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Demoskopie und Geschichte | APuZ 49/1977 | bpb.de

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APuZ 49/1977 Deutschland und die deutsche Nation im Unterricht Demoskopie und Geschichte Die „Beilage" und ihre Leser. Ergebnisse einer Umfrage

Demoskopie und Geschichte

Hans Maier /Heinrich Oberreuter

/ 26 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die „Formveränderung'der Geschichte (Huizinga) wurde oft beschrieben: Geschichte schlägt sich nicht mehr nur in der Geschlossenheit der Staatsaktionen nieder; Gegenstand sind heute vielfältige soziale Verflechtungen und Interdependenzen. Dem Wandel auf dem Felde geschichtlicher Erkenntnis entspricht ein Zuwachs des Bestandes historischer Quellen. Er rückt die Stimmungen und Meinungen der Zeitgenossen, ohne die Entscheidungen nicht mehr erklärt werden können, ins Zentrum der Historie. Insofern wird gerade Demoskopie zu einer neuen, unschätzbaren Quelle historischer Erkenntnis, der hier nicht nur die größte Reichweite, sondern dank ihrer methodischen Durchbildung und ihrer Nachprüfbarkeit auch der höchste Grad an Verläßlichkeit zukommt. Methodisch ergeben sich vielfältige Berührungen mit sozialgeschichtlichen Ansätzen zur Erneuerung der historischen Forschung: der historischen Demographie oder der Mentalitätsforschung etwa, die beide von Frankreich ausgehen, aber auch in Deutschland Resonanz gefunden haben. Wenn Mentalität bestimmt wird durch die beobachteten Merkmale der objektiven Lage, ist sie nichts anderes als verarbeitete Zeiterfahrung. Als bewegende Kraft muß ihre Gestalt und Umformung für den erklärenden Historiker (und den handelnden Politiker) von größtem Interesse sein: Demoskopie ist die Sonde in dieses Lagebewußtsein der Bevölkerung — ein leistungsfähiges und besonders sensibles Instrument. Es hat gerade im Bereich der Werte und der politischen Kultur bemerkenswerte Mentalitätsveränderungen zu Tage gefördert und liefert ebenso gesicherte Aussagen über die verunsicherten Zukunftserwartungen der Gegenwart. Zeitgeschichtlich relevant ist die demoskopische Meßbarkeit historischer Erfahrung, die eine präzise Korrektur historischer Legendenbildung, die Überprüfbarkeit der Übereinstimmung zwischen Bevölkerung und politischer Führung gestattet: Ohne Rückgriff auf die Daten demoskopischer Archive erscheint zuverlässige Geschichtsschreibung angesichts der „Formveränderung“ der Geschichte nicht mehr möglich.

„Was nicht in den Akten ist, das ist nicht in der Welt" — dieser Satz war lange Zeit die Grundregel, die methodische Geschäftsgrundlage des wissenschaftlich gebildeten Historikers. In abgewandelter Form mag er auch heute noch gelten: keine historische Aussage ohne Nachweise — ohne objektivierte, kontrollierbare, quellenkritisch geprüfte Zeugnisse der Vergangenheit. Aber wie sehr hat sich seit den Zeiten Niebuhrs, Droysens und Rankes der Begriff der Geschichte (und der Vergangenheit!) zugleich erweitert und umgeformt; und wie wenig vermögen die klassischen Quellen, die Akten zumal, uns ein umfassendes Bild moderner geschichtlicher Vorgänge zu geben! Die Geschlossenheit der Staatsaktionen und ihres rational geordneten Akten-Niederschlags hat sich in den heutigen Gesellschaften in eine Vielheit unterschiedlich „offener" Aktions-und Publizitätsfelder aufgelöst; nur noch ein schmaler Kern (etwa in der Verteidigungspolitik, und noch nicht einmal hier!) umschließt die alten staatlichen Arcana — und so kann sich der Historiker, will er sich ein Bild der Epoche machen, nicht mehr darauf beschränken, in ruhiger Betrachtung an Hand der staatlichen Akten zu untersuchen, „wie aus Geschäften Geschichte wird", er muß auch anderen Quellen Beachtung schenken, Quellen, die Auskunft geben nicht nur über die Protagonisten, sondern auch über den Chor, nicht nur über politische Entscheidungen, sondern über die Bedingungen ihrer Möglichkeit, nicht nur über das Individuelle, sondern über das Zeittypische, die Mentalität einer Epoche. Und dabei wird er ganz von selbst auf die Demoskopie stoßen,

Zunächst aber ein Blick auf das, was Johan Huizinga schon vor dem Krieg als „Formveränderung der Geschichte" beschrieben hat — und worin die Öffnung der Historie für Methoden der Sozialwissenschaft, auch der Kommunikationsforschunq, ihren sachlichen Grund hat.

