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Die Rechtsaußen-Parteien nach den Europawahlen 2014: Isoliert trotz deutlicher Wahlerfolge | Rechtsextremismus | bpb.de

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Die Rechtsaußen-Parteien nach den Europawahlen 2014: Isoliert trotz deutlicher Wahlerfolge

Daniela Kietz Nicolai von Ondarza

/ 10 Minuten zu lesen

Einige Rechtsaußen-Parteien haben bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 erfolgreich EU-skeptisches Wählerpotential mobilisiert. Doch können sie diesen Wahlerfolg im Parlament tatsächlich in politisches Kapital umwandeln? Welche Bündnisse haben sich gefunden und wie einig sind sie sich in ihren politischen Botschaften? Erste Eindrücke nach der Wahl.

Vereint gegen die EU? Matteo Salvini (Lega Nord), Harald Vilimsky (FPÖ), Marine Le Pen (Front National) und Geert Wilders (PVV) (v.l.n.r.) bei einem Treffen der Rechtsaußen-Parteien am 28. Mai 2014 in Brüssel. (© dpa)

UK Independence Party, Front National, Dänische Volkspartei oder die Freiheitspartei von Geert Wilders – bei den Europawahlen im Mai 2014 haben EU-skeptische Parteien rechts der politischen Mitte deutlich an Zuspruch gewonnen. Jenseits der moderaten EU-Skeptiker aus dem konservativen Raum haben vor allem rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien erfolgreich Wähler gegen den europäischen Integrationsprozess mobilisiert. Doch auf europäischer Ebene wird der Einfluss der EU-Skeptiker zunächst beschränkt sein: Im Europäischen Parlament (EP) verfügen sie nicht über eine Blockademehrheit und zerfallen in mehrere Gruppen, die aktiv durch die anderen Fraktionen von der Kompromissfindung ausgeschlossen werden. Dadurch ist das EP jedoch stärker denn je in eine fundamental EU-skeptische Opposition der Rechtsaußen-Parteien auf der einen und eine breite pro-europäische Mehrheit auf der anderen Seite gespalten. Die Verhandlungen in Brüssel werden damit nicht einfacher, denn im Rat stehen dem EP nationale Regierungen gegenüber, die unter dem Druck der rechten EU-Skeptiker bei der Vertiefung der EU-Integration auf die Bremse treten müssen.

Zuwächse für die rechten EU-Skeptiker

EU-skeptische Parteien rechter Couleur sind seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Europäischen Politik. Dabei sind sie politisch höchst unterschiedlich ausgerichtet – der Bogen reicht von rechtsextremen Parteien wie der ungarischen Jobbik über rechtspopulistische EU-Kritiker wie der UK Independence Party (UKIP) bis hin zur britischen konservativen Partei, welche einen Rückbau der europäischen Integration fordert. Die größte Aufmerksamkeit bei den Wahlen erfuhren die rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien am äußeren rechten Rand des politischen Spektrums. Gemeinsamer Nenner dieser fremdenfeindlich bis offen rassistischen Parteien ist neben einer scharfen Anti-Einwanderungspolitik ihre zunehmend fundamentalere Ablehnung des EU-Integrationsprozesses. Viele dieser Rechtsaußen-Parteien haben sich in den letzten Jahren in EU-Fragen merklich radikalisiert. Sie werben für eine weitgehende Rückkehr ins Nationale, konkret für die Abschaffung des Euro und der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU, die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen und die Rückführung von Kompetenzen an den Nationalstaat bis hin zur Auflösung der EU. Einzig legitimer Ort für politische Entscheidungen ist für sie der Nationalstaat. Bei der Europawahl 2014 konnten die Rechtsaußen-Parteien deutliche Zuwächse verbuchen. Diese waren jedoch nicht gleichmäßig über die EU verteilt, sondern konzentrierten sich auf eine Gruppe west- und nordeuropäischer Mitgliedstaaten, welche die größte Medienaufmerksamkeit bekamen. Dies sind vor allem Frankreich, Großbritannien und Dänemark, in denen mit dem Front National (24,95 Prozent der Stimmen), UKIP (27,49 Prozent) und der Dänischen Volkspartei (26,60 Prozent) jeweils EU-Skeptiker der Rechtsaußen-Parteien die national stärkste Kraft wurden. All diese Parteien konnten ihr Ergebnis um mehr als zehn Prozentpunkte steigern. In Österreich wurde die FPÖ zweitgrößte Kraft (19,72 Prozent).

