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Standpunkt: Zoopolis - Grundzüge einer Theorie der Tierrechte

Sue Donaldson

/ 9 Minuten zu lesen

Wie können Menschen mit Tieren auf Basis von Gerechtigkeit umgehen? Sue Donaldson wagt ein philosophisches Gedankenexperiment, wie man die Ist-Lage verbessern könnte. Sie plädiert für einen abgestuften Umgang mit Tieren. Und zeichnet Grundzüge einer politischen Theorie der Tierrechte.

Wenn der Hund den Menschen führt: Ein Blindenführhund ist nicht nur Alltagshelfer, sondern auch Bezugsperson und Partner. (© picture-alliance/dpa)

Seit dem Aufkommen der modernen Tierrechtsbewegung in den 1960ern haben Philosophinnen und Philosophen verschiedene Argumente hervorgebracht, in denen dargelegt wird, warum es für uns Menschen falsch ist, Tiere zu unserem Nutzen Leid anzutun oder sie zu töten. Theoretikerinnen und Theoretiker haben die Ansprüche der Tiere nach grundlegenden Rechten, Freiheiten und Schutz geltend gemacht, indem sie den Schwerpunkt auf die intrinsischen Eigenschaften der Tiere und ihre Belange als fühlende Wesen gelegt haben. Bekannte Bücher wie "Animal Liberation" (Peter Singer) und "The Case for Animal Rights" (Tom Regan) forderten die Befreiung der Tiere von menschlicher Gewalt und Ausnutzung und, mit den Worten von Tom Regan, dass der Mensch "sie in Ruhe lässt".

Allerdings steht in diesen bekannten Tierrechtstheorien überraschend wenig darüber, wie wir denn mit den Tieren leben und umgehen sollen, wenn wir einmal aufhören, sie zu jagen, zu fischen, sie als Nutztier zu halten, sie zu essen, als Kleidung zu tragen und mit ihnen Versuche zu machen. Welche Arten von Mensch-Tier-Beziehungen sind, wenn überhaupt, akzeptabel? Die Vorstellung, dass wir sie einfach "in Ruhe lassen" könnten, ist eindeutig unzureichend, wenn es um domestizierte Tiere geht, von denen wir Milliarden gezüchtet haben, um in Gesellschaft mit uns zu leben, um von uns abhängig zu sein und um uns nützlich zu sein. Wir müssen unsere Pflichten, die aus dieser langen Geschichte der Domestizierung und des Ausnutzens von Tieren entstanden sind, ernst nehmen. Dies gilt auch für Wildtiere, die, obwohl sie weniger direkt von uns abhängig sind, doch auch klar von menschlichem Handeln beeinflusst sind (zum Beispiel von Bebauung, Ressourcenausbeutung, Verschmutzung und Klimawandel). Tatsächlich ist es zunehmend so, dass die einzigen "wilden” Tiere, die heute noch bleiben, diejenigen sind, die mit dem Menschen koexistieren können und sich unserer Art der Gesellschaft und der Weiterentwicklung anpassen können. Tiere einfach in Ruhe zu lassen, ist also keine adäquate Antwort. Wir müssen uns über unsere Verpflichtung, mit ihnen den Planeten zu teilen, Gedanken machen und so leben, wie es uns unter den Bedingungen von Gerechtigkeit und gegenseitigem Wohlergehen möglich ist. Wir können Beziehungen und Interaktionen mit Tieren nicht aus dem Weg gehen; also müssen wir überlegen, wie wir gerechte Beziehungen entwickeln und nicht nur, wie wir ungerechte verhindern. Dabei müssen wir uns klar sein, dass verschiedene Arten von Tieren auch anders geartete Beziehungen zu uns brauchen und wollen (z. B. domestizierte Tiere im Gegensatz zu wild lebenden Tieren).

Mary Midgley hat in "Animals and Why They Matter" das Hauptaugenmerk auf die moralische Bedeutung unserer Beziehungen mit verschiedenen Arten von Tieren gelegt. Und in der ökofeministischen und der fürsorgeethischen Tradition wird die Frage, wie wir mit Tieren zusammenleben, mittels verschiedener Arten von kontextbezogenen und relationellen Ethiken von Aufmerksamkeit, Dialog und Empathie behandelt (Donovan & Adams 2007; Adams & Gruen 2014). In Zoopolis haben Will Kymlicka und ich eine andere Herangehensweise. Wir betrachten die Frage aus der Perspektive einer politischen Theorie, die eben den Fokus auf politische Beziehungen zwischen Gruppen legt und nicht nur auf interpersonelle, ethische Beziehungen. Politik-Theoretikerinnen und Theoretiker befassen sich vor allem mit der Frage der Gerechtigkeit von politischen Organen und Staatsführung. Wie stellen wir sicher, dass die sozialen, ökonomischen und politischen Institutionen und Praktiken der Gesellschaft (kooperative Systeme) allen Mitgliedern einer Gesellschaft gegenüber fair sind, und auch denen der benachbarten Gesellschaften gegenüber?

