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Ein direkter Weg von der Spassguerilla zum Terrorismus? Aktions- und Gewaltformen in der Protestbewegung

Rudolf Walther

/ 21 Minuten zu lesen

Im April 1967 waren die "Waffen" der Kommune I Rauchkerzen, Farbbeutel, Pudding und Mehl. Doch im Laufe der Zeit radikalisierten sich Teile der Bewegung – vor allem durch den Besuch des Schahs und nach der Erschießung Benno Ohnesorgs.

Die 68er-Bewegung hatte auch neue Demonstrationsformen hervorgebracht: Dieses "Beerdigungshappening" in Berlin sollte die Beerdigung der Berliner Justiz zum Ausdruck bringen. (© AP)

Viele Kritiker der Protestbewegung unterstellen ihr bis heute, von zivilem Ungehorsam und symbolischen Gewaltaktionen führe ein direkter Weg zu manifester Gewalt bis hin zum terroristischen Mord. Go-ins und verbale Provokationen sowie das 'Entlarven' von Traditionen oder das 'Umfunktionieren' von Veranstaltungen gelten demnach als Gewalt, zumindest als Frühformen davon.

Diese interessengeleitete Vereinfachung widerlegt ein unvoreingenommener Blick auf die Protestbewegung, die sich schon in ihrer vitalsten Phase selbst kritisierte und ironisierte, wie die beiden folgenden Zitate belegen. Wolfgang Lefèvre, prominentes Berliner SDS-Mitglied und im Beirat des SDS-Bundesvorstandes, schrieb 1966: "Jede Veranstaltung oder Demonstration muss so erfinderisch geplant sein, dass sie für Studenten im ganz gewöhnlichen Sinne spannend ist und Spaß macht." Ein halbes Jahr später überbot ein Flugblatt der legendären Kommune I, die für spektakuläre Inszenierungen und provozierende Aktionen sorgte, den Spaß mit dem ironischen Ratschlag an die Kommilitonen, die Dinge denn doch nicht zu übertreiben: "Denkt immer dran, daß eure Großmutter euch beobachten könnte! Tretet euch die Schuhe ab, TRETET LIEBER LEISE." Die lautesten und radikalsten Protestler raten also den moderaten zu Anstand und Vorsicht. Sie verhöhnten damit zugleich die mediale Ausschlachtung des Protests, denn durch die Dauerpräsenz des Fernsehens und anderer Medien ist die Kommune I erst zu dem geworden, was sie war. Zwischen dem hedonistischen Appell Lefèvres und dessen Verhöhnung durch die Kommune I gibt es interne Verbindungen, aber keine zur Parole im RAF-Grundsatzpapier von 1971: "Die RAF organisiert die Illegalität als Offensiv-Position für revolutionäre Intervention." Damit wurde der Weg für voluntaristische Feindbestimmungen herbeigeredet – für Entführungen, Geiselnahmen, Sprengstoffanschläge, Banküberfälle und gemeine Morde wie im Fall eines amerikanischen Soldaten, um in den Besitz von dessen Ausweispapieren zu gelangen.

Die drei Zitate verdeutlichen, dass der Weg vom Agitieren, Protestieren und Demonstrieren, vom Spaßhaben, Spaßmachen und Spaßverderben bis zum Morden vielerlei Stationen umfasst, aber keineswegs einer geraden Linie, Logik oder Zwangsläufigkeit folgt. Zwischen der verbalen Provokation und der manifesten Gewalt oder dem terroristischen Akt verläuft allenfalls ein verschlungener Zickzackweg, den einige aus der antiautoritären, undogmatisch linken Protestbewegung gingen, der aber nicht das Muster für die Aktions- und Gewaltformen der Protestbewegung abgibt. Diese speist sich aus Beständen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Kalibers. Die Protestbewegung der 1960er und 1970er Jahre hat eine große Zahl von Aktions- und Demonstrationsformen selbst hervorgebracht, aber auch aus den USA und Frankreich übernommen.

Theodor Ebert, später Mitarbeiter am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, untersuchte in seiner Erlanger Dissertation von 1965 den gewaltfreien Aufstand des 'Congress of Racial Equality' (CRE), eines Vorläufers der Bürgerrechts- und Free Speech-Bewegung. Die vom CRE seit den 1940er Jahren angewandte Strategie, Wirte zur Bedienung Schwarzer zu zwingen, beschrieb Ebert – Sit-In übersetzend – als "Sitz-Hinein-Methode". Das SDS-Mitglied Michael Vester analysierte nach einem Studienaufenthalt in den USA 1963 "die Wiederbelebung der Kategorie Aktion" durch die amerikanische Bürgerrechtsbewegung und die entstehende New Left sowie die Übertragbarkeit des Konzepts auf die BRD. In die Diskussion über die politische Linie des SDS griff Vester zwei Jahre später mit einem Beitrag über die "Strategie der direkten Aktion" ein, die er nicht in der anarchistischen Tradition begriff, sondern als eine Aufgabe von Intellektuellen und Bevölkerung, die Chancen und die Notwendigkeit des Engagements für die Demokratie zu erweitern. Diese Methode zur Aufklärung der Bevölkerung und zur Selbstaufklärung der Protestierenden hieß in den USA 'teach-in', und Vester führte den Begriff in die deutsche Diskussion ein. Von Berlin aus kommend, wo am 22. Juni 1966 im Rahmen einer Demonstration für die Demokratisierung der Universität das erste Sit-In stattfand, breiteten sich die Begriffe Sit-In, Go-In und Teach-In schnell aus und gingen in die Umgangssprache ein. Das SDS-Mitglied Ekkehart Krippendorff übersetzte 1967 das "Manual for direct ", das unter dem Titel "Anleitung zum Handeln – Taktik der direkten Aktion" bei der Berliner Oberbaumpresse erschien.