Erstmals den Sprung ins EP schafften der Kongress der Neuen Rechte (KNP, 7,15 Prozent), der sich in Polen als neue Partei am äußeren rechten Rand des Parteienspektrums etablierte. Neu im Parlament sind zudem die Schwedendemokraten (9,38 Prozent) und die Goldene Morgenröte aus Griechenland (9,38 Prozent). Aufgrund des Wegfalls der Drei-Prozent-Hürde in Deutschland schaffte es auch die NPD mit nur einem Prozent der Stimmen erstmals ins EP einzuziehen.

Diesen Zuwächsen stehen aber auch Stagnation und Verluste der Rechtsaußen-Parteien in anderen Mitgliedstaaten gegenüber. Einige Parteien schieden gänzlich aus dem EP aus wie die bulgarische Ataka oder die Großrumänienpartei, während der Stimmanteil für Geert Wilders niederländischer Freiheitspartei (PVV) von 16,97 auf 13,32 Prozent sank. Andere Parteien wie die ungarische Jobbik (14,67 Prozent) stagnierten auf dem Niveau der letzten Wahl. In etlichen Mitgliedstaaten wiederum schafften es gar keine Rechtsaußen-Parteien ins Parlament. Dies gilt insbesondere auch für krisengeschüttelte Länder wie Spanien, in denen Stimmen gegen die etablierten Parteien eher an das linke Lager wie die aus der Protestbewegung hervorgegangene Partei Podemos gingen.

Dennoch verfügen die EU-feindlichen Rechtsaußen-Parteien in der neuen Legislatur über etwa 11 Prozent der Sitze im EP (80 von 751 Abgeordneten) gegenüber acht Prozent bei der letzten Wahl (57 von 766 Abgeordnete). Bezieht man die moderateren EU-Skeptiker aus dem konservativen Lager mit in die Betrachtung ein, stellt das breite Spektrum von EU-skeptischen Parteien rechts der Europäischen Volkspartei (EVP) 2009-2014 etwa 150 Abgeordnete, also rund 20 Prozent der Sitze. Auf Grund ihrer Fragmentierung und Isolation durch die anderen Parteien werden diese aber nur sehr begrenzt Einfluss entfalten. Dies gilt insbesondere für die Rechtsaußen-Parteien, aber auch für die moderateren, konservativen Skeptiker.

Fragmentierung im rechten Lager

Der Einfluss der rechten EU-Skeptiker auf die Willens- und Politikbildung im Europäischen Parlament wird jedoch trotz dieser Zuwächse beschränkt sein, denn ihre Fragmentierung ist hoch. Ein gemeinsames Vorgehen der EU-Skeptiker ist nicht zu erwarten. Im Gegenteil, bei der Fraktionsbildung nach den Wahlen haben die verschiedenen Parteien deutlich gemacht, im EP nicht zusammenarbeiten zu wollen und vielmehr untereinander um Partner konkurriert.

Diese Fragmentierung wird ihren Einfluss maßgeblich mindern. Denn Einfluss üben Parteien nur aus, wenn sie sich nach den Wahlen in kohärenten und möglichst großen Fraktionen organisieren. Nur dies erlaubt Zugriff auf wichtige parlamentsinterne Ämter wie Ausschussvorsitze, Vizepräsidenten oder Berichterstatterposten sowie finanzielle Ressourcen und personelle Ausstattung. Auch die Redezeit im Plenum ist an die Fraktionszugehörigkeit geknüpft. Letztere hat für EU-Skeptiker und Rechtsaußen-Parteien einen besonderen Stellenwert, weil sie Öffentlichkeit schafft. Kleinere Fraktionen sind beim Zugriff auf all diese Ressourcen deutlich im Nachteil, gänzlich fraktionslose Abgeordnete sind weitgehend vom parlamentarischen Geschäft ausgeschlossen. Für die Bildung einer Fraktion sind allerdings mindestens 25 Abgeordnete aus sieben Mitgliedstaaten notwendig.