Der Vorgang ist oft geschildert worden. Hier genügen Stichworte. Beispielhaft seien erwähnt die Auflösung, zumindest die Schwächung der geschlossenen Handlungseinheit die Demoskopie als Geschichtsquelle; er kann nicht darüber hinweggehen, daß wir heute dank dieser Institution über das, „was die Leute denken“, Wissen sehr viel methodischer gesammelt haben und deshalb genauer Bescheid wissen als noch die Kundschafter Ludwigs XIV. oder die Späher Friedrichs des Großen, oder auch die Theoretiker des liberalen Zeitalters, die darüber nachsannen, was „öffentliche Meinung" sei und wie man ihrer habhaft werden könne.

Wenn es also Zeit ist, die Zeugnisse der Demoskopie in den Kreis der Geschichtsquellen ebenso aufzunehmen, wie dies mit den Zeitungen und den Ton-und Bilddokumenten von Rundfunk, Film und Fernsehen längst geschehen ist, dann stellen sich eine Reihe von Fragen. Erstens: Wo liegen, gegenüber dem historischen, zeitgeschichtlichen Stoff, die ihr eigenen Erkenntnismöglichkeiten? (Denn daß es nicht einfach um die bloße Vermehrung der ohnehin erdrückenden Fülle moderner Quellen durch demoskopische Archive gehen kann, ist klar!) Zweitens: Wie fügt sich Demoskopie als Geschichtsquelle in den klassisch-modernen Bestand der historischen Quellen ein? (Natürlich kann darauf hier nur eine sehr vorläufige Antwort gegeben werden.) Drittens: Gibt es einen Beitrag der Demoskopie zu der vor allem in Frankreich in den letzten Jahren kräftig in Gang gekommenen Mentalitätsforschung, und wie sieht er aus? Und viertens: An welchen Knotenpunkten unserer Nachkriegsgeschichte ließe sich historische Erkenntnis durch Demoskopie verdeutlichen

I. Geschichte — neu gesehen

Staat sowohl nach außen (Staatensystem) wie nach innen (Staat als Verbandseinheit und Kollektivwillen) und die immer stärkere Berührung zwischen den — früher getrennten — Bereichen des Staatlichen, öffentlichen, Gesellschaftlichen und Privaten in der modernen Welt. In einem Prozeß sozialer Verflechtung tritt an die Stelle klar zurechenbarer (auch personal zurechenbarer!) Aktionen und Wirkungen ein Reigen von Interdependenzen unterschiedlicher Beziehungsdichte; das Individuelle und Nationale verliert seine Farbe; Kategorien wie das Burckhardtsche „große Individuum“, aber auch das repräsentative „Volk“ Herders und Michelets treten zurück, dafür rücken die „vielen", der common man, die alltäglich-durchschnittlichen Menschen ins Zentrum der Betrachtung. Das bedeutet einen Wandel des wissenschaftlichen Horizonts: Wenn der Historismus gegen die rationalistische Verfassungslehre seiner Zeit auf das Konkret-Unableitbare abhob, auf die geschichtliche Prägung des Individuums, wenn er mit de Maistre meinte, man habe noch nie einen Menschen gesehen, sondern immer nur Italiener, Franzosen, Savoyarden, so geht der heutige Historiker diesen Weg gewissermaßen zurück: Er entdeckte neben diesem Menschen (und in ihm!) den Menschen, neben der Geschichte konkreter Völker, Staaten, Institutionen die universale Geschichte der mensch-lichen Natur. „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns Gegenstand der Geschichte, sondern Menschen und menschliche Gruppen", schrieb Otto Brunner schon 1939. Und Marc Bloch verglich den Historiker mit einem Menschenfresser: „Lä oü il flaire la chair humai-ne, il sait que lä est son gibier." („Dort, wo er Menschenfleisch wittert, so weiß er, das ist sein Wild.“) Unvermeidlich stößt der Historiker bei seinem Weg vom Konkreten zum Typischen, Allgemeinen auf die Spuren der Sozial-und Kommunikationswissenschaften; denn diese verfügen über Erfahrungen gerade dort, wo er sich im allgemeinen schwertut: bei der Beschreibung eines oft nur statistisch, manchmal nur mit Mitteln der Wahrscheinlichkeits-und Spieltheorie faßbaren Durchschnitts-typus Mensch in seinen wechselnden Funktionen und Rollen (als Wähler und Gewählter, Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Hauseigentümer, Mieter usf.) — eines Typs, dessen nationale und historische Variationsbreite in der modernen Welt offenkundig abnimmt, so daß die Historie nicht umhin kann, eben das Typische an ihm zu ihrem Thema zu machen.