Andere Protest- und Demonstrationstechniken stammen von der Münchner Künstlergruppe SPUR (1959–1962) bzw. aus dem französischen Situationismus, der seinerseits Wurzeln im Dadaismus und Surrealismus, aber auch in einem undogmatischen Marxismus besitzt. Den Mitgliedern der Gruppe SPUR gemeinsam war eine radikale Absage an die bestehende Gesellschaft wie an derenMoralund Sexualvorstellungen, die sie ironisch, satirisch und sarkastisch verhöhnten. Im Januar-Manifest der Gruppe SPUR von 1961 lautete der erste Satz: "Wer in Politik, Staat, Kirche, Wirtschaft, Militär, Parteien, sozialen Organisationen keine Gaudi sieht, hat mit uns nichts zu tun." Die Gruppe agierte im Dreieck von subversivem Aktionismus, politischem Surrealismus und schroffer Antipolitik. Zur Gruppe gehörte auch Dieter Kunzelmann, der 1962 die Subversive Aktion gründete mit Ablegern in München, Berlin und Nürnberg. Die Subversive Aktion verband Kritik und Aktion zu radikaler Opposition gegen das Bestehende: "Kritik muss in Aktion umschlagen. Aktion entlarvt die Herrschaft der Unterdrückung." Der Berliner Gruppe traten zwei Jahre später auch Rudi Dutschke und Bernd Rabehl bei, die sich freilich weniger mit ästhetischen Fragen befassten als mit politischen und die vor allem den SDS auf einen radikaleren politischen Kurs bringen wollten. Teile der Subversiven Aktion, die sich auch Anschlaggruppe oder – nach dem 1965 gedrehten Film von Louis Malle – Viva Maria-Gruppe nannten, gründeten am 1. Januar 1967 die Kommune I in einer Wohnung, deren Hauptmieter der Rechtsanwalt Otto Schily war. Der Gruppe gehörten u. a. Dieter Kunzelmann, Fritz Teufel, Hans-Joachim Hameister und Rainer Langhans an.

Schon vor der Gründung machte die Gruppe mit spektakulären Aktionen von sich reden. Am 26. November 1966 sprengten sie eine Diskussion über die Hochschulreform – was deren faktisches Ende ankündigte, bevor sie ernsthaft begonnen wurde – mit der Verlesung eines Flugblattes, in dem sie dazu aufriefen, sich zu weigern, sich weiterhin "von professoralen Fachidioten zu Fachidioten ausbilden zu lassen". Die Polizei nutzte den juristisch unergiebigen Vorfall zur Durchsuchung des SDS-Büros und befeuerte damit die Protestbewegung.

Die SDS-Demonstration gegen den Vietnamkrieg kurz vor Weihnachten 1966 verwandelten die Akteure der Kommune I in ein Happening mit Sprechchören wie 'Weihnachtswünsche werden wahr, Bomben made in USA'. Am verkaufsoffenen Sonntag vor Weihnachten inszenierten sie eine Spaziergangsdemonstration auf Berliner Bürgersteigen und verursachten damit ebenso Staus wie die Festnahme von Unbeteiligten wegen Behinderung des Fußgängerverkehrs. Die bislang unbekannten, harten Polizeieinsätze trafen viele Passanten, denn die Protestierenden versteckten ihre obligat langen Haare unter Mützen. Am Vorabend des Staatsbesuchs des amerikanischen Vizepräsidenten Hubert Horatio Humphrey im April 1967 wurden die Mitglieder der Kommune I festgenommen wegen des Verdachts, ein Attentat zu planen. Tatsächlich hatten sie nur Rauchkerzen, Farbbeutel, Pudding und Mehl besorgt und mussten schnell wieder freigelassen werden. Das Vorhaben ist als Pudding-Attentat in die Geschichte eingegangen, und die Berliner Presse ("FU-Studenten fertigen Bomben mit Sprengstoff aus Peking", so die Berliner Morgenpost) sowie die Polizei setzten sich dem Spott und der Lächerlichkeit aus. Ein Hamburger SDS-Schulungsbrief empfahl damals als "Waffen" gegen "polizeilichen Übereifer: Konfetti, Luftschlangen, Bonbongeschosse, Wasserpistolen und homerisches Gelächter".

1968 verantworteten sich die Mitglieder der Kommune 1 wegen Brandstiftung vor Gericht. Hintergrund: Im Mai 1967 befürworteten sie auf Flugblättern einen Kaufhausbrand in Brüssel, bei dem 300 Menschen starben. (© AP)

