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Demokratische Republik Kongo | Kriege und Konflikte | bpb.de

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Demokratische Republik Kongo

Nadine Ansorg

/ 9 Minuten zu lesen

Nach dem Machtwechsel im Januar 2019 zieht der ehemalige Präsident Kabila weiterhin die Fäden. Der neue Präsident Tshisekedi, der nur durch die Manipulation der Wahlergebnisse an die Macht kam, versucht sich von Kabila zu emanzipieren und auf politische Reformen hinzuarbeiten.

Wahlurne mit Stimmzetteln und Wahlhelfer in einer Schule in Kinshasa. Der Wahl am 30. Dezember 2018 vorausgegangen waren zwei Jahre voller Ungewissheit, Proteste und Instabilität. (© picture-alliance, ZUMAPRESS.com | Stefan Kleinowitz)

Aktuelle Konfliktsituation

Im Januar 2019 wurde der neue kongolesische Präsident Félix Tshisekedi in seinem Amt vereidigt. Dies stellte die erste friedliche Machtübernahme seit der Unabhängigkeit Kongos dar. Dennoch bestehen Zweifel an der Integrität des Prozesses und des Wahlausgangs. Der Wahl am 30. Dezember 2018 vorausgegangen waren zwei Jahre voller Ungewissheit, Proteste und Instabilität. Der vorangegangene Präsident Joseph Kabila hätte offiziell am Ende seiner Amtszeit am 19. Dezember 2016 abtreten müssen. Er hatte jedoch wiederholt Anläufe unternommen, die Verfassung zu seinen Gunsten zu ändern, um für eine weitere Amtszeit kandidieren zu können. Diese Versuche führten immer wieder zu massiven Protesten der Opposition in Kinshasa und anderen größeren Städten.

Kabila gab schließlich dem Druck der Bevölkerung sowie regionaler Organisationen und internationaler Geldgeber nach und ernannte Emmanuel Ramazani Shadary als Nachfolger. Shadary kandidierte für das Parteienbündnis "Front commun pour le Congo" (FCC), in dem auch Kabilas "Parti du Peuple pour la Reconstruction et la Démocratie" (PPRD) repräsentiert ist. Die wichtigsten Gegenkandidaten waren Félix Tshisekedi von der Koalitionspartei "Cap pour le Changement" (CACH) sowie der populäre Martin Fayulu von der Oppositionspartei "Engagement pour la citoyenneté et le développement" (ECiDé).

Wahlbeobachter aus dem In- und Ausland sehen die Wahl als manipuliert an. Der Rat der Kirchen des Kongos (Conférence Episcopale Nationale du Congo – CENCO) sowie Wahlergebnisse, die den Medien zugespielt wurden, bestätigten Fayulu als Gewinner. Doch die Nationale Wahlkommission (Commission electorale nationale et independante - CENI) gab Tshisekedi als Wahlsieger bekannt.

Trotzdem akzeptierte die Bevölkerung in einer Mischung aus Resignation und Hoffnung das Ergebnis. Nach dem jahrelangen Konflikt um den Machterhalt Kabilas gab wohl die Tatsache den Ausschlag, dass eben nicht Kabila selbst oder der von ihm ausgewählte Nachfolger, sondern ein anderer Kandidat das Präsidentenamt übernahm.

Der Kongo wird nun aus einer Koalition zwischen Kabilas FCC und Tshisekedis CACH geführt. Allem Anschein nach war die Ernennung Tshisekedis ein Coup Kabilas, der sich durch die Teilnahme an der Koalition auch über seinen Abgang hinaus die Kontrolle über die Legislative, den Sicherheitssektor sowie Einnahmen aus den wirtschaftlichen Ressourcen des Landes sichern wollte. Dies scheint ihm nun auch gelungen: Kabilas Parteienbündnis FCC kontrolliert 340 der 500 Sitze im nationalen Parlament sowie große Teile der Regierungskoalition. Auch die republikanische Garde bleibt unter Kabilas Kontrolle.

Doch wie sich zeigt, ist Tshisekedi alles andere als eine Marionette Kabilas. In den Grenzen seines Amtes arbeitet er auf Reformen und eine Liberalisierung des Landes hin. So erlaubte er den politischen Parteien, ihre Arbeit wieder uneingeschränkt aufzunehmen. Politische Gefangene wurden entlassen, die Befugnisse des gefürchteten Sicherheitsdienstes Agence Nationale de Renseignements (ANR) wurden eingeschränkt. Tshisekedi versprach auch, kostenlose primäre Schulbildung einzuführen und das Gesundheitssystem zu verbessern. Der neue Präsident hat es ebenso geschafft, die Beziehungen zu internationalen Geldgebern, wie dem Internationalen Währungsfonds und den Regierungen in Brüssel, Paris und Washington, zu festigen.