Die rechten EU-Skeptiker zerfielen bei der Fraktionsbildung wie schon im letzen Parlament in drei Gruppen: die „Europäischen Konservativen und Reformisten“ (EKR, 70 Sitze), das „Europa der Freiheit und Direkten Demokratie“ (EFDD, 48 Sitze) und eine große Gruppe fraktionsloser Abgeordneter, die wie die Mitgliedsparteien der EFDD vorrangig aus dem rechtsextremen und rechtspopulistischen Lager stammen. In einem regelrechten Wettkampf um Verbündete haben dabei die Trennlinien zwischen gemäßigten und fundamentalen EU-Skeptikern sowie konservativen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Kräften im Parlament an Schärfe verloren.

Die EKR öffnet sich weiter für Rechtsaußen-Parteien

Die Europäischen Konservativen und Reformisten rücken in der neuen Legislatur gesellschafts- und europapolitisch weiter nach rechts. Die meisten der Parteien der EKR hatten sich 2009 von der EVP losgesagt und verfolgen einen konservativen und moderat EU-skeptischen Kurs, in dem sie weitere Integrationsschritte ablehnen und eine Rückbesinnung auf den Binnenmarkt und Freihandel fordern. Mit 70 Abgeordneten sind die EKR nach der EVP und den Sozialisten (S&D) zur drittgrößten Fraktion im neuen Parlament aufgestiegen. Tonangebend sind die britischen Konservativen und Jarosław Kaczyńskis Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Dieser Anstieg ist jedoch nicht elektoral bedingt – mehrere der EKR-Parteien wie die britischen Konservativen haben im Vergleich zu 2009 sogar an Zustimmung verloren. Dafür haben die EKR-Parteien neue Bündnispartner aufgenommen, unter anderem die Alternative für Deutschland, Die Familie oder die flämisch-separatistische N-VA. Aber auch harte EU-Skeptiker von rechtsaußen wie Die Finnen Partei oder die Dänische Volkspartei durften sich dem EKR anschließen. Gleichzeitig haben unter den Gründungsmitgliedern der EKR gemäßigte Kräfte wie die tschechische Bürgerpartei (ODS) an Sitzen verloren, während sich die britischen Konservativen in Integrationsfragen zunehmend radikalisieren.

Mit diesem gesellschafts- und europapolitischen Rechtsruck ist die EKR-Fraktion deutlich stärker als bisher von der EVP abgerückt und entfernt sich weiter von der politischen Mitte im Parlament. Mit der Aufnahme der Rechtsaußen-Parteien haben die EKR regelrecht einen Tabubruch begangen. Auch wenn diese Parteien in einigen Mitgliedstaaten immer salonfähiger werden, galt unter den EP-Fraktionen bisher eine strikte Politik der Ausgrenzung gegenüber den Parteien des äußeren rechten Rands. Waren die EKR-Parteien in der letzten Wahlperiode in vielen Fragen gesetzter Verbündeter der EVP, wird die Zusammenarbeit nun erschwert. Obwohl die EKR die drittstärkste Fraktion stellen, verliert sie damit politisch an Einfluss im Parlament. Dies zeigte sich bereits bei der jüngsten Ämtervergabe. Hier wählten die Abgeordneten nur ein EKR-Mitglied in das Präsidium des EP, während die kleinere liberale Fraktion Unterstützung für zwei Vize-Präsidenten bekam. Auch bei der anstehenden Besetzung der Ausschussvorsitze und stellvertretenden Vorsitze werden die EKR-Parteien sehr wahrscheinlich unterrepräsentiert sein.

Instabilität am äußeren rechten Rand

Rechts der EKR konkurrieren zwei stark zersplitterte Gruppen rechtsextremer und -populistischer EU-Skeptiker um den Fraktionsstatus. Obwohl sie, bei allen Nuancen, die EU prinzipiell als undemokratisch ablehnen und den Nationalstaat als einzig legitimem Ort für politische Entscheidungen sehen, konnten auch diese Gruppen sich nicht auf eine gemeinsame Fraktion einigen. Vielmehr entwickelte sich eine heftige Konkurrenz zwischen der von Nigel Farage angeführten UKIP (24 Sitze) und dem Front National unter Marine Le Pen (23 Sitze). Beide haben eine Zusammenarbeit strikt abgelehnt und gleichzeitig versucht, jeweils Abgeordnete aus sieben Mitgliedstaaten zusammenzubekommen.