Im Mai 1967 verteilte die Kommune I neun zum Teil mit dem Logo des SDS versehene Flugblätter, in denen sie sich über die Studenten ("Lahmärsche und Karrieremacher"), über die Hochschulpolitik und über den Kaufhausbrand in Brüssel, bei dem über 300 Menschen umgekommen waren, mit zynischem Sarkasmus und Ironie hermachten: "Unsere belgischen Freunde haben endlich den Dreh raus, die Bevölkerung am lustigen Treiben in Vietnam wirklich zu beteiligen: sie zünden ein Kaufhaus an, dreihundert saturierte Bürger beenden ihr aufregendes Leben und Brüssel wird Hanoi." Der SDS fühlte sich provoziert und schloss die Mitglieder der Kommune I mit einer knappen Mehrheit aus, und die Verfasser mussten sich wegen des Aufrufs zur Brandstiftung vor Gericht verantworten. Dank der Gutachten mehrerer Professoren konnte der Richter davon überzeugt werden, dass die Flugblätter satirisch gemeint waren. In dieser ersten Phase der Protestbewegung, in der es um die Demokratisierung der Hochschulen, aber auch immer stärker um den Krieg in Vietnam, die Große Koalition und die anstehende Verabschiedung der Notstandsgesetze ging, gab es keine nennenswerten Fälle von gewalttätigen Übergriffen seitens der Studenten, wohl aber unverhältnismäßige Einsätze der Polizei, die noch wenig Übung hatte mit den neuen Protestformen. Auch die Universitätsverwaltungen reagierten nicht immer sehr geschickt auf symbolische Aktionen und Provokationen bei akademischen Festanlässen, bei denen leere Traditionen und Bräuche, überkommene Herrschaftsverhältnisse lächerlich gemacht und gleichzeitig der Anspruch erhoben wurde, die Hochschulen zu demokratisieren. Gewalt spielte dabei in der Regel keine Rolle, wohl aber Phantasie und Kreativität, mit denen die Studentinnen und Studenten herkömmliche Kleiderordnungen und geschlechtliche Rollenzuweisungen unterliefen. Solche Aktionen inspirierten auch Umgangsformen, Lebensstile und Konsumverhalten der Studierenden. Die Situation änderte sich nach den Protesten gegen den Schah-Besuch und der Erschießung des Germanistik-Studenten Benno Ohnesorg durch einen Polizisten am 2. Juni 1967 grundlegend. Die Protestbewegung radikalisierte sich und griff nun verstärkt auf das ganze Bundesgebiet über. Ein großer Teil der Massenmedien, die das Protest-Spektakel um den Prozess gegen die 'Pudding-Attentäter' sowie manche theatralische Protest-Inszenierungen wie die berühmten, von der Zeitschrift Stern bestellten und einem Stern-Fotografen inszenierten Nacktfotos der Kommune I eben noch wohlwollend oder auch nur kopfschüttelnd behandelt hatten, kippte nun um. In Berlin kam es zu einer angespannten Stimmung wegen der medialen Aufbereitung der Ereignisse und der verzerrten Darstellung der Akteure.

Die Reaktionen des SDS, dem nun ungewollt und unvorbereitet eine Führungsrolle zukam, waren moderat: "Rauchbomben, Eier und Pudding sind die Mittel einer ohnmächtigen Rebellion", die "mit präziser, wissenschaftlicher Aufklärung und systematischen, auf Dauer gestellten politischen Aktionen die Kraft zu schaffen" habe, um "undemokratische Herrschafts- und Besitzverhältnisse" überwinden zu können. Gelegentlich verweist dagegen schon die Wortwahl des politisch alles andere als homogenen Verbandes auf einen unbestimmten, zumindest verbalen Radikalismus. Am Rande der Trauerfeier für Benno Ohnesorg räumte der Frankfurter Hans-Jürgen Krahl ein, "dass wir, die wir nicht bewaffnet sind mit materiellen Waffen, ritualisierte Formen des Konflikts finden" müssen, um "nicht nur idealisch, sondern materiell manifeste Gewaltlosigkeit demonstrativ auf der Straße" zeigen zu können. Rudi Dutschke sprach entschieden unklarer von "Offensivaktionen im Sinne der organisierten Verweigerungsrevolution". Er brachte einen geplanten Sitzstreik mit "Kampfaktionen" gegen ein allfälliges Demonstrationsverbot in einen Zusammenhang, sagte aber nicht, was er mit "Offensivaktionen" und "Kampf" meinte. Jürgen Habermas replizierte auf diese martialische Rhetorik als Erster und Einziger: "Ein Sitzstreik ist eine Demonstration mit gewaltlosen Mitteln. Ich frage mich, warum er [Dutschke, Anm. R. W.] das nicht so nennt."

Die beiden strategischen Konzepte der Unterscheidung zwischen Gewalt gegen Sachen und Gewalt gegen Personen sowie jenes der beschränkten Regelverletzung waren im SDS politisch und theoretisch unumstritten. Aber beide Konzepte ließen sich in der Praxis nicht leicht durchhalten, und die tatsächlichen Folgen ihrer Anwendung blieben schwer berechenbar. Der Philosoph Jacob Taubes, der die Studentinnen und Studenten gegen seine konservativen Kollegen immer in Schutz nahm, berichtete aus einer Fakultätssitzung: "Und wir sind dann immer abgefragt worden vom Dekan: 'War das gegen Personen? War das gegen Sachen?' Und wir konnten keine Eins machen, denn es war ja klar, dass Sachen und Personen hier ineinander gingen." Das Publikum und die Medien reagierten auf die noch ungewohnten Formen symbolischer Gewalt verstört. Als nach einer Vietnam- Demonstration fünf Eier gegen die Fassade des Amerikahauses auf dem Kurfürstendamm geworfen wurden, beschäftigte sich die gesamte Berliner Presse drei Tage lang auf den Frontseiten mit der "Schande für unser Berlin!". Eine pazifistische Gruppe aus der "Internationale studentischer Kriegsdienstgegner" in München löste einen Riesenskandal aus, als sie in einer Anzeige mitteilte, sie werde im Gedenken an die in Vietnam von Napalmbomben verbrannten Menschen und an die Kriegsopfer in Biafra öffentlich einen Schäferhund grillen. Der Vorsitzende des Schäferhundevereins drohte den Akteuren, mit 200 "scharf abgerichteten" Schäferhunden anzurücken, falls sie das Vorhaben durchführen sollten, was diese gar nicht beabsichtigt hatten.