Diese Politik trifft in der von der weiterhin von Kabilas FCC dominierten Regierungskoalition auf Widerstand. Der Präsident ist laut Verfassung gezwungen, sich mit der Mehrheit im Parlament und dem von ihr gestellten Premierminister zu arrangieren. Zwischen Präsident Tshisekedi und Premierminister Sylvestre Ilunga kommt es immer wieder zu Streitigkeiten über die Stoßrichtung der Politik.

Erschwert wird diese Situation durch die Folgen der Corona-Pandemie. Neben den gesundheitlichen Risiken für die Bevölkerung bedeutet die Pandemie auch eine Gefahr für den Ressourcenabbau, von dem der Kongo so abhängig ist. So fielen beispielsweise die Preise für Kupfer zu Beginn der Pandemie um 25%, was einen Einnahmenausfall von 5 Mrd. US-Dollar für das Land bedeutete.

Eines der Wahlversprechen Tshisekedis war es, die Sicherheit auch im Osten Kongos zu verbessern. So hat er besonders darauf hingearbeitet, die Beziehungen zu den politischen Nachbarn Ruanda und Angola zu verbessern, was ein Schlüssel für die regionale Stabilität in der Region der Großen Seen darstellt. Hierfür unterzeichneten die drei Staaten ein Friedens- und Sicherheitsabkommen.

Ex-Präsident Kabila, der als "Senator auf Lebenszeit" vor einer möglichen Strafverfolgung geschützt ist, hat kein Interesse an einem Erfolg dieser Maßnahmen. Zum einen profitieren er, seine Familie und politische Verbündete von illegalen wirtschaftlichen Aktivitäten im Osten Kongos, die durch die Instabilität erst möglich sind. Zum anderen wollen er und seine Anhänger mit Blick auf die nächsten Wahlen verhindern, dass Tshisekedis weiter an Popularität gewinnt.

Unterdessen agieren besonders im Osten und Süden des Landes noch immer nicht-staatliche Gewaltgruppen, wie etwa die Mai-Mai-Milizen im Osten , Milizen in Ituri oder Kamuina Nsapu in Karsai, die um die Kontrolle wertvoller Ressourcen in der Region kämpfen.

Ursachen und Hintergründe

Der Konflikt in der DR Kongo ist nur vor dem Hintergrund der kolonialen Ausbeutung durch den belgischen König Leopold II. (1888-1908) und Belgien (1910-1960 sowie des mehr als 30-jährigen Regimes des Diktators Mobutu (1965-1997) zu erklären. Im Kongo gab es nie einen funktionierenden Staat, geschweige denn Vertrauen in staatliche Institutionen, wie Polizei, Militär, Justiz oder Parteien. König Leopold II. wie Mobutu bereicherten sich massiv an den natürlichen Ressourcen des Landes, während sie gleichzeitig das staatliche und Verwaltungssystem systematisch ihrem Gewinnstreben unterordneten und die Bevölkerung ausbeuteten, unterdrückten und verhungern ließen.

Mit dem Ende des Kalten Krieges wuchs auch der internationale Druck auf Mobutu, das politische System in Kongo/Zaire zu reformieren. Die Krise nahm im Gefolge des Genozids im benachbarten Ruanda (1994) und der Flucht der Verantwortlichen sowie hunderttausender Hutus in den Kongo und andere Nachbarstaaten ein kaum zu bewältigendes Ausmaß an. Das Land versank im Chaos. 1997 wurde Mobutu durch ein Bündnis zwischen der Alliance des Forces Démocratiques pour la Libération du Congo (AFDL) unter Beteiligung der Streitkräfte mehrerer Nachbarstaaten gestürzt.

Seitdem konnte das Machtvakuum nicht hinreichend gefüllt und eine stabile politische und gesellschaftliche Ordnung aufgebaut werden. Die fehlenden staatlichen Strukturen sowie der mangelnde Wille der politischen Eliten erschwerten den Wiederaufbau und die Befriedung des Landes. Trotz des Wirtschaftswachstums der vergangenen Jahre, das hauptsächlich auf die Ausbeutung der reichen Bodenschätze zurückzuführen ist, gehen der Aufbau und die Modernisierung der staatlichen Strukturen nur schleppend voran. Es gibt zwar Institutionen, wie Parlament, Polizei, und Militär, doch sind diese in erheblichem Maße von Korruption und Vetternwirtschaft betroffen und oftmals selbst Urheber von Gewalt gegen die Zivilbevölkerung.

