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Das Potsdamer Abkommen vom <fussnote> E. Deuerlein, Die amerikanischen Vorformulierungen und Vorentscheidungen für die Konferenz von Potsdam, in: Deutschland-Archiv 1970, H. 4, S. 337 bis 356 (338). </fussnote> August 1945 | APuZ 31/1970 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 31/1970 Das Potsdamer Abkommen vom E. Deuerlein, Die amerikanischen Vorformulierungen und Vorentscheidungen für die Konferenz von Potsdam, in: Deutschland-Archiv 1970, H. 4, S. 337 bis 356 (338). August 1945 Der sowjetische Kurs der europäischen Sicherheit -eine Entspannungspolitik neuen Typs

Das Potsdamer Abkommen vom <fussnote> E. Deuerlein, Die amerikanischen Vorformulierungen und Vorentscheidungen für die Konferenz von Potsdam, in: Deutschland-Archiv 1970, H. 4, S. 337 bis 356 (338). </fussnote> August 1945

Jens Hacker

/ 67 Minuten zu lesen

Vorbemerkung

neuen Typs........................ S. 30 Gerhard Wettig: Der sowjetische Kurs der europäischen Sicherheit — eine Entspannungspolitik

Am 2. August 1970 jährt sich zum 25. Male die Bekanntgabe des Potsdamer Abkommens. In der Deutschland-Politik der Sowjetunion hat die damals getroffene Übereinkunft von Anfang an eine wesentlich größere Rolle gespielt als in der Politik der Westmächte. Auch die DDR-Führung hat sich stets in viel stärkerem Maße der Potsdamer Abmachungen bedient als die Bundesrepublik. Die UdSSR und die DDR berufen sich vor allem auf die Beschlüsse vom 2. August 1945, um ihre eigene Position zu verteidigen und zu rechtfertigen und ihre deutschlandpolitischen Vorstellungen durchzusetzen. So erklärte der sowjetische Parteichef Breshnew in seiner Rede anläßlich des 25. Jahrestages der Befreiung der Tschechoslowakei am 7. Mai 1970 in Prag, es müßten feste Garantien dafür geschaffen werden, daß niemals mehr von deutschem Boden die Gefahr einer neuen Aggression ausgeht. Das sei der „Sinn und Geist des historischen Potsdamer Abkommens". „Dies ist unsere Haupt-linie, darunter auch bei den zur Zeit stattfindenden Gesprächen mit der BRD. Wir sind überzeugt, daß die zwischen der BRD und den Ländern des Sozialismus bestehenden Probleme wirklich nur auf dieser Grundlage gelöst werden können."

Auch von offizieller Seite der DDR wurden in jüngster Zeit einige neue „Potsdam" -Akzente gesetzt. Ost-Berlin ist bestrebt, dem Potsdamer Abkommen die Qualität einer einen formellen Friedensvertrag mit Deutschland ersetzenden Friedensordnung beizumessen. Dabei beschränkt sich die SED-Führung jedoch nicht darauf, „Potsdam" als Ersatz eines Friedensvertrages zur Regelung der durch den Zweiten Weltkrieg geschaffenen Verhältnisse in Europa zu werten. Man sucht den Eindruck zu erwecken, als sei das Potsdamer Abkommen die einzige Rechtsgrundlage der alliierten Deutschland-Politik. Schließlich wird in Stellungnahmen der Sowjetunion und der DDR immer wieder behauptet, die Potsdamer Beschlüsse seien nur in der sowjetisch besetzten Zone bzw. später in der DDR, jedoch nicht in den drei ehemaligen westlichen Besatzungszonen bzw. ab 1949 in der Bundesrepublik realisiert worden. Daraus folgert man, daß in diesem Punkt eine Vier-Mächte-Verantwortung nur noch für die Bundesrepublik bestehe.

Da in jüngsten Stellungnahmen der DDR mehrfach zum Ausdruck gebracht worden ist, daß aufgrund des Fehlens eines Friedensvertrags mit Deutschland das Abkommen von Potsdam einen Ersatz-Friedensvertrag mit Deutschland und den Grundstein einer europäischen Friedensordnung bilde, ist es unumgänglich, sich nicht mit der traditionellen rechtspositivistischen Qualifikation des Abkommens vom 2. August 1945 zu begnügen, „sondern seine politische Relevanz zu bedenken und zu bestimmen" 2). Dazu sind rechtliche, politische und terminologische Vorklärungen notwendig, ohne die jede Diskussion über die Auslegung der Potsdamer Beschlüsse ergebnislos bleibt.

Die folgende Analyse befaßt sich ausschließlich mit jenen aus dem Potsdamer Abkommen resultierenden Fragen, die Deutschland betreffen und in der heutigen politischen Diskussion noch relevant sind.

I. Der Begriff „Potsdamer Abkommen"

Vorbemerkung III. „Potsdamer des Der Inhalt des Potsdamer Die Gültigkeit des Potsdamer Abkommens Abkommens Potsdamer Abkommens des der Westmächte und der Sowjetunion und I. II. IV. V. VI. Der Begriff Die Rechtsnatur Abkommens Inhalt Die völkerrechtliche Abkommen" Potsdamer Verbindlichkeit Die Frage der Verwirklichung VII. Die Deutschland-Rechte und -Vorbehalte VIII. Das Potsdamer Abkommen europäische Sicherheit Schlußbemerkung die 1. 2. 3. Die Bindung der drei Signatar-Mächte und die Stellung Frankreichs က

An der Potsdamer Konferenz, die vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 stattgefunden hat, sind die Vereinigten Staaten, Großbritannien und die Sowjetunion — vertreten durch ihre Regierungschefs und Außenminister — beteiligt gewesen. Die Begegnung der leitenden Staatsmänner der drei Hauptalliierten — des Vorsitzendes des Rates der Volkskommissare der UdSSR, J. V. Stalin, des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, H. S. Truman, und des britischen Premierministers, W. S. Churchill, der während der Zusammenkunft nach den zwischenzeitlich durchgeführten Neuwahlen zum Unterhaus durch seinen Nachfolger, C. A. Attlee, ersetzt wurde — diente lediglich dazu, die weitere Politik der Alliierten auf der Grundlage ihrer früheren Vereinbarungen und im Hinblick auf die durch die Niederlage Deutschlands und seiner Verbündeten in Europa geschaffene Lage festzulegen und zu koordinieren.

Das Potsdamer Abkommen ist nur eines der von den drei Hauptalliierten über den Nachkriegsstatus Deutschlands getroffenen Abmachungen. Vorausgegangen waren die Drei-Mächte-Protokolle vom 12. September und 14. November 1944 über die Besatzungszonen in Deutschland und die Verwaltung von Groß-Berlin, denen Frankreich am 26. Juli 1945 ohne Vorbehalte beigetreten ist, das Drei-Mächte-Abkommen über Kontrolleinrichtungen in Deutschland vom 14. November 1944 (Beitritt Frankreichs am 1. Mai 1945), die auf der Konferenz von Jalta (4. — 11. Februar 1945) vereinbarten Abmachungen der drei Hauptalliierten und die Berliner Vier-Mächte-Erklärungen vom 5. Juni 1945 Die Provisorische Regierung der Französischen Republik war aufgrund einer Übereinkunft der Krim-Konferenz zur Beteiligung an dem Besatzuhgs-und Kontrollsystem eingeladen worden.

Die wichtigsten Vereinbarungen über die Festlegung des Nachkriegsstatuts Deutschlands (einschließlich Berlins) bilden die Drei-Mächte Abmachungen vom 12. September und 14. November 1944. Im Londoner Protokoll vom 12. September 1944 legte die „Europäische Beratende Kommission", der Vertreter Großbritanniens, der Sowjetunion und der USA angehörten, die Einteilung Deutschlands in seinen Grenzen vom 31. Dezember 1937 in Besatzungszonen fest. Die Kommission beschloß, Berlin, getrennt von den drei Besatzungszonen, als besonderes, den Siegermächten gemeinsam unterstelltes Gebiet zu behandeln. Auch bei der Umschreibung der sowjetischen Besatzungszone wurde Berlin ausdrücklich aus dieser Zone herausgelöst. Das Protokoll wurde am 26. Juli 1945 dahin gehend geändert, daß Frankreich eine eigene Besatzungszone in Deutschland und einen eigenen Sektor in Berlin erhielt.

Das Protokoll vom 12. September 1944 ergänzten die drei Großmächte am 14. November 1944 durch das Londoner Abkommen über Kontrolleinrichtungen in Deutschland; ihm trat Frankreich am 1. Mai 1945 wiederum ohne Vorbehalte bei. Gemäß diesem Abkommen bilden die vier Oberbefehlshaber, als einheitliches Organ handelnd, das oberste Kontrollorgan, den Kontrollrat. Dieser hat u. a. „die Verwaltung von Groß-Berlin mit Hilfe der hierzu bestellten Organe zu leiten". Daß Berlin als ein von den übrigen Zonen unabhängiges Gebiet zu betrachten ist, ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der skizzierten Abmachungen, sondern auch aus den Karten, die beiden Vereinbarungen beigegeben worden sind.

Auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 billigten Churchill, Roosevelt und Stalin die von der „Europäischen Beratenden Kommission" getroffenen Vereinbarungen, und am 5. Juni 1945 setzten die Oberbefehlshaber in Deutschland die beiden Abkommen in Kraft. Die Berliner Feststellung über das Kontrollverfahren in Deutschland vom 5. Juni 1945 gibt die wesentlichen Bestimmungen des Abkommens über Kontrolleinrichtungen vom 14. November 1944 wieder. Nochmals stellten die Alliierten fest, daß die oberste Gewalt in Deutschland von den vier Zonen-Befehlshabern je einzeln in den entsprechenden Zonen und gemeinsam in den „Deutschland als Ganzes betreffenden Angelegenheiten" aus-B geübt wird. Auf diesen Passus beziehen sich ausdrücklich die „Politischen Grundsätze" des Potsdamer Abkommens; auch darin wird die Formel „Deutschland als Ganzes" gebraucht.

Das Ergebnis der Potsdamer Drei-Mächte-Konferenz wurde in einem amtlichen, von Stalin, Truman und Attlee am 2. August 1945 unterzeichneten und vom Alliierten Kontrollrat für Deutschland 1946 veröffentlichten „Report on the Tripartite Conference of Berlin" zusammengefaßt. Die wesentlichen Teile dieser „Mitteilung über die Drei-Mächte-Konferenz von Berlin" wurden zusammen mit einer Einladung zur Teilnahme an den Beratungen des Rats der Außenminister, dessen Errichtung in Potsdam beschlossen worden war, auch der Provisorischen Französischen Regierung noch vor Abschluß der Konferenz zur Kenntnis gebracht. Die Provisorische Regierung der Republik Frankreich stimmte den in der „Mitteilung" niedergelegten Grundsätzen und Gedanken unter bestimmten, in sechs Antwortschreiben vom 7. August 1945 ausgesprochenen Vorbehalten zu

über die Resultate der Potsdamer Konferenz wurde 1947 in amtlichen amerikanischen und britischen Publikationen zusätzlich eine Zusammenfassung unter dem Titel „Protocol of the Proceedings of the Berlin Conference" veröffentlicht. Aus den Memoiren Trumans ergibt sich, daß dieser Text zuerst formuliert worden ist; Meinungsverschiedenheiten seien darüber entstanden, inwieweit einzelne Punkte des „Protokolls" in die von Truman als „Communique" bezeichnete „Mitteilung" ausgenommen werden sollten . Die beiden Dokumente stimmen nicht in allen Punkten überein. So fehlt in der „Mitteilung" eine Anzahl von Abschnitten des Protokolls, während in diesem einige Partien erläuternder oder berichtender Natur nicht enthalten sind. Die Vereinbarungen über die Behandlung Deutschlands sind identisch — mit Ausnahme der Abschnitte, die sich mit der Verfügung über die deutsche Kriegs-und Handelsmarine befassen

Die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz werden gewöhnlich in nicht sachgerechter Terminologie „Potsdamer Abkommen" genannt Diese Bezeichnung ist deshalb ungenau, weil die drei Signatare diese Übereinkunft gar nicht als „Abkommen", sondern als „Bericht" und „Protokoll" deklariert haben. Auch sind die Abschnitte beider Dokumente nach Umfang, Art und Bedeutung überaus verschieden. Sie ergeben kein geschlossenes Ganzes. Trotz dieses Sachverhalts wird allgemein an der Bezeichnung „Potsdamer Abkommen" festgehalten; das gilt vor allem für die von östlicher Seite vorliegenden Stellungnahmen.

Der materielle Gehalt des Potsdamer Abkommens ist deshalb so unterschiedlich, weil es eine zusammengewürfelte Sammlung teils eindeutiger, teils zweideutiger Beschlüsse, Empfehlungen, Absichten und Wünsche in bezug auf die Nachkriegspolitik der drei Mächte gegenüber Deutschland und anderen europäischen Staaten enthält. Zahlreiche Grundsätze sind durch weitmaschige Formulierungen, durch Zusätze wie „soweit praktisch durchführbar", „so rasch wie möglich" usw.sehr unbestimmt gefaßt, so daß dem Ermessen der einzelnen Zonen-Befehlshaber ein breiter Spielraum blieb

Uber das Zustandekommen der Deutschland betreffenden Bestimmungen des Potsdamer Abkommens unterrichten Primär-und Sekundärquellen. Die Berichte der an der Konferenz beteiligten Staatsmänner, Diplomaten und Militärs sind bekannt; für die hier angesprochene Fragestellung sind sie jedoch unergiebig. Die Vereinigten Staaten von Amerika veröffentlichten im ersten Band ihres im Frühjahr 1961 publizierten zweibändigen Aktenwerkes „The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945" Materialien zur Vorbereitung der Konferenz Hingegen hat weder die britische noch die sowjetische Regierung bisher über ihre Vorbereitung der Konferenz von Potsdam Akten herausgegeben. Die Haltung der britischen Delegation kann aus den britischen Texten, die sich in der amerikanischen Aktenpublikation befinden, extrahiert werden. Die Sowjetunion hat, wie bekannt, 1967 Texte über die Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam veröffentlicht, jedoch ausschließlich Verbalprotokolle der Voll-sitzungen der drei Konferenzen und der von ihnen verabschiedeten Protokolle oder Kommuniques Uber die Vorbereitung der sowjetischen Partei-und Staatsführung auf die Konferenz gibt es keine Mitteilung. Rückschlüsse auf die sowjetische Einstellung zu einzelnen Problemen sind nur aufgrund der Berichte der Amerikanischen Botschaft in Moskau möglich; ihre Angaben sind aber unvollständig

Die Tatsache, daß nur über die amerikanischen Vorbereitungen der Potsdamer Konferenz genügend Materialien zur Verfügung stehen, berechtigt zu Zweifeln, „ob eine ausreichende Unterrichtung über die Vorformulierungen und Vorentscheidungen des Abkommens von Potsdam im gegenwärtigen Zeitpunkt bereits möglich ist" Die Delegation der Vereinigten Staaten von Amerika nahm entscheidenden Einfluß auf Vorlage und Formulierung der Deutschland-Bestimmungen der Potsdamer Übereinkunft; die von ihr entwickelten Vorstellungen bilden weithin Prädeterminationen und Präjudikationen der Deutschland betreffenden Bestimmungen

II. Die Rechtsnatur des Potsdamer Abkommens

Die Frage nach der Rechtsnatur des Potsdamer Abkommens wird auf westlicher Seite unterschiedlich beantwortet, während die sowjetische (und polnische sowie mitteldeutsche) Auffassung darin übereinstimmt, die Übereinkunft als völkerrechtlichen Vertrag zu werten.

Die Bundesregierung vertrat 1954 im KPD-Prozeß die Meinung, die Potsdamer „Mitteilung" sei ein „Executive Agreement", in der Terminologie der Vereinigten Staaten oder gemäß Artikel 59 des Grundgesetzes ein „Verwaltungsabkommen", jedoch kein völkerrechtlicher Vertrag Im völkerrechtlichen Schrifttum der Bundesrepublik wird die Potsdamer „Mitteilung" gelegentlich auch als eine „typische Kriegsvereinbarung" bezeichnet; die in ihr niedergelegten Grundsätze gälten für die „Anfangsperiode der Kontrolle" und trügen Übergangscharakter Friedrich August von der Heydte hat der von Erich Kaufmann im KPD-Prozeß vertretenen Auffassung, nach welcher die Potsdamer „Mitteilung" ein Ver-waltungsabkommen bilde, widersprochen Er unterscheidet bei der Auswertung der Potsdamer „Mitteilung" zwischen jenen Teilen, die Vertragscharakter besitzen und für die Konferenz-Mächte Rechte und Pflichten entstehen ließen, und jenen Teilen, die lediglich eine Erklärung über gemeinsame Absichten — und damit auch für die Konferenz-Teilnehmer selbst unverbindlich — waren

F. A. von der Heydte bejaht den Vertrags-charakter der Potsdamer Bestimmungen in zwei Fällen; beim Abkommen über die Einrichtung eines Rats der Außenminister und bei der Vereinbarung über die Befriedigung der Reparations-Ansprüche der Kriegsgegner Deutschlands durch Entnahmen aus den jeweiligen Besatzungszonen und aus deutschen Auslandsguthaben. Zu den rechtlich für die beteiligten Staaten unmittelbar nicht verbindlichen Erklärungen rechnet er jene Absprachen, welche die endgültige Entscheidung einer Frage entweder auf einen späteren Zeitpunkt vertagt oder einem besonderen Organ überwiesen haben. Nach einer anderen Auffassung haben die Grundsätze des Potsdamer Abkommens dauernde Bindungen unter den beteiligten Mächten nur insoweit erzeugt, als Vereinbarungen über endgültige Regelungen der Besatzungspolitik getroffen worden sind Zu den Prinzipien endgültigen Charakters wird die Vorbereitung einer Friedensregelung gerechnet

Auch Hermann Mosler wertet das für ihn maßgebende Protokoll der Potsdamer Konferenz nicht als völkerrechtlichen Vertrag. Es habe nur insoweit völkerrechtliche Verpflichtungen zwischen den Beteiligten — und in den Grenzen seiner Zustimmung auch für Frankreich aus den — erzeugt, als sich einzelnen Abschnitten ein Verpflichtungswille ergibt

Die dritte Auffassung erblickt im Potsdamer Abkommen eine unverbindliche Abmachung

Diese schwierigen und ungeklärten Fragen werden in der Argumentation der östlichen Seite fast überhaupt nicht berührt. Für sie ist das Potsdamer Abkommen ein völkerrechtlicher Vertrag, der nicht der Ratifikation bedurfte Auch nach Auffassung der Westmächte ist das Potsdamer Abkommen ohne Ratifikation für die Unterzeichnerstaaten völkerrechtlich verbindlich geworden. Ebenso wie die Sowjetunion fühlen auch sie sich an die Beschlüsse von Potsdam gebunden. Alle Beteiligten haben sich in zahlreichen Erklärungen auf „Potsdam" berufen und sich ihre daraus resultierenden Rechte jeweils vorbehalten.