Die Standard-Antworten der Politik-Theorie auf diese Fragen stimmen im Wesentlichen darin überein, dass ein System der Kooperation gerecht ist, insofern es:

  • inklusiv ist (alle Mitglieder der Gesellschaft sind Staatsbürger, sofern sie ihren Status nicht freiwillig aufgeben);

  • egalitär ist (regiert wird im Interesse aller Mitglieder/Staatsbürger gleichermaßen);

  • legitim ist (sich selbst regierend durch Zustimmung und Teilnahme der Regierten, die als Ko-Autoren der Gesetze begriffen werden);

  • nach außen gerecht ist (Beziehungen mit anderen Verfassungen werden auf Basis von fairen Kooperations-Bedingungen ausgeführt).

Jedoch vergisst die westliche politische Theorie die Tatsache, dass wir in Inter-Spezies-Verfassungen leben und immer schon gelebt haben und dass wir an der Seite von anderen Inter-Spezies-Gesellschaften leben. Wenn wir uns dieser Realität bewusst werden, dann stellt sich die folgende Frage: Wie können wir innerstaatlich sicherstellen, dass die sozialen, ökonomischen und politischen Organe und Praktiken unserer eigenen Inter-Spezies-Gesellschaft allen Mitgliedern unserer Gesellschaft gegenüber fair sind, und wie können wir – außerstaatlich gesehen – auf gerechte Weise mit den benachbarten Inter-Spezies-Gesellschaften und Verfassungen interagieren?

Um eine Antwort auf diese Herausforderung zu geben, stellt Zoopolis einen Rahmenplan aus drei Kategorien bereit, wie wir die Mitgliedschaft innerhalb von Inter-Spezies-Gesellschaften und die Beziehungen zwischen Inter-Spezies-Gesellschaften betrachten können.

Domestizierte, tierische Staatsbürger

Domestizierte Tiere kamen in die menschliche Gesellschaft, indem sie gefangen oder gezielt gezüchtet wurden. Die meisten dieser Tiere sind von unserer Fürsorge abhängig, was die (unmittelbare) Möglichkeit einer unabhängigeren Existenz ausschaltet. Wir haben ihnen die Teilnahme in unseren Systemen der sozialen Kooperation aufgezwungen und sie für Nahrung und Arbeit ausgebeutet. Sie teilen eine Gemeinschaft mit uns, bilden in dieser Gemeinschaft jedoch eine uns untergeordnete Kaste oder Klasse; jeder Aspekt ihres Lebens ist von einer menschlichen Politikordnung, die ihre Interessen als solche weitestgehend ignoriert, gelenkt und reguliert. Wie wandeln wir die Kasten-Hierarchie in ein von Gerechtigkeit geprägtes Verhältnis um? Genauso wie in menschlichen Kastensystemen hängt Gerechtigkeit davon ab, die volle und gleichwertige Mitgliedschaft der untergeordneten Gruppen anzuerkennen, und Staatsbürgerschaft ist das Mittel, mit dem wir hierarchische Kasten-Beziehungen in Beziehungen gleichwertiger Mitglieder ändern. Domestizierte Tiere sollten deshalb als volle Mitglieder und gemeinsame Staatsbürger der Gesellschaft anerkannt werden, die dieselben Rechte haben im Hinblick auf Schutz (Grundrechte auf Leben und Freiheit), Versorgung (Sozialrechte wie medizinische Versorgung und Arbeitsrechte) und Teilhabe (Mitspracherecht, wenn es darum geht, wie die Gesellschaft strukturiert ist). Unter diesen Bedingungen kann die Ausübung von Macht, die das Regieren einer gemeinsamen Mensch-Tier-Gesellschaft mit sich bringt, legitim sein und nicht tyrannisch, weil sich diese Gesellschaft um das Wohlergehen all ihrer Mitglieder kümmert.