Die chronische Schwäche des Staates hatte zur Folge, dass sich Rebellengruppen ausbreiten und ihrerseits von der Ausbeutung der reichen Bodenschätze profitieren konnten. Bis heute sichert eine florierende Kriegsökonomie den ständig wechselnden Rebellengruppen lukrative Einkünfte. Hinzu kommt, dass es insbesondere für die Bewohner im Osten des Landes, der zum Haupteinzugsgebiet der Rebellengruppen gehört, kaum wirtschaftliche Alternativen gibt. Viele sehen in der Teilnahme am Krieg die einzige Option. Mittlerweile gibt es eine ganze Generation junger Menschen, die nur Krieg, Flucht und Gewalt kennengelernt hat.

Zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen kommt es immer wieder zu Landstreitigkeiten, die durch die Anwesenheit von Flüchtlingen aus den Nachbarländern noch verstärkt werden. Strittig ist besonders, ob die Bevölkerungsgruppen, die Kinyarwanda sprechen, Bürger des kongolesischen Staates sind und somit Anspruch auf Landbesitz haben. Viele von ihnen sind bereits in der Kolonialzeit von den Belgiern als Plantagenarbeiter in den Kongo gebracht worden, haben dort jedoch nie Bürgerrechte erhalten. Die Spannungen zwischen Banyarwanda und anderen Bevölkerungsgruppen haben sich nach dem Genozid in Ruanda und der Ankunft von Hunderttausenden Flüchtlingen aus Ruanda im Jahr 1994 noch zusätzlich verstärkt.

Durch grenzüberschreitende Rebellenbewegungen zwischen Ruanda, Burundi, Uganda, Angola und der Zentralafrikanischen Republik hatte sich der Konflikt in den vergangenen 20 Jahren über die Landesgrenzen hinaus stark regionalisiert. Ruanda und Uganda nahmen die andauernde regionale Unsicherheit zum Anlass, mehrmals im Kongo zu intervenieren, um dort operierende Rebellengruppen zu neutralisieren. Sie nutzten ihre militärische Präsenz zugleich, um die Kontrolle über lokale Bodenschätze, wie Gold oder Koltan, und deren globale Verwertung, zu erlangen.

Bearbeitungs- und Lösungsansätze

Aus westlicher und UN-Sicht ist in der DR Kongo der Aufbau eines Staates nach westlichem Vorbild wünschenswert. Dies beinhaltet die Herstellung von Sicherheit, den Aufbau demokratischer Strukturen und einer unabhängigen Justiz sowie die landesweite Gewährleistung von Steuer- und Finanzhoheit. Dazu gehört auch der Aufbau eines modernen Gesundheits- und Bildungssystems.

Die Präsenz der UNO-Mission MONUSCO soll Sicherheit und Stabilität gewährleisten, um weitere Reformen zu ermöglichen. Die Friedenstruppe wurde bereits 1999 unter dem Namen MONUC entsandt, um das Land zu befrieden. Das Mandat wurde mehrmals verlängert. Es ist die Grundlage für die zahlenmäßig größte UN-Peacekeeping-Truppe. Seit März 2013 ist die UN-Interventionsbrigade Teil der MONUSCO mit dem expliziten "robusten" Auftrag, gegebenenfalls auch militärisch gegen Rebellengruppen vorzugehen. Unter Präsident Tshisekedi steht die Fortsetzung der Mission nicht mehr in Frage. Die kongolesischen Behörden sind auch bereit, im Rahmen ihrer Anstrengungen zur Verbesserung der Sicherheitssituation enger mit der MONUSCO zusammenzuarbeiten.

Auch die Zusammenarbeit Tshisekedis mit den regionalen Nachbarn Uganda, Ruanda und Angola ist ein wichtiger Schritt in Richtung Konfliktlösung. So kündigte Tshisekedi gemeinsame militärische Operationen an, um gegen die zahlreichen nationalen und überregionalen Gewaltakteure vorzugehen. Dies löste jedoch Unmut in der Bevölkerung aus, da eine Rückkehr ausländischer Truppen in den Ostkongo besonders mit Blick auf die jüngste Geschichte in der Bevölkerung sehr kritisch gesehen wird. So ruderte Tshisekedi zurück und versicherte, dass es keine weiteren Interventionen ausländischer Truppen geben werde.