Ein weiteres: Die moderne Zivilisation beruht in weiten Bereichen auf rationaler Planung und damit auf Berechenbarkeit — man vergleiche nur einmal die Energieversorgung, den Wohnungsbau oder die Sozialfürsorge einst und heute, oder selbst den Honoratioren-Parlamentarismus von einst mit dem heutigen: überall stößt man auf Planung — Planung im Sinne „ablauftechnisch gesicherter“ (H. J. Arndt) Erstellung bestimmter Leistungen in bestimmter Zeit. Das bedeutet, daß der Bereich des Spontanen, Unkalkulierbaren — nach traditionellem Verständnis das eigentliche Feld geschichtlicher Erkenntnis — zwar noch vorhanden ist, daß er aber nicht mehr das gesamte soziale Handeln abdeckt (falls er es je tat!): Der Bereich der Entscheidungen, Entschlüsse, der individuell zurechenbaren Handlungen wird heute durchzogen von invarianten Teilstrukturen. Nimmt man noch hinzu, daß Entwicklung heute in großen Teilen der Welt Gegenstand rationaler Planung ist, wohingegen es für den Historismus geradezu ein Dogma war, daß eben sie auf keinen Fall ge-plant werden könne, so wird der Umfang der Veränderungen deutlich.

Schließlich: Geschichte ist nicht nur Handeln. Sie ist (und war immer) auch Erleiden. Dolf Sternberger hat daran vor kurzem eindrücklich erinnert Wer wüßte es besser als der Mensch des 20. Jahrhunderts! Wenn Demoskopie und Sozialwissenschaften den Stummen im Getriebe der Zivilisation Sprache und Stimme leihen, denen, die sich aus eigenem Antrieb kaum artikulieren, dann muß das nicht —wie Wilhelm Hennis vor Jahren befürchtet hat — die Zuständigkeiten des demokratischen Souveräns, seine Pflicht zu verantwortlicher Äußerung seines Willens verwischen: Meinungen, Gefühle, Stimmungen gibt es ja vor aller Politik! Vielmehr wird hier et-was deutlich, was sich auch in der Historie seit Jahren niederschlägt: die Tatsache nämlich, daß es in Geschichte und Politik eben nicht nur auf die Chorführer, sondern auch auf den Chor ankommt, nicht nur auf die unterscheidbaren Stimmen, sondern auch auf die unartikulierten Stimmungen — und daß ne-ben dem einzelnen, Ereignishaften in der Geschichte etwas steht, was man Konstellation, Atmosphäre, Meinungsklima nennen mag und was für längerfristige Entwicklungen nicht minder wichtig ist als die in Akten faßbaren Tagesentscheidungen und -beschlüsse. Was sich im Feld geschichtlicher Erkenntnis zeigt, das bestätigt sich im Bereich der Quellen. Der klassische Quellenbestand hat sich in der Tat nicht nur arrondiert. Man muß von neuen Dimensionen sprechen. Gleichwohl hat sich die Geschichtswissenschaft mit dem Zuwachs der Quellenbestände aus dem Bereich der Kommunikationsmedien stets schwer ge-tan — aus welchen Gründen immer. Das gilt für die Zeitung wie für die Medien die sich in Bild und Ton manifestieren. Die Erkenntnis, daß in der modernen Presse „eine historische Quelle von einer Ergiebigkeit, Vielseitigkeit und einem Reichtum an Nachrichten“ zur Verfügung steht, „wie sich des-sen keine frühere Zeit je berühmen konnte“ ist vergleichsweise jüngeren Datums; ebenso die Einschätzung der Schallarchive, die ja noch mehr ein Kind unseres Jahrhunderts sind, als „tönendes Geschichtsbuch" Niemand wird die Geschichte der modernen Literatur, der modernen Musik oder auch eine moderne Sozialgeschichte schreiben können, ohne auf diese Materialien zurückzugreifen — und auch nicht eine politische Geschichte.