III. Die völkerrechtliche Verbindlichkeit

Keiner der an der Potsdamer Übereinkunft beteiligten drei Hauptalliierten hat das unbefristet abgeschlossene Abkommen bisher gekündigt. Ebenso ist keiner der Signatare von der Übereinkunft zurückgetreten. Die Sowjetunion ist von Anfang an davon ausgegangen, daß das Potsdamer Abkommen nicht nur für die drei Unterzeichner-Staaten, sondern auch für Frankreich und Deutschland verbindlich sei. Die Sowjetregierung wertet die Potsdamer Übereinkunft nicht als Drei-Mächte-, sondern als Vier-Mächte-Abkommen; Frankreich habe sich ihm in vollem Umfang angeschlossen. Nach sowjetischer Auffassung ist auch Deutschland verpflichtet, die Potsdamer Beschlüsse durchzuführen. In zahlreichen Noten hat die sowjetische Regierung die drei Westmächte und die Bundesrepublik beschuldigt, das Potsdamer Abkommen gebrochen zu haben. Schließlich nimmt auch Polen Rechte aus den Potsdamer Vereinbarungen in Anspruch. Bei der Frage nach der völkerrechtlichen Verbindlichkeit müssen folglich drei Komplexe auseinandergehalten werden: 1. die Bindung der drei Unterzeichner-Mächte und die Stellung Frankreichs; 2. die Frage nach der Bindung Deutschlands und 3. das Verhältnis Polens zum Potsdamer Abkommen. 1. Die Bindung der drei Signatar-Mächte und die Stellung Frankreichs Auch wenn sowohl die sowjetische als auch die westliche Seite wiederholt darauf hingewiesen hat, daß einige Prinzipien des Potsdamer Abkommens durch die inzwischen eingetretene Entwicklung in Deutschland überholt seien, halten beide an der Übereinkunft fest.

Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob und inwieweit Frankreich an das Potsdamer Abkommen gebunden ist. Frankreich hat an der Potsdamer Konferenz nicht teilgenommen und daher an der Formulierung der beiden Vereinbarungen, der Mitteilung und des Protokolls, nicht mitgewirkt. Auf Schreiben der an der Konferenz beteiligten Regierungen hat die Provisorische Französische Regierung am 7. August 1945 mit einer Serie von sechs Noten an deren Botschafter geantwortet Darin stimmte sie einer Reihe von Punkten des Potsdamer Abkommens unter Beifügung von Vorbehalten zu. Die Vorbehalte bezogen sich auf die Wiedereinrichtung einer Zentralregierung in Deutschland, die Wiederzulassung der politischen Parteien, die Bildung zentraler Verwaltungsabteilungen, die wirtschaftlichen Grundsätze (vor allem die Regelung der Reparationsfrage), die Regelung der Grenzen Deutschlands sowie auf die Ausweisung der deutschen Bevölkerung aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und die Sowjetunion haben den von Frankreich erhobenen Vorbehalten nicht widersprochen.

Insgesamt enthalten diese Noten Vorbehalte, die es nicht erlauben, Frankreich ganz allgemein und ohne nähere Qualifikation als Partner des Potsdamer Abkommens anzusprechen, wie dies die Sowjetregierung stets getan hat Die östliche Seite hat Frankreich immer als Teilnehmer an der Potsdamer Übereinkunft betrachtet und die von der Provisorischen Französischen Regierung gemachten Vorbehalte außer acht gelassen. Dieser Standpunkt ist unzulässig. Jede einzelne Bestimmung des Potsdamer Abkommens bedarf vielmehr einer näheren Prüfung daraufhin, ob ihr Frankreich zugestimmt hat oder nicht und ob sie Gegenstand eines amtlichen Vorbehaltes war oder nicht

Die Anhänger der These, Frankreich sei — wenn auch unter Vorbehalten — an das Potsdamer Abkommen gebunden können darauf verweisen, daß die Provisorische Regierung der Republik Frankreich wesentlichen Zielsetzungen der Potsdamer Übereinkunft beigepflichtet hat. Beispielsweise hat Frankreich an der Arbeit des in Potsdam gebildeten Rats der Außenminister teilgenommen. Mehrmals hat die französische Regierung gemeinsam mit den Regierungen der USA und Großbritanniens die Sowjetregierung an ihre Verpflichtungen aus den 1944/45 getroffenen Vereinbarungen der Alliierten erinnert. Auch wenn in diesen offiziellen Dokumenten zumeist das Potsdamer Abkommen nicht ausdrücklich erwähnt worden ist, war es neben den anderen Übereinkommen gemeint

Es gibt aber auch eine ganze Reihe völkerrechtlicher Stellungnahmen, die davon ausgehen, daß sich Frankreich von Anfang an nicht als Partner des Potsdamer Abkommens be-trachtet hat Sie verweisen auf eine Erklärung, die der französische Oberbefehlshaber in Deutschland am 1. Oktober 1945 abgab und auf eine Erklärung des damaligen französischen Außenministers George Bidault vor der Nationalversammlung in Paris. Auf eine Anfrage erteilte Bidault am 21. Juli 1953 folgende Antwort: „Die Französische Regierung ist den Entscheidungen, die in Potsdam ohne ihre Beteiligung und ohne daß sie ihre Gesichtspunkte hätte darlegen können, durch Großbritannien, die Sowjetunion und die USA getroffen worden sind, nicht beigetreten. Sie hat sich darauf beschränkt, von jenen Vereinbarungen Kenntnis zu nehmen und davon die den französischen Interessen günstigen Bestimmungen unter den folgenden Bedingungen anzunehmen."

Festzuhalten bleibt, daß Frankreich nicht alle Ziele des Potsdamer Abkommens gebilligt hat. Deshalb ist die sowjetische Auffassung verfehlt, daß sich Frankreichs Stellung zum Potsdamer Abkommen nicht von jener der drei Signatar-Mächte unterscheide.

Daß sich die Sowjetunion an das Potsdamer Abkommen nach wie vor gebunden fühlt, geht aus zahlreichen Stellungnahmen und Erklärungen hervor, in denen den Westmächten vorgeworfen wird, das Potsdamer Abkommen verletzt zu haben. Immer wieder hat die sowjetische Seite die Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs beschuldigt, gegen die Prinzipien der Übereinkunft vom 2. August 1945 verstoßen zu haben 2. Die Frage der Bindung Deutschlands Nach Auffassung der Bundesregierung entbehrt das Potsdamer Abkommen speziell völkerrechtlicher Wirkungen auf Deutschland, das deutsche Volk und die deutschen Verfassungsorgane. Im Rahmen des deutsch-sowjetischen Meinungsaustausches über den Gewaltverzicht führte die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 9. April 1968 auf die sowjetischen Memoranden vom 12. Oktober und 21. November 1967 aus: „Was die wiederholt geäußerten Auffassungen der sowjetischen Regierung über die Bedeutung der Potsdamer Abmachungen von 1945 betrifft, ist es nach Ansicht der Regierung der Bundesrepublik Deutschland nicht ihre Sache, sich über Gültigkeit, Auslegung und Geltungsbereich von Vereinbarungen zu äußern, an denen sie nicht beteiligt ist."

Auch nach der überwiegenden Meinung des völkerrechtlichen Schrifttums ist das Potsdamer Abkommen eine „res inter alios acta", eine Abmachung unter Dritten, die Deutschland völkerrechtlich nicht verpflichte: Deutschland habe weder das Potsdamer Abkommen unterzeichnet noch in irgendeiner Form an den Beratungen der drei Hauptalliierten teilgenommen; auch sei es nicht gehört worden. Diese Schlußfolgerung ergibt sich aus der völkerrechtlichen Regel, nach der durch internationale Verträge nur die Vertragsparteien, nicht aber dritte, am Vertrag nicht beteiligte Völkerrechtsubjekte verpflichtet werden können: Pacta tertiis nec nocent nec prosunt Gelegentlich wird auch der Standpunkt vertreten, diese Regel gelte nur mit Ausnahmen.

Beispielsweise erkennt der bekannte Wiener Völkerrechtler Alfred Verdross den Vertrag zu Lasten Dritter im Völkerrecht als Ausnahme vom Vertragsgrundsatz an. Er hält eine an dritte Staaten adressierte Vertragsnorm aber nur dann für verbindlich, wenn die Vertragspartner ausnahmsweise zuständig waren, eine solche Norm für Dritte zu vereinbaren.

So könne sich beispielsweise ein Staat verpflichten, eine Regelung anzunehmen, die dritte Staaten untereinander vereinbaren werden Doch selbst wenn man dieser Meinung folgt, kann dem Potsdamer Abkommen trotzdem ein derartiger Rechtscharakter nicht zuerkannt werden. Die Siegermächte waren nicht befugt, Rechte für sich in Anspruch zu nehmen, die Deutschland nicht eingeräumt hatte

Eine von der herrschenden Meinung abweichende Auffassung vertritt Helmut R. Külz:

„Die Frage der Bindung Deutschlands wird im allgemeinen damit abgetan, daß es sich geradezu von selbst versteht, daß für Deutschland durch die Abmachungen der drei Konferenzmächte nicht irgendwelche rechtlichen Bindungen erzeugt werden könnten. So zweifelsfrei ist dies indessen wiederum nicht; in Verbindung mit der bedingungslosen Kapitulation und den Erklärungen über die Übernahme der obersten Regierungsgewalt in Deutschland mag es durchaus vorstellbar sein, daß einseitig, im Wege der Auferlegung, des octroi, ein Dreierabkommen auch für eine an sich dabei nicht beteiligte, aber davon betroffene vierte Macht (Deutschland) rechtswirksam wird, so ungewöhnlich ein solcher Vorgang auch sein mag."

Schwierig ist es für die sowjetische, polnische und mitteldeutsche Völkerrechtslehre zu begründen, inwiefern Deutschland an die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz gebunden sein soll. Die sowjetische Völkerrechtstheorie hat den Verträgen zu Lasten Dritter bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Die wenigen Autoren, die sich mit dieser Frage befaßt haben, lehnen überwiegend den Vertrag zu Lasten Dritter ab. Die Souveränität des dritten Staates werde verletzt, wenn durch den Willen der Vertragspartner diesem Verpflichtungen auferlegt werden könnten. Auffällig ist, daß fast alle sowjetischen Völkerrechtler, die sich zu diesem Rechtsinstitut geäußert haben, wohl das Münchener Abkommen vom 29. September 1938, nicht jedoch die alliierten Abkommen von 1944/45, vor allem die Potsdamer Übereinkunft, auch nur mit einem Wort erwähnen

Soweit die sowjetische Völkerrechtslehre nachzuweisen versucht hat, daß Deutschland an das Potsdamer Abkommen gebunden sei, obwohl es an den Beschlüssen der Konferenz nicht beteiligt gewesen ist, bedient sie sich vornehmlich einer Art „Kriegsschuldthese", des Gesichtspunkts der „völkerrechtlichen Verantwortlichkeit". So stellt der bekannte Völkerrechtler G. I. Tunkin dazu fest: „Die Handlungen der Alliierten gegenüber Deutschland und Japan beruhten vor allem auf dem Prinzip der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit des Staates für eine von ihm verübte Aggression . .. Hier fand seine Anwendung und Bekräftigung ein neues fortschrittliches, auf die Erhaltung des Weltfriedens gerichtetes Prinzip — das Prinzip der Verantwortlichkeit für eine Aggression."

Gelegentlich beruft sich die sowjetische Seite auch auf das sogenannte Siegerrecht, das früher selbst von kompetenten Interpreten des sowjetischen Standpunktes abgelehnt worden ist

Aufschlußreich ist, daß DDR-Autoren die Bindung Deutschlands an das Potsdamer Abkommen unterschiedlich begründen. Mehrere mitteldeutsche (und polnische) Völkerrechtler meinen, die Alliierten hätten in Potsdam als Vertreter Deutschlands und damit in dessen Namen gehandelt Doch fehlte den Alliierten auch dazu der Auftrag. Ein solcher kann auch nicht aus der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht abgeleitet werden, da die Kapitulations-Urkunde ausschließlich militärischen und nicht politischen Charakter hatte. Andere Autoren stellen kategorisch fest, daß eine Berufung auf den Grundsatz, durch internationale Verträge könnten nur die Vertragsparteien, nicht aber dritte am Vertrag nicht beteiligte Völkerrechtssubjekte verpflichtet werden, im Hinblick auf das Potsdamer Abkommen unzulässig sei. Eine juristische Begründung vermögen sie nicht zu geben

Neuere Stellungnahmen aus der DDR sind bestrebt, die Bindung Deutschlands und seit 1949 der DDR und der Bundesrepublik an das Potsdamer Abkommen mit mehreren Argumenten zu begründen. So schreibt der Ostberliner Völkerrechtler Bernhard Graefrath: „Die Verbindlichkeit der Deutschland betreffenden grundsätzlichen Bestimmungen des Potsdamer Abkommens beruht darauf, daß im Potsdamer Abkommen die Konsequenzen festgelegt wurden, die sich für Deutschland aus der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit für den von Hitlerdeutschland entfesselten Aggressionskrieg ergaben. Das Potsdamer Abkommen ist insoweit nichts anderes als die Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit für einen Aggressionskrieg und legt Maßnahmen fest, die gewährleisten sollen, daß nie wieder von deutschem Boden aus eine Aggression entfesselt werden kann. Gerade darin liegt die Allgemeingültigkeit und Verbindlichkeit des Potsdamer Abkommens auch gegenüber der DDR und der BRD, den Nachfolgestaaten des ehemaligen Deutschen Reiches, begründet. Darin besteht auch seine Verknüpfung mit der Charta der Organisation der Vereinten Nationen sowie seine Endgültigkeit ... Es steht im offenen Widerspruch zu den Tatsachen und der bestehenden Rechtslage, wenn westdeutsche Politiker und Juristen immer wieder das Potsdamer Abkommen, auf das sich nach wie vor alle vier Mächte berufen . . ., als überholt, ausgehöhlt, interventionistisch oder gar als unverbindlich betrachten, weil es keine deutsche Unterschrift trägt. Die Verbindlichkeit des Potsdamer Abkommens für die DDR und die BRD ergibt sich nicht aus einer deutschen Unterschrift, sondern aus der Verantwortlichkeit Deutschlands für das Aggressionsverbrechen ... Die Verpflichtungen, die es gegenüber Deutschland auf Grund der Verantwortlichkeit für das Aggressionsverbrechen feststellte, gingen notwendig im Wege der Staatennachfolge auf die Nachfolgestaaten des ehemaligen Deutschen Reiches über."

In den „Thesen zum 25. Jahrestag der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus", welche die Abteilung Propaganda des Zentral-komitees der SED kürzlich herausgegeben hat, wird kategorisch behauptet, daß das Potsdamer Abkommen nicht nur endgültiges Völkerrecht, sondern „das einzig völkerrechtliche Dokument" sei, an das die Hauptmächte der Anti-Hitler-Koalition gleichermaßen wie die DDR und die Bundesrepublik gebunden seien

Auch die sowjetische Regierung hat immer die Auffassung vertreten, daß Deutschland bzw.seit 1949 die DDR und die Bundesrepublik an das Potsdamer Abkommen gebunden seien. Sie sucht unter Hinweis auf die Potsdamer Übereinkunft auf die innere Entwicklung der Bundesrepublik einzuwirken und die Bundesregierung zu bestimmten, den Sowjets genehmen Maßnahmen zu veranlassen 3. Die Wirkung des Potsdamer Abkommens gegenüber Polen Um Rechte aus dem Potsdamer Abkommen herleiten zu können, wertet die polnische Völkerrechtslehre die Übereinkunft vom 2. August 1945 als Vertrag zugunsten Polens. Während die Völkerrechtslehre in West und vor allem in Ost im allgemeinen Verträge zu Lasten Dritter für unzulässig hält, werden Verträge zugunsten Dritter in Theorie und Praxis überwiegend anerkannt Die sowjetische Theorie hat auch den Verträgen zugunsten Dritter bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Einige Autoren wollen den Vertrag zugunsten Dritter nur unter bestimmten Voraussetzungen und innerhalb enger Grenzen gelten lassen. Andere erkennen ihn uneingeschränkt an Soweit ersichtlich, fehlen jedoch Stellungnahmen darüber, ob das Potsdamer Abkommen als ein Vertrag zugunsten Polens anzusehen ist. Dies ist die Auffassung der polnischen Völkerrechtslehre

IV. Der Inhalt des Potsdamer Abkommens

Das Potsdamer Abkommen enthält Bestimmungen, die zu seiner Grundstruktur gehören; andere weisen nur einen Übergangscharakter auf. Die Grundstruktur des Potsdamer Abkommens bilden vor allem die Abschnitte II („Die Einrichtung eines Rates der Außenminister"), VI („Stadt Königsberg und das anliegende Gebiet") und IX („Polen").

