaften verstrickt waren, wurden aufgrund fragwürdiger Verfahrensweisen relativ rasch als "entlastet" eingestuft.

So wurde die Entnazifizierung schließlich mit unterschiedlicher Intensität und Stoßrichtung in den einzelnen Besatzungszonen durchgeführt, um dann recht bald den Sachzwängen des heraufziehenden Kalten Krieges zum Opfer zu fallen, in dem Deutschland künftig ein wichtiger Verbündeter sein sollte.

Amerikaner und Engländer gewinnen das Vertrauen der Bevölkerung

Ebenso disparat verlief der Versuch der Deindustrialisierung. Während in den westlichen Besatzungszonen bereits früh von einer Deindustrialisierung und weit reichenden Demontagen Abstand genommen wurde, weil eine weitere Schwächung Deutschlands mit erheblichen Kosten für die Besatzer verbunden gewesen wäre, nahmen die Sowjets umfangreiche Demontagen und radikale Enteignungen vor.

Da die Schaffung einer einheitlichen Verwaltung im alliierten Kontrollrat nicht durchsetzbar war, geschah auch dies auf Ebene der Besatzungszonen und führte dazu, dass sich der staatliche Wiederaufbau von der kommunalen Ebene hinauf auf die Landesebene, also von unten nach oben, vollzog. Ebenso bildete sich mittelfristig in allen Zonen ein neues, annähernd vergleichbares Parteienspektrum heraus.

Entscheidend war jedoch, dass es den Amerikanern und Briten nach anfänglichen Schwierigkeiten gelang, ein gutes Verhältnis zu der okkupierten Bevölkerung aufzubauen, während dies in der französischen Besatzungszone und der SBZ vollkommen misslang. Frankreich tendierte anfänglich zu einer harten Ausbeutungspolitik, die dann aber ab 1947 einer deutlich milderen Besatzungspolitik wich.

In der SBZ hingegen markierte das Jahr 1947 eine Verschärfung der andauernden Demontage-, Enteignungs- und Sowjetisierungspolitik, die in Verbindung mit den massenhaften Vergewaltigungen von Frauen durch die Rote Armee unmittelbar nach Kriegsende insgesamt eine Akzeptanz der Sowjets in Deutschland erheblich erschwerte. Diese Entwicklung in den Besatzungszonen spiegelte die sich stetig verschlechternden Ost-West-Beziehungen wider.

"Long Telegram" und der Beginn des Kalten Krieges

Auf amerikanischer Seite führten ein Wahrnehmungswandel in außenpolitischen und militärischen Regierungskreisen und zwei Krisen zu einer Neuorientierung in der Außenpolitik. Dieser Wandel wurde im Februar 1946 durch das berühmte "Long Telegram" des U.S.-Diplomaten George F. Kennan eingeleitet. Darin legte er dar, dass die UdSSR nicht mehr bereit zur Kooperation sei, sondern weltpolitisch opportunistisch-aggressiv agiere und deshalb politisch, gesellschaftlich und militärisch eingedämmt werden müsse.

Im März kam es zu einer ersten schweren Krise zwischen Washington und Moskau. Stalin hatte sich zunächst geweigert, wie vereinbart die eigenen Truppen nach Kriegsende aus dem Iran abzuziehen und versuchte, in der nördlichen Provinz Aserbaidschan ein Marionettenregime zu installieren. Im August 1946 setzte Moskau die Türkei mit dem Ziel unter Druck, die Kontrolle über den Zugang zum Schwarzen Meer, die Dardanellen, zu erlangen.

In beiden Krisen bot Washington Stalin erfolgreich die Stirn und verzichtete künftig auf weitere Kooperationsbemühungen, leitete eine deutschlandpolitische Wende ein und kündigte die wirtschaftliche Verschmelzung der amerikanischen und britischen Zone an, was Anfang Dezember 1946 auch geschah. Im Frühjahr 1947 verkündete Truman in Reaktion auf die kommunistische Infiltration in der Türkei und Griechenland die nach ihm benannte Doktrin, die allen vom Kommunismus bedrohten Ländern Beistand versprach.

Werbeplakat für den Marshallplan aus dem Jahr 1950. (© HDG)

Am 5. Juni 1947 kündigte der amerikanische Außenminister George C. Marshall die Auflage eines wirtschaftlichen Hilfsprogramms für Europa, einschließlich des besetzten Deutschlands und der osteuropäischen Staaten, an. Stalin verweigerte den osteuropäischen Staaten die Teilnahme am "Marshall-Plan", schottete seine Einflusssphäre vom Westen ab und leitete eine verschärfte Repressions- und Sowjetisierungspolitik in der SBZ ein.

Die Zweistaatenlösung

Von da an lief de facto alles auf eine Zweistaatenlösung hinaus. Auf der Londoner Sechsmächtekonferenz (20.4.-2.6.1948) entschlossen sich die USA, England, Frankreich und die Beneluxstaaten, die Errichtung eines föderalen westdeutschen Staates voranzutreiben und die westdeutschen Besatzungszonen am Marshall-Plan zu beteiligen.

Nahezu zeitgleich wurde im Juni eine Währungsreform in den drei Westzonen durchgeführt, welche die wirtschaftliche Grundlage für einen westdeutschen Staat legen sollte. Am 1. Juli übergaben schließlich die Militärgouverneure der drei Westmächte den elf Ministerpräsidenten die am 7. Juni verfassten "Londoner Empfehlungen" und autorisierten damit die Landesväter zur Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung.

Fussnoten

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichtswissenschaften der Universität Bonn. Seine Forschungsschwerpunkte sind u.a. die Geschichte der amerikanischen Außenpolitik und der internationalen Beziehungen im Kalten Krieg. Zurzeit promoviert er über Allianzpolitik in der Suezkrise 1956.