20 Jahre Deutsche Einheit
Rückschau, Bestandsaufnahmen, Perspektiven
"Der Weg zur Einheit"
Als Herausgeber zeichnet Robert Grünbaum gemeinsam mit Andreas H. Apelt (Deutsche Gesellschaft e. V.) und Martin Gutzeit (Berliner Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen) für den Band "Der Weg zur Deutschen Einheit. Mythen und Legenden" verantwortlich, der auf einer gleichnamigen Tagung im März 2010 in Berlin fußt. Neben dem titelgebenden Thema wurden hier der ökonomische Zusammenbruch der DDR 1989/90 im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Währungsunion und deren Bedeutung für die Herstellung der deutschen Einheit, "Politische Mythen und Legenden des Einigungsprozesses", die Verfassungsfrage unter dem Aspekt "neue Konstitution oder 'Anschluss'" sowie die internationale Entwicklung und ihre Akteure und Interessen behandelt. Dabei schlossen sich jeweils an ein Hauptreferat eines oder mehrerer Experten Podiumsdiskussionen an, die durch Zeitzeugen, Wissenschaftler und ehemalige politische Akteure bestritten wurden.Gerhard A. Ritter räumt überzeugend mit einigen "Legenden" auf, wie der, dass die Währungsunion ein Fehler bzw. ökonomisch ein "Desaster" gewesen sei. Auch den Aufbau Ost betrachtet Ritter gerade nicht als gescheitert. Grundsätzlich negative (Vor-)Aussagen übersähen die großen Aufbauleistungen, die im Osten auch mit Hilfe des Westens erbracht worden seien. So entspreche die Infrastruktur in der ehemaligen DDR weitgehend westlichem Niveau und das ehedem völlig vernachlässigte Telekommunikationsnetz sei inzwischen wohl das modernste der Welt (23). Ritter bricht auch eine Lanze für die Abgeordneten der am 18. März 1990 erstmals frei gewählten DDR-Volkskammer, welche nicht selten als "Laienspieler" verspottet werden, die sich von westdeutschen Experten und Politkern hätten über den Tisch ziehen lassen. Dagegen hätten das Parlament und die Regierung de Maizière "ein großes Arbeitsprogramm unter gewaltigem Zeitdruck mit insgesamt großer Kompetenz bewältigt" (20).
Ilko-Sascha Kowalczuk stellt in seinem Beitrag heraus, dass es im Kern der revolutionären Ereignisse und Vorgänge 1989 um Freiheit gegangen sei. Die nationale Frage habe bis zum Mauerfall am 9. November nicht im Vordergrund gestanden, weil es niemand in Ost und West für möglich gehalten habe, dass "Moskau die europäische Jalta-Nachkriegsordnung buchstäblich über Nacht ohne signifikante Gegenwehr und Gegenleistung aus der Hand geben würde" (11ff). Jene "Grüppchen", die auch noch in der Folge einen "diffusen Dritten Weg zwischen Ost und West" propagiert hätten, würden bis heute medial aufgebauscht (116).