Mehrere Abschnitte der Potsdamer „Mitteilung" haben keine Bedeutung mehr, da sie in den Jahren nach 1945 erfüllt worden sind. Dazu zählen die Abschnitte IV („Reparationen aus Deutschland") VII („Kriegsverbrecher") VIII („Österreich") X („Der Abschluß der Friedensverträge und Zulassung zur Organisation der Vereinten Nationen") und XIII („Ordnungsmäßige Überführung deutscher Bevölkerungsteile") Hingegen sollten die in Abschnitt III („Deutschland") formulierten Politischen und Wirtschaftlichen Grundsätze'nur für die Behandlung Deutschlands in der „Anfangsperiode der Kontrolle" Gültigkeit haben.

Da die Alliierten vom Fortbestand, nicht vom Untergang des Deutschen Reiches ausgingen, sollte Deutschland als Gesamtstaat mit einer Regierung zum Partner eines Friedensvertrags gemacht werden. Diesem Ziel sollte vor allem die Schaffung des Rats der Außenminister dienen. Dazu heißt es im Potsdamer Abkommen: „Der Rat wird zur Vorbereitung einer friedlichen Regelung für Deutschland benutzt werden, damit das entsprechende Dokument durch die für diesen Zweck geeignete Regierung Deutschlands angenommen werden kann, nachdem eine solche Regierung gebildet sein wird."

Hinzu kommt: Die an der Potsdamer Konferenz beteiligten drei Hauptalliierten waren sich darin einig, Deutschland als eine ungeteilte wirtschaftliche und politische Einheit zu behandeln. Daß das Potsdamer Abkommen den Fortbestand der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands postuliert, geht vor allem aus seinen Abschnitt III, B, 14 und III, A, 9 (IV) hervor. Sie lauten: „Während der Besatzungszeit ist Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Bis auf weiteres wird keine zentrale deutsche Regierung errichtet werden. Jedoch werden einige wichtige zentrale deutsche Verwaltungsabteilungen errichtet werden, an deren Spitze Staatssekretäre stehen, und zwar auf den Gebieten des Finanzwesens, des Transportwesens, des Verkehrswesens, des Außenhandels und der Industrie."

Bei der Prüfung der in den „Politischen Grundsätzen" des Potsdamer Abkommens enthaltenen Klauseln darf nicht daran vorbeigegangen werden, daß sie den Fortbestand der Einheit Deutschlands nicht ausdrücklich und unmittelbar postulieren, sondern nur mittelbar und nicht ohne mancherlei Verklausulierungen In politischer Hinsicht stand im Vordergrund das Ziel der „Dezentralisation der politischen Struktur" und „Entwicklung einer örtlichen Selbstverantwortung". Und wenn den gesamtdeutschen Staatssekretariaten zwar offensichtlich die Eigenschaft als Vorläufer einer deutschen Zentralregierung zugedacht war, so läßt der Vorsatz: „Bis auf weiteres wird keine zentrale deutsche Regierung errichtet werden" im Zweifel, ob und wann es zu einer Zentralregierung kommen soll und wird. Andererseits darf jedoch nicht übersehen werden, daß die Bildung einer zentralen deutschen Regierung die politische Einheit Deutschlands voraussetzt. Darüber hinaus enthält das Potsdamer Abkommen keine genauere Umschreibung des Inhalts einer künftigen Friedensregelung mit Deutschland. Zwar schreibt es vor, daß die vom Rat der Außenminister vorzubereitende Friedensregelung von einer gesamtdeutschen Regierung angenommen werden soll, sagt aber nichts darüber aus, ob diese Regierung durch freie Wahlen zu bilden sei, so daß die Entscheidung darüber in das Belieben der Besatzungsmächte gestellt war. Die Westmächte haben von Anfang an die Auffassung vertreten, daß der Friedensvertrag mit einer aus freien Wahlen hervorgegangenen gesamtdeutschen Regierung abgeschlossen werden muß

Zur Grundstruktur des Potsdamer Abkommens gehören auch die darin enthaltenen Beschlüsse über Grenzfragen. Die Sowjetunion, Polen und die DDR vertreten den Standpunkt, die Potsdamer Konferenz habe die „Westgrenze Polens" endgültig und verbindlich festgelegt; nur die formelle Anerkennung dieses Beschlusses sei im Potsdamer Abkommen der Friedenskonferenz vorbehalten worden. Diese Interpretation steht eindeutig im Widerspruch zur Übereinkunft von Potsdam. Das ergibt sich klar aus den Abschnitten IX und II der Potsdamer „Mitteilung".

In Abschnitt IX b) heißt es: „Bezüglich der Westgrenze Polens wurde folgendes Abkommen erzielt: . .. Die Häupter der drei Regierungen bekräftigen ihre Auffassung, daß die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zu der Friedenskonferenz zurückgestellt werden soll." Gemäß Abschnitt II 2 (I) soll die Friedensregelung vom Rat der Außenminister vorbereitet und von einer gesamtdeutschen Regierung angenommen werden.

Daraus folgt: Jede Änderung der Ostgrenze Deutschlands setzt eine friedensvertragliche Regelung voraus, die deutscherseits nur eine gesamtdeutsche Regierung treffen könnte Auch die Sowjets haben in den Jahren nach 1945 ausdrücklich anerkannt, daß der Ab-Schluß eines Friedensvertrags die vorherige Bildung einer gesamtdeutschen Regierung voraussetzt. Später haben die Sowjets diesen Standpunkt aufgegeben

Für die Vorläufigkeit der in Potsdam getroffenen Regelung spricht noch eine weitere Formulierung des Abkommens. Abschnitt IX b) Abs. II legt fest, daß die deutschen Ostgebiete „unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen". Hätte nämlich die Potsdamer Übereinkunft eine Zession der Ostgebiete an Polen herbeiführen sollen, „so wäre diese Abgrenzung zur Zone sinnlos und überflüssig, weil selbstverständlich" Dementsprechend lassen auch die nachträglichen, noch unter dem frischen Eindruck der Potsdamer Konferenz abgegebenen Äußerungen der westlichen Teilnehmer kaum einen Zweifel an dem — jedenfalls rechtskonstruktiv — vorläufigen Charakter der Oder-Neiße-Linie

Dieser Schluß ergibt sich auch aus einem Vergleich mit den im Potsdamer Abkommen getroffenen Regelungen über die Stadt Königsberg und das umliegende Gebiet und die Westgrenze Polens. Die Übergabe der Stadt Königsberg und des umliegenden Gebiets an die Sowjetunion ist ebenfalls unter dem Vorbehalt „der endgültigen Bestimmungen der territorialen Fragen bei der Friedensregelung''gestellt worden. Auch dieses Territorium bleibt daher, vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Friedensvertrag mit Deutschland, deutsches Staatsgebiet Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß sich die Regierungschefs der beiden angelsächsischen Mächte bereit erklärt haben, den Vorschlag der Konferenz bei der bevorstehenden Friedensregelung zu „unterstützen"

Auch die Umsiedlung der Deutschen aus den Ostgebieten kann nicht als Beweis für das Vorliegen einer endgültigen Gebietsregelung angesehen werden. Im westdeutschen Schrifttum wird auf die allgemein bekannte Tatsache hingewiesen, „daß der BevÖlkerungsverschiebung von den Vereinigten Staaten und Großbritannien auf Gründ falscher Zahlehangaben in Polen zugestimmt wurde. Es wurde nämlich behauptet, es handle sich nur noch um zahlenmäßig geringfügige Reste der Bevölkerung, da die Mehrzahl vor dem Einmarsch der Roten Armee Schutz im Westen gesucht hat" Herbert Kraus hat dieser Auffassung entgegengehalten, daß es eine nicht mit Sicherheit zu beantwortende Frage sei, ob die Staatsmänner der Vereinigten Staaten und Großbritanniens bei Kenntnis der wahren Sachlage die Austreibungen abgelehnt hätte:

„Theoretisch hätten sie zwar in Kenntnis des richtigen Tatbestandes ihre Zustimmung zu den Austreibungen wegen arglistiger Täuschung zurücknehmen können, praktisch kam dies aber nicht in Frage" Kraus hat so argumentiert: Die endgültige Regelung der deütsch-polnischeü Grenze sollte auf einer Friedenskonferenz erfolgen (Rückstellungsklausel); die Grenzfrage blieb in Potsdam offen. „Wären danach die Großen Drei davon ausgegangen, daß dort mit den Bestimmungen über Massenaustreibungen indirekt auch die Grenzfrage habe entschieden werden sollen, so wäre damit die Rückstellungsklausel gegenstandslos geworden. Bei dieser offen-liegenden Zwiespältigkeit muß dieser Klausel, die ein Herzstück der Potsdamer Beredungen ist, Vorrang vor den Austreibungsabreden eingeräumt werden."

Eberhard Menzel weist darauf hin, daß auch sonst Deutsche aus Gebieten ausgewiesen wurden, über deren territoriales Schicksal erst die Friedenskonferenz entscheiden sollte. Dies gelte beispielsweise für die Ausweisung von Deutschen aus dem Saarland

Die Frage der Regelung der Westgrenze Polens spielt auch eine wichtige Rolle bei den gegenwärtigen deutsch-sowjetischen Verhandlungen über einen Gewaltverzichtsvertrag. Da die drei Westmächte und die Bundesrepublik in Art. 7 Abs. I des am 5. Mai 1955 in Kraft getretenen Deutschland-Vertrags im Hinblick auf die in Potsdam getroffene Regelung vereinbart haben, daß die Grenzen Deutschlands erst in einem Friedensvertrag endgültig festgelegt werden, muß der geplante deutsch-sowjetische Vertrag eine Vorbehaltsklausel enthalten. Das gleiche gilt für die von der Bundesregierung angestrebte Grenzregelung mit Polen.

Von der politischen und wirtschaftlichen Einheit Deutschlands gingen die Signatare des Potsdamer Abkommens auch bei der Formulierung des Abschnitts „III. Deutschland" aus. Zur Grundstruktur der Potsdamer Beschlüsse gehört die in der Präambel zu den . Politischen und Wirtschaftlichen Grundsätzen'getroffene Feststellung, daß die Alliierten dem deutschen Volk die Möglichkeit geben wollen, „sich darauf vorzubereiten, sein Leben auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage von neuem wieder aufzubauen. Wenn die eigenen Anstrengungen des deutschen Volkes unablässig auf die Erreichung dieses Zieles gerichtet sein werden, wird es ihm möglich sein, zu gegebener Zeit seinen Platz unter den freien und friedlichen Völkern der Welt einzunehmen." Zu den grundlegenden politischen Bestimmungen des Potsdamer Abkommens gehören vor allem: Ausübung der Regierungsgewalt in Deutschland durch Alliierte Oberbefehlshaber und den Kontrollrat; völlige Abrüstung, Entmilitarisierung und Auflösung entsprechender Organisationen; Erkenntnis der „totalen militärischen Niederlage"; Verbot der NSDAP, ihrer Organisationen, einer entsprechenden Propaganda oder Betätigung; Außerkraftsetzung der NS-Gesetzgebung; Verurteilung der Kriegsverbrecher; Internierung führender NS-Angehöriger sowie Amtsträger usw.; Überwachung des Erziehungswesens; Gerichtswesen, Gesetzesstaatlichkeit, Gleichheitssatz, Nichtdiskriminierung; Zulassung „aller demokratischen politischen Parteien", Versammlungs-und Vereinigungsfreiheit; zunächst keine Zulassung einer zentralen deutschen Regierung; Errichtung zentraler deutscher Verwaltungsabteilungen mit Staatssekretären für Finanzen, Transport, Verkehr, Außenhandel und Industrie; Verwaltung: Dezentralisation der politischen Struktur; Garantie der Rede-, Presse-und Religionsfreiheit; Errichtung freier Gewerkschaften

Als wichtige wirtschaftliche Grundsätze bezeichnet das Potsdamer Abkommen: Vernichtung des deutschen Militärpotentials, Verbot der Waffenherstellung, Beschränkung für den Schiffsbau; Dekartellisierung, Maßnahmen gegen Wirtschaftsmonopole; starke Betonung der Landwirtschaft; Konsumgüterherstellung nur in Höhe des Eigenverbrauchs statthaft; Ausarbeitung einheitlicher Produktionspläne für die Besatzungszeit; Überwachung des deutschen Wirtschaftslebens auch hinsichtlich der Abrüstung, der erlaubten Ein-und Ausfuhr, Bildung eines Verwaltungsapparats hierfür

V. Die Gültigkeit des Potsdamer Abkommens

Die Westmächte haben wiederholt auf die Tatsache hingewiesen, einige (vor allem politische und wirtschaftliche) Grundsätze des Potsdamer Abkommens seien durch die seither eingetretene Entwicklung in Deutschland überholt. Das gleiche hat mehrmals die Sowjetunion zum Ausdruck gebracht. Nach wie vor berufen sich aber die Regierungen der an der Pots-damer Konferenz beteiligten Staaten und auch Frankreichs auf die dort getroffene Übereinkunft und halten sie für gültig. Die große Bedeutung, welche die Sowjetführung gerade in dieser Frage dem Potsdamer Abkommen beimißt, geht daraus hervor, daß es in dem bilateralen Freundschafts-und Beistandspakt mit der DDR vom 12. Juni 1964 — im Gegensatz zu den anderen Abmachungen der Alliierten — ausdrücklich genannt wird. Immer wieder behauptet die sowjetische Seite, die Potsdamer Vereinbarungen seien nur in ihrer früheren Besatzungszone und später in der DDR verwirklicht worden — nicht jedoch auf dem Territorium der ehemaligen drei westlichen Besatzungszonen bzw.seit 1949 in der Bundesrepublik. Daraus folgert sie, daß in diesem Punkt eine Vier-Mächte-Verantwortung nur noch für die Bundesrepublik gelte.

So führt die Sowjetunion in ihrer Erklärung vom 8. Dezember 1967 an die Bundesregierung aus, „daß es Pflicht aller Teilnehmerstaaten des Potsdamer Abkommens ist, dafür Sorge zu tragen, daß der Sinn und der Geist dieses Abkommens auf dem Territorium der BRD strikt eingehalten werde" Und Art. 2 Abs. II des Vertrags vom 12. Juni 1964 mit der DDR lautet: „Beide Seiten gehen davon aus, daß bis zum Abschluß eines deutschen Friedensvertrags die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien und Frankreich nach wie vor ihre Verantwortung für die Verwirklichung der Forderungen und Verpflichtungen auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland tragen, die die Regierungen der Vier Mächte gemeinsam im Potsdamer und in anderen internationalen Abkommen zur Ausrottung des deutschen Militarismus und Nazismus und zur Verhinderung einer deutschen Aggression übernommen haben."

Diesen Standpunkt hat die Sowjetregierung in mehreren Stellungnahmen zum Angebot der Bundesregierung bekräftigt, zweiseitige Gewaltverzichts-Erklärungen auszutauschen. So betonte sie in ihrem Memorandum an die Regierung der Bundesrepublik Deutschland vom 21. November 1967: „Angesichts dessen, daß ein deutscher Friedensvertrag nicht existiert, bilden die erwähnten internationalen Vereinbarungen, vor allem das Potsdamer Abkommen, das die Gültigkeit einer internationalen Grundverpflichtung für die Bundesrepublik Deutschland als einem der Rechts-nachfolger des ehemaligen Reiches besitzt, das die bedingungslose Kapitulation Deutschlands unterzeichnet hat, weiterhin die Grundlage, auch die juristische, der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion, ebenso wie zwischen der BRD und den drei Westmächten."

Und in ihrem Aide-memoire vom 5. Juli 1968 an die Bundesregierung führte die Sowjet-regierung aus, „daß die Pflichten der BRD, wie auch die Rechte und Pflichten der Sowjetunion und der anderen Staaten der Antihitlerkoalition, die sich aus dem Potsdamer Abkommen ergeben, bis zum Abschluß eines deutschen Friedensvertrages volle Gültigkeit haben" Übergangscharakter weist ein großer Teil der im Abschnitt „III. Deutschland" enthaltenen Bestimmungen auf; dieser Abschnitt gliedert sich in die Teile „A. Politische Grundsätze"

und „B. Wirtschaftliche Grundsätze". In der Präambel dazu wird festgestellt, daß man sich dieser Grundsätze „bei der Behandlung Deutschlands in der Anfangsperiode der Kontrolle bedienen muß".

Darüber, daß diese Phase der Nachkriegspolitik beendet ist, sind sich alle Beteiligten und Betroffenen des Potsdamer Abkommens einig.

