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Bankenkonzentration
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Anteil der jeweils fünf größten Banken an der gesamten Bilanzsumme (CR5), ausgewähle Staaten, 1999 und 2023, 2000 und 2021
Anteil der jeweils fünf größten Banken an der gesamten Bilanzsumme (CR5), ausgewähle Staaten, 1999 und 2023, 2000 und 2021
Anteil der jeweils fünf größten Banken an der Bilanzsumme (CR5) aller Banken des jeweiligen Staates, 2023/2021
Quelle: ECB Data Portal: SSI – Banking structural statistical indicators
Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de
Abseits der nationalen Besonderheiten hat sich die Konzentration im Bankensektor seit Mitte der 1990er-Jahre weltweit deutlich erhöht.
Durch Größenvorteile konnten insbesondere die großen Banken von der Globalisierung profitieren und entsprechend expandieren. Aber auch Fusionen und Übernahmen haben den Konzentrationsgrad im Bankensektor erhöht.
Als Maßstab für die Konzentration im Bankensektor wird häufig der Anteil der fünf größten Institute an der Bilanzsumme aller Banken herangezogen. Bei 26 der 36 hier betrachteten Staaten hat sich die Konzentration im Bankensektor erhöht.
Fakten
Banken sind eine unverzichtbare Institution in der Volkswirtschaft, da sie eine zentrale Rolle im Wirtschaftskreislauf, bei der Altersvorsorge, beim Risikosharing und bei Investitionen spielen. Grundsätzlich stellen sie sicher, dass Ersparnisse effizient in produktive Investitionen umgelenkt werden, sie unterstützen Unternehmen bei der Finanzierung und ermöglichen Haushalten den Zugang zu Krediten. Insbesondere im Kapitalmarkt erfüllen Banken essenzielle Aufgaben indem sie viele kleine Einlagen zu größeren Krediten bündeln, kurzfristige Einlagen in langfristige Finanzierungen umwandeln und Risiken minimieren, indem sie sie zwischen verschiedenen Akteuren verteilen. Trotz dieser allgemeinen Funktionen sind Bankensysteme weltweit stark heterogen und durch nationale Besonderheiten geprägt. In Deutschland beispielsweise zeichnet sich der Bankensektor durch eine spezifische Struktur aus, die von Sparkassen, Genossenschaftsbanken (Volksbanken) und Geschäftsbanken geprägt ist. Diese Institutionen erfüllen teils unterschiedliche Aufgaben und haben eine starke lokale Verankerung, insbesondere die Sparkassen und Volksbanken.
Abseits der nationalen Besonderheiten hat sich die Konzentration im Bankensektor seit Mitte der 1990er-Jahre weltweit deutlich erhöht. Durch Größenvorteile (economies of scale) konnten insbesondere die großen Banken von der Globalisierung profitieren und entsprechend expandieren. Neben diesem "organischen" Wachstum haben aber auch Fusionen und Übernahmen (M&As – 'mergers and acquisitions') den Konzentrationsgrad im Bankensektor erhöht. Allein zwischen 1990 und 2007 kam es weltweit zu mehr als 14.000 Übernahmen und Zusammenschlüssen (davon mehr als 6.000 in den USA). Die Finanzkrise ab 2008 führte in vielen Ländern nochmals zu einer verstärkten Konzentration auf dem Bankenmarkt. So wurden beispielsweise in Spanien viele kleinere Sparkassen durch Fusionen und Restrukturierungen in größere Einheiten integriert. In nur drei Jahren – von 2008 bis 2011 – sank die Zahl der Sparkassen von 66 auf 11. Diese Entwicklung spiegelt die Dynamik und die Herausforderungen wider, denen nationale Bankensysteme unter wirtschaftlichem und regulatorischem Druck ausgesetzt sind.
Als Maßstab für die Konzentration im Bankensektor einer Volkswirtschaft wird häufig der Anteil der fünf größten Institute an der Bilanzsumme aller Banken herangezogen. Der sogenannte CR5-Wert verdeutlicht, wie heterogen die Bankenlandschaften sind und wie unterschiedlich sie sich entwickeln. Werden bei den 36 hier betrachteten Staaten jeweils die Konzentrationsgrade des ersten und letzten zur Verfügung stehenden Jahres berücksichtigt, so hat sich bei 26 der CR5-Wert erhöht, bei lediglich zehn ist der Wert gesunken. Zwischen 1999 und 2023 hat die Bankenkonzentration am stärksten in Zypern, Spanien, Griechenland, Irland, Lettland, Portugal, Bulgarien (2004-2023) und Italien zugenommen – der CR5-Wert erhöhte sich in diesen Ländern um 31 bis 23 Prozentpunkte. Der CR5-Wert in Deutschland nahm um 14,5 Prozentpunkte zu – von 18,9 auf 33,4 Prozent. In den USA stieg der entsprechende Wert zwischen 2000 und 2021 um 21,6 Prozentpunkte auf 49,7 Prozent und in Japan um 21,0 Prozentpunkte auf 63,6 Prozent.
Bezogen auf die europäischen Staaten war die Bankenkonzentration im Jahr 2023 am größten in Griechenland, Zypern, Litauen, Estland, Lettland, Kroatien, den Niederlanden und Finnland. Hier lagen die CR5-Werte 2023 zwischen 95,6 und 80 Prozent. Von den hier betrachteten nicht-europäischen Staaten fielen noch Südafrika (99,3 Prozent), die Vereinigten Arabischen Emirate (85,2 Prozent) sowie Ägypten (84,2 Prozent) durch eine hohe Bankenkonzentration im Jahr 2021 auf. Am geringsten war die Konzentration im Vereinigten Königreich (2019), Luxemburg und Deutschland – die CR5-Werte lagen hier bei 33 Prozent oder leicht niedriger.
Die Größe von Banken bzw. die Konzentration des Bankensektors wird insbesondere im Zuge von Finanzkrisen immer wieder thematisiert, da der Konkurs von Großbanken oftmals als Systemrisiko eingestuft wird. Einzelne Banken werden manchmal als "too big to fail" bezeichnet, also als zu groß, um eine Zahlungsunfähigkeit riskieren zu können. Seit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers, der die globale Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 mit auslöste, hat insbesondere die EU Maßnahmen ergriffen, um auch für große Institute geordnete Insolvenzverfahren durchführen zu können.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass der CR5 nur ein Maßstab für den Vergleich von Bankenmärkten ist und durch andere ergänzt werden sollte, um das Bild zu vervollständigen. Aufgrund der hohen Fixkosten, die durch regulatorische Anforderungen entstehen, müssen Banken heutzutage eine gewisse Mindestgröße erreichen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. In kleinen Ländern – wie beispielsweise den oben genannten baltischen Staaten – ist die Zahl möglicher Banken somit von vornherein begrenzt, was zu einem vergleichsweise höheren Anteil der fünf größten Institute führt. Dieser strukturelle Unterschied relativiert den CR5 als direkten Vergleichsmaßstab zwischen großen und kleinen Volkswirtschaften.