Domestizierten Tieren zu ermöglichen, ein Mitspracherecht auszuüben, ist herausfordernd, doch dasselbe gilt für viele Personengruppen (wie zum Beispiel Kleinkinder). Es gibt diesbezüglich auch verschiedene Modelle zur Vormundschaft, Treuhänderschaft oder eines "vertrauensbasierten, abhängigen Handelns" (Donaldson & Kymlicka 2016; Garner & O’Sullivan 2016). Man sollte auf keinen Fall die Fähigkeiten zur Kommunikation, Kooperation und die Handlungsfähigkeit der domestizierten Tiere unterschätzen. Domestizierung ist überhaupt nur bei Tieren möglich, die in der Lage sind, mit Menschen vertrauensvolle Beziehungen einzugehen, wechselseitig zu kommunizieren und auf Regeln zu achten. Deshalb macht das Domestizieren eine Ausweitung des Staatsbürger-Begriffs auf Tiere nicht nur moralisch notwendig, sondern auch möglich.

Wildtiere

Wildtiere unterliegen menschlicher Invasion, Kolonisierung, Verdrängung und der Zerstörung von Lebensräumen. Wir behandeln ihre Gebiete als terra nullius, die wir ohne eigens begründeten Anspruch verschmutzen, abholzen, abbauen und besiedeln. Wie können wir solch eine Ungerechtigkeit verhindern? Wenn es um Politik geht, die zwischen Menschen stattfindet, dann versuchen wir, diese Art der Kolonisierung zu unterbinden, indem wir die Rechte der Völker auf ihr eigenes Territorium und auf territoriale Autonomie anerkennen. Beziehungen zwischen Völkern oder Staaten werden von Grundsätzen der Souveränität geregelt. Sie gewähren territorial begrenzten, politischen Gemeinschaften das Recht, sich als funktionierende, sich selbst regierende Gesellschaften auf angestammten Territorien oder Heimatländern selbst zu erhalten. Souveränität bietet Schutz vor Außenstehenden, die Völker vertreiben, ihr Land und ihre Ressourcen stehlen, sie in abhängige Staaten verwandeln oder ihnen unfaire Belastungen (wie grenzüberschreitende Verschmutzung) aufbürden würden. Souveränität bietet auch eine sichere Basis, von der aus faire Kooperations-Bedingungen verhandelt (z. B. Handels- und Mobilitätsrechte) und auch Formen gegenseitiger Unterstützung und Intervention abgesprochen werden können, welche die jeweilige Autonomie nicht untergraben. Zoopolis spricht sich dafür aus, dass dieselben Prinzipien auch für wild lebende Tiere gelten sollen und in der Tat ist dies keine ganz neuartige Idee. Nordamerikanische indigene Gemeinschaften haben eine lange Geschichte des politischen Denkens, welches Wildtier-Gemeinschaften als Nationen oder als Völker, mit denen man einen Vertrag hat, mit einbindet (Simpson 2011). Gemeinschaften von Wildtieren sollten so begriffen werden, dass ihnen ein souveränes "Recht auf Aufenthalt” zusteht, das menschliche Aggression verhindert. Unsere Beziehung zu diesen Wildtier-Gemeinschaften sollte von den Normen der internationalen Gerechtigkeit geregelt werden – als ein wahrhaftiges "Gesetz der Völker” zwischen menschlichen und Wildtier-Gemeinschaften – und nicht wie bisher mit brutaler Gewalt.

Was für die Staatsbürgerschaft von domestizierten Tieren gilt, ist auch für die Inkraftsetzung der Souveränität von Wildtieren erforderlich: eine gewisse kreative Anpassung an die jeweiligen Gegebenheiten. Während einige Wildtiere zum Beispiel in zurückgenommenen Habitaten leben, migrieren andere freilebende Tiere über großflächige Gebiete auf dem Land, dem Wasser oder in der Luft. Es wurden jedoch bereits verschiedene Modelle entwickelt, bei denen es um teilweise, überlappende, dazwischenliegende oder substaatliche Souveränitätsrechte geht. Damit einher gehen Ideen von Reisekorridoren und internationalen Gemeinschaftsgütern, mit denen diese komplexen Strukturen so angegangen werden können, dass zugrundeliegende Rechte auf Territorium und Autonomie bewahrt werden (Hadley 2015).

