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Dolchstoßlegende | bpb.de

Dolchstoßlegende

Kaum eine andere Parole hat so viel zur Zerstörung der Demokratie in der Weimarer Republik (1918 bis 1933) beigetragen. Bald nach der Niederlage der deutschen Streitkräfte im Ersten Weltkrieg im November 1918 war in reaktionären Zeitungen zu lesen, das deutsche Heer sei im Felde unbesiegt, aber von hinten, aus der Heimat heraus, mit einem Dolchstoß erledigt worden. Gemeint war damit die angeblich zu geringe Unterstützung der kämpfenden Truppen. Der Vorwurf richtet sich zuvorderst gegen die am 3. Oktober 1918 gebildete parlamentarische Regierung und dann gegen Parlamentarismus und Demokratie überhaupt.

Besonders verhängnisvoll war die Aussage des Feldmarschalls Paul von Hindenburg vor einem Untersuchungsausschuss des Parlaments am 18. November 1919. Hindenburg täuschte damit bewusst die Öffentlichkeit, denn er selbst hatte zusammen mit der Obersten Heeresleitung im Oktober 1918 die ultimative Forderung nach einem Waffenstillstandsgesuch erhoben, mit der Feststellung, die militärische Niederlage sei unabwendbar. Das Ersuchen um Waffenstillstand und später den Friedensschluss zu den als schmachvoll empfundenen Bedingungen des "Diktats von Versailles" überließen die Militärs den Politikern der damaligen Opposition und späteren Regierung (SPD, Zentrum, Linksliberale), die sie dann nachträglich dafür diffamierten. Die "Dolchstoßlegende", mit der die antidemokratische Rechte die historische Wirklichkeit zu schönen suchte, weil sie sich mit der Niederlage nicht abfinden wollte, bildete den Hintergrund der Diskriminierung der Demokratie und ihrer Vertreter als "Novemberverbrecher". Das Schlagwort war so wirksam, weil es die herrschenden nationalistischen Emotionen breiter Bevölkerungskreise aufnahm.

Literatur

  • Petzold, Joachim: Die Dolchstoßlegende, Berlin, 2. Auflage 1963.

Fussnoten