In diesem Kampf um Einfluss und finanzielle Ressourcen hat sich zumindest vorläufig Nigel Farage durchgesetzt, der die einzige Rechtsaußen-Fraktion im bisherigen EP, das „Europa der Freiheit und Direkten Demokratie“ (EFDD), wieder neu konstituieren konnte. Obwohl drei seiner früheren Partner die EFDD in Richtung EKR verlassen haben und die italienische Lega Nord eine Zusammenarbeit mit dem Front National bevorzugt hat, konnte die EFDD genügend neue Mitglieder gewinnen. Dies sind neben einer kurz nach der Wahl aus dem Front National ausgetretenen Abgeordneten vor allem Beppe Grillos Movimento di 5 Stelle (M5S) sowie die Schwedendemokraten und die Svobodní Partei aus Tschechien.

Allerdings ist dieses Bündnis extrem instabil, bereits beim Austritt einer Partei wären die Mindestanforderungen für die Bildung einer Fraktion nicht mehr erfüllt. Die Fraktion ist zudem politisch noch fragmentierter als in der letzten Legislaturperiode, und der ohnehin geringe Zusammenhalt wird auf eine harte Probe gestellt werden. Denn insbesondere die Abgeordneten des M5S sind ideologisch kaum dem Rechtsaußenlager zuzuordnen, sondern vornehmlich im grünen, linken und linksliberalen Spektrum angesiedelt.

Hier zeigt sich besonders deutlich, dass die Fraktionen am äußeren rechten Rand des Europäischen Parlaments in der Regel kaum mehr als Zweckbündnisse zur Sicherung von Ressourcen sind. Abgesehen von einer ausgeprägten EU-Skepsis und Anti-Einwanderungspolitik – und auch hier gibt es bei genauem Hinsehen deutliche Unterschiede – eint diese Parteien wenig. Schon in der letzten Legislaturperiode haben die Abgeordneten der EFDD daher in weniger als 50 Prozent der Fälle gemeinsam im Plenum abgestimmt, bei einigen anderen Parlamentsfraktionen wie etwa den Grünen lag dieser Wert bei mehr als 90 Prozent. In der neuen Legislatur dürfte die Fraktionskohärenz noch einmal sinken. Dies mindert den Einfluss der EFDD-Mitglieder auf die Willensbildung im EP zusätzlich.

Das mit europaweit großer Aufmerksamkeit angekündigte Bündnis zwischen Marine Le Pen (FN) und Geert Wilders (PVV) hat es nicht geschafft, Abgeordnete aus sieben EU-Staaten für sich zu gewinnen. Trotz Unterstützung von FPÖ, Lega Nord und Vlaams Belang fehlten den Rechtsaußen-Parteien noch Bündnispartner. Eine Zusammenarbeit mit den klar neofaschistischen Parteien wie der griechischen Goldenen Mörgenröte, der Jobbik oder der NPD lehnt hingegen auch der Front National ab. Bis auf weiteres müssen sich diese Parteien also gemeinsam den Status als Fraktionslose teilen, so dass ihnen der Zugriff zu Parlamentsressourcen zunächst verwehrt bleibt. Dies betrifft insgesamt fast 50 Abgeordnete. Marine Le Pen hat jedoch bereits angekündigt, weiter an der Fraktionsbildung zu arbeiten, so dass ein Auseinanderbrechen der EFDD und eine dann folgende Neugründung um den Front National herum weiterhin jederzeit möglich sind.

Aktive Isolierung durch eine breite pro-europäische Koalition

Abgesehen von ihrer hausgemachten Fragmentierung beschränken bereits die Mehrheitsverhältnisse im Parlament den Einfluss der EU-feindlichen Rechtsaußen-Parteien. Denn selbst wenn man moderate und fundamentale Vertreter zusammennimmt, ist das EU-skeptische Spektrum mit 20 Prozent der Abgeordneten weit davon entfernt, eine Blockade- oder gar Gestaltungsmehrheit im Parlament zu erreichen. Auch in Zukunft wird es daher einer pro-europäischen Mehrheit im EP möglich sein, die Rechtsaußen-Parteien gezielt zu isolieren. Diese werden aufgrund ihrer politischen Ausrichtung nicht als legitime Opposition anerkannt, sondern weitgehend aus dem parlamentarischen Geschäft ausgeschlossen.

