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Sudan - Darfur | Kriege und Konflikte | bpb.de

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Sudan - Darfur

Manfred Öhm

/ 8 Minuten zu lesen

Der Sturz von Diktator al-Baschir eröffnet die Chance, die Konflikte in Darfur und den anderen Regionen Sudans zu überwinden. Doch den Friedensvertrag von Dschuba haben nicht alle Konfliktparteien unterschrieben. Die zivile UN-Mission UNITAMS soll den Transformationsprozess im gesamten Sudan unterstützen.

Mitglieder des UNAMID-Sicherheitsteams vorm Zemzen Camp in Darfur, in dem fast 185.000 sudanesische Flüchtlinge leben (Stand 2016). (© picture-alliance, Mohammed Elshamy, Anadolu Agency )

Aktuelle Konfliktsituation

Nach massiven öffentlichen Protesten gegen das Militärregime wurde Präsident Omer al Baschir am 11. April 2019 durch einen Militärputsch abgesetzt. Die politischen Spielräume der Übergangsregierung unter Premierminister Abdalla Hamdok sind jedoch durch den Einfluss des Militärs begrenzt. Der nationale Souveränitätsrat unter General Burhan und seinem Stellvertreter General Hemeti hat u.a. die Kompetenz für Sicherheitsfragen behalten. Hemeti, Chef der sogenannten schnellen Eingreiftruppen (Rapid Support Forces, RSF), gilt als einer der Architekten des Putsches gegen Omer al Baschir. Die RSF, die aus den sogenannten Dschandschawid-Milizen entstanden sind, waren als paramilitärische Regierungsmiliz nicht nur maßgeblicher Konfliktakteur in Darfur, sondern sind auch für ein Massaker an Zivilisten in Khartum am 3. Juni 2019 verantwortlich.

Das Friedensabkommen von Dschuba (Südsudan), das Anfang Oktober in Khartum unterzeichnet wurde, benennt grundsätzliche Fragen des sudanesischen Staatsaufbaus, der Machtteilung, der Trennung von Staat und Religion, der demokratischen Beteiligung und insbesondere des Status der umstrittenen Territorien. Die Konflikte in Darfur und in den "Two Areas", also den umstrittenen Regionen Südkordofan/Nuba und Blue Nile, und im Ostsudan werden in getrennten Protokollen behandelt. Allen regionalen Kräften wird künftig eine Beteiligung an der sudanesischen Regierung und im verfassungsgebenden Prozess zugesprochen. Darfur soll im Rahmen eines föderalen gegliederten Sudan künftig als eine Provinz mit verbrieften Befugnissen z.B. eigene Steuern erheben können und am Erlös des Rohstoffabbaus zu 40% beteiligt werden.

Außerdem wurden die Integration der Rebellengruppen in die nationalen Sicherheitskräfte und eine grundlegende Reform des Sicherheitssektors vereinbart. Für die Mitgliedschaft in Rebellengruppen ist eine Amnestieregelung vorgesehen. Schwere Menschenrechtsverletzungen aller Akteure sollen jedoch strafrechtlich verfolgt werden. Im Friedensabkommen sichern die Vertragspartner zudem ihre vollständige Kooperation mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu, und die Regierung verspricht, dass Ex-Präsident Omar-el-Baschir und andere Angeklagte vom dem IStGh erscheinen werden.

Doch werden die Vereinbarungen von mehreren Rebellengruppen abgelehnt. So hat die weiterhin kämpfende SLM/A Abdelwahid eine Beteiligung an den Verhandlungen abgelehnt und auch die SPLM-Nord unter Führung von Abdelaziz AL-Hilu hat sich geweigert, dem Abkommen zuzustimmen. Grund ist nicht zuletzt die Zusammensetzung der Verhandlungsdelegation der Regierung unter Führung von General Hemeti. Dieser sicherte seinen Einfluss auf die Friedensgespräche, wobei seine Interessen kaum in der Umsetzung einer umfassenden demokratischen Transition des Landes liegen dürften. Es gab im Verhandlungsprozess zudem kaum eine Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure aus den betroffenen Regionen, was für die Akzeptanz und Umsetzung der Vereinbarungen wichtig wäre.