Es gelang weder der Protestbewegung insgesamt noch dem SDS oder seinen prominenten Figuren, in der Frage der Gewaltanwendung und in jener der politischen Ausrichtung zwischen der herkömmlichen sozialistischen Verbandspolitik und antiautoritär-aktivistischer Protestpolitik eine klareLinie und eine von allen geteilte Position zu finden. Mit Formelkompromissen wurde jeweils oberflächlich und nach außen Einheit demonstriert.

Die viertägige SDS-Veranstaltung zum Thema "Möglichkeiten der außerparlamentarischen Opposition in der BRD" im Juli 1967 mit Herbert Marcuse als Referent und Teilnehmer an zwei Podiumsdiskussionen mit jeweils über 3.000 Zuhörerinnen und Zuhörern fand zwar große Beachtung in den Massenmedien, brachte aber keine Klärung der drängenden Fragen. Die quantitativ wachsende Bewegung schlingerte wie ein steuerloses Schiff auf der heftigen Protestwelle. Die abstrakte Identifizierung mit dem Vietcong und anderen Befreiungsbewegungen sowie das Feindbild USA ersetzten eine realistische Analyse der historisch-politischen Situation in der BRD und an den Hochschulen.

Das wurde schlagartig deutlich am Organisationsreferat, das Rudi Dutschke und Hans-Jürgen Krahl auf der 22. Delegiertenkonferenz des SDS im September 1967 bestritten. Dutschke führte den Begriff "Stadtguerilla" schon 1966 in die Debatte ein. In seinem Referat ein Jahr später legte er ihn so aus: "Die 'Propaganda der Schüsse' (Che Guevara) in der Dritten Welt muss durch die 'Propaganda der Tat' in den Metropolen vervollständigt werden." Dutschkes und Krahls Rede von der "Urbanisierung ruraler Guerilla-Tätigkeit" zielte also nicht direkt auf eine "Propaganda der Schüsse", sondern auf "aufklärende Gegensignale durch sinnlich manifeste Aktionen" bzw. "irreguläre Aktionen", ausgeführt von "revolutionären Bewusstseinsgruppen". Aber die Differenz zur "Propaganda der Schüsse" wird durch die ebenso vagen wie illusionären Konstrukte (was soll man sich unter "revolutionären Bewusstseinsgruppen" vorstellen?) nicht deutlich. Auf jeden Fall deutet der voluntaristische Grundton des Referats eher auf politische Ratlosigkeit als auf ein klares Konzept. Die Untiefen des Konzepts werden verdeckt durch eine geschichtsphilosophische Behauptung, also eine rein spekulative Volte, mit der sich Dutschke und Krahl auf den imaginären Standpunkt berufen, sie wüssten, was "geschichtlich möglich" sei. Dutschke hat sich vom Terror und später von der RAF von Anfang an entschieden abgesetzt, aber dass seine vage Schwärmerei über "Stadtguerilla" die Gewaltbereiten in der Berliner Subkultur um Dieter Kunzelmann und die "Tupamaros Westberlin", die aus der zerfallenden Protestbewegung hervorgingen, beeinflusst hat, ist nicht auszuschließen.

Bereits im Frühjahr 1968 radikalisierte sich die Protestbewegung von ihren Rändern her. Die mehr durch Zufall als durch Planung zustande gekommene Gruppe von Gudrun Ensslin, Andreas Baader, Thorwald Proll und Horst Söhnlein reiste Anfang April nach Frankfurt am Main und zündete am 2. April 1968 in zwei Frankfurter Kaufhäusern drei Brandsätze zu einem Zeitpunkt, in dem Personen nicht zu Schaden kommen konnten. Der Sachschaden betrug 2,2 Millionen Mark, und die Akteure prahlten mit ihrer Tat in der Szene sehr laut. Nach zwei Tagen wurden sie verhaftet. Der SDS distanzierte sich energisch von der Tat. Das Quartett bekam eine drakonische Strafe von drei Jahren Gefängnis, genoss aber nach vierzehn Monaten Haftverschonung, weil die Anwälte in die Berufung gingen. Nachdem die Revision im November 1969 abgelehnt worden war und das harte Urteil rechtskräftig wurde, flohen die Täter ins Ausland.

Mit dem Attentat auf Rudi Dutschke am Gründonnerstag 1968 erreichte die Protestbewegung ihren Höhe- und Wendepunkt. Am Ostersonntag demonstrierten in über zwanzig Städten rund 50.000 Studenten. In München kamen ein Reporter und ein Student unter ungeklärten Umständen ums Leben, in Berlin wurden das Springerhochhaus und der Fuhrpark mit Molotow-Cocktails angegriffen. Diese lieferte, was gerichtlich festgestellt wurde, Peter Urbach – ein Mitarbeiter des Berliner Verfassungsschutzes. Nicht nur dieses hinterhältige Spiel über die Bande überforderte die Protestbewegung. In das Jahr 1968 fielen Ereignisse, die die Linke weltweit in Turbulenzen zwischen Hoffnungen und Resignation stürzten. Zu nennen sind die Brutalisierung des Vietnamkriegs, die Aufbruchsstimmung des Prager Frühlings und dessen militärische Niederschlagung durch die Truppen des Warschauer Pakts am 21. August, die Ermordung Martin Luther Kings und Robert Kennedys, der Pariser Mai mit der Solidarisierung von Studenten, politischen Oppositionsparteien und Arbeitern, kulminierend im Generalstreik am 11. Mai, aber auch die Verabschiedung der Notstandsgesetze am 30. Mai in Bonn kurz nach dem Attentat auf Dutschke in Berlin.