Im Zentrum der Mehrheitsbildung im EP werden breite, pro-europäische Bündnisse stehen. Bereits die beiden großen Fraktionen, EVP und S&D, verfügen mit 55 Prozent der Abgeordneten über eine absolute Mehrheit. Sie werden im Regelfall darum bemüht sein, weitere Fraktionen für breitestmögliche Koalitionen im Parlament zu gewinnen. Solche übergroßen Koalitionen haben Tradition im EP, denn sie stärken es in der Rechtsetzung maßgeblich in den Verhandlungen gegenüber dem Ministerrat und der Kommission. Auch bei wegweisenden Entscheidungen wie der Verabschiedung des EU-Haushalts oder bei inter-institutionellen Kompetenzstreitigkeiten streben die Parlamentarier daher in der Regel eine fraktionsübergreifende Mehrheit an, an der neben den Liberalen auch die Grünen und – mit Abstrichen – die Europäische Linke und der EKR beteiligt sind.

Eine Polarisierung des Parlaments entlang des klassischen Links-Rechts-Spektrums, also die Bildung von Mitte-Rechts-Bündnissen oder Mitte-Links-Koalitionen, ist daher äußerst selten im EP. Durch das Erstarken der Rechtsaußen-Parteien wird eine solche Polarisierung noch unwahrscheinlicher. Denn solange diese Parteien ausdrücklich von der Kompromissbildung im Parlament ausgeschlossen werden, erlauben die Mehrheitsverhältnisse kaum Bündnisse jenseits breiter Koalitionen der politischen Mitte. Die pro-europäische Mitte des EP rückt also durch die Wahlerfolge der Rechtsaußen-Parteien enger zusammen. Daher wird im EP stärker als je zuvor eine Spaltung in eine fundamental EU-skeptische Opposition der Rechtsaußen-Parteien und in eine breite pro-europäische Mehrheit zu Tage treten, die die eigentlichen politischen Schattierungen im Parlament überlagert. Das EP an sich bleibt damit zwar ein handlungsfähiger und einflussreicher Akteur in Brüsseler Verhandlungen. Aber es dürfte in Integrationsfragen noch häufiger in Konflikt mit den Mitgliedstaaten im Rat geraten. Denn die Regierungen derjenigen Mitgliedstaaten, in denen EU-skeptische Rechtsaußen-Parteien Wahlerfolge verzeichnen konnten, werden zukünftig unter dem Druck dieser Parteien weiteren Integrationsschritten zögerlich gegenüber stehen oder sie gänzlich ablehnen. Denn anders als im EP finden die Forderungen der EU-Skeptiker in etlichen Hauptstädten großen Widerhall.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Wir verwenden hier den Begriff Rechtsaußen-Parteien für Parteien rechtsextremer und rechtspopulistischer Natur. Diese Begriffe sind in Wissenschaft und Praxis umstritten, wir folgen weitestgehend der Definition und Abgrenzung von Cas Mudde, Populist Radical Right Parties in Europe, Cambridge, 2007.

  2. Wir rechnen Beppe Grillos Movimento di 5 Stelle (M5S, 17 Sitze) nicht zu den Rechtsaußen-Parteien, auch wenn sie sich aus strategischen Gründen im Parlament mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien der EU-skeptischen Fraktion „EFDD“ zusammen geschlossen hat.

  3. Die Fraktion hieß in der letzten Legislatur noch „Europa der Freiheit und Demokratie“ (EFD).

  4. Siehe Daniela Kietz/Nicolai von Ondarza, Europaskeptiker im Europäischen Parlament. In Brüssel isoliert und zerstritten, treiben sie die nationale Europapolitik vor sich her, Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Aktuell 7/2014.

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autoren/-innen: Daniela Kietz, Nicolai von Ondarza für bpb.de

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Europawissenschaftlerin | Mitarbeiterin der Forschungsgruppe EU-Integration der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). http://www.swp-berlin.org/de/wissenschaftler-detail/profile/daniela_kietz.html

Europawissenschaftler | Mitarbeiter der Forschungsgruppe EU-Integration der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). http://www.swp-berlin.org/de/wissenschaftler-detail/profile/nicolai_von_ondarza.html