Die Sorge, wie die ungefügen Materialmassen zu bewältigen seien, kann kein Historiker mehr mit Treitschke auf die Seite schieben, der glaubte, das schlechte Papier, auf das Zeitungen gedruckt seien, werde in Staub zerfallen, ehe der Inhalt in den Arbeitsbereich der Historie reiche Inzwischen haben solche neuen Materialien die methodische Anpassungsfähigkeit der Disziplin herausgefordert; nicht auf sie zurückzugreifen, muß als Kunstfehler gelten. Ihre Erschließung für die Forschung bleibt ein Postulat, das im Falle des gedruckten Mediums einfacher einzulösen ist als bei Bild und Ton. Gleichwohl sind wir Augenzeugen fruchtbarer Ansätze arbeitsteiliger

II. Demoskopie als Geschichtsquelle

Kooperation zwischen den historischen Archiven und denen der Rundfunkanstalten

Geschichtsquellen werden seit Droysen danach unterschieden, ob sie im Hinblick auf die Nachwelt, auf die Übermittlung bestimmter Informationen und Interpretationen entstanden sind (Tradition) oder ob sie, geboren aus den Bedürfnissen der Gegenwart für eben diese Gegenwart, nur mehr oder weniger beiläufig Zeugnis ablegen für die emotionale und soziale Entwicklung, „für die Strebungen und Stimmungen" einer zurückliegenden Zeit (Überreste). Diese Unterscheidung nach Tradition und Überresten erklärt zweierlei: Zunächst die lange Mißachtung der geschichtswissenschaftlichen neuen Quellen und die Konzentration der Schulen auf die Tradition; sodann die neue Relevanz der „Überreste" in einer Zeit neuer historischer Fragestellungen, die hinter Staatsaktionen, Urkunden und offizielle Interpretationen blicken, um das Mosaik einer Zeit möglichst real und umfassend zusammenzutragen, die also nach dem „Zeitgeist“ forschen. So sehr sie gewiß auch in die Dienste der Tradition treten können — gerade hier sind die neuen Medien als Quellen unentbehrlich. Denn sie zeigen vor allem, was die Zeitgenossen interessiert hat, und sie vermögen ein nützliches Korrektiv für die oft anders gelagerten Interessen des Historikers an dieser Zeit zu sein.