Außer bewundernden Blicken auf Paris und der Hoffnung auf 'französische Zustände' fiel der Protestbewegung in den turbulenten Zeiten wenig ein. Man debattierte und demonstrierte. Oder man verzettelte sich in sinnlosen Instituts- und Universitätsbesetzungen, deren großes mediales Echo nicht darüber hinweg täuschen konnte, dass die Bewegung still stand oder in die politische Sackgasse eines perspektivenlosen Aktivismus geraten war. In einer Diskussion über die längst überfällige Studien- und Hochschulreform am 12. November 1968 hatte der Frankfurter SDS außer Eiern und Tomaten nichts mehr anzubieten. Die Veranstaltung musste abgebrochen werden. In welches Dilemma sich die Protestbewegung manövrierte, erwies sich an einer Aktion, die viele als 'Sieg' feierten. Der Rechtsanwalt Horst Mahler musste sich wegen seiner Beteiligung an Demonstrationen gegen die Springer-Presse vor dem Berliner Landgericht am Tegeler Weg verantworten. Am 4. November demonstrierten rund 1.200 Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude. Ihnen stand eine Minderheit von 400, damals noch nicht mit Helmen und anderen Schutzkleidern versehenen Polizisten gegenüber, die schnell in die Defensive gerieten. Die Konfrontation artete zur regelrechten Schlacht aus, als Rocker einen Lastwagen stoppten, der Ziegelsteine geladen hatte. Nun bewarfen sich Polizisten und Demonstranten gegenseitig mit diesen Steinen, bis eine Reiterstaffel eingriff und die Fronten trennte. Bilanz: Erstmals war die Zahl der verletzten Polizisten größer (130) als jene der Demonstranten (20). Der SDS verkannte die politische Situation vollkommen und sprach von der "notwendigen Transformation in der Art der Auseinandersetzung zwischen uns und dem Klassengegner". Er beschwor großspurig "die Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparats". Der Theologieprofessor Helmut Gollwitzer lag mit seiner Prognose vom nächsten Tag näher bei den Realitäten: "Wer will, dass die studentische Bewegung zerfallen wird, [...] der soll weiter solche Aktionen machen."

Jürgen Habermas, der energisch für einen "radikalen Reformismus" plädierte und "eine dem Denken und der Wissenschaft feindliche Agitation" anprangerte, hat den Niedergang des Protests, den er "grundsätzlich" unterstützte, präzise analysiert. Er sprach vom SDS schon im Frühjahr 1969 in der Vergangenheitsform und setzte "Bewegung" in Anführungszeichen. Da dauerte es bis zur Selbstauflösung des SDS am 21. März 1970 noch über ein Jahr. Genau ein Jahr nach der Erschießung Benno Ohnesorgs zog Habermas Bilanz über das Protestjahr: "Wenn sich die neuen Techniken zureichend als im Prinzip gewaltlose, symbolisch gemeinte und altersspezifisch anwendbare Techniken des Widerstandes begreifen lassen, dann kann über ihre Funktion kein Zweifel sein. Sie sind vorzüglich geeignet (aber auch nur dazu), Publizitätsbarrieren zu beseitigen und Aufklärungsprozesse, massenhafte Aufklärungsprozesse, in Gang zu setzen. Die neuen Demonstrationstechniken treffen die einzige schwache Stelle des legitimations-bedürftigen Herrschaftssystems, nämlich die funktionsnotwendige Entpolitisierung breiter Bevölkerungsschichten." Gleichzeitig diagnostizierte er jedoch, dass "die neuen Demonstrationstechniken, die nur symbolische Handlungen einschließen können, [...] sich in den Köpfen altgedienter SDSler zu Mitteln des unmittelbar revolutionären Kampfes" verwandeln, wenn diese "den virtuellen Vorgang einer Universitätsbesetzung mit einer faktischen Machtübernahme" verwechseln und sich in "einen Sturm auf die Bastille" hineinphantasieren. Dreh- und Angelpunkt solcher pseudorevolutionärer Phantasien ist der oft sehr laxe bis hybride Umgang mit dem Begriff 'Widerstand' im politischen Handgemenge. Zumindest lax war bereits Herbert Marcuses Unterscheidung zwischen der "institutionalisierten Gewalt des Bestehenden" und "der Gewalt des Widerstandes". Zumal wenn Marcuse gelegentlich Widerstand mit civildisobedience (zivilem Ungehorsam) gleichsetzt, wird völlig unklar und beliebig, durch welche rechtlichen Normen sich ziviler Ungehorsam und ein Widerstandsrecht, das notwendig Gewaltanwendung einschließt, unterscheiden müssen. Aus dem historischen Rückblick kann man feststellen, dass Marcuse mit Sicherheit kein Apologet terroristischer Gewalt war. Aber seine terminologisch vage Auskunft über "Das Problem der Gewalt in der Opposition" hat haarsträubenden und fahrlässigen Gewaltdiskursen ab Ende der 1960er Jahre Tür und Tor geöffnet. Oskar Negt, neben Marcuse der einflussreichste intellektuelle Mentor der Protestbewegung, wies darauf hin, dass die damals virulente These, "das System" sei "eine latent faschistische Ordnung" und die selbstgenügsame "Gewaltrhetorik" das Einfallstor bilden für Gewalt.