2020 fanden in Darfur nur wenige bewaffnete Handlungen zwischen Rebellengruppen und der sudanesischen Armee statt. Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Nomaden und Ackerbauern sind jedoch an der Tagesordnung und überlagern sich mit anderweitig motivierten Kriegshandlungen. Anfangs 2021 kam es zu einer neuen Eskalation von Gewalt mit Dutzenden Todesopfern. Von den Rebellengruppen ist insbesondere die SLM/A Abdel Wahid weiterhin aktiv. Die relative Waffenruhe und der Abschluss eines Teilfriedens dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch nach dem Teilfrieden von Juba, eine dauerhafte politische Lösung des Konfliktes nicht in Sicht ist. Die Chance auf einen friedlichen Wandel im Sudan hängt von der Fortsetzung der friedlichen Transition des ganzen Landes ab. Doch Regierung in Khartum ist fragil und das Land steht wirtschaftlich am Abgrund. Auf Seite der Rebellen zeigt sich, dass die Gruppen intern gespalten und primär an Ämtern und dem Zugang zu Ressourcen interessiert sind und weniger an den proklamierten politischen Zielen.

Im Rahmen der internationalen Friedensbemühungen hat der UN- Sicherheitsrat im Juni 2020 beschlossen, das Mandat der Friedensmission UNAMID ein letztes Mal bis Ende Dezember 2020 zu verlängern und diese zum Jahreswechsel zu beenden. Gleichzeitig beschloss der UN-Sicherheitsrat in einer getrennten Resolution, die Mandatierung der Nachfolgemission UNITAMS. Die UNITAMS hat als rein zivile Mission ein Mandat zur Unterstützung des politischen Übergangs im gesamten Sudan erhalten. Den Schutz von Zivilisten wird die VN-Mission angesichts des nun eingeschränkten Mandats jedoch nicht gewährleisten.

Das Erreichte ist angesichts des politischen Übergangs in Khartum ein Hoffnungsschimmer. Ob die langjährige destruktive Konfliktdynamik im Sinne eines umfassenden friedlichen politischen Übergangs durchbrochen werden kann, bleibt abzuwarten. Trotz der Fortschritte im Friedensprozess bleibt die humanitäre Situation im Sudan und insbesondere in Darfur dramatisch. Das UNHCR meldete für Mai 2020 für Dafur weiterhin über 1,6 Mio. Binnenflüchtlinge.

Ursachen und Hintergründe

Der Darfur-Krieg ist ein Teil der übergreifenden politischen Systemkrise des Sudan. Die Verbindungen der Darfur-Rebellen zu politischen Gruppen in anderen Landesteilen rühren an den Grundlagen der Macht- und Ressourcenverteilung im gesamten Sudan, was eine separate Lösung des Darfur-Konfliktes unmöglich macht. Die Unabhängigkeit der Republik Südsudan am 9. Juli 2011 infolge eines Referendums und der mittlerweile im Südsudan erneut entflammte Bürgerkrieg haben die politische Lage zusätzlich verkompliziert.

Hinter der Autonomieforderung für Darfur steht ein ausgeprägter Zentrum-Peripherie-Konflikt zwischen der Zentralregierung in Khartum und der politisch wie wirtschaftlich marginalisierten Region im Westen des Landes. Als Darfur Anfang der 2000er Jahre vom Friedensprozess zwischen Nord- und Südsudan und der damit verbundenen Neuverteilung von Macht und Ressourcen ausgeschlossen blieb, entschieden sich die darfurischen Rebellenorganisationen SLM/A und JEM im Frühjahr 2003 für den Waffengang.

Der Konflikt wird von vielfältigen Landnutzungskonflikten zwischen viehzüchtenden Nomaden und Ackerbauern überlagert, die sich infolge langer Dürreperioden und zunehmender Desertifikation seit Mitte der 1980er Jahre massiv verschärft haben. Die Auswirkungen des globalen Klimawandels spielen für die Konfliktentwicklung ebenso eine Rolle wie die politische Ausgrenzung breiter Bevölkerungsgruppen. Die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Ursachen belegen, dass der Krieg in Darfur kein allein kulturell bedingter Konflikt zwischen afrikanischen und arabischen Bevölkerungsgruppen ist.