Der verfassungspolitische Wandel wird hier fühlbar, der eine sich um die Medien kristallisierende politische Öffentlichkeit zuließ. An seinem Anfang schon hat Görres Zeitungen charakterisiert als „Stimmen, durch welche die Völker zueinander und zu den Fürsten sprechen“ Rudimentär ist hier ein Charakteristikum demokratischer Gesellschaften vorweggedacht: die kommunikative Rückbindung von Herrschaft, ermöglicht durch die Funktion der Medien. Es ist vorweggedacht die Relevanz der ölfentlichen Meinung. Die historische Analyse der Politik im demokratischen Zeitalter verfehlte ihren Gegenstand, stützte sie sich nur auf die Regierenden und nicht auch auf die Regierten. Geschichte als Erfahrung umfaßt beides und verlangt analytische Bemühungen in beiden Richtungen. Eine neue Verteilung der verfassungspolitischen Kräfte schafft auch ein neues Gewicht von Quellen, schafft neue Fragerichtungen. Das Volk tritt auf die historische Bühne. Wer die Organe, mit deren Hilfe es sich artikuliert oder die es befragen, für „unersetzbares Material" hält, „um den späteren Betrachter in die Stimmung und Atmosphäre der Zeit zu versetzen" zieht daraus nur eine richtige methodische Konsequenz. Die Bedeutung der Demoskopie als eines methodisch durchgebildeten, mathematisch abgesicherten Verfahrens zur Ermittlung der Volksmeinung erschließt sich hier von selbst: Beim Versuch, den aktuellen „Zeitgeist“ einzufangen, der Geschichte wird, bewegt sie sich in ihrem ureigenen Element. Dies ist ihr Metier: abzubilden, was in den Köpfen der Befragten vorhanden ist; mehr kann sie nicht — aber dies kann sie nach allen Erfahrungen am besten. Sie wird damit zu einer neuen, unschätzbaren Quelle historischer Erkenntnis. Denn sie vermag das direkt anzugehen, was sich in quellenkritischer Nutzung der Medien immer erst auf dem Umweg der Interpretation ergeben kann. Quellenkritische Nutzung — ein weiteres Stichwort. Bezüglich der Medien hat hier die Historie lange Zeit gesündigt, indem sie diese, trotz frühzeitiger Hinweise und Warnungen 12), nur intuitiv und oft recht willkürlich als Steinbruch für Belege und Zitate genutzt hat, ohne analytische Methodik und ohne präzisere Auswahl-und Beurteilungskriterien Dabei besitzen sie politische, ökonomische und handwerkliche Eigengesetzlichkeiten, ja sie sind — und waren es in bestimmten historischen Perioden ihrem Selbstverständnis nach ausdrücklich — politisch instrumentalisierbar, wobei nicht einmal in erster Linie an die Zeit der NS-Diktatur gedacht sei. Daraus entstehen Probleme publizistischer Selektion, bisweilen sicher auch Manipulation. Von der Entwicklung eines entsprechenden quellenkritischen Instrumentariums kann gegenwärtig, soweit zu sehen ist, noch nicht die Rede sein. Besonders liegt — nahezu traditionell — der Irrtum nahe, Medien und öffentliche Meinung seien eins, während doch die Medien vielfältig subjektiv geprägt, ausschnitthaft und gelegentlich auch willkürlich sind. Sie sind präsent in der öffentlichen Meinung, ihre Funktionsweise ist für diese gewiß eine wichtige, ja unentbehrliche Voraussetzung, aber sie sind noch nicht die öffentliche Meinung selbst.

Demoskopie spart solche Umwege quellenkritischer Interpretation. Erspart sie deswegen auch schon Quellenkritik? Wüßte man nicht, daß es Sünder gibt, wäre man geneigt, die Frage zu bejahen. Immerhin ist sie ein hoch-formalisiertes wissenschaftliches Instrument, methodisch abgesichert und intersubjektiv nachprüfbar — und damit per definitionem „entsubjektiviert". Mal für Mal legt sie ihre Verfahren und Fragestellungen und die gewonnenen Daten offen — wenigstens, wenn es seriös zugeht. Fehlerquellen sind für jedermann, oder zumindest für jeden Fachmann, erkennbar und kontrollierbar mit Hilfe mathematischer und logischer Operationen; es gibt daran nichts zu deuten und zu deuteln. Das heißt aber: Demoskopie besitzt als Instrument zur Erkundung öffentlicher Meinung nicht nur die relativ größte Reichweite, sie besitzt zugleich auch die relativ größte Verläßlichkeit als Quelle für den Historiker.

Wenn Archive Dämme gegen die Vergeßlichkeit sind dann haben die Archive unserer demoskopischen Institute innerhalb des hier entfalteten Kontexts seit Beginn der Bundesrepublik ihre besondere Funktion: „Aus Umfragen unter vielen tausend Menschen ist seither das Material für eine Geschichtsschreibung entstanden, einer Geschichtsschreibung, die die Ereignisse nicht als Folge politischer und wirtschaftlicher Absichten zeigt, sondern im Echo der Betroffenen. Die Bemühung geht dahin, hierdurch das Gesicht der Epoche deutlicher, und damit vielleicht ergreifender nachzuformen.“