Noch verhältnismäßig moderat beschwor zwar Hans-Jürgen Krahl in seiner Rede gegen die Notstandsgesetze rhetorisch aufdrehend "das elementare Recht auf Notwehr und Widerstand", um den "Faschismus von morgen" zu verhindern. Aber gegen Ende der Rede landete er immerhin wieder in der politischen Realität, d. h. beim "Kampf für eine soziale Demokratie" und den diesem Kampf angemessenen Mitteln: "Unsere Aufklärungs- und Machtmittel sind geradezu lächerlich gering. [...] Aber mit den Mitteln des Flugblatts, der ständigen Diskussion und unseren Demonstrationen haben wir erreicht, dass immer mehr Menschen lernten, wie notwendig es ist, für seine Interessen selbst und aktiv einzutreten."

Die rigoros voluntaristische Bestimmung von politischen Zielen und Gewaltphantasien schossen jedoch immer mehr ins Kraut. Schon auf dem Internationalen Vietnamkongress am 17./18. Februar 1968 erklärte Dutschke vor 5.000 Teilnehmenden und einer großen Zahl von Intellektuellen aus ganz Europa: "Es hängt primär von unserem Willen ab, wie diese Periode der Geschichte enden wird." Um diesen Anspruch zu verdeutlichen, zeichnete er ein apokalyptisches Bild der Zukunft. Entweder drohe "eine lange Periode autoritärer Weltherrschaft von Washington bis Wladiwostok" oder in Europa, in den USA, in Lateinamerika und in der Sowjetunion werde "ein" Vietcong siegen, was angeblich "primär von unserem Willen" abhänge. Christian Semler erklärte in einem Gespräch über die Zukunft, der Vergleich mit Demonstrationsformen in anderen Ländern zeige, "dass für die Arbeiter im Grunde jede Demonstration den Keim des Bürgerkriegs in sich trage". Und im gleichen Heft des Kursbuches erläuterten zwei Autoren ihre Vorstellungen von der "Zukunft der Universität" mit dem Satz: "Der Druck bewusster politischer Massen, koordiniert mit ihrer bewaffneten Avantgarde, wird die Klassenherrschaft der Institutionen zerschlagen und so die Voraussetzung dafür schaffen, dass das Individuum sich seiner selbst bemächtigen kann."

Hier ist schon an der Diktion erkennbar, wie ein leninistisch-maoistisch beeinflusster Gewaltfetischismus die Oberhand über eine sachhaltige und politisch angemessene Argumentation gewonnen hat. Dieser Gewaltfetischismus prägt sich in den 1970er Jahren in zwei Formen aus. Im Umkreis von Universitäten bildeten sich sektiererische leninistisch-maoistische Kleinparteien bzw. K-Gruppen, die sich als Alternativen zur gescheiterten antiautoritären, undogmatisch linken Protestbewegung anboten und für rund zehn Jahre das politische Leben an den Universitäten verbiesterten. Diese Gruppen bastelten sich ihren historischen Auftrag, als Intellektuelle "das Proletariat" zu repräsentieren und die von Hitler zerschlagenen und von der BRD verbotenen kommunistischen Arbeiterparteien wiederaufzubauen. Die Kleinparteien verbarrikadierten sich in ihren "imaginären Parallelwelten", richteten aber außer pseudorevolutionärer Selbstverblendung und Verflachung der politischen Diskussion an den Universitäten keine größeren Schäden an, wenn man von den nicht bekannten individuellen Leiden und Deformationen der Kader wie des Fußvolks absieht.

RAF-Terroristen auf einem Fahndungsplakat 1977. Die RAF stilisierte sich selbst als 'Guerilla' und ihre Taten als 'Aktionen' – selbst bei der Ermordung von Menschen. (© AP)

Andere eher illegitime Erben der Protestbewegung waren die aus dem Untergrund operierenden terroristischen Gruppen von der Bewegung 2. Juni über die Rote Armee Fraktion bis zu den Roten Zellen und anderen so genannten Freizeit-Terroristen. Am 5. Juni 1970 – knapp drei Wochen nach der gewaltsamen 'Baader-Befreiungs-Aktion', die zur Gründungstat der RAF wurde, – erschien in der Berliner Subkultur-Zeitschrift "Agit 883" ein wahrscheinlich von Ulrike Meinhof stammender Aufruf unter dem Titel "Die Rote Armee aufbauen". Der Aufruf wendet sich ab von "den intellektuellen Schwätzern, den Hosenscheißern, den Allesbesser-Wissern" und richtet sich an die "potentiell revolutionären Teile des Volkes". Das sind für die RAF die jugendlichen sozial Marginalisierten, die Heimzöglinge, die allein erziehenden Arbeiterinnen und alle "objektiv Linken", d. h. das Subproletariat. Die vermutliche Autorin und die hinter ihr stehende Gruppe von etwa zehn Personen ließen keinen Zweifel offen, was sie vorhatten. Sie kündigten die politische Auseinandersetzung auf und nahmen die Waffe in die Hand: "Ohne die Rote Armee aufzubauen, können die Schweine alles machen, können die Schweine weitermachen: Einsperren, Entlassen, Pfänden, Kinder stehlen, Einschüchtern, Schießen, Herrschen."