Die andauernde Gewalt, die sowohl von nicht-staatlichen Gewaltakteuren wie auch vom kongolesischen Militär ausgeht, zeigt die Grenzen internationaler Friedenssicherung auf. Auch auf lokaler Ebene sind die Ergebnisse unbefriedigend. Das Sagen haben weiterhin die alten Eliten, die oftmals die Verbindung zur lokalen Bevölkerung verloren haben und eher an persönlicher Bereicherung interessiert sind. Ein neuer, komplementärer Ansatz soll daher in stärkerem Maße Friedensarbeit und Projekte auf lokaler Ebene ermöglichen. Die Zusammenarbeit mit traditionellen Autoritäten vor Ort ist so wichtig, weil besonders Landstreitigkeiten und fehlende Erwerbsmöglichkeiten zu einem großen Teil lokalen Ursprungs sind.

Die juristische Aufarbeitung von Kriegsverbrechen im Kongo hat mit den Den Haager Tribunalen gegen die Rebellenführer Thomas Lubanga, Jean-Pierre Bemba und Bosco Ntaganda begonnen. Mittlerweile wurden Jean-Pierre Bemba vom Internationalen Strafgerichtshof zu 18 Jahren, Thomas Lubanga zu 14 Jahren Haft verurteilt. Doch auch hier besteht das Problem, dass die Aufarbeitung nicht die Menschen vor Ort erreicht, die von den Verbrechen am meisten betroffen waren und sind. Eine lokale Auseinandersetzung mit den Verbrechen und Folgen des Krieges, die mehr als nur die Anführer einbindet, ist daher dringend erforderlich.

Geschichte des Konflikts

Das Regime Mobutus wurde 1997 durch ein Bündnis zwischen der Alliance des Forces Démocratiques pour la Libération du Congo (AFDL) und Ruanda, Uganda und Angola gestürzt (Erster Kongokrieg, 1996–97). Neuer Präsident wurde Laurent-Désiré Kabila. Er schaffte es jedoch nicht, einen Neuanfang in die Wege zu leiten und brachte schließlich sogar seine Verbündeten gegen sich auf. Besonders der Osten des Landes war von andauernder Gewalt rivalisierender Rebellengruppen geprägt, die von der Ausplünderung der Bodenschätze profitierten. Auch zogen sich aus den Nachbarstaaten Uganda, Ruanda, Burundi und Angola immer wieder regierungsfeindliche Rebellengruppen auf kongolesisches Territorium zurück.

Im Jahr 1998 schmiedeten Ruanda, Uganda und Burundi eine Allianz und griffen den Kongo an, um die Rebellengruppen zu bekämpfen und die regionale Unsicherheit einzudämmen. Präsident Kabila suchte seinerseits die Unterstützung von Simbabwe, Angola, Namibia und dem Sudan, um sich gegen die Intervention zur Wehr zu setzen. Die Staaten erhielten dafür Konzessionen für den Ressourcenabbau im Kongo. Aufgrund der Beteiligung vieler afrikanischer Staaten wird der Zweite Kongokrieg (1998-2003) auch als "Erster Afrikanischer Weltkrieg" bezeichnet.

Trotz der größten internationalen Friedensmission MONUC (ab 1999) und der Bemühungen der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) und der Southern African Development Community (SADC) scheiterte das erste Waffenstillstandsabkommen (Lusaka 1999). Im Jahr 2002 kam es dank der Vermittlung Südafrikas zum Friedensabkommen von Pretoria. Möglich wurde es auch durch die Machtübernahme Joseph Kabilas nach der Ermordung seines Vaters.

Weitere Inhalte

Nadine Ansorg arbeitet derzeit als Post-Doktorandin an der School of Politics and International Relations an der University of Kent, UK, und ist hier zugleich Mitglied im Conflict Analysis Research Centre (CARC). Zuvor hat sie als Projektkoordinatorin und Forscherin im Projekt "Institutions for Sustainable Peace" am GIGA German Institute of Global and Area Studies in Hamburg (2012-2015) sowie als Vertretung der Juniorprofessur für Entwicklungspolitik und Politik Afrikas an der Universität Bayreuth gearbeitet. Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich der institutionellen Reformen in Nachkriegsstaaten, insbesondere Sicherheitssektorreformen und der Rolle von internationalen Akteuren im Reformprozess, sowie in der Etablierung von Frieden in geteilten und Nachkriegsgesellschaften. Ihr regionaler Fokus liegt auf Subsahara Afrika sowie auf Asien.