III. Einige methodische Überlegungen

Worin liegt nun die spezifische Leistungsmöglichkeit der Demoskopie als Instrument historischer Erkenntnis? Wie fügt sie sich ein in die Erfahrungen und „methodischen Eroberungen" heutiger Geschichtswissenschaft? Ausgangspunkt für die Erneuerung der historischen Forschung in vielen Ländern — besonders in Deutschland und Frankreich — ist heute die Landesgeschichte. Sie wird zum neuen Fundament historischer Arbeit in einer Zeit universalgeschichtlicher oder ideologischer Relativierung der „Nation“. Dabei orientiert sich die Forschung, wie erwähnt, nicht mehr so sehr am herausragenden Einzel-ereignis, sondern am Typischen, Gleichbleibenden — quellenmäßig gesprochen: nicht mehr so sehr am klassischen politischen Aktenstück, sondern an „seriellen" Zeugnissen (Pfarrbüchern, Notariatsakten, Steuerverzeichnissen, Preislisten usf.). Basis dieser neuen Sozialgeschichte ist eine vor allem in Frankreich mit beträchtlichem methodischen Aufwand entwickelte historische Demographie. Sie erlaubt genauere Bestimmungen und Quantifizierungen überlieferter Sozialschemata (was heißt denn eigentlich Adel, Bürgertum, städtisches oder ländliches Proletariat, Beamtenschaft, Intellektuelle?), sie läßt langfristige Entwicklungen klarer hervortreten, sie entzaubert eilfertig gezimmerte historische Dramaturgien. Kurzum, sie setzt den Historiker in die Lage, von der Vergangenheit, vor allem der prä-industriellen Vergangenheit, zugleich vorsichtiger, nüchterner und genauer zu sprechen — ein beträchtlicher Gewinn.

Was hier in methodisch komplizierten Regional-und Lokalforschungen, in unendlicher Kleinarbeit für die Vergangenheit mühsam erhoben werden muß, das liefert heute für die Gegenwart in großem Umfang die amtliche Statistik frei Haus. Ist die Demoskopie nur deren willfährige Magd? Keineswegs. Sie hat eigene methodische Möglichkeiten und Präferenzen. Sie kann, was in der Statistik zum blassen Durchschnitt gerinnt, wieder differenzieren, indem sie ihre Fragen, sozusagen durch die statistischen Kriterien hindurch, an Individuen richtet. So ist sie in der Lage, ein nach Altersgruppen und Geschlecht, nach Stadt und Land, nach politischer Einstellung grobflächig gemustertes Bild dieser Gesellschaft vor unseren Augen erstehen zu lassen. Darüber hinaus kann sie in Einzelinterviews jederzeit „nachfassen", wenn die allgemeinen Ergebnisse nicht genügend aussagen über Motive, Hintergründe, tieferliegende Antriebe der jeweiligen Einstellungen. Vor allem aber: Fragen können in zeitlichen Abständen, regelmäßigen oder unregelmäßigen, wiederholt werden; dadurch ergibt sich die Möglichkeit, Wandlungen der Einstellung mit quellenmäßiger Präzision zu fassen, den Fluß der öffentlichen Meinung gleichsam zu stauen, damit sein Stand gemessen werden kann.

Hier gewinnt die Demoskopie Anschluß an das, was man heute in Frankreich Mentalitätsforschung, in Deutschland Zeitgeistforschung nennt. Beides sind unterschiedliche Ausprägungen einer Bemühung, die darauf zielt, den Rang des historischen Einzelereignisses deutlicher zu bestimmen, indem sie es auf den Hintergrund des (zu jener Zeit) Denkmöglichen projiziert. Das historische Faktum wird gleichsam mit den Möglichkeiten seiner Konzeptualisierung durch die Umwelt konfrontiert. Es zeigt sich dann etwa, daß der Atheismus eines Rabelais keiner war, weil ihm jede Möglichkeit der sozialen Realisierung in der Breite fehlte — Bekundungen des Unglaubens, die, normal betrachtet, Voltaire vorwegzunehmen scheinen, bleiben unter den gegebenen Bedingungen bloße Sammlung von Requisiten (L. Febvre). Ein ähnlicher Fall: Kolumbus entdeckt Amerika nicht im 15-, sondern erst im 18. Jahrhundert: weil sich erst in dieser Zeit, mit der Aufklärung, den Enzyklopädisten usf., ein Bewußtsein der erweiterten, nicht mehr allein europäisch zentrierten Geschichtsszene bei weiteren Bevölkerungskreisen zu verbreiten beginnt. Das Unternehmen ist nicht ohne Klippen: „Denkstrukturen" haben nun einmal nicht die gleiche Konsistenz wie Sozialstrukturen. Die Gefahr liegt nahe, daß man beim Versuch, „Geistesgeschichte" so unmittelbar zu fassen, in eindrucksvolle Unverbindlichkeiten gerät. Doch die heutige Mentalitätsforschung profitiert von der gewaltigen Ausdehnung der Quellenbasis durch die Sozialhistorie, sie ist dadurch gegen hermeneutische Alleingänge und unkontrollierten Tiefsinn besser gefeit als ihre Vorgänger.