Noch im gleichen Monat reiste die Gruppe in den Libanon – wie einige Monate zuvor die Kunzelmann-Gruppe nach Jordanien – zur militärischen Ausbildung in einem Camp von Al Fatah. Nach der Rückkehr der RAF-Gruppe im August 1970 verübte sie zunächst Banküberfälle zur Geldbeschaffung, bevor sie 1972 zu Bombenanschlägen überging, bei denen vier Menschen umkamen und rund vierzig verletzt wurden. Im Juni wurde die ganze Gruppe innerhalb kurzer Zeit verhaftet. Die terroristische Gewalt hörte nach der Verhaftung und Verurteilung der so genannten ersten Generation der RAF nicht auf, sondern eskalierte ständig bis zum Herbst 1977. Verantwortlich dafür sind nicht nur die zum Teil von den Inhaftierten und ihren Anwälten gesteuerten Kampagnen gegen 'Folter', 'Isolations-' und 'Vernichtungshaft', sondern auch der in jede terroristische Praxis eingebaute Motor der Gewaltspirale. 'Revolutionäre Intervention' war im RAF-Jargon der euphemistische Ausdruck für Aktionen, die sich von Banküberfällen über Brandanschläge, und Sprengstoffanschläge einer immanenten Eskalationslogik folgend, bis zu Entführungen, Geiselnahmen und Mord steigerten. Die RAF, die sich selbst als 'Guerilla' sowie deren Taten als 'Aktionen' stilisierte und den 'Terror' dem Staat zurechnete, geriet zwangsläufig in den Sog einer spiralförmigen Bewegung, die sich nach jedem gelungenen und erst recht nach jedem misslungenen Anschlag immer stärker beschleunigte, weil jede Tat nach einer weiteren, auf jeden Fall wirksameren verlangte. Die RAF folgte der "zirkulären Logik" ihres Aktionismus und damit einem permanenten Zwang der Selbstüberbietung. Politik, Polizei und Justiz unternahmen ihrerseits nichts, um diese Spirale der Gewalt zu durchbrechen, sondern beschleunigten sie, weil sie ungeschickt oder mit untauglichen Mitteln reagierten.

Ebenfalls zu den Resultaten des Zerfalls des SDS und der Protestbewegung zählen die in den 1970er Jahren entstehenden sozialen und ökologischen Bewegungen sowie die Weiberräte bzw. die Neue Frauenbewegung und die Häuserkampfbewegung. Auf der letzten Delegiertenkonferenz des SDS vor der Auflösung gründeten Frauen den 'Aktionsrat zur Befreiung der Frauen' und meldeten ihre Ansprüche auf Gleichberechtigung an. Diese bügelten die Männer glatt ab und wählten trotzig einen reinen Männervorstand, was die Frauen mit dem Werfen von Tomaten quittierten. Die ersten Hausbesetzungen fanden 1970 im Frankfurter Westend statt. Daraus entwickelte sich im Lauf der 1970er Jahre eine bundesweite Häuserkampfbewegung, deren Aktivisten sich jedoch als 'Instandbesetzer' verstanden. Viele Hausbesitzer ließen alte Wohnhäuser leer stehen, auf eine Genehmigung für den Bau eines lukrativen Bürohochhauses oder eine Luxussanierung spekulierend, wofür allein die Frankfurter Banken über eine Milliarde an Krediten vergaben. Zum Erbe der Protestbewegung gehört auch die schwache Strömung der undogmatischen Linken (Frankfurter Spontis, Sozialistisches Büro Offenbach u. a. Gruppen), die sich jenseits von Sozialdemokraten und Kommunisten einordneten. In diesen Gruppen tobten heftige Debatten über Formen und Ausmaß von militanten Demonstrationen und Besetzungsaktionen. Die Anwendung von Schusswaffen oder Sprengstoffen galt ihnen jedoch ebenso als tabu wie das Abtauchen in den Untergrund.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Im Deutschen Herbst 1977 meinte ein Autor, schon die Leistungsverweigerung von Schülern habe einen "terroristischen Einschlag": Rock 1977, S. 86; ähnlich grobianisch vereinfachend: Herzinger 2001 und Kohler 2006.

  2. Lefèvre 1966, S. 31.

  3. Flugblatt 2 der Kommune I (Mai 1967), in: Miermeister/ Staadt 1980, S. 25.

  4. RAF 1987.

  5. Ebert 1968, S. 238.

  6. Vester 1963, S. 6–14, zit. Klimke 2007, S. 122; Vester 1965, S. 12–20, zit. Klimke 2007, S. 123.

  7. Vester 1965, S. 12–20, zit. Klimke 2007, S. 123.

  8. Gruppe SPUR 1991, S. 43.

  9. Subversive Aktion, Unverbindliche Richtlinien 2 (1963), in: Böckelmann/Nagel 1976, S. 115.

  10. Flugblatt vom 26. November 1966, in: Miermeister/Staadt 1980, S. 20.

  11. Berliner Morgenpost, 6.4.1967, in: Miermeister/Staadt 1980, S. 86. SDS-Schulungsbrief (undatiert), in: Schönbohm/Runge/ Radunski 1968, S. 83.

  12. Flugblatt vom 25. April 1967, in: Miermeister/Staadt 1980, S. 28.

  13. "Die Polizei trägt keine Schuld an den Zusammenstößen, die eindeutig von unseren Krawall-Radikalen provoziert wurden... Benno Ohnesorg ist nicht Märtyrer der FU-Chinesen, sondern ihr Opfer", Berliner Morgenpost, 4.6.1967, in: Verband Deutscher Studentenschaften 1967, S. 7

  14. Erklärung des SDS vom 9. Juni 1967, in: Vesper 1967, S. 143.

  15. Hans-Jürgen Krahl, Diskussionsvotum vom 9. Juni 1966, in: Vesper 1967, S. 72. Jürgen Habermas, Diskussionsvotum vom 9. Juni 1966, in: Vesper 1967, S. 101.