Neben den genannten Konfliktdimensionen bestimmen weitere sekundäre Konfliktursachen das Geschehen. So bietet der Krieg und die Teilnahme an Friedensgesprächen für die Eliten der Rebellengruppen durchaus eine wirtschaftliche Existenzgrundlage und politische Anerkennung. In der Folge verstärkt sich die Fragmentierung der Rebellengruppen, und Verhandlungslösungen werden aufgrund zunehmend divergierender Interessen erschwert. Mit dem "Geschäftsmodell Miliz", das auch die Erpressung der Zivilbevölkerung und der internationalen Hilfsorganisationen einschließt, entstand ein regelrechtes Söldner- und Banditentum und eine Kultur der rücksichtslosen Vorteilsnahme, der Unsicherheit und Gewalt.

Bearbeitungs- und Lösungsansätze

Ab 2003 eskalierte der Darfur-Krieg über mehrere Monate ohne eine nennenswerte Reaktion der Staatengemeinschaft. Die sudanesische Regierung setzte von Anfang an Milizen (u.a. die sog. Dschandschawid) gegen die Rebellen der SLM und der JEM ein. Die aus Darfur und benachbarten Ländern angeheuerten Söldner gingen mit Unterstützung der Regierungsarmee äußerst brutal gegen die Zivilbevölkerung vor. Dabei wurden nach UN-Schätzungen etwa 300.000 Menschen getötet und 2,5 Mio. vertrieben. Erst als der US-amerikanische Kongress im Juni 2004 den Krieg als Genozid charakterisierte, stieg das Interesse der internationalen Medien und Politik sprunghaft an, und die Staatengemeinschaft sah sich zum Handeln gezwungen. Doch mehreren aufeinanderfolgenden Friedensmissionen der Afrikanischen Union (AU) und der Vereinten Nationen gelang es nicht, den Konflikt zu befrieden.

2005 versuchte die Afrikanische Union (AU), mit ihrer Friedensmission AMIS einen Waffenstillstand zu sichern – allerdings nur mit prekärem Erfolg. Den Höhepunkt des internationalen Engagements bildete die UNAMID-Mission, die 2007 vom UN-Sicherheitsrat gemäß Kap. VII der Charta als Hybridmission der UNO und der AU beschlossen wurde. Die UNAMID-Mission umfasste zwischenzeitlich bis zu 21.000 Soldaten und Polizisten sowie 4.500 Zivilisten und kostete jährlich rund 1,6 Mrd. US-Dollar. Sie wurde 2014 auf rund 18.000 Uniformierte und 3.500 Zivilisten verkleinert.

Angesichts des politischen Wandels im Sudan wurde nach schwierigen Verhandlungen im UN-Sicherheitsrat das Mandat der UNAMID mit der Resolution 2525 vom 3. Juni 2020 bis 31.12.2020 ein letztes Mal verlängert und mit der Resolution 2524 die UNITAMS ab Januar 2021 als zivile Folgemission für den gesamten Sudan beschlossen. Der Schutz der Zivilbevölkerung in Darfur, zuletzt eine Kernaufgabe der UNAMID, geht damit in die Verantwortung der sudanesischen Regierung über. Angesichts andauernder bewaffneter Handlungen in Darfur ist diese Entscheidung ein Drahtseilakt der Staatengemeinschaft. Der sudanesische Premier Hamdok und die zivilen Kräfte seiner Regierung hatten sich für eine robustere Mission, d.h. mit mehr militärischen Fähigkeiten und weitreichenderen Befugnissen ausgesprochen, v.a. zum Schutz der Zivilbevölkerung.

Eine Reihe international vermittelter Friedensabkommen, wie das 2006 in Abuja (Nigeria) verhandelte Darfur Peace Agreement (DPA) und das 2001 unterschriebene Friedensabkommen von Doha (Katar), hatten kaum Konsequenzen für das Kriegsgeschehen. Weder Rebellengruppen noch das Baschir-Regime hatten ein wirkliches Interesse, den Krieg zu beenden.

Nach dem Putsch gegen Diktator Omar al-Baschir und der Bildung der Übergangsregierung 2019 befindet sich der Krieg in Darfur nach 17 Jahren Dauer in einer neuen politischen Konstellation. Das Engagement der Staatengemeinschaft orientiert sich nicht mehr nur primär an den Ereignissen in Darfur, sondern an dem Transitionsprozess im gesamten Sudan. Dies ist eine zeitgemäße Handlungslogik, da eine friedliche Entwicklung nur mit Blick auf das gesamte Land gewährleistet werden kann.

