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Wie kann man zwei rothaarige Babys so sehr hassen? | Das gesamte Bild - Israel | bpb.de

Debatte Das gesamte Bild - Israel

Wie kann man zwei rothaarige Babys so sehr hassen?

Dr. Miri Merin Freilich

/ 2 Minuten zu lesen

Bilder der Entführten an einer Mauer in Tel Aviv (Yossipik) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Jeden Abend vor dem Einschlafen denke ich an Shiri.

Die Hamas hat die junge Frau mit ihren beiden rothaarigen Babys nach Gaza entführt. Sie war in einem der Filme jener Fotografen zu sehen, die wahrscheinlich mit der Hamas zusammengearbeitet haben. Der Schrecken ist ihr ins Gesicht geschrieben. Man spürt regelrecht, wie sie sich vorstellt, was mit ihren Kindern geschehen könnte. Shiri hält die Babys in ihren Armen. Kfir ist neun Monate alt und Ariel ist vier Jahre alt.

Ich glaube nicht, dass ich in der Lage wäre, zwei Kleinkinder über einen längeren Zeitraum in meinen Armen zu halten. Einige Male habe ich versucht, meine beiden Enkelkinder gleichzeitig zu tragen. Ich habe nicht durchgehalten, sie waren mir zu schwer.

Was erwartet die beiden Babys in den dunklen Tunnels von Gaza? Wo schlafen sie? Was essen sie? Wie lange werden sie dortbleiben?

Wie ist es möglich, dass Menschen die Bilder der entführten israelischen Kinder, Frauen und Männer aus purem Hass von den Wänden reißen? Wie kann man zwei rothaarige Babys so sehr hassen? Als Tochter von Holocaust-Überlebenden hätte ich nie gedacht, dass auch ich die Hilflosigkeit erleben würde, welche die europäischen Juden vor achtzig Jahren erfahren haben. Ich war mir sicher, dass solch ein Massaker in Israel nicht passieren kann, ich war mir sicher, dass die starke Armee uns schützen würde. Meine Eltern sind aus Polen nach Israel ausgewandert, nachdem viele ihrer Familienmitglieder von den Nationalsozialisten ermordet worden waren. Sie wollten mich vor genau solchen Massakern schützen. Ich bin ich froh, dass meine vor einem Jahr verstorbene Mutter diese Katastrophe nicht miterleben muss. Der 7. Oktober erinnerte uns erneut daran, dass Juden eine Zielscheibe für irrationalen Hass waren, und es auch geblieben sind. Der Wunsch, Juden zu ermorden, wird niemals verschwinden. Die Welt hat nicht aus dem Holocaust gelernt.

Als Historikerin bin ich mit der nationalsozialistischen Ideologie besten vertraut. Sie verkündete, dass die Vernichtung des jüdischen Volkes eine bessere Welt schaffen würde. Ich glaube nicht, dass sich die Geschichte wiederholt. Die Ereignisse des 7. Oktober sind nicht der Holocaust, obwohl die Ermordung von Babys, schwangeren Frauen, die Massenvergewaltigungen, und die Leichenschändungen durchaus an die Verbrechen der Shoah erinnern. In Israel hat die palästinensische Terrororganisation Hamas ein furchtbares Pogrom begangen. Und die vielen Menschen in der Welt, die die Hamas unterstützen, möchte ich daran erinnern, dass sie die nächsten Opfer sein könnten.

Der Antisemitismus hat wieder sein hässliches Haupt erhoben. Mir zeigt das erneut, dass die Juden keinen anderen Platz auf der Welt haben als Israel.

Fussnoten

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ist polnische Jüdin und Historikerin. Nach ihrem Studium an der Columbia University in New York und der Hebrew University in Jerusalem arbeitete sie zur polnisch-jüdischen Geschichte in der Zwischenkriegszeit und zionistischen Bewegungen im Nachkriegs-Europa. Heute widmet sie sich hauptsächlich dem Schreiben. Ihr historischer Roman „The Partisan From Vilna“ ist im Juni 2023 erschienen.