  16. Jacob Taubes, Diskussionsvotum vom 25. Juni 1965, in: Lönnendonker 1998, S. 203.

  17. Kraushaar 1998, S. 215 f. Im Gegensatz zu den phantasiereichen Pazifisten, die in aufklärerischer Absicht provozierten, meinte es Andreas Baader ein halbes Jahr später brachial ernst, als er in einem Brief an Horst Mahler anregte, den Hund eines seiner Richter, der ein Buch über Tierschutz verfasst hat, "anzuzünden" (13. Januar 1969), zit. in: Stern/Herrmann 2007, S. 135.

  18. Vgl. Kraushaar 2005b, Rudi Dutschke und der bewaffnete Kampf, in: Kraushaar/Wieland/Reemtsma 2005. Wolfgang Kraushaar, Diskussionsvotum, in: Lönnendonker 1998, S. 271 ff. Dutschke/Krahl 1987, S. 139. Der damals ebenso beliebte wie fragwürdige Rekurs auf geschichtsphilosophische Spekulationen zeigt nicht nur individuelle Hybris, sondern ist ein Indiz für die Überforderung der Bewegung durch politisch heikle Situationen.

  19. Rudi Dutschke, "Spiegel"-Gespräch vom 10.7.1967, in: Dutschke 1980, S. 98. "Aufruf zur Gewalt, zu Mord und Totschlag in den Metropolen hochentwickelter Industrieländer – ich denke das wäre falsch und geradezu konterrevolutionär."

  20. Beim Massaker in My Lai wurden am 16. März 1968 über 500 Menschen umgebracht, was aber erst im November 1969 öffentlich bekannt wurde.

  21. SDS-Erklärung (Nov. 1968), in: Miermeister/Staadt 1980, S. 189. Die kleinere und nicht sehr geschätzte Konkurrenzorganisation des Sozialdemokratischen Hochschulbundes (SHB) kritisierte: "Jeder reale Bezug zur gesellschaftlichen Lage ist verlorengegangen. Militanz ist zum Wert an sich geworden", in: Miermeister/Staadt 1980, S. 189. Auch im Republikanischen Club stieß der SDS auf Kritik:" Es wird zur Verteidigung von Gewaltanwendung auch gegen Menschen behauptet, unsere Gesellschaft wäre demokratischer, 'hätte man 1945 ff. Gewalt gegen Personen angewandt'. Das ist eine Zweckbehauptung, die sich historisch widerlegen lässt." (Marianne Regensburger), zit. in: Kat. Marburg 1998, S. 145 f. Helmut Gollwitzer, Diskussionsbeitrag vom 5. November 1968, in: Fichter/Lönnendonker 2007, S. 198.

  22. Habermas 1969, S. 192, 197.

  23. Exemplarisch in seiner exaltierten Verwendung des Begriffs 'Widerstand' ist das Flugblatt zur Besetzung des Germanischen Seminars in Berlin vom 27. Mai 1968, in: Miermeister/Staadt 1980, S. 158 f.: "Widerstand heißt mehr als: Umfunktionieren von Vorlesungen, mehr als Notstandsdiskussionen in den Seminaren. [...] Wir stehen nicht vor der Alternative Widerstand oder Wissenschaft, sondern vor der Notwendigkeit, die Wissenschaft als kontinuierlichen Widerstand gegen die Notstandsgesellschaft zu organisieren."

  24. Negt 2001, S. 14. Bevor Ulrike Meinhof zur Ansicht kam, "und natürlich kann geschossen werden", verteidigte sie die Warenhausbrandstiftung rhetorisch so: "Das progressive Moment einer Warenhausbrandstiftung liegt nicht in der Vernichtung von Waren, es liegt in der Kriminalität der Tat, im Gesetzesbruch", Ulrike Meinhof, Warenhausbrandstiftung, in: Konkret vom 4. November 1968, zit. in: Kraushaar 1998, S. 272.

  25. Hans-Jürgen Krahl, Römerbergrede (27. Mai 1968), in: Krahl 1971, S. 151–153.

  26. Rudi Dutschke, Die geschichtlichen Bedingungen für den internationalen Emanzipationskampf (Feb. 1968), in: Dutschke 1980, S. 69. Ein Gespräch über die Zukunft mit Rudi Dutschke, Bernd Rabehl und Christian Semler, siehe Dutschke/ Rabehl/ Semler 1968, S. 157. Fabig/Oberlercher 1968, S. 119.

  27. Die Rote Armee aufbauen, Agit 883 vom 5. Juni 1970, in: Miermeister/Staadt 1980, S. 209 f.

  28. Waldmann 1998, S. 174. Der Fahndungsdruck und der einäugige Protest gegen das Haftregime trieben die Unterstützerszene in dieselbe zirkuläre Logik, d. h. von der sozialen Abschottung über die Halblegalität bis in die Illegalität und den sicheren Tod. Ulrike Thimme hat diesen Weg ihres Sohnes eindrücklich beschrieben, siehe Thimme 2004. Vgl. Walther 1990.

  29. Fichter/Lönnendonker 2007, S. 205.

  30. Roth 1981. Müller-Münch 1981.

  31. Engelhardt 1987.

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