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Wolf im Schafspelz? Die Partei DIE RECHTE als Sammelbecken für Neonazis | Rechtsextremismus | bpb.de

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Wolf im Schafspelz? Die Partei DIE RECHTE als Sammelbecken für Neonazis

Tomas Sager

/ 7 Minuten zu lesen

Kaum eine Partei ist in den letzten 20 Jahren so militant und neonazistisch aufgetreten wie DIE RECHTE. 2012 gegründet, wurde die Partei schnell zum Auffangbecken für Mitglieder verbotener rechtsextremer Kameradschaften. Politische Erfolge sind allerdings bislang ausgeblieben. Kurz vor der Europawahl 2014 zeigen sich sogar Auflösungserscheinungen.

Knapp hundert Anhänger der Partei DIE RECHTE nehmen am 23.03.2013 an einer Versammlung vor dem Rathaus von Kirchweyhe (Niedersachsen) teil und werden von ihrem Vorsitzenden, Christian Worch (M, braune Jacke), eingeschworen. (© picture-alliance/dpa)

Wuppertal am Tag vor der Bundestagswahl: DIE RECHTE hat zur Demonstration aufgerufen. "Wahlkampfdemonstration" nennt sie die Veranstaltung. Andere würden die Gelegenheit nutzen, an einem solchen Tag noch einmal freundlich und gefällig, auf jeden Fall wählbar, aufzutreten. Nicht so die, die hier mitlaufen. Sie haben mit Demokratie nichts am Hut. Ihre Wortführer erst recht nicht. Paul Breuer, ein Kölner Neonazi, gefängniserfahren und aktuell im Prozess gegen das "Aktionsbüro Mittelrhein" angeklagt, träumt am Mikrofon von "besseren" braunen Zeiten: "Dann wird aus den Trümmern dieses morschen Minussystems die neue Ordnung entstehen: ein freies, sozialistisches und nationalistisches Deutsches Reich." Ein anderer Redner, einst bei der NPD aktiv, jetzt DIE-RECHTE-Funktionär in Düsseldorf, legt nach: "Steckt Euch Eure Scheißdemokratie in Eure fetten Bonzenärsche!", schreit Manfred Breidbach ins Mikro. Sein Publikum johlt. Unterwegs stimmen die Neonazis in den vorderen Reihen des Demonstrationszuges ein Lied an: "Vor uns marschieren mit sturmzerfetzten Fahnen / die toten Helden der jungen Nation. / Und über uns die Heldenahnen, / Deutschland, Vaterland, wir kommen schon!" Manche Staatsanwaltschaften, darunter die des OLG Karlsruhe, der OVG aus Niedersachsen und Lüneburg sowie des Landgerichts Amberg, halten das Singen des Liedes "Ein junges Volk steht auf" für strafbar – immerhin handelte es sich um ein Pflichtlied der Hitlerjugend. Doch das schert die singenden Neonazis offenbar nicht.

Die Partei der Neonazis mit Hang zu NS-Liedgut gründete sich Pfingsten 2012 in Hamburg. An dem ersten Treffen hätten frühere Mitglieder der "Deutschen Volksunion" (DVU), aber auch "bisher noch nicht parteipolitisch organisierte Aktivisten" teilgenommen, berichtete DIE RECHTE. Initiator war Christian Worch, der auch gleich den Vorsitz übernahm. In den letzten zwei Jahrzehnten hatte er mit neuen Parteiprojekten eher weniger zu tun. Auf seiner persönlichen Homepage ist noch heute der Slogan "Die Bewegung braucht keine Parteien!" zu lesen. Sein Metier war die Straße, dutzende Demonstrationen meldete er an. Zwar hat er in Teilen der Szene "parteifreier" Neonazis an Kredit verloren – nicht zuletzt wegen seiner Alleingänge und seiner kaum zu verbergenden Arroganz. Aber insbesondere zu "Autonomen Nationalisten" blieben seine Kontakte hervorragend. Auch als juristischer Ratgeber und Redner ist er weiterhin gefragt.

Trotz seiner jahrzehntelangen Verankerung im braunen Lager wollte Worch seine Partei nicht im offen neonazistischen Lager verorten. Das Programm sei von der alten DVU übernommen, "sprachlich wie inhaltlich modernisiert und ergänzt", hieß es. DIE RECHTE, so Worchs Standortbestimmung, sei "weniger radikal als die NPD", aber "radikaler als die REPs und die ,Pro-Bewegung’". Doch zunächst einmal war sie überhaupt nicht zu erkennen. Bis zum Spätsommer 2012 dümpelten die Versuche, Parteistrukturen aufzubauen, vor sich hin. Das änderte sich, nachdem das NRW-Innenministerium Ende August 2012 die drei aktivsten Gruppen im Lande verboten hatte: den "Nationalen Widerstand Dortmund" (NWDO), die "Kameradschaft Hamm" (KSH) und die "Kameradschaft Aachener Land" (KAL).