Auch können die in den Politischen Grundsätzen verankerten „Ziele der Besetzung Deutschlands, durch welche der Kontrollrat sich leiten lassen soll", keine Gültigkeit mehr haben, da beide Seiten auch die Zeit der Besetzung Deutschlands für beendet halten. In der Bundesrepublik wurde die Phase der Besetzung durch die drei westlichen Alliierten mit dem am 5. Mai 1955 in Kraft getretenen Deutschland-Vertrag abgeschlossen. Nach Auffassung der östlichen Seite ist die Periode der Besetzung der DDR durch die Sowjets mit dem am 20. September 1955 geschlossenen „Vertrag über die Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken" endgültig beendet worden

Auch wenn die Sowjetunion seit 1955 nicht nur die im Potsdamer Abkommen vorgesehene „Anfangsperiode der Kontrolle", sondern auch die Zeit der Besetzung Deutschlands für beendet hält, hat sie zumeist nicht präzisiert, welche politischen und wirtschaftlichen Prinzipien der Potsdamer Übereinkunft nicht mehr gültig seien. Die in zeitgeschichtlichen Analysen gelegentlich anzutreffende Feststellung, die politischen und wirtschaftlichen Grundsätze des Potsdamer Abkommens seien durch die Beendigung der „Anfangsperiode der Kontrolle Deutschlands" damit auch nach sowjetischer Meinung außer Kraft getreten, ist nicht richtig. Logischerweise müßte das zwar so sein, da diese Prinzipien in jenem Teil der Vereinbarung enthalten sind, der für die „Anfangsperiode der Kontrolle Deutschlands" gedacht gewesen ist. Würde die sowjetische Seite aber diesen Standpunkt einnehmen, dann begäbe sie sich der Möglichkeit, ständig an die Verpflichtungen der Westmächte und der Bundesrepublik aus dem Potsdamer Abkommen zu erinnern und deren Verwirklichung zu verlangen. Die Kritik der Sowjetunion richtet sich gerade gegen die Haltung der Westmächte im Hinblick auf die politische und wirtschaftliche Entwicklung ih den früheren westlichen Besatzungszoheh bzw. ab 1949 des Bundesrepublik. Nur soviel ist sicher: Nach sowjetischer Auffassung sind durch Erfüllung oder durch Ablauf der Zeit, innerhalb deren sie verwirklicht werden mußten, diejenigen Bestimmungen der Potsdamer Übereinkunft gegenstandslos geworden, die sich beziehen auf:

— die vorgesehene Bildung einer deutschen Zentralregierung und die vorläufige Schaffung gesamtdeutscher Staatssekretariate, — den gesamten Kontrollmechanismus und die Befugnisse der Besatzungsorgane, — die Kontrolle über die gesamte Industrieproduktion, — die völlige Liquidierung des gesamten, zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen Militär-potentials, — die Regelung der von Deutschland zu tragenden Reparationen, — die Verurteilung der Hauptkriegsverbrecher, soweit ihre Verfolgung die Groß-mächte angeht, — die ordhungsgemäße Überführung deutscher Bevölkerungsteile

Als nach wie vor gültig betrachtet die Sowjetunion jene politischen und wirtschaftlichen Grundsätze des Potsdamer Abkommens, deren Verwirklichung zu der völligen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Umgestaltung der SBZ bzw. später der DDR geführt hat. Diese einseitige, stark ideologisch bedingte Interpretation der Potsdamer Übereinkunft erlaubt es der Sowjetunion, unter Hinweis auf die Begriffe „Demokratisierung", „Entnazifizierung", „Abrüstung" und „Entmilitarisierung" einen Interventionsanspruch in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik zu konstruieren

VI. Die Frage der Verwirklichung des Potsdamer Abkommens

Mit der Behauptung, die Beschlüsse von Potsdam seien nach 1945 nur in der sowjetisch besetzten Zone bzW. ab 1949 in der DDR, nicht aber in den ehemaligen drei westlichen Besatzungszonen bzw. später in der Bundesrepublik verwirklicht worden, verbindet die östliche Seite stets die Feststellung, nur die DDR, nicht aber die Bundesrepublik sei im Sinne der Vereinbarungen vom 2. August 1945 ein „friedlicher" und „demokratischer" Staat. So heißt es in der Präambel des Freundschafts-und Beistandspaktes zwischen der Sowjetunion und der DDR vom 12. Juni 1964: „Die Deutsche Demokratische Republik und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken haben ... in der übereinstimmenden Auffassung, daß der erste Arbeiter-und Bauernstaat in der Geschichte Deutschlands — die Deutsche Demokratische Republik, die die Grundsätze des Potsdamer Abkommens verwirklicht hat — . .. vereinbart.'1

Auch die Freundschafts-und Beistandsverträge, welche die DDR am 5. März 1967 mit Polen, am 17. März 1967 mit der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik und am 7. September 1967 mit Bulgarien abgeschlossen hat, enthalten diese Behauptungen In zahlreichen Stellungnahmen und Noten hat die Sowjetregierung die Bundesregierung beschuldigt, das Potsdamer Abkommen verletzt zu haben Die maßgeblichen politischen Kräfte in der sowjetischen Besatzungszone haben von Anfang an die einseitige Auslegung der Potsdamer Beschlüsse durch die Sowjetunion unterstützt. Man war bestrebt, die Entwicklung in SBZ als der konsequente Beachtung der Durchführung des Potsdamer Abkommens zu bezeichnen und zu rechtfertigen. Aufschlußreich sind manche Ausführungen vor allem deshalb, weil sie krampfhaft versuchen, die von der Besatzungsmacht eingeleiteten Maßnahmen zur völligen Umgestaltung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ordnung mit der Potsdamer Übereinkunft in Einklang zu bringen

Auch in offiziellen Veröffentlichungen der jüngsten Zeit wird immer wieder diese Behauptung aufgestellt. So heißt es in der „Erklärung des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zur Verwirklichung der Grundsätze des demokratischen Völkerrechts der Deutschen Demokratischen Republik nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus durch die Sowjetunion und die anderen Staaten der Antihitlerkoalition" vom 29. April 1970: „Werden und Sein der Deutschen Demokratischen Republik sind konsequente Anwendung und Durchführung der Prinzipien des demokratischen Völkerrechts unserer Zeit. Die Deutsche Demokratische Republik entstand als Antwort auf die unter Bruch des Potsdamer Abkommens vollzogene Abspaltung der drei Westzonen vom deutschen Nationalverband. Ihre Gründung als antifaschistisch-demokratischer Staat war nicht nur Erfüllung des Vermächtnisses der deutschen Antifaschisten, sondern zugleich Ausdruck der Verwirklichung der völkerrecht-* liehen Verpflichtungen des Potsdamer Abkommens .. . Die Gründung der BRD war ein Bruch des Potsdamer Abkommens. Ihre Politik, die sie bisher betreibt, trägt den Stempel permanenter Verletzungen des Völkerrechts. Aus Furcht vor den im Potsdamer Abkommen geforderten antifaschistisch-demokratischen Um-gestaltungen, für die breite Kreise der westdeutschen Bevölkerung entschieden eintraten, spaltete das westdeutsche Monopolkapital mit Unterstützung der imperialistischen Westmächte — sekundiert von rechten Führern der SPD — die Westzonen vom deutschen Nationalverband ab .. . Unter Bruch des Potsdamer Abkommens wurde die Remilitarisierung durchgeführt und die BRD gegen den Willen ihrer Bevölkerung in den aggressiven NATO-Pakt einbezogen."

In den „Thesen zum 25. Jahrestag der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus", welche die Abteilung Propaganda des Zentralkomitees der SED Ende März 1970 herausgegeben hat, wird festgestellt: „Die Festlegungen des Potsdamer Abkommens für eine konsequente Entnazifizierung, Entmilitarisierung und Demokratisierung, für die Zurückdrängung der Monopole und Konzerne, die sofortige Beseitigung der übermäßigen Konzentration ihrer wirtschaftlichen Macht und die Bestrafung der Kriegsschuldigen und Kriegsverbrecher zielten auf eine grundlegende demokratische Erneuerung des gesamten politischen und gesellschaftlichen Lebens in Deutschland hin . . . Die Festlegungen des Potsdamer Abkommens stimmten mit den Forderungen und Aufgaben überein, die fast zwei Monate früher im Aufruf des Zentral-komitees der KPD vom 11. Juni 1945 sowie in den Gründungsaufrufen des Zentralausschusses der SPD in Berlin und des Blocks der antifaschistisch-demokratischen Parteien enthalten waren . . . Die demokratischen Kräfte des deutschen Volkes betrachteten daher das Potsdamer Abkommen nicht nur als eine legitime Verpflichtung, die sich aus dem mit so vielen Opfern erkämpften Sieg über den Faschismus ergab, sondern auch als völkerrechtliche Unterstützung für den Kampf um ein antifaschistisch-demokratisches Deutschland."

Bei seinem zweiten Treffen mit Bundeskanzler Willy Brandt am 21. Mai 1970 in Kassel legte der Vorsitzende des DDR-Ministerrats, Willi Stoph, besonderen Wert auf die Feststellung, daß in der Bundesrepublik die grundlegenden Bestimmungen des Potsdamer Abkommens bis heute nicht erfüllt worden seien: „Insofern haben die Hauptmächte der Antihitlerkoalition nach wie vor Rechte und Pflichten für die Verwirklichung des Potsdamer Abkommens in der BRD."

Die Behauptung, nur in der SBZ bzw. später in DDR, nicht jedoch in den früheren drei westlichen Besatzungszonen bzw.seit 1949 in der Bundesrepublik seien die Potsdamer Beschlüsse verwirklicht worden, dient auch der SED-Führung dazu, einen Interventions-Anspruch in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik zu erheben. Der mitteldeutschen Völkerrechtslehre fällt es dabei besonders schwer, diesen „Anspruch" juristisch zu begründen. Einerseits wird mit Recht gesagt, daß Prinzip der Nichteinmischung gehöre zu den wichtigsten Grundlagen des Völkerrechts; alle Staaten seien an diesen Grundsatz gebunden. Fixiert wurde dieses Prinzip in Art. 2 Ziffer 7 der UN-Charta. Besonderen Wert legen die DDR-Autoren auf die Feststellung, daß diese in der UN-Satzung verankerten Grundsätze auch für Nichtmitglieder der Weltorganisation, also für die Bundesrepublik und die DDR gälten. Unabhängig davon, ob ein Staat Mitglied der Vereinten Nationen ist oder nicht, sei er verpflichtet, diese Grundprinzipien einzuhalten. Immer wieder hat die DDR-Regierung beteuert, sie fühle sich an die UN-Charta gebunden. Aufgrund dieser klaren Aussagen der mitteldeutschen Völkerrechtslehre und offiziellen Seiten sollte eigentlich kein Zweifel darüber bestehen, daß kein Staat ein Recht beanspruchen kann, sich in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik einzumischen. Andererseits meint die DDR, die Bundesrepublik in dieser Beziehung unter ein Ausnahmerecht stellen zu dürfen. So verlangte beispielsweise bereits 1963 der bekannte Völkerrechtler Gregor Schirmer von der Bundesrepublik, den „völkerrechtsgemäßen Zustand herzustellen", das heißt, sich zu einem rechtmäßigen deutschen Staat zu entwickeln. Die DDR sei befugt, „diese Veränderungen des politischen Regimes des Westzonenstaates zu verlangen, ohne sich dem Vorwurf einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik auszusetzen"

Inzwischen ist diese These weiterentwickelt worden. So erklärte SED-Chef Walter Ulbricht in seiner Neujahrsbotschaft am 31. Dezember 1967, daß es zu den „Pflichten beider deutscher Staaten und ihrer Bürger" gehöre, „Militarismus und Nazismus auszuschalten und die Vormachtstellung des Monopol-kapitals zu brechen". Das sei bisher nur in der DDR geschehen. In der „westdeutschen Bundesrepublik" stehe die Erfüllung dieser Pflichten noch aus. „Die Deutsche Demokratische Republik und ihre Bürger anerkennen ihre völkerrechtliche Verpflichtung, den friedliebenden und demokratischen Kräften der westdeutschen Bundesrepublik bei der Erfüllung der genannten vom Potsdamer Abkommen gestellten Aufgaben politisch und moralisch zu helfen."

Günter Kertzscher, der die von offizieller Seite entwickelten Vorstellungen vor allem in der Deutschland-Frage im „Neuen Deutschland" zu kommentieren pflegt, stellte dazu fest, auch zwischen den beiden deutschen Staaten gelte das Prinzip der Nichteinmischung. Es sei aber keine Einmischung, „wenn wir den friedliebenden, demokratischen Kräften Westdeutschlands politisch und moralisch helfen, die Aufgaben aus dem Potsdamer Abkommen zu erfüllen .. . Das ist . .. für uns eine völkerrechtliche Verpflichtung, die uns aus dem Potsdamer Abkommen noch bleibt, nachdem wir in der DDR seine Grundsätze gewissenhaft verwirklicht haben" Auch der bekannte Staats-und Völkerrechtler Joachim Peck meint, daß es „gegenüber der Remilitarisierung und Neo-faschisierung Westdeutschlands" keine „sogenannte Nichteinmischung" geben könne

Die Unzulässigkeit dieser Argumentation, wie sie von östlicher Seite immer wieder vorgetragen wird, liegt auf der Hand. Es wird unterstellt, daß die im Potsdamer Abkommen enthaltenen zentralen Begriffe nur eine eindeutige Auslegung zuließen. Kennzeichnend für alle Stellungnahmen der Sowjetunion und der DDR ist, daß sie bisher jeder Diskussion über die Deutung der im Potsdamer Abkommen verwandten Begriffe ausgewichen sind und ihre Thesen immer apodiktisch vorgetragen haben. Es geht vor allem um die Interpretation der Begriffe „demokratisch" und „friedlich", mit denen man im Westen andere Vorstellungen als im Osten verbindet Festzuhalten bleibt, daß wenigstens einige prominente sowjetische, polnische und mitteldeutsche Völkerrechtler — wie Tunkin, Klafkowski und Herbert Kröger — konzedieren, daß die Meinungen über die Bedeutung des Begriffs „Demokratie" in West und Ost divergieren

Zuerst müßte also geprüft werden, welche Vorstellungen die an der Potsdamer Konferenz beteiligten Mächte mit den von ihnen gebrauchten Begriffen verbunden haben. Doch läßt sich weder die Sowjetunion noch die DDR auf eine solche Diskussion ein. Daran zeigt sich allein, wie unglaubwürdig diese Argumentation ist: Während sich die DDR jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten verbietet, will sie umgekehrt das Interventionsverbot gegenüber der Bundesrepublik nicht gelten lassen.

Doch scheinen sich zumindest einige mitteldeutsche Völkerrechtler bewußt zu sein, wie sehr sich ihre Argumentation von der juristischen Ebene entfernt hat. Beispielsweise meint* Alexander Martin, der die Einmischung der DDR in „innere Bonner Verhältnisse" als „nationale und völkerrechtliche Pflicht" apostrophiert, ein wenig beschwichtigend: „Dabei stellen wir nicht die Forderung nach einer sozialistischen Umgestaltung in Westdeutschland (denn das ist in der Tat eine innere Angelegenheit, die nur von der westdeutschen Arbeiterklasse selbst gelöst werden kann), sondern eine Umgestaltung im Sinne des Potsdamer Abkommens, die das Entstehen eines neuen Kriegsherdes ausschließt und die Frage: Kapitalismus oder Sozialismus offen läßt."

In den Stellungnahmen der Sowjetunion und der DDR zur Potsdamer Übereinkunft wird verständlicherweise immer verschwiegen, daß die Sowjetunion schon bald nach Abschluß der Potsdamer Konferenz einige wichtige Bestimmungen der Übereinkunft verletzt hat. Obwohl das Potsdamer Abkommen eine „völlige Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands" vorgesehen hat, begann die sowjetische Besatzungsmacht sehr viel früher als die westlichen Alliierten mit der Aufrüstung ihrer Zone; bereits 1946 leitete sie die Remilitarisierung der SBZ ein Ebenso verstieß die Zwangsfusion von KPD und SPD zur SED im April 1946 gegen die Potsdamer Beschlüsse.

Im Gegensatz zur Besatzungspolitik der drei Westmächte war die sowjetische Besatzungspolitik nicht auf eine Wiederherstellung der durch das nationalsozialistische Regime gestörten Friedensordnung, sondern auf einen revolutionären Umsturz der Verhältnisse in der SBZ gerichtet.