In den vergangenen Jahren waren beim Management der Konflikte in der gesamten Region die Begrenzung irregulärer Migration und die Bekämpfung von Terrorismus in den Vordergrund gerückt. Kennzeichnend für die Region - Sudan ist dafür ein repräsentatives Beispiel - sind nur begrenzt handlungs- und durchsetzungsfähige Regierungen. Deshalb können die Konflikte ohne eine verbesserte regionale Friedensordnung jederzeit wieder eskalieren. Ansätze in der AU, eine effektive afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur zu schaffen, müssen daher zielstrebig weiterentwickelt werden.

Geschichte des Konflikts

Darfur wurde als eigenständiges Sultanat erst 1917 in die britisch-ägyptische Kolonie Sudan eingegliedert. Die Grenze verläuft quer durch das Siedlungsgebiet verschiedener Bevölkerungsgruppen. In Darfur leben heute etwa 6 Mio. Menschen. Neben der größten Bevölkerungsgruppe der Fur (Darfur heißt "Land der Fur") sind dies die Zaghawa, Rizeigat, Masalit u.a. Die Provinz wurde 1994 in drei Bundesstaaten (Süd-, West- und Norddarfur) geteilt.

Im Jahr 2000 wurde in Khartum das sogenannte Schwarzbuch anonym veröffentlicht. Es belegt die Dominanz der nordsudanesischen Elite in Politik und Verwaltung und die Ausgrenzung anderer Bevölkerungsgruppen. Es trug wesentlich zur Mobilisierung junger Darfuris bei. Im Jahr 2003 begannen die zwei Rebellenbewegungen SLM/A und JEM den bewaffneten Widerstand. Die Regierung reagierte mit Luftangriffen und dem Aufbau der Dschandschawid. Trotzdem gab es nach dem Kriegsausbruch 2003 fast ein Jahr lang keine nennenswerten internationalen Versuche, in den Konflikt einzugreifen.

Mit dem symbolträchtigen Angriff auf Omdurman (Bundesstaat Khartum) im Mai 2008 schaffte es die JEM, den Darfur-Krieg auch in die Hauptstadt zu tragen. Die völlig überraschten Sicherheitskräfte konnten die Rebellen zwar zurückschlagen, doch die JEM hatte damit ihre Vormachtstellung unter den Rebellen und ihren nationalen politischen Anspruch verdeutlicht. Am 24. Dezember 2011 wurde der damalige Führer der JEM, Khalil Ibrahim, durch einen Drohnenangriff der Regierung in Khartum getötet.

Mit der Kombination aus Friedensgesprächen und Friedensmissionen konnte der Konflikt bislang nicht gelöst werden. Eine Regelung scheiterte immer wieder an der Zerstrittenheit der Darfur-Rebellen und der Obstruktion der sudanesischen Regierung, aber auch an der mangelnden Koordination der internationalen Akteure. Angesichts der Erfolglosigkeit der internationalen Bemühungen wurden 2007 die Truppen der UNO und der AU mit einem robusten Mandat ausgestattet und der internationale Strafgerichtshof mit der Verfolgung der Verantwortlichen für schwere Menschenrechtsverletzungen beauftragt.

Infolge des Regimewechsels in Khartum hat sich seit 2019 eine Hoffnung auf Frieden in Darfur ergeben. Angesichts der Vielzahl an Krisen in Sudan und in der gesamten Region hat der Darfurkrieg zuletzt wieder an internationaler Aufmerksamkeit verloren.

Weitere Inhalte

Manfred Öhm, geb. 1970, Politikwissenschaftler, Dr. phil. der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (2013), B.A. Honors der University of Cape Town South Africa (1995), seit 2003 Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung, u.a. in Sudan und Mosambik, seit 2013 Leiter des Referates Subsahara Afrika der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Forschungsschwerpunkte: ethnische Konflikte in Afrika, zivile Konfliktbearbeitung, afrikanische Sicherheitsstrukturen, politische Transformationsprozesse. Regionale Schwerpunkte südliches Afrika und Sudan/Horn von Afrika.