Tiere im Schwellenbereich

Nicht alle Tiere lassen sich säuberlich entweder als unsere Mitbürger (vollständige Mitglieder eines gemeinsamen Kooperations-Systems) oder als Mitglieder einer anderen souveränen Gesellschaft (andere Nationen, die bestimmte Gebiete bevölkern) einordnen. Unter uns lebt auch eine wachsende Anzahl von nicht-domestizierten (oder ehemals domestizierten) Tieren wie Ratten, Mäuse, Eichhörnchen, Krähen, Waschbären, Tauben, Straßenhunde, Kojoten und unzählige andere Arten. Sie sind jedoch nicht Teil des gemeinsamen Kooperations-Systems wie die domestizierten Tiere. Im Moment erfahren diese "Grenzgänger im Schwellenbereich" keinen Schutz vor menschlicher Gewalt. Sie werden als Schädlinge, Eindringlinge oder Fremdlinge behandelt und werden oft schonungslos getötet oder vertrieben. In gewisser Hinsicht teilen sie eine entsprechende Verwundbarkeit mit "Schwellenbereichlern”, die es auch unter Menschen gibt, wenn sie keine Staatsbürger sind, zum Beispiel Arbeitsmigranten, Besucher aus dem Ausland oder abgeschottete Religionsgruppen wie die Amishen. Diese Einwohner (das heißt: Bewohner, die keine Staatbürgerschaft mit uns teilen) sind alle anfällig dafür, stigmatisiert oder ausgenutzt zu werden. Eine Möglichkeit, diese Schutzlosigkeit zu begrenzen, ist es, den Einwohnern die Option auf Staatsbürgerschaft zu gewährleisten. Manche Einwohner wollen jedoch womöglich gar keine Staatsbürger werden und ziehen eine eher lockere Beziehung im Sinne einer toleranten Ko-Existenz mit wenigen gegenseitigen Verpflichtungen vor. Und diese Art der Übereinkunft ist auch für viele Tiere im Schwellenbereich sinnvoll. Es ist zweifelhaft, ob sie davon profitieren (oder überhaupt in der Lage sein würden), in solche räumlich nahen und interpersonellen Staatsbürgerschafts-Beziehungen eingebunden zu werden, wie wir sie mit domestizierten Tieren haben können. Die Staatsbürgerschaft gewährleistet zwar umfassende Rechte auf Fürsorge und Schutz, aber sie schreibt auch umfassende Verpflichtungen vor, wenn es um soziale Normen, Kooperation und Mitwirkung geht. Um Schwellenbereichs-Tiere in diese zivilgesellschaftlichen Normen einzubinden, müsste man massiven Zwang ausüben und in ihre Lebensweise eingreifen. Was nicht-domestizierte Tiere, die mit uns leben, brauchen, ist ein geschützter Einwohnerstatus: Sie müssen vor unserer Gewalt, unserer Missachtung ihrer Interessen und unserer Weigerung, ihre Rechte auf einen Aufenthaltsort zu beachten, geschützt werden. Sie brauchen eher eine tolerante Ko-Existenz oder einen guten Umgang und weniger eine eng verbundenen Kooperation, die eine Staatsbürgerschaft mit sich bringen würde.

Diese dreiteilige Darstellung von politischen Beziehungen zwischen Gruppen ist selbstverständlich schematisch und vorläufig, und jeder Versuch der Umsetzung wird schnell zeigen, dass es Graubereiche und schwer zu beurteilende Fälle gibt. Aber in der Argumentation, die wir in Zoopolis darlegen, geht es darum, dass die Konzepte und Entwürfe der politischen Theorie – das schließt Territorium, Grenzen, Staatsbürgerschaft, Einwohnerstatus, Souveränität, Legitimität, Vertretung, Wohnsitz und Toleranz ein – die Frage klären können, wie Menschen mit Tieren auf Basis von Gerechtigkeit umgehen können.

Literatur

Adams, Carol J. & Lori Gruen (2014) Ecofeminism: Feminist intersections with other animals & the earth (Bloomsbury).

Donaldson, Sue & Will Kymlicka (2011) Zoopolis: A Political Theory of Animal Rights (Oxford). [Deutsch: Donaldson, Sue & Will Kymlikca (2013) Zoopolis: Eine politische Theorie der Tierrechte (Suhrkamp)].

Donaldson, Sue & Will Kymlicka (2017) "Rethinking Membership and Participation in an Inclusive Democracy: Cognitive Disability, Children, Animals” in Barbara Arneil and Nancy Hirschmann (eds) Disability and Political Theory (Cambridge University Press).

Donovan, Josephine & Carol J. Adams (2007) The Feminist Care Tradition in Animal Ethics (Columbia).

Garner, Robert & Siobhan O’Sullivan (2016) The Political Turn in Animal Ethics (Rowman & Littlefield).

Hadley, John (2015) Animal Property Rights: A theory of habitat rights for wild animals (Lexington Books).

Midgley, Mary (1983) Animals and Why They Matter (University of Georgia).

Regan, Tom (1983) The Case for Animal Rights (University of California).

Simpson, Leanne (2011) Dancing on Our Turtle’s Back: Stories of Nishnaabeg re-creation, resurgence and a new emergence (ARP Books).

Singer, Peter (1975) Animal Liberation (Harper Collins).

ist freie Schriftstellerin und lebt in Kanada. Zusammen mit Will Kymlicka hat sie "Zoopolis: Eine politische Theorie der Tierrechte" veröffentlicht.