Durch die Verweigerung der in Potsdam postulierten Wirtschaftseinheit Deutschlands, durch die Entnahmen aus der laufenden Produktion und durch die überhöhten Reparationsforderungen von der SBZ verletzte die Sowjetunion wichtige wirtschaftliche Bestimmungen der Potsdamer Übereinkunft. Ohne das Ergebnis der Potsdamer Konferenz abzuwarten, hatte die Sowjetunion die erste Spaltung Deutschlands bereits vollzogen. Schon unmittelbar nach dem Treffen der „Großen Drei" in Jalta (4. bis 11. Februar 1945) übertrag sie die Gebietshoheit über die deutschen Ostgebiete mit Ausnahme des in sowjetischer Hand verbleibenden nördlichen Ostpreußens (einschließlich des Memellandes) auf die Polnische Provisorische Regierung. Stalin hat entgegen allen Entschlüssen und Abmachungen in Ostdeutsch-land allein entschieden und einen Status für deutsche Gebiete geschaffen, der nicht vorgesehen gewesen ist. Als die Delegationen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens im Juli 1945 in Potsdam eintrafen, fanden sie hinsichtlich der Gebiete ostwärts von Oder und Neiße bereits vollendete Tatsachen vor

VII. Die Deutschland-Rechte und -Vorbehalte der drei Westmächte und der Sowjetunion

In der Berliner Vier-Mächte-„Erklärung in Anbetracht der Niederlage Deutschlands und der Übernahme der obersten Regierungsgewalt hinsichtlich Deutschlands" vom 5. Juni 1945 haben Frankreich, Großbritannien, die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion „die oberste Regierungsgewalt in Deutschland" übernommen. Dadurch ist eine gemeinsame Verantwortung dieser vier Mächte für Gesamtdeutschland entstanden, die auch durch spätere Rechtshandlungen dieser Mächte nicht aufgehoben worden ist. Dies folgt aus den vertraglichen Abmachungen, welche die drei westlichen Alliierten mit der Bundesrepublik und die Sowjetunion mit der DDR getroffen haben. Die darin statuierten Vorbehaltsrechte beruhen auf dem Vier-Mächte-Verhältnis, das 1945 zwischen den Westmächten und der Sowjetunion bei der Besetzung des Deutschen Reiches begründet wurde. Entgegen einer zuweilen geäußerten Ansicht gehen die Rechte der vier Mächte in bezug auf Deutschland als Ganzes daher nach wie vor auf originäre Besatzungsgewalt zurück

Die Sowjetunion war seit der Konstituierung der DDR am 7. Oktober 1949 darauf bedacht, in allen Abkommen mit Ost-Berlin über die „Liquidierung des sowjetischen Besatzungsregimes" ihre Gesamtdeutschland betreffenden Vorbehaltsrechte beizubehalten. Sie möchte sich nicht restlos des Rechts auf Mitsprache in deutschen Angelegenheiten begeben. Eine große Rolle spielt dabei für die Sowjetunion auch die sich aus dem Rechtsstatus Berlins ergebenden Fragen. In wichtigen bilateralen Abmachungen mit der DDR und in anderen Erklärungen bediente sie sich der Formel „Deutschland als Ganzes".

So heißt es beispielsweise in der „Erklärung der Sowjetregierung über die Herstellung der vollen Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik" vom 25. März 1954, daß die UdSSR in der DDR die Funktionen behält, „die .. . sich aus den Verpflichtungen ergeben, die der UdSSR aus dem Vier-Mächte-Abkommen erwachsen" Aufschlußreich ist auch der Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR über die Beendigung des Kriegszustandes zwischen der Sowjetunion und Deutschland vom 25. Januar 1955: „Die Verkündung der Beendigung des Kriegs-zustandes mit Deutschland ... berührt nicht die Rechte und Pflichten der Sowjetunion, die sich aus den bestehenden, Deutschland als Ganzes betreffenden internationalen Abkommen der vier Mächte ergeben.“

In dem am 20. September 1955 geschlossenen „Vertrag über die Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Union der Sowjetrepubliken" wird in der Präambel von der „Berücksichtigung der Verpflichtungen" gesprochen, die die Deutsche Demokratische Republik und die Sowjetunion gemäß den internationalen Abkommen, die Deutschland als Ganzes betreffen, haben In mitteldeutschen Publikationen wird immer wieder behauptet, daß der DDR mit diesem Abkommen endgültig die Souveränität verliehen worden sei, obwohl sie durch die in der Präambel von der Sowjetunion vorbehaltenen Rechte eingeschränkt wird. Bezeichnend ist, daß die meisten Autoren der DDR, die sich mit dieser Frage befaßt haben, die Präambel des Vertrags vom 20. September 1955 nicht zu dessen Auslegung heranziehen.

Gleichzeitig beschloß die Regierung der Sowjetunion am 20. September 1955, die „Hohe Kommission der UdSSR in Deutschland" aufzulösen. In dem Beschluß heißt es: „Dem Botschafter der UdSSR in der Deutschen Demokratischen Republik sind die Funktionen der Aufrechterhaltung der entsprechenden Verbindungen zu den Vertretern der USA, Großbritanniens und Frankreichs in der Deutschen Bundesrepublik, die sich aus den Beschlüssen der vier Mächte über Gesamtdeutschland ergeben, übertragen worden . . . Die Außerkraftsetzung der erwähnten Verordnungen des Kontrollrates auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik berührt nicht die Rechte und Verpflichtungen der Sowjetunion gegenüber Gesamtdeutschland, die sich aus den entsprechenden Beschlüssen der vier Mächte ergeben."

In allen erwähnten bilateralen Abmachungen zwischen der Sowjetunion und der DDR mußte Ost-Berlin erklären, daß es die Verpflichtungen einhalten werde, die aus den gemeinsamen Beschlüssen der Alliierten resultieren

Noch unpräziser sind die Rechte umschrieben, die sich die Sowjetunion im Vertrag vom 12. Juni 1964 mit der DDR vorbehalten hat. Darin bleibt die einschränkende Formel „Deutschland als Ganzes" unerwähnt. Art. 9 lautet: „Dieser Vertrag berührt nicht Rechte und Pflichten der beiden Seiten aus geltenden zweiseitigen und anderen internationalen Abkommen einschließlich des Potsdamer Abkommens." Auffällig ist die starke Herausstellung der Potsdamer Übereinkunft. Zwar baut dieser Pakt auf der von den Sowjets seit 1955 vertretenen Zwei-Staaten-Theorie auf, doch scheint die Sowjetunion diese These sozusagen im Rahmen der Vier-Mächte-Abkommen aus den Jahren 1944/45 zu sehen, nämlich soweit* diese ihr erlauben, noch zu Gesamtdeutschland etwas zu sagen

Auch wenn in Art. 9 des Beistandspakts vom 12. Juni 1964 die „internationalen Abkommen"

nicht ausdrücklich aufgezählt werden, steht fest, daß damit vornehmlich die auf den Drei-Mächte-Abmachungen vom 12. September und 14. November 1944 basierenden Berliner Erklärungen der vier Mächte vom 5. Juni 1945 gemeint sind.

Daß die UdSSR an ihren Rechten, die „Deutschland als Ganzes" betreffen, auch weiterhin festhält, geht aus einigen aufschlußreichen Erklärungen der jüngsten Zeit hervor. So stellte die in Moskau erscheinende Zeitschrift „Internationales Leben" dazu am 8. Januar 1970 fest: „Man darf nicht vergessen, daß die Frage der friedlichen Regelung der Deutschland-und Berlin-Frage ausschließlich in der Kompetenz der vier Unterzeichner des Potsdamer Abkommens liegt." Und die „Prawda" führte am 18. Januar aus: „Es ist gut bekannt, daß das deutsche Problem, das mit der Nachkriegsentwicklung verbunden ist, für die die Siegermächte über das Hitler-Reich die Hauptverantwortung tragen, eine besondere Frage ist." Beide Stellungnahmen sind deshalb so interessant, weil sie der von der Sowjetunion in den Jahren zuvor eingenommenen Haltung widersprechen.

Die Sowjetunion hat die Vier-Mächte-Verantwortung für die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands bis 1955 anerkannt und in zahlreichen Stellungnahmen zum Ausdruck gebracht. Einen entscheidenden Kurswechsel vollzog sie erst im Jahre 1955, als sie sich — unter Berufung auf die These von den zwei deutschen Staaten — entschloß, nicht mehr auf staatsrechtlicher, sondern auf völkerrechtlicher Ebene zu argumentieren. Seit der Genfer Gipfelkonferenz vom Juli 1955 bestreitet die Sowjetführung die zuvor von ihr bejahte Mitverantwortung für die Wiedervereinigung Deutschlands. Seitdem behauptet sie, diese Frage sei eine Angelegenheit der Deut-sehen selbst, mit der sich die vier Mächte nicht mehr zu befassen hätten. Fortan war die Sowjetregierung nur noch bereit, das Deutschland-Problem im Rahmen einer Konferenz über den Abschluß eines Friedensvertrags abschließend zu erörtern, dabei indessen die Modalitäten einer möglichen Annäherung beider Teile Deutschlands nicht mehr zu diskutieren

Aus den jüngsten offiziellen sowjetischen Äußerungen geht hervor, daß sich die Sowjetführung offensichtlich gegenwärtig nicht darauf beschränken will, sich nur noch für den Abschluß eines Friedensvertrags mit Deutschland mitverantwortlich zu fühlen. Eine wichtige Rolle dürften bei diesen Überlegungen die derzeitigen Vier-Mächte-Verhandlungen über den Status Berlins ebenso spielen wie der geplante Abschluß eines zweiseitigen Vertrags über den Gewaltverzicht mit der Bundesrepublik. Es kann nicht überraschen, daß die gewandelte Einstellung der Sowjetunion zur Vier-Mächte-Verantwortung für Deutschland in Ost-Berlin bisher auf keine Gegenliebe gestoßen ist. Auf der internationalen Pressekonferenz am 19. Januar 1970 wurde SED-Chef Ulbricht gefragt: „Im Gegensatz zur Regierung der Bundesrepublick, die in ihrer Politik eine Viermächtekontrolle in allen Fragen, die Deutschland als Ganzes betreffen, berücksichtigt bzw. zu berücksichtigen behauptet, spricht die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik niemals von einer solchen Viermächteverantwortung. Wie stehen Sie dazu?" Ulbricht antwortete: „Wann ist der Alliierte Kontrollrat gestorben? Das war noch in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre: Seither gibt es — über uns jedenfalls — keine Viermächteverantwortung . . . Was die Hauptstadt der DDR, Berlin, betrifft, so steht sie natürlich ebenfalls nicht unter irgendeiner Viermächtekontrolle. Im übrigen hat sich bei uns auch noch kein Vertreter einer Viermächtekontrolle gemeldet. Wir können wirklich sagen: Wir haben gar nichts mit der ganzen Sache zu tun. Wir sind ein souveräner Staat, und die Hauptstadt unseres souveränen Staates, der Deutschen Demokratischen Republik, ist Berlin. So steht es in der Verfassung. Das gilt, und weiter nichts."

Bei dem Erfurter Treffen mit Bundeskanzler Willy Brandt am 19. März 1970 bezeichnete DDR-Ministerpräsident Willi Stoph „die in der Bundesrepublik verbreitete These von einer Vier-Mächte-Verantwortunng .. . für die DDR und ihre Hauptstadt Berlin" als „unhaltbar". Die DDR unterstehe weder einer Vier-noch einer Drei-Mächte-Zuständigkeit Und Gerhard Kegel, der unter dem Pseudonym G. R. Hardtke die deutschlandpolitischen Vorstellungen der DDR in der Ost-„Berliner Zeitung" zu kommentieren pflegt, behauptet, daß es — „was die Deutsche Demokratische Republik und ihre Hauptstadt Berlin betrifft — niemals eine Viermächteverantwortung gegeben" habe. Aufschlußreich ist jedoch seine ergänzende Bemerkung: „Gewisse kleinere Restbestände aus Regelungen der Besatzungsmächte in den ersten Nachkriegsjahren, die an sich ihre Rechtsgrundlage ebenfalls verloren haben und heute einen anachronistischen Charakter tragen, können an diesen grundlegenden Feststellungen nichts ändern." Während sich Ulbricht auf der internationalen Pressekonferenz auf die Feststellung beschränkte, „eine andere Frage" sei es „mit West-Berlin", meint Kegel, nur für West-Berlin bestehe eine Vier-Mächte-Verantwortung. Diese These steht in diametralem Widerspruch zu dem nach wie vor geltenden Vier-Mächte-Status für ganz Berlin, an dem die drei Westmächte auch in ihren derzeitigen Gesprächen mit der Sowjetunion festhalten. Damit haben sie das Recht auf ihrer Seite.

Der Vertrag zwischen der Sowjetunion und der DDR vom 20. September 1955 bildet das östliche Gegenstück zu dem am 5. Mai 1955 in Kraft getretenen Deutschland-Vertrag. Darin verzichteten die drei Westmächte auf ihre Besatzungsgewalt in ihren früheren Besatzungszonen Deutschlands. Im Gegensatz zur sowjetischen Seite haben sie ihre Vorbehalts-rechte präzisiert. In der Erklärung der Sowjetregierung vom 25. März 1954 ist von „Viermächteabkommen", im Vertrag vom 20. September 1955 von „internationalen Abkommen" die Rede. Die der UdSSR aus den Abkommen auferlegten „Verpflichtungen" werden nicht definiert. Hingegen heißt es in Art. 2 Satz 1 des „Vertrags über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den drei Mächten (Deutschland-Vertrag)": „Im Hinblick auf die internationale Lage, die bisher die Wiedervereinigung Deutschlands und den Abschluß eines Friedensvertrages verhindert hat, behalten die drei Mächte die bisher von ihnen ausgeübten oder innegehabten Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und auf Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung Deutschlands und einer friedensvertraglichen Regelung."

Diese Rechte und der in Art. 7 Abs. I des Deutschland-Vertrags getroffene Vorbehalt über die endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands in einem frei vereinbarten Friedensvertrag sind Ausfluß der originären Besatzungsgewalt der Siegermächte. Auf eine andere Rechtsgrundlage könnten sich die drei Westmächte gegenüber der Sowjetunion auch nicht berufen, da sie an dem Deutschland-Vertrag nicht beteiligt ist.

Jochen Frowein schreibt dazu: „Die Festlegung einer gemeinsamen Politik der Wiedervereinigung irt Art. 7 sowie die Konsultation der BRD, zu der sich die drei Mächte bei Ausübung ihrer Vorbehaltsrechte in bezug auf Deutschland als Ganzes verpflichtet haben, schränken die Möglichkeiten der Ausübung der fortbestehenden Vier-Mächte-Verantwortung für Deutschland für die drei Westmächte vertraglich ein. In einem Briefwechsel ist noch ausdrücklich niedergelegt, daß die drei Mächte den Vorbehalt nicht so auslegen, als erlaube er ihnen, von ihren der BRD gegenüber eingegangenen Verpflichtungen abzuweichen. Auch bei einem Wegfall aller Voraussetzungen für die in Art. 9 niedergelegte politische Zielsetzung besteht die vorbehaltene Verantwortung für Deutschland als Ganzes rechtlich fort und gibt den drei Mächten die Möglichkeit, zusammen mit der UdSSR ihrer Vier-Mächte-Verantwortung für Deutschland zu genügen."

Aufgrund dieses Sachverhalts legt die Bundesregierung so großen Wert darauf, daß in den geplanten Vertrag zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland über einen zweiseitigen Gewaltverzicht eine Bestimmung ausgenommen wird, in der vom Fortbestand dieser Rechte ausgegangen wird. Soweit bekannt geworden ist, hat sich die Sowjetunion bereit erklärt, folgenden Passus in den Vertrag aufzunehmen: „Das Abkommen Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken berührt nicht die früher geschlossenen zweiseitigen und mehrseitigen Verträge und Abkommen beider Seiten." Bundeskanzler Brandt hat bei seinem Treffen mit dem Vorsitzenden des Ministerrats der DDR, Stoph, am 21. Mai 1970 in Kassel die Vier-Mächte-Verantwortung zum Bestandteil seiner Darlegungen gemacht. In dem von Brandt unterbreiteten 20-Punkte-Katalog lautet Punkt lli „Die jeweiligen Verpflichtungen gegenüber der Französischen Republik, dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, den Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, die auf den besonderen Rechten und Vereinbarungen dieser Mächte über Berlin und Deutschland als Ganzes beruhen, bleiben unberührt."

VIII. Das Potsdamer Abkommen und die europäische Sicherheit

Im Rahmen ihrer anläßlich der 25jährigen Wiederkehr des Abschlusses des Potsdamer Abkommens verschärften „Potsdam" -Kampagne hat die DDR-Führung unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie „Potsdam" nicht nur als Synonym, sondern auch als Ersatz eines Friedensvertrags mit Deutschland zur Regelung der durch den Zweiten Weltkrieg geschaffenen Verhältnisse in Europa und als Grundelement einer europäischen Friedensregelung wertet. So erklärte SED-Chef Ulbricht in seinem Referat auf der 12. Tagung des Zentralkomitees der SED am 12. und 13. Dezember 1969: „Zu den Lehren der Geschichte, die begriffen werden müssen, gehören auch die grundlegenden Bestimmungen des Potsdamer Vertrages. Nach Abschluß der Potsdamer Verträge ist bereits fast ein Vierteljahrhundert vergangen. In diesem Zeitraum ist ein Friedensvertrag nicht zustande gekommen. — Angesichts dieser Tatsache sind die in Potsdam von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges gefaßten grundlegenden Beschlüsse endgültige, völkerrechtlich verbindliche und grundlegende Elemente der europäischen Friedensregelung und auch der angestrebten Gewährleistung der europäischen Sicherheit. Das betrifft insbesondere solche Entscheidungen von Potsdam wie die Festlegung europäischer Nachkriegsgrenzen, die Beschlüsse über Entnazifizierung, Entmilitarisierung und Einschränkung der Macht der imperialistischen deutschen Monopole. —; Die Verweigerung der Anerkennung der grundlegenden und völkerrechtlich verbindlichen Beschlüsse von Potsdam unter Berufung auf einen irgendwann in der Zukunft noch abzuschließenden Friedensvertrag mit einem schon seit 25 Jahren nicht mehr existierenden Deutschen Reich ist völkerrechtlich unzulässig und muß als Ausdruck einer völkerrechtswidrigen und friedensgefährdenden Politik angesehen werden."