Kurz darauf wurden deren Mitglieder bei DIE RECHTE aktiv. Nicht einmal vier Wochen waren seit dem Verbot vergangen, da hatte sich bereits ein DIE-RECHTE--Landesverband in NRW formiert. Gewählt wurde ein Landesvorstand mit bekannten Gesichtern: Dennis Giemsch, Ex-Anführer der "Autonomen Nationalisten" in Dortmund, wurde Vorsitzender. Michael Brück und Dietrich Surmann, die wie Giemsch zur Leitungsebene des NWDO gehört hatten, fungierten nun ebenso als Vorstandsmitglieder wie Sascha Krolzig, der an der Spitze der braunen Kameradschaft in Hamm gestanden hatte.

Dortmund – Hochburg der "Autonomen Nationalisten"

Dortmunds Neonaziszene hatte sich über die Jahre zur größten und aktivsten im Westen der Republik entwickelt. Für viele extrem rechte Gruppen andernorts war sie Vorbild. In ihrer Verbotsverfügung zeichneten die Juristen des Innenministeriums ein Bild des mehr als 60 Mitglieder zählenden NWDO: Auf der Basis des Nationalsozialismus und in Anlehnung an die SA habe sich eine Vereinigung gebildet, deren Mitglieder Gewalt nicht nur rechtfertigen, sondern die teilweise selbst gewalttätig würden. Fremdenfeindlich und rassistisch sei er und verbreite antisemitische Propaganda. "In ihrer Agitation gegen die Bundesrepublik Deutschland bedient sich die Vereinigung der Hetze der NSDAP gegen die Weimarer Republik." Auch ein eigener Versandhandel gehörte dazu: "Resistore" versorgte die Szene mit modisch-braunen Accessoires wie dem Kapuzenpullover mit dem Aufdruck "Revolution since 1933". Beim Geschäft mit Bekleidungsartikeln, CDs, Aufnähern, Fahnen und Aufklebern beließ man es nicht. Neben Pfefferspray gab es bei "Resistore" auch Zwillen, inklusive Stahlkugelmunition, zu kaufen – "die Ausrüstung für den Nahkampf", wie es in der Verbotsverfügung hieß.

Unter anderem aus dieser Klientel rekrutierte DIE RECHTE in NRW. Zwar verpflichtet die Partei ihre Mitglieder in der Satzung darauf, das Grundgesetz anzuerkennen, und auch im Programm heißt es: "Die Partei bekennt sich vollinhaltlich und ohne jeden Vorbehalt zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung." Diese Kröte schluckten die Neu-Mitglieder aus den Kreisen militanter Neonazis. Unter dem Dach von DIE RECHTE und geschützt durch den Parteienstatus konnten sie weitermachen, als wäre nichts gewesen. Inzwischen zählt Worchs DIE RECHTE – zumindest auf dem Papier – acht Landesverbände und eine Landesgruppe mit zusammen rund 500 Mitgliedern. Neonazis aus dem Kameradschaftsspektrum dominieren in den Landesverbänden NRW, Berlin und Baden-Württemberg. Ex-NPDler bauten die Landesverbände in Hessen und Niedersachsen auf. In Brandenburg – eine Besonderheit – steht ein Ex-Funktionär der untergegangenen DVU an der Spitze.

Am aktivsten tritt die Partei in Nordrhein-Westfalen auf. Obwohl eigentlich die Europawahl 2014 die erste Bewährungsprobe sein sollte, beschloss der dortige Landesverband, bereits bei der Bundestagswahl im Jahr zuvor anzutreten. Offenbar aus Sorge, dass DIE RECHTE an Rhein und Ruhr als Ersatzorganisation verbotener Neonazi-Vereinigungen verboten werden könnte: die Kandidatur als Beweis, dass man zurecht unter dem besonderen Schutz des Parteienstatus stehe.

Ihre militant-neonazistische Vergangenheit konnten – und wollten – die DIE-RECHTE-Akteure auch im Wahlkampf nicht ablegen. Sie traten an mit einem "Spitzenkandidaten", der Politikern der demokratischen Parteien indirekt den Tod androhte, als er in Aachen sagte, dass diese derzeit nur in Form von Plakaten an Laternen hingen, dass sich das aber ändern könne, wenn sich dereinst das "Volk" erhebe. DIE RECHTE warb mit Plakaten mit dem Konterfei des Holocaust-Leugners Horst Mahler, sie organisierte Demonstrationen, bei denen mal die Forderung nach "Straßenkampf" skandiert wurde, mal fünf Menschen durch den Wurf eines Sprengkörpers verletzt wurden: Seit dem Verbot der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) war keine Rechtsaußenpartei so ungeschminkt militant und neonazistisch aufgetreten wie "Die Rechte" im Bundestagswahlkampf 2013. Das Ergebnis war ein Desaster: NRW-weit holte DIE RECHTE gerade einmal 2.245 Stimmen, 0,02 Prozent.