Auf seiner internationalen Pressekonferenz in Ost-Berlin am 19. Januar 1970 wiederholte Ulbricht diese Vorstellungen mit einem Hinweis auf den Deutschland-Vertrag und sagte, daß in den Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR die Potsdamer Übereinkunft eine wichtige Rolle spielen werde: „Nachdem . .. durch die Pariser Verträge und die Einbeziehung Westdeutschlands in die NATO der Abschluß eines Friedensvertrages mit den beiden deutschen Staaten vereitelt worden war, sind die genannten grundlegenden Bestimmungen von Potsdam endgültiges Völkerrecht.. . Die Gewährleistung von Frieden und Sicherheit in Europa und die Normalisierung der Beziehungen aller europäischen Staaten mit allen europäischen Staaten ungeachtet ihrer Gesellschaftsordmmgen muß also auf den in Potsdam völkerrechtlich verbindlich festgelegten Entscheidungen beruhen. Insbesondere aber müssen die Verhältnisse in den beiden deutschen Staaten den grundsätzlichen Geboten des Potsdamer Abkommens entsprechen. Hier gibt es in der westlichen Bundesrepublik noch einen beträchtlichen Nachholbedarf. Uber ihn wird in den vorgeschlagenen Verhandlungen über den Abschluß eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen der DDR und der BRD zweifellos sehr ernsthaft gesprochen werden müssen."

Auch in seinem Beitrag „Ein Vierteljahrhundert nach der Befreiung", den Ulbricht für die in Moskau erscheinende Zeitschrift „Kommunist" verfaßt hat, betont er, daß die Beschlüsse von Potsdam weder einer Bestätigung durch eine Friedenskonferenz noch durch einen nicht mehr möglichen Friedensvertrag mit einem seit 25 Jahren nicht mehr existenten Deutschen Reich bedürften In anderen DDR-Publikationen der jüngsten Zeit wird ebenfalls immer wieder behauptet, das Potsdamer Abkommen sei das völkerrechtliche Fundament für Re-gelungen, die den Frieden in Mitteleuropa festigen könnten. So schrieb Günter Kertzscher, daß die grundlegenden Bestimmungen der Potsdamer Übereinkunft die Friedensregelung nach dem Zweiten Weltkrieg enthielten, „die zu einem System der europäischen Sicherheit weiter auszubauen ist"

Er apostrophierte das Potsdamer Abkommen als „Grundstein einer europäischen Friedensordnung". Eine weitere „Potsdam" -Variante hat kürzlich Gerhard Kegel entwickelt. Die Behauptung, nur die DDR, nicht aber die Bundesrepublik habe die Potsdamer Beschlüsse verwirklicht, dient ihm dazu, den Abschluß von inhaltlich unterschiedlichen Friedensverträgen mit der DDR und der Bundesrepublik zu fordern.

In seinem kürzlich erschienenen Buch „Ein Vierteljahrhundert danach — Das Potsdamer Abkommen unnd was aus ihm geworden ist"

stellt er fest, daß die DDR durch ihre konsequente Friedenspolitik zum „rechtmäßigen deutschen Staat, zum deutschen Friedensstaat"

geworden sei: „Während in der westdeutschen Bundesrepublik die Herrschaft der an zwei Weltkriegen schuldigen deutschen Imperialisten und Militaristen restauriert worden ist, der Neonazismus vorankommt, die Bewältigung der imperialistischen und nazistischen Vergangenheit und die Durchführung der grundlegenden Bestimmungen des Potsdamer Abkommens noch aussteht und die hartnäckig betriebene Revanchepolitik Frieden und Sicherheit in Europa permanent gefährdet." Kegel folgert daraus: „Schon deshalb müßte sich ein etwaiger Friedensvertrag der ehemaligen Antihitlerkoalition mit der Deutschen Demokratischen Republik in den entscheidenden Fragen wesentlich von einem Friedensvertrag derselben ehemaligen Antihitlermächte mit der westdeutschen Bundesrepublik unterscheiden. Denn während z. B. in einem Friedensvertrag mit der Deutschen Demokratischen Republik dieser die loyale und gewissenhafte Erfüllung der grundlegenden Aufgaben von Potsdam bestätigt werden müßte, wäre in einem entsprechenden Vertrag mit der westdeutschen Bundesrepublik die Erfüllung der grundlegenden Bestimmungen des Potsdamer Abkommens als friedensvertragliche Hauptverpflichtung nochmals nachdrücklich festzulegen."

An anderer Stelle schreibt Kegel, jedes System der europäischen Sicherheit, „das unserem geplagten Kontinent wirklich Ruhe, Frieden und Sicherheit gewährleisten soll, wird, auf dem Status quo und grundlegenden Bestimmungen des Potsdamer Abkommens aufbauend, die Unantastbarkeit der Grenzen und der in Potsdam festgelegten Grundsätze einer Nachkriegsordnung als entscheidende Bestandteile enthalten müssen . . . Das Potsdamer Abkommen enthält in der Tat unentbehrliche Elemente einer stabilen europäischen Friedensordnung, über die eine Einigung zwischen der Mehrzahl aller Staaten Europas — auch zwischen den Staaten des Warschauer Vertrages und der Mehrzahl der NATO-Staaten — möglich sein sollte."

Auch von völkerrechtlicher Seite der DDR sind inzwischen neue Versuche unternommen worden, unterschiedliche Rechtspositionen der Bundesrepublik und der DDR zum Potsdamer Abkommen zu konstruieren. So schlägt Harald Rose in einer Besprechung der teilweise fundierten und anregenden Studie von Joachim Schulz „Völkerrecht und Abrüstung" dem Verfasser vor, in einer Neuauflage darauf hinzuweisen, „daß aus speziellen gleichartigen Verpflichtungen nicht eine gleiche Stellung der beiden deutschen Staaten zum Potsdamer Abkommen folgt, denn die DDR hat insofern eine andere Rechtsposition, als sie das Potsdamer Abkommen in allen wesentlichen Punkten erfüllt hat" Die Sowjetunion ist gleichfalls bestrebt, die Fragen der europäischen Sicherheit mit dem Potsdamer Abkommen zu verknüpfen. In einem im Juli-Heft 1970 der Moskauer Zeitschrift „Internationales Leben" erschienenen Artikel zur 25jährigen Wiederkehr des Abschlusses des Potsdamer Abkommens, den das Zentralorgan der SED, „Neues Deutschland", in seiner Ausgabe vom 10. Juli 1970 unter dem Titel „Potsdam — Ergebnis des Krieges, das Programm der Nachkriegsordnung" nachgedruckt hat, wird die Haltung der Sowjetunion besonders klar umrissen: „Die Rechte und die Verantwortung der vier Mächte, die sich aus den in Potsdam getroffenen Vereinbarungen ergeben, hatten vor allem zum Inhalt, den Frieden und die Sicherheit in Europa zu gewährleisten; niemand hat die vier Großmächte von der Erfüllung dieser Verpflichtung entbunden, und niemand kann sie davon entbinden."

Die von seifen der DDR aufgestellten Behauptungen, das Potsdamer Abkommen ersetze einen Friedensvertrag mit Deutschland, fixiere rechtsgültig die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges — in territorialer Hinsicht vor allem die Vierteilung Deutschlands — und bilde den Grundstein einer europäischen Friedensordnung, sind völlig unhaltbar. Die an des Potsdamer Konferenz beteiligten Mächte sind — wie oben bereits dargelegt — vom Fortbestand des deutschen Gesamtstaats ausgegangen. Gerade die Sowjetunion und die DDR haben immer wieder betont, daß die Alliierten nicht die Absicht hatten, Deutschland zu teilen, sondern die politische und wirtschaftliche Einheit des Landes zu wahren. Daher läßt sich keine — wie auch immer geartete — Teilung Deutschlands mit dem Potsdamer Abkommen begründen.

Daß sich die DDR-Führung in ihrer Argumentation gar nicht so stark fühlt, hat sich Anfang 1967 gezeigt. In seiner Neujahrsbotschaft unterbreitete SED-Chef Ulbricht am 31. Dezember 1966 ein „Zehn-Punkte-Programm". Punkt 10 lautete: „Die Regierungen der beiden deutschen Staaten beauftragen eine auf paritätischer Basis aus bevollmächtigten Vertretern gebildete Kommission, zu prüfen, wie weit die grundlegenden Bestimmungen des Potsdamer Abkommens, welche die Sicherung des Friedens und der Demokratie in Deutschland garantieren sollten, in den beiden deutschen Staaten durchgeführt worden sind. Diese Kommission erstattet öffentlich Bericht über das Prüfungsergebnis unnd macht Vorschläge für eventuell notwendige Maßnahmen."

Der damalige Minister für gesamtdeutsche Fragen, Herbert Wehner, nahm Ulbricht beim Wort. In einem Kommentar des Senders RIAS bezeichnete er den letzten Vorschlag des Ulbrichtschen Zehn-Punkte-Programms als „nachdenkenswert". Wehner führt aus: „Ungeachtet der enttäuschenden Sturheit, mit der Walter Ulbricht in seinen übrigen Punkten an den nachweisbaren Handlungen und Erklärungen der Bundesregierung vorübergegangen ist. Ich sage: , Nachdenkenswert’, weil es lohnen könnte; zu überlegen: Wenn gewisse Aspekte des Potsdamer Abkommens, auf die Herr Ulbricht so Bezug nimmt, interessant erscheinen, um zu untersuchen, über das Prüfungsergebnis Bericht zu erstatten und vielleicht sogar Vorschläge für eventuell notwendige Maßnahmen zu machen, warum dann nicht auch einige weitere Aspekte des Potsdamer Abkommens zum Gegenstand von aktuellen Überlegungen und gegebenenfalls Vorschläge für eventuell notwendige Maßnahmen machen? Könnte das nicht einen Versuch lohnen? — Darüber wäre es wert, weiter zu sprechen. Allerdings erschiene dies eigentlich nur nützlich, wenn der Eindruck aus der Welt geschaffen werden könnte, als käme es Herrn Ulbricht im Grunde genommen darauf an, seine rhetorischen Attacken gegen die Bundesregierung unter Verschweigen der tatsächlichen Handlungen und Absichten, eben der Bundesregierung selbst wirkungsvoll vorzubringen."

Die SED-Führung reagierte nervös und gereizt. Die Nachrichtenagentur ADN nannte das einen Versuch, „der starken Ausstrahlungskraft des Zehn-Punkte-Vorschlags in der Neujahrsbotschaft Walter Ulbrichts entgegenzuwirken". Wehner habe es nicht gewagt, „direkt den Vorschlag Waltet Ulbrichts abzulehnen". Indirekt habe er zugegeben, daß Bonn „eine sachliche Untersuchung durch eine solche Kommission zu fürchten" habe.

Schlußbemerkung

Was die Konferenz und das Abkommen von Potsdam für Deutschland und auch für Europa bedeuten, ist noch nicht zu übersehen. Ernst Deuerlein gelangt in seiner jüngsten „Potsdam" -Studie zu folgendem Ergebnis: „Deutschland wurde der größten Verwandlung seiner an dramatischen Ereignissen nicht armen Geschichte unterworfen. Potsdam veränderte die jahrhundertealten Gegebenheiten des deutschen Volkes in Mitteleuropa entscheidend. Potsdam setzte für das deutsche Volk, das sich im Zustand völliger Rat-und Hilflosigkeit befand, den Anfang einer neuen Entwicklung. So beispiellos die Situation war, in die Verblendung und Verbrechen das deutsche Volk gebracht hatten, so beispiellos war auch die Behandlung, die gegen das deutsche Volk angewandt wurde. In Potsdam wurde sichtbar, in welche Katastrophe der , Höllensturz des Diktators'das deutsche Volk gerissen hatte. Sein Schatten stand über den Entscheidungen, die in Potsdam getroffen wurden. Seine Untat saß am Tisch, an dem beschlossen Völker wurde, aus jahrhundertealten Siedlungen zu vertreiben und Grenzen zu verschieben. Eine Teufels-kette umschließt den , Tag von Potsdam'(21. März 1933), an dem die Machtergreifung Hitlers an der Stätte altpreußischer Tradition demonstriert und wohl auch für einen Teil der Öffentlichkeit legalisiert wurde, und die . Konferenz von Potsdam'(17. Juli bis 2. August 1945)."

Für die historische Bewertung der Potsdamer Konferenz ist entscheidend, daß die gegensätzliche Interpretation des von den Beteiligten unterzeichneten Abkommens voraussehbar war und auch vorausgesagt wurde. Der amerikanische Diplomat George F. Kennan analysierte im Sommer 1945, im Zeitpunkt der Konferenz von Potsdam, nüchtern die Situation Deutschlands, wobei er offen aussprach, was Regierungschefs, Außenminister und Diplomaten stillschweigend übergingen oder behutsam umschrieben: „Die Idee, Deutschland gemeinsam mit den Russen regieren zu wollen, ist ein Wahn. Ein ebensolcher Wahn ist es, zu glauben, die Russen und wir könnten uns eines schönes Tages höflich zurückziehen, und aus dem Vakuum werde ein gesundes und friedliches, stabiles und freundliches Deutschland steigen. Wir haben keine andere Wahl, als unseren Teil von Deutschland — den Teil, für den wir und die Briten die Verantwortung übernommen haben — zu einer Form von Unabhängigkeit zu führen, die so befriedigend, so gesichert, so überlegen ist, daß der Osten sie nicht gefährden kann."

Uber seine Reaktion auf die Verhandlungen vor den Toren Berlins notierte Kennan: „Es versteht sich — bei solchen Überzeugungen —, daß ich die Arbeit der Konferenz von Potsdam mit Skepsis und Entsetzen verfolgte. Ich kann mich an kein politisches Dokument erinnern, das mich so deprimiert hätte wie das von Truman unterzeichnete Kommunique am Ende dieser wirren und verwirrenden Verhandlungen. Nicht nur weil ich wußte, daß die Idee einer gemeinsamen Viermächtekontrolle, die man jetzt zur Grundlage für die Regierung Deutschlands gemacht hatte, abwegig und undurchführbar sei. Auch die unpräzise Ausdrucksweise, die Verwendung so dehnbarer Begriffe wie .demokratisch", „friedlich’, . gerecht" in einem Abkommen mit den Russen lief allem direkt zuwider, was siebzehn Jahre Rußlanderfahrung mich über die Technik des Verhandelns mit der sowjetischen Regierung gelehrt hatten. Die Behauptung zum Beispiel, wir würden zusammen mit den Russen das deutsche Erziehungssystem . nach demokratischen Richtlinien" umformen, ließ Rückschlüsse zu, die nach allem, was wir von der Geisteshaltung der sowjetischen Führer und den damaligen russischen Erziehungsgrundsätzen wußten, völlig ungerechtfertigt waren.

Noch erschreckender las sich die von uns verkündete Absicht, in Zusammenarbeit mit den Russen das deutsche Rechtswesen so umzugestalten, daß es , den Prinzipien der Demokratie, der Urteilsfindung nach Recht und Gesetz und der gleichen Behandlung aller Bürger ohne Ansehen von Rasse, Nationalität oder Religion" entspräche. Für die weitere Behauptung, man werde die politische Tätigkeit .demokratischer Parteien und die dazugehörige Versammlungsfreiheit und öffentliche Diskussion" nicht nur gestatten, sondern , ermutigen", würden mildernde Umstände schwer zu finden sein. Jeder Mensch in Moskau hätte unsern Unterhändlern sagen können, was die sowjetische Führung unter .demokratischen Parteien" verstand. Die Irreführung der Öffentlichkeit in Deutschland und im Westen durch die Verwendung eines solchen Ausdrucks in einem Dokument, das außer von Stalin auch von den Herren Truman und Attlee unterzeichnet war, ließ sich selbst mit allgrößter Naivität nicht entschuldigen.

Was die Reparationen betraf, so schienen mir die Potsdamer Beschlüsse zu diesem Thema nicht als eine weitere Extrapolation der in Teheran eingeleiteten Politik des Wunschdenkens, die nicht anders als mit einem völligen Fehlschlag enden konnte ...

Von den deprimierenden Ergebnissen der Potsdamer Konferenz berührte mich besonders die Bekräftigung der früheren Beschlüsse über die Trennung Ostpreußens von Deutschland, die Teilung dieser Provinz zwischen Rußland und Polen und die ausdrückliche Zuerkennung des Verwaltungszentrums und Hafens Königsberg an die Sowjetunion. Man kann den allgemeinen Inhalt der Vereinbarungen Mr. Truman gerechterweise nicht zum Vorwurf machen. Roosevelt und Winston Churchill hatten sie im Prinzip schon vorher gutgeheißen. Aber die frivole Lässigkeit, mit der man die Entscheidungen traf, die offenkundige Gleichgültigkeit der Amerikaner, damals wie heute, gegen ihre ökonomischen und sonstigen Auswirkungen, desgleichen die Irreführung der amerikanischen Öffentlichkeit sind mir allesamt schwer entschuldbar erschienen."

Kennans kritische Ausführungen verdeutlichen eindringlich, wie sehr der Gegensatz zwischen Ost und West in den Details des Potsdamer Abkommens steckt. Die Diskussion über die Potsdamer Beschlüsse wird auch nach dem 2. August 1970 fortgeführt werden, weil sie nicht nur in der Deutschland-Politik der drei Westmächte, sondern auch und gerade in der der Sowjetunion einen so wichtigen Platz einnehmen. Doch ist es an der Zeit, daß die drei westlichen Alliierten (und die Bundesregierung) ein eigenes „Potsdam" -Konzept entwickeln und versuchen, die sowjetische Seite zu einer Diskussion über die Interpretation des Abkommens vom 2. August 1945 zu zwingen. Bisher operierte nur die Sowjetunion (und die DDR) mit einer „Potsdam" -Konzeption. Dazu müßte die westliche Seite unmißverständlich klarstellen, daß das Potsdamer Abkommen weder ein Friedensvertrag mit Deutschland noch ein Ersatz dafür ist.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Auszug aus der Rede in: Neues Deutschland vom 8. Mai 1970.