Die zweite Schlappe folgte nicht einmal ein halbes Jahr später. 4.000 Unterstützungsunterschriften hätte DIE RECHTE bis Anfang März für ihre Kandidatur bei der Europawahl sammeln müssen. Vier Tage vor Abgabeschluss hatte man aber gerade einmal 1.000 beisammen. Organisatorische Unfähigkeit der Parteispitze paarte sich mit dem Unvermögen der Neonazis an der Basis, vom einst in ihren "Kameradschaften" erlernten Modus umzuschalten auf ernsthafte Parteiarbeit. Eine "Mahnwache" hier, eine Minikundgebung dort, Demonstrationen, eine Rechtsschulung, ein Kickerturnier als Freizeitvergnügen waren vielen wichtiger als das mühselige Einholen von Unterschriften. Man sehe die gescheitere Kandidatur aber "nicht als Beinbruch", machte sich Worch Mut. "Zumindest in einigen unserer nordrhein-westfälischen Hochburgen" werde die Partei am 25. Mai bei der Kommunalwahl "mit vorzeigbareren Ergebnissen rechnen können als auf Bundesebene".

Doch auch dort entzaubert sich DIE RECHTE gerade. In der "Hochburg" Hamm hat sie nicht einmal für die Hälfte der Wahlbezirke Kandidaten finden können. In Wuppertal kandidiert die Partei nach derzeitigem Stand nur für drei von zehn Stadtteilparlamenten, nicht aber für den Rat. Knapp zwei Jahre nach Gründung der von DIE RECHTE erfährt Worch die Grenzen des Parteilebens: bei Wahlen erfolglos, intern zerstritten. Sein niedersächsischer Landesvorstand implodierte, als die Mehrheit seiner Mitglieder das Handtuch warf. Hessens DIE RECHTE teilte im März 2014 mit, man stelle die Arbeit "nahezu vollständig" ein. Manche Kreis- und Landesverbände vermitteln den Eindruck, dass ihnen an echter Parteiarbeit nichts liegt. Worchs Erwartung, man könne bundesweit unzufriedene NPDler einsammeln, geht nicht mehr auf, seit der frühere NPD-Chef Holger Apfel zurückgetreten ist und damit ein wichtiges Feindbild der innerrechten Auseinandersetzungen fehlt. Schließlich wildert eine weitere neonazistische Kleinstpartei namens "Der III. Weg" in Worchs Revier. Parteipolitisch ist "Der III. Weg" bislang kaum aufgefallen – die Partei, die erst im September 2013 gegründet wurde, will Ende Mai erstmals bei den Kreistagswahlen im Landkreis Bad Dürkheim antreten. Dennoch wird auch hier der Versuch unternommen, für verbotene oder von einem Verbot bedrohte rechtsextreme Organisationen einen neuen organisatorischen Rahmen zu schaffen. In Hof und München hat "Der III. Weg" inzwischen "Stützpunkte" gegründet – Worchs DIE RECHTE als Sammelbecken enttäuschter NPDler oder durch ein Verbot ihrer Organisation "heimatlos" gewordener Neonazis hat Konkurrenz bekommen.

Ihm bleibt die Hoffnung, die Dortmunder "Kameraden" könnten es bei der Wahl des Stadtrats richten. "Spitzenkandidat" ist Siegfried Borchardt, genannt "SS-Siggi". Bereits die Biografie des – unter anderem wegen Körperverletzungsdelikten – vielfach vorbestraften Neonazis garantiert der Partei lokal wie überregional die eine oder andere Schlagzeile. "SS-Siggi" gehörte einst u.a. der "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" und der "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" an, war Landesvorsitzender der FAP. Organisationen, die längst verboten sind. In den 1980er Jahren machte er sich mit seiner neonazistischen Hooligan-Truppe "Borussenfront" einen zweifelhaften Namen. Sein Kreisverband hat auch ein lokalpolitisches Programm vorgelegt: "25 Forderungen zur Dortmunder Kommunalwahl 2014". Die Zahl der "Forderungen" ist kaum zufällig gewählt: 25 Punkte umfasste auch das Programm der NSDAP.

ist Journalist und lebt und arbeitet in Nordrhein-Westfalen. Er schreibt unter anderem für den "blick nach rechts" (www.bnr.de).