  2. Alle Texte dieser Vereinbarungen in: Die Gesamtverfassung Deutschlands. Nationale und internationale Texte zur Rechtslage Deutschlands, bearb. von D. Rauschning, mit einer einleitenden Darstellung der Rechtslage Deutschlands von H. Krüger, Frankfurt/M. -Berlin 1962. Darin sind auch die deutsche Übersetzung der Potsdamer „Mitteilung" und die englische Fassung des Potsdamer „Protokolls" wiedergegeben. Wenn im folgenden auf bestimmte Abschnitte des Potsdamer Abkommens hingewiesen wird, ist die „Mitteilung" gemeint. Das „Protokoll" folgt bis zum Abschnitt XIII der „Mitteilung" der gleichen Anordnung, nur fehlt in ihm Abschnitt I der „Mitteilung".

  3. Vgl. Nachweis in Anm. 3.

  4. Dazu ausführlicher unter Abschnitt III/l.

  5. Vgl. Nachweis in Anm. 3.

  6. H. S. Truman, Memoiren, Bd. I., Stuttgart 1955, S. 412— 420.

  7. Vgl. dazu H. Mosler, Potsdamer Abkommen, in: Staatslexikon, hrsg. von der Görres-Gesellschaft, Bd. VI, Freiburg 1961%, Sp. 431— 437 (432).

  8. Vgl. dazu F. A. v. d. Heydte, Potsdamer Abkommen von 1945, in: Strupp-Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. II, Berlin 1961, S. 786— 790 (787); H. Mosler, ebenda, Sp. 434 f.; H. R. Külz, Potsdam — kein Ausweg, in: Theo Sommer (Hrsg.), Denken an Deutschland — Zum Problem der Wiedervereinigung. Ansichten und Einsichten, Hamburg 1966, S. 44— 61 (44).

  9. Vgl. dazu A. Riklin, Das Berlinproblem. Historisch-politische und völkerrechtliche Darstellung des Viermächtestatus, Köln 1964, S. 258 f.

  10. Foreign Relations of the United States. Diplomatie Papers: The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945. In Two Volumes, Washington 1960 (Department of State Publication 7015 and 7163).

  11. Vgl. dazu E. Deuerlein, a. a. O. (Anm. 2), S. 338; ders., Die Deutsche Frage auf der Konferenz von Potsdam, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 34 und 35 vom 25. August und 1. September 1965.

  12. Deutsche Ausgabe: A. Fischer (Hrsg.), Teheran, Jalta, Potsdam. Die sowjetischen Protokolle von den Kriegskonferenzen der „Großen Drei", Köln 1968.

  13. Vgl. dazu E. Deuerlein, a. a. O. (Anm. 2), S. 339.

  14. E. Deuerlein, ebenda.

  15. Vgl. dazu E. Deuerlein, ebenda, S. 339— 356.

  16. Vgl. dazu im einzelnen F. Faust, Das Potsdamer Abkommen und seine völkerrechtliche Bedeutung, 4., neubearb. Ausl. Frankfurt/M. -Berlin 1969, S. 56— 59. E. Menzel hingegen qualifiziert die Übereinkunft als „Vertrag zwischen den Großen Drei". In: Das Annexionsverbot des modernen Völkerrechts und das Schicksal der deutschen Ost-gebiete, in: Das östliche Deutschland. Ein Handbuch, hrsg. vom Göttinger Arbeitskreis, Würzburg 1959, S. 3— 56 (11).

  17. A. v. Winterfeld, Das Potsdamer Abkommen, das Grundgesetz und die Wiedervereinigung Deutschlands im Lichte des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes im KPD-Prozeß vom 17. August 1956 und des Memorandums der Bundesregierung vom 2. September 1956, in: Europa-Archiv 1956, S. 9203— 9212 (9205).

  18. Vgl. E. Kaufmanns Plädoyer im KPD-Prozeß. Text in: KPD-Prozeß. Dokumentarwerk zu dem Verfahren über den Antrag der Bundesregierung auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Kommunistischen Partei Deutschlands vor dem Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts, 1. Bd., hrsg. von G. Pfeiffer und H. -G. Strickers, Karlsruhe 1956, S. 228 f.

  19. F. A. v. d. Heydte, a. a. O. (Anm. 9), S. 787 f.

  20. So A. v. Winterfeld, a. a. O. (Anm. 18), S. 9205; vgl. zur Gesamtproblematik auch H. Brandt, Herrschaftsordnung und Selbstverwaltung im viergeteilten Groß-Berlin, in: Gedächtnisschrift Hans Peters, Berlin, Heidelberg, New York 1967, S. 445— 479 (459 f.).

  21. A. v. Winterfeld, ebenda; F. Faust, a. a. O. (Anm. 17), S. 58.

  22. H. Mosler, a. a. O. (Anm. 8), Sp. 434 f.

  23. H. R. Külz, a. a. O. (Anm. 9), S. 45; F. Münch, Unverbindliche Abmachungen im zwischenstaatlichen Bereich, in: Melanges offerts ä Juraj Andrassy. Festschrift für Juraj Andrassy, Den Haag 1968, S. 214— 224 (223); D. P. O'Connell, International Law, Bd. I, London 1965, S. 222 f.; Oppenheim-Lauterpacht, International Law. A Treatise, Bd. I, New York 1963®, S. 873.

  24. Nachweise bei J. Hacker, Sowjetunion und DDR zum Potsdamer Abkommen, Köln 1968, S. 22.

  25. Deutscher Text der Noten in: Europa-Archiv 1954, S. 6743— 6746.

  26. Ausführlich zu den Vorbehalten Frankreichs vgl. F. Faust, a. a. O. (Anm. 17), S. 63— 69; W. Grewe, Deutsche Außenpolitik der Nachkriegszeit, Stuttgart 1969, S. 203 ff.; F. A. v. d. Heydte, a. a. O. (Anm. 9), S. 787; W. Abendroth, Frankreich und das Potsdamer Abkommen, in: Zeitschrift für Politik 1954, S. 71— 76.

  27. Das gilt auch für die Stellungnahmen der DDR.

  28. Vgl. dazu W. Grewe, a. a. O. (Anm. 27), S. 204 f.

  29. F. Faust, a. a. O. (Anm. 17), S. 66 f.; W. Abendroth, a. a. O. (Anm. 27), S. 76.

  30. Vgl. z. B. die Note der drei Westmächte an die Sowjetregierung vom 3. Oktober 1955 bezüglich der Abkommen und Vereinbarungen über das Deutschland-Problem. Text in: Europa-Archiv 1955, S. 8318. Darin machten die Westmächte Vorbehalte gegenüber dem am 20. September 1955 zwischen der Sowjetunion und der DDR abgeschlossenen Vertrag geltend; Gemeinsame Erklärung der Regierungen der drei Westmächte vom 26. Juni 1964 zum Freundschafts-und Beistandspakt zwischen der Sowjetunion und der DDR vom 12. Juni 1964, Text in: Europa-Archiv 1964, S. D 335.

  31. D. Rauschning, a. a. O. (Anm. 3), S. 95, Anm. 2; E. Menzel, Friedensvertrag mit Deutschland oder Europäisches Sicherheitssystem?, in: Jahrbuch für Internationales Recht 1967 (13. Bd.), S. 11— 81 (20, Anm. 18); A. Albano-Müller, Die Deutschland-Artikel in der Satzung der Vereinten Nationen, Stuttgart 1967, S. 113, Anm. 53; G. Lütkens, Anstatt Potsdam etwa Jalta?, in: Außenpolitik 1954, S. 243 bis 252.

  32. Deutscher Text der Erklärung in: Europa-Archiv 1954, S. 6748. Vgl. dazu E. Menzel, ebenda; F. Faust, a. a. O. (Anm. 17), S. 69, Anm. 120; D. Rauschning, ebenda. S. auch das Memorandum, das die französische Delegation am 14. September 1945 dem Rat der Außenminister in London vorgelegt hat. Text in: Europa-Archiv 1954, S. 6747.

  33. Deutscher Text bei W. Grewe, a. a. O. (Anm. 27), S. 203. Bidault zählte sodann die von der französischen Regierung am 7. August 1945 geltend gemachten Vorbehalte auf. Vgl. dazu auch F. Faust, a. a. O. (Anm. 17), S. 69.

  34. Vgl. dazu mit Nachweisen J. Hacker, a. a O. (Anm. 25), S. 25— 28. Siehe auch Kap VI unten

  35. Text in: Die Politik des Gewaltverzichts. Eine Dokumentation der deutschen und sowjetischen Erklärungen zum Gewaltverzicht 1949 bis Juli 1968, veröff. durch das Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, Bonn 1968, S. 32 f.; vgl, auch die Note der Bundesregierung an die Sowjetregierung vom 5. Januar 1959. Text in: Europa-Archiv 1959, S. D 17; Ausführungen E. Kaufmanns im KPD-Prozeß. Text in: KPD-Prozeß, a. a. O. (Anm. 19), S. 233 f.; G. F. Duckwitz, Gewaltverzicht und Interventionsrecht, in: Außenpolitik 1969, S. 519— 536 (528). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil über die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der KPD vom 17. August 1956 diese Frage offen gelassen. Vgl. BVfGE 5/S. 117.

  36. Vgl. z. B. G. Dahm, Völkerrecht, Bd. III, Stuttgart 1961, S. 118; H. Mosler, a. a. O. (Anm. 8), Sp. 436; F. A. v. d. Heydte, a. a. O. (Anm. 9), S. 788; F. Faust, a. a. O. (Anm. 17), S. 74— 77; K. Heinze, Völkerrechtsprobleme des Verteidigungsbeitrages der deutschen Bundesrepublik, in: Europa-Archiv 1952, S. 4711— 4723; E. Menzel, a. a. O. (Anm. 32), S. 20.

  37. Vgl. dazu G. Dahm, ebenda, S. 117— 120; F. Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. I, München und Berlin 1960, S. 432; H. Rumpf, Aktuelle Rechts-fragen der Wiedervereinigung Deutschlands, in: Europa-Archiv 1957, S. 9723— 9732 (9726); A. v. Winterfeld, a. a. O. (Anm. 18), S. 9206.

  38. A. Verdross, Völkerrecht, Wien 19655, S. 184 f.; A. Albano-Müller, a. a. O. (Anm. 32), S. 41, weist auf den Art. 58 hin, den die Völkerrechts-Kommission der Vereinten Nationen in den Entwurf zu einer Kodifikation des Völkervertragsrechts als Regel ausgenommen hat: „Ein Vertrag findet nur zwischen den Vertragsparteien Anwendung; einem dritten Staat können ohne seine Zustimmung keine Pflichten auferlegt werden." Vgl. auch die „Wiener Konvention“ vom 23. Mai 1969, in deren Art. 36 der Vertrag zu Lasten Dritter abgelehnt wird. Text in: Deutsche Außenpolitik 1969, S. 1125.

  39. Vgl. F. Faust, a. a. O. (Anm. 17), S. 76 ff.; K. Heinze, a. a. O. (Anm. 37), S. 4919 ff.; B. Meissner, Deutschland war nicht vertreten, in: Die Welt vom 17. Juli 1965.

  40. H. R. Külz, a. a. O. (Anm. 9), S. 46; vgl. dazu auch H. Ballreich, Verträge zugunsten und zu Lasten Dritter, in: Strupp-Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. III, Berlin 1962, S. 545.

  41. Vgl. dazu die instruktiven Nachweise bei Th. Schweisfurth, Der internationale Vertrag in der modernen sowjetischen Völkerrechtstheorie, Köln 1968, S. 226— 231 (228).

  42. G. I. Tunkin, Das Völkerrecht der Gegenwart. Theorie und Praxis, Berlin (Ost) 1963, S. 231; vgl. zur Gesamtproblematik auch D. B. Levin, Die Verantwortlichkeit der Staaten im gegenwärtigen Völkerrecht, hrsg. vom Institut für ausländisches Recht und Rechtsvergleichung, Potsdam-Babelsberg 1969; G. P. Shukow, Die deutsch-polnische Grenze an der Oder und Lausitzer Neiße — eine unverbrüchliche Friedensgrenze, in: Gegenwartsprobleme des Völkerrechts, Berlin (Ost) 1962, S. 237. Vgl. auch Th. Schweisfurth, ebenda, S. 228 ff. Weitere Stellungnahmen bei J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 35— 37.

  43. Vgl. z. B. die Note der Sowjetregierung an die Bundesregierung vom 5. Februar 1963 zum deutsch-französischen Vertrag vom 22. Januar 1963: „An der Entschlossenheit der Sowjetunion zur Durchsetzung ihrer Rechte, die aus dem Sieg über Deutschland hervorgehen, sollte es bei niemandem auch nur den geringsten Zweifel geben." Text in: Europa-Archiv 1963, S. D 228. Hingegen lehnt G. I. Tunkin das „Recht des Siegers" ab. Vgl. Die Berlin-Frage und das Völkerrecht, in: Sowjet-wissenschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge, Berlin (Ost) 1959, S. 357— 367 (359); E. A. Korowin, Berlinfrage und Völkerrecht, in: Neue Zeit (Moskau) 1959, Nr. 2, S. 17— 19 (17). Vgl. dazu auch A. Riklin, a. a. O. (Anm. 10), S. 229, Anm. 4.

  44. Vgl. die Nachweise bei J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 36 ff.

  45. Vgl. z. B. E. Oeser und B. Graefrath, Potsdamer Abkommen und deutscher Friedensvertrag, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Gesellschafts-und Sprachwissenschaftliche Reihe 1966, S. 91— 125 (98); J. Schulz, Völker-recht und Abrüstung, Berlin (Ost) 1967, S. 133, Anm. 12, 148.

  46. B. Graefrath, Zur Verbindlichkeit des Potsdamer Abkommens, in: Einheit 1970, H. 5, S. 686— 689 (686, 688 f.); vgl. auch: Das Abkommen von Potsdam ist bindendes Völkerrecht, in: Tribüne vom 7. Mai 1970. Darin wird ein Interview mit Prof. P. A. Steiniger, dem Leiter des Bereichs Völker-recht an der Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, wiedergegeben.

  47. „Thesen zum 25. Jahrestag der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus", hrsg. von der Abteilung Propaganda des Zentralkomitees der SED, in: Neues Deutschland vom 31. März 1970, S. 3— 5 (4)

  48. Vgl. z. B. das Memorandum der Sowjetregierung an die Bundesregierung vom 21. November 1967, die Erklärung der Sowjetregierung an die Bundesregierung vom 8. Dezember 1967 und das Aidememoire der Sowjetregierung an die Bundesregierung vom 5. Juli 1968. Texte in: Die Politik des Gewaltverzichts, a. a. O. (Anm. 36); weitere Nachweise bei J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 40.

  49. Vgl. z. B. G. Dahm, a. a. O. (Anm. 37), S. 112 bis 117; F. Berber, a. a. O. (Anm. 38), S. 432 f.; A. Verdross, a. a. O. (Anm. 39), S. 183 f.

  50. Nachweise bei Th. Schweisfurth, a. a. O. (Anm. 42), S. 230 f.

  51. Nachweise bei J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 41.

  52. Die drei Westmächte haben in einer gesonderten Erklärung vom 25. Mai 1952 zum Überleitungsvertrag („Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen"), der mit dem Deutschland-Vertrag am 5. Mai 1955 in Kraft getreten ist, festgestellt, daß sie irgendwelche Reparationsansprüche nicht geltend gemacht haben und nicht geltend zu machen beabsichtigen. Text bei D. Rauschning, a. a. O. (Anm. 3), S. 224.

  53. Soweit die Verfolgung der deutschen Kriegsverbrecher die Großmächte betrifft. Diese Verfahren haben stattgefunden.

  54. Zur Frage der „Ausdehnung der Autorität der österreichischen provisorischen Regierung auf ganz Österreich". Sie ist erledigt.

  55. Die Verträge mit den genannten Ländern — Italien, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und Finnland — wurden 1947 unterzeichnet und ratifiziert. Diese Staaten gehören auch den Vereinten Nationen an. Nur mit Deutschland steht eine Friedensregelung noch aus.

  56. Diese Maßnahmen wurden durchgeführt. Von deutscher Seite wird die völkerrechtliche Zulässigkeit der „Vertreibung" von 1945 in Frage gestellt und betont, die Bedingung des „humanen Vollzugs" sei nicht eingehalten worden. Vgl. E. Menzel, a. a. O. (Anm. 32), S. 24. Auch stelle die Vertreibung eine Verletzung des Selbstbestimmungsrechts und der allgemeinen Menschenrechte dar, da die Deportation der Bevölkerung eines besetzten Gebiets durch die Besatzungsmächte bereits 1945 völkerrechtlich verboten war. Vgl. dazu auch F. Faust, a. a. O. (Anm. 17), S. 222— 244.

  57. Uber die „zentralen deutschen Verwaltungsabteilungen" vgl. J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S 122_ 129.

  58. Vgl. dazu E. Kaufmann, a. a. O. (Anm. 19), S. 232; H. R. Külz, a. a. O. (Anm. 9), S. 48 f.; W. Grewe, a. a. O. (Anm. 27), S. 119, 206.

  59. Vgl. dazu J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 75 f.

  60. Vgl. dazu H. Meyer-Lindenberg, Deutschlands Grenzen. Die Aussage des Völkerrechts, in: Die politische Meinung 1962, H. 79, S. 29— 42 (32 f.); J. Hacker, ebenda, S. 98 f.

  61. Vgl. dazu J. Hacker, ebenda, S. 85— 97.

  62. W. Knittel, Der völkerrechtliche Status der Oder-Neiße-Gebiete nach dem Potsdamer Abkommen, in: Juristische Schulung 1967, S. 8— 12 (9).

  63. Vgl. die Äußerungen Trumans, Churchills uhd Bevins, die sie nach der Beendigung der Potsdamer Konferenz gemacht haben. Texte bei G. Rhode und W. Wagner, Quellen zur Entstehung der Oder-Neiße-Linie in den diplomatischen Verhandlungt während des Zweiten Weltkrieges, Stuttgart 19592, S. 306, 312 f., 313 f. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß Stalin unmittelbar nach der Potsdamer Konferenz im Grenzvertrag mit Polen vom 16. August 1945 den Grenzvertrag mit der Lubliner Regierung (der kommunistischen Gegenregierung Polens in der Sowjetunion) der Rückstellüngsklausel des Potsdamer Abkommens angepaßt hat. In dem geheim gehaltenen Abkommen vom 27. Juli 1944 hat Stalin Ostpreußen bereits zwischen der Sowjetunion und Polen aufgeteilt. Vgl. dazu den grundlegenden Beitrag A. Uschakows, Das Erbe Stalins in den deutsch-polnischen Beziehungen, in: Internationales Recht und Diplomatie 1970, Sonderdruck. Dort ist erstmals im Westen der Text des Abkommens vom 27. Juli 1944 abgedruckt.

  64. H. Meyer-Lindenberg, a. a. O. (Anm. 61), S. 35 f.; W. Knittel, a. a. O. (Anm. 63), S. 11; H. Kraus, Der völkerrechtliche Status der deutschen Ostgebiete innerhalb der Reichsgrenzen nach dem Stande vom 31. Dezember 1937, Göttingen 1964, S. 37— 40.

  65. Vgl. dazu A. Albano-Müller, a. ä. O. (Anm. 32), S. 113: „Dabei ist angesichts des Bruches der sowjetischen Zusagen über die freie Wahl einer polnischen Regierung (vgl. Abschnitt IX/a der Potsdamer „Mitteilung") zweifelhaft, ob die Westmächte noch an ihr Versprechen, die russische Forderung zu unterstützen, gebunden sind. ” H. Meyer-Linden-berg, ebenda, S. 36.

  66. E. Menzel, a. a. O. (Anm. 17), S. 43 f.

  67. H. Kraus, a. a. O. (Anm. 65), S. 31.

  68. H. Kraus, ebenda, S. 32. Zum Gesamtkomplex auch F. Faust, a. a. O. (Anm. 17), S. 222— 224.

  69. E. Menzel, a. a. O. (Anm. 17), S. 44.

  70. Vgl. die zusammenfassende Übersicht bei E. Menzel, a. a. O. (Anm. 32), S. 21 f.

  71. E. Menzel, ebenda, S. 22.

  72. Text in: Die Politik des Gewaltverzichts, a. a. O. (Anm. 48), S. 23.

  73. Text, ebenda, S. 11.

  74. Text, ebenda, S. 45.

  75. Vgl. dazu im einzelnen J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 42— 49; H. Brandt, a. a. O. (Anm. 21), S. 457 f.

  76. Nachweise bei J. Hacker, ebenda. Zu dieser Problematik liegen auch neuere Stellungnahmen von DDR-Autoren vor. Vgl. z. B. B. Graefrath, a. a. O. (Anm. 47), und das „Tribüne" -Interview mit P. A. Steiniger, a. a. O. (Anm. 47).

  77. Vgl. vor allem die Karlsbader Erklärung der kommunistischen und Arbeiterparteien vom 26. April 1967. Text in: Neues Deutschland vom 27. April 1967 und SBZ-Archiv 1967, S. 160— 162; dazu J. Hacker, Die Karlsbader Konferenz, in: SBZ-Archiv 1967, S. 137 ff. (139). Zu den von selten der DDR gesondert geltend gemachten Interventions„Ansprüchen" vgl. unter Kap. VI.

  78. Texte der bilateralen Beistandsverträge der DDR in: Freundschaft, Zusammenarbeit, Beistand. Grundsatzverträge zwischen den sozialistischen Staaten, Berlin (Ost) 1968.

  79. Nachweise bei J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 50 ff.; vgl. auch das Memorandum der Sowjetregierung vom 21. November 1967 und das Aidememoire der Sowjetregierung vom 5. Juli 1968 an die Bundesregierung (Nachweise in Anm. 49 oben). Wichtig ist auch die Präambel des von sowjetischer Seite vorgelegten Entwurfs für einen Friedensvertrag mit Deutschland vom 10. Januar 1959: „ ... von dem Bestreben geleitet, unter den bestehenden Be-

  80. Vgl. die Nachweise bei J. Hacker, ebenda, S. 53— 58; eine knappe Zusammenfassung der DDR-Argumente enthält das „Memorandum des Außenministeriums der DDR zum Antrag auf Mitgliedschaft in der Organisation der Vereinten Nationen" vom 28. Februar 1966, Text in: Neues Deutschland vom 14. März 1966 und Europa-Archiv 1966, S. D 190 bis 196 (191 ff.).

  81. Text in: Neues Deutschland vom 4. Mai 1970; vgl. auch den „Aufruf des Nationalrates der Nationalen Front des demokratischen Deutschland zum 25. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus", Text in: Neues Deutschland vom 28. April 1970.

  82. Text der Erklärung in: Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 71 vom 23. Mai 1970, S. 683— 687 (684); vgl. auch den von A. Norden gegebenen Bericht des Politbüros an die 13. Tagung des Zentralkomitees der SED, Text in: Neues Deutschland vom 15. Juni 1970, S. 3— 8 (6).

  83. Text in: Neues Deutschland vom 31. März 1970.

  84. G. Schirmer, Zur Völkerrechtssubjektivität der Staaten und zum Problem ihrer völkerrechtlichen Rechtmäßigkeit, in: Staat und Recht 1963, S. 647 bis 663 (660 f.).

  85. Text der Rede in: Neues Deutschland vom 1. Januar 1968 und SBZ-Archiv 1968, S. 28 ff. (30).

  86. G. Kertzscher, Das Potsdamer Abkommen aktueller denn je, in: Neues Deutschland vom 3. Januar 1968.

  87. „Angeklagt: Der Bonner Revanchismus — Fragen und Antworten auf der internationalen Pressekonferenz in Berlin", in: Neues Deutschland vom 2G. Dezember 1967. Der gleiche Gesichtspunkt — nur die DDR, nicht aber die Bundesrepublik habe aie Potsdamer Beschlüsse realisiert — dient DDR-Autoren avda dazu, ein „Recht“ der DDR auf völkerrechtliche Anerkennung und auf Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen zu begründen. Vgl. dazu mit Nachweisen J. Hacker, Der „Anspruch" der DDR auf völkerrechtliche Anerkennung. Ein Beitrag zur Lage der Völkerrechts-Wissenschaft in der SBZ, in: Recht in Ost und West 1968, S. 37— 50; ders.: Zwei deutsche Staaten in der UNO?, in: Vereinte Nationen 1967, S. 54— 61.

  88. Vgl. dazu A. Riklin, a. a. O. (Anm. 10), S. 259 ff.; W. Grewe, a. a. O. (Anm. 27), S. 269; H. Brandt, a. a. O. (Anm. 21), S. 464 f.; J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 13— 19, 53— 58.

  89. Nachweise bei J. Hacker, ebenda, S. 16— 19.

  90. A. Martin, Was sind innere Angelegenheiten der Bundesrepublik?, in: Deutsche Außenpolitik 1968, H. 9; nachgedruckt in: Deutschland-Archiv 1968, S. 872— 878 (878).

  91. Mißverständlich E. Menzel, a. a. O. (Anm. 32), S. 21: „Die Abrüstung wurde zunächst völlig durchgeführt, dann erfolgte auf Verlangen der Westmächte sowie im anderen Teil Deutschlands auf Verlangen der Sowjetunion die Wiederaufrüstung." Vgl. dazu auch J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 29 f., 109 ff.; A. Riklin, a. a. O. (Anm. 10), S. 172 f.

  92. Vgl. dazu vor allem W. Wagner, Die Entstehung der Oder-Neiße-Linie in den diplomatischen Verhandlungen während des zweiten Weltkrieges, Stuttgart 19643; über die völkerrechtliche Problematik ist soeben eine neue umfangreiche Schrift erschienen: Siegrid Krülle, Die völkerrechtlichen Aspekte des Oder-Neiße-Problems, Berlin 1970.

  93. Vgl. dazu J. A. Frowein, Deutschland-Vertrag, in: Staatslexikon, Bd. 9, 1. Ergänzungsband, Freiburg 19692, Sp. 577 ff. (580).

  94. Text bei D. Rauschning, a. a. O. (Anm. 3), S. 236 f. (236).

  95. Text in: Dokumente zur Außenpolitik der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Bd. II, Berlin (Ost) 1955, S. 314.

  96. Text bei D. Rauschning, a. a. O. (Anm. 3), S. 239 ff. (240). So ist G. Wettigs Behauptung unverständlich, im Vertrag vom 20. September 1955 fehle „jeder Hinweis auf das Potsdamer Abkommen". Vgl. G. Wettig, Der Wandel in der sowjetischen Stellung zum Potsdamer Abkommen in den Fragen der deutschen politischen Entscheidungsfreiheit (1945— 1967). Berichte des Bundesinstituts für ost-wissenschaftliche und internationale Studien, Köln 1967, Nr. 70, S. 19.

  97. Text bei D. Rauschning, ebenda, S. 244.

  98. Nachweise bei J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 46— 49.

  99. Vgl. dazu A. Albano-Müller, a. a. O. (Anm. 32), S. 76 f. Der Pakt vom 12. Juni 1964 ersetzt nicht den Vertrag derselben Parteien vom 20. September 1955, sondern setzt ihn vielmehr voraus. Die erste These vertritt H. H. Mahnke, Die Deutschland-Frage im Lichte des polnisch-sowjetischen Beistandspaktes vom 8. April 1965, in: Europa-Archiv 1965, S. 591- 600 (592), im Widerspruch zu seiner eigenen Äußerung in seinem Aufsatz: Der Beistandspakt zwischen der Sowjetunion und der DDR vom 12. Juni 1964, in: Europa-Archiv 1964, S. 503 bis 512 (510). Vgl. auch A. Albano-Müller, ebenda, S. 77, Anm. 102.

  100. Die Genfer Direktive der Regierungschefs der vier Mächte an die Außenminister vom 23. Juli 1955 bildet das bisher letzte Vier-Mächte-Dokument, in dem die Regierungen dieser Staaten gemeinsam ihre Verantwortung für die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands verankert haben: „In Anerkennung ihrer gemeinsamen Verantwortung für die Regelung der deutschen Frage und die Wiedervereinigung Deutschlands . . .". Text bei E. Jäckel (Hrsg.), Die deutsche Frage 1952— 1956. Notenwechsel und Konferenzdokumente der vier Mächte, Frankfurt/M. -Berlin 1957, S. 116. Vgl. dazu M. Rexin, Konföderation und Wiedervereinigung. Grundzüge der sowjetischen Deutschlandpolitik seit der Genfer Gipfelkonferenz 1955, in: SBZ-Archiv 1959, S. 146— 150 (146 f.); J. Hacker, a. a. O. (Anm. 25), S. 59— 69; H. R. Külz, a. a. O. (Anm. 9), S. 60, wertet die Genfer Direktive so: „Hier war wirklich ein Ansatz, ein neuer Anfang für die vielgerühmte Viermächteverantwortung zu suchen."

  101. Vgl. „Walter Ulbricht beantwortet Fragen der Journalisten" und: „Weitere Antworten auf Fragen von Journalisten", in: Neues Deutschland vom 20. und 22. Januar 1970 und Deutschland-Archiv 1970, H. 2, S. 192.

  102. Text der Erklärung in: Neues Deutschland vom 20. März 1970 und Deutschland-Archiv 1970, H. 5, S. 511.

  103. G. R. Hardtke, Berlin ist die Hauptstadt der souveränen DDR, in: Berliner Zeitung vom 25. März 1970.

  104. Text des Deutschland-Vertrags bei D. Rauschning, a. a. O. (Anm. 3), S. 133— 137 (134); vgl. daü auch W. Grewe, a. a. O. (Anm. 27), S. 129; D. Blumenwitz, Die Grundlagen eines Friedensvertrages mit Deutschland. Ein völkerrechtlicher Beitrag zur künftigen Deutschlandpolitik, Berlin 1966, S. 110 f.; A. Albano-Müller, a. a. O. (Anm. 32), S. 86.

  105. J. A. Frowein, a. a. O. (Anm. 94), S. 580.

  106. Text in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. Juli 1970.

  107. Nachweis in Anm. 84 oben, S. 682.

  108. Text der Rede in: Neues Deutschland vom 14. Dezember 1969 und Deutschland-Archiv 1970, H. 1, S. 67.

  109. Text in: Neues Deutschland vom 20. Januar 1970 und Deutschland-Archiv 1970, H. 2, S. 183.

  110. Deutsche Übersetzung: Walter Ulbricht, Ein Vierteljahrhundert nach der Befreiung, in: Neues Deutschland vom 21. Mai 1970, S. 4— 5 (5).

  111. Günter Kertzscher, Der Grundstein einer europäischen Friedensordnung. Zur aktuellen Bedeutung der Potsdamer Beschlüsse, in: Neues Deutschland vom 14. Januar 1970.

  112. G. Kegel, Ein Vierteljahrhundert danach — Das Potsdamer Abkommen und was aus ihm geworden ist, Berlin (Ost) 1970, S. 215. Ein Vorabdruck des betreffenden Schlußkapitels des Buches ist unter dem Titel „Von Potsdam zur europäischen Sicherheit" erschienen in: Einheit 1970, H. 2, S. 188— 194 (191).

  113. G. Kegel, ebenda, S. 215 f.; ders., ebenda, S. 191 f.; auch der bekannte polnische Völkerrechtler Alfons Klafkowski hat kürzlich darzulegen versucht, daß das Potsdamer Abkommen einen Friedensvertrag mit Deutschland ersetze. A. Klafkowski, Der Status quo nach dem Zweiten Weltkrieg als Problem des Völkerrechts, in: Zycie i Mysl, Nr. 56 vom 17. März 1970 (poln.), S. 2— 11 (4): „Der Potsdamer Vertrag vertritt seit 25 Jahren den Friedensvertrag mit Deutschland. Grundsätzlich müßte der Status quo nach dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert werden mit dem Potsdamer Vertrag .. . Der Potsdamer Vertrag, der den Friedensvertrag mit Deutschland ersetzt, ist durchaus kein provisorischer Vertrag. Er regelt endgültig das deutsche Schlüsselproblem: die Herrschaft, das Territorium und die Bevölkerung."

  114. G. Kegel, ebenda, S. 219 f.; ders., ebenda, S. 194.

  115. J. Schulz, a. a. O. (Anm. 105).

  116. H. Rose in: Staat und Recht 1969, S. 436— 441 (441).

  117. Text der Rede in: Neues Deutschland vom 1. JanUar 1967; gekürzte Fassung in: SBZ-Archiv 1967, S. 22 ff. (23).

  118. Text des Kommentars vom 7. Januar 1967 in: Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 3 vom 11. Januar 1967, S. 19.

  119. Vgl. Ost-„Berliner Zeitung“ und „Die Welt* vom 9. Januar 1967. Bezeichnenderweise ist die DDR-Führung nicht mehr auf Ulbrichts Vorschlag zurückgekommen.

  120. E. Deuerlein, Deklamation oder Ersatzfrieden? Die Konferenz von Potsdam 1945, Stuttgart u. a. 1970, S. 155 f.

  121. G. F. Kennan, Memoiren eines Diplomaten. Memoirs 1925- 1950, Stuttgart 1968, S. 262 f.

  122. G. F. Kennan, ebenda, S. 263 f., 267; vgl. auch die kritischen Bemerkungen zur Potsdamer Konferenz von J. Gimbel, The American Occupation of Germany. Politics and the Military, 1945— 1949, Stanford, California 1968, S. 16 ff.; H. Feis, Zwischen Krieg und Frieden. Das Potsdamer Abkommen, Frankfurt/M. -Bonn 1962, S. 294— 302; E. Deuerlein, a. a. O. (Anm. 121), S. 155— 160.

Weitere Inhalte

Jens Hacker, Wiss. Assistent am Institut für Ostrecht der Universität Köln, Studium der Rechtswissenschaften, Politologie und Soziologie, geb. 17. Juli 1933. Veröffentlichungen u. a.: Die Rechtslage der sowjetischen Besatzungszone, und Die Rechtslage Berlins, hrsg. vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1964; Die Integration Osteuropas 1961— 1965, Köln 1966 (gemeinsam mit Alexander Uschakow); Comecon und Warschauer Pakt, Bonn 1966 (gemeinsam mit Werner Gümpel), Heft 73 der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung; Sowjetunion und DDR zum Potsdamer Abkommen, Köln 1968; Der Interventionsanspruch der Sowjetunion gegenüber der Bundesrepublik, Berlin 1970 (gemeinsam mit Dietrich Frenzke und Alexander Uschakow).