Was aber sind Mentalitäten? Theodor Geiger hat sie frühzeitig definiert als „bewegende Kräfte" als eine geistig-seelische Disposition, als Prägung des Menschen durch eine soziale Lebenswelt und die in ihr gemachten Lebenserfahrungen. Mentalität ist subjektiv, formlos, fließend — und eben dadurch scharf unterschieden von Ideologie: „Mentalität ist eine Haut — Ideologie ein Gewand." Wenn es zutrifft, daß Mentalität bestimmt wird durch die beobachteten Merkmale der objektiven Lage, dann ist sie nichts anderes als verarbeitete Zeiterfahrung. Als bewegende Kraft muß ihre Gestalt und ihre Umformung — auch die Haut erneuert sich ja im biologischen Rhythmus — für den um Verständnis und Erklärung bemühten zurückblikkenden Historiker, aber auch für den in der Zeit handelnden Politiker von allerhöchstem Interesse sein. Beide haben, wenn sie sich nicht auf Spekulation oder auf die keineswegs repräsentativen — weil eine gesellschaftliche Elite darstellenden — Leitartikler und Kommentatoren verlassen wollen, als Sonde in dieses Lagebewußtsein der Bevölkerung allein die aktuellen oder archivalischen Daten der Demoskopie zur Verfügung. Die Demoskopie hat auch hier das eben schon erwähnte Privileg des direkten Zugriffs: Die Erforschung von Mentalität erfordert umfangreiche empirische Untersuchungen. Es gibt Anzeichen dafür, daß die Demoskopen dabei sind, die Relevanz der Mentalität für die Geschichtsforschung zu entdecken — die Demoskopen, die ja auch das Instrumentarium verwalten. Die Historiker kennen diese Relevanz längst, aber sie wissen, was die Zeitgeschichte angeht, noch nicht, wo die Instrumente bereitliegen. Daher muß die Frage, ob z. B. die Geschichte der Jahre zwischen 1963 und 1969 richtig geschrieben werden könne, „wenn man nichts mehr weiß von der gereizten Spannung, dem fiebrigen, auf Veränderung drängenden Meinungsklima, das damals alle Handelnden empfanden" unmittelbar an die Historiker weitergereicht werden; in der Tat kann Geschichte ohne solche Kenntnis eben nicht geschrieben werden — wie überhaupt die Geschichte dieser Republik nicht, wenn nicht die explosive Stimmung der fünfziger Jahre, die sich entfaltenden politischen und ökonomischen Antagonismen, wenn nicht die Entspannung, ja ruhige Stabilisierung bis zur Mitte der sechziger Jahre, ihr Zerbröckeln und ihr atemberaubender Verfall ab 1965 bzw. 1969— 1973 als erkenntnisträchtige Daten mit einbezogen werden.

Die Ursachen für das fiebrige Meinungsklima zwischen 1963 und 1969, um bei diesem Beispiel zu bleiben, lassen sich benennen. Es ist die demoskopisch gemessene Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit auf innen-, außenund wirtschaftspolitischem Gebiet, die den Wunsch entstehen ließ, aus dieser Spannung durch Veränderung zu fliehen: Es muß etwas geschehen! Die Daten können hier nicht im einzelnen ausgebreitet werden. Man kann sie nachlesen Aber die Leistungsfähigkeit des Instruments ist nachgewiesen. Es ist in diesem Bereich sogar besonders sensibel.

Wenn Mentalität sich wandelt, merken die Demoskopen es ohnehin zuerst; sie können es, ganz ungewollt, dadurch wahrnehmen, daß ihre erprobten Fragestellungen plötzlich nicht mehr greifen. Sie müssen verändert werden, weil sie den Befragten nicht mehr ansprechen. „Instrumentenverfall" nennt das die Fachsprache (Talcott Parsons). Instrumentenverfall durch Mentalitätswandel, wie ihn die Demoskopie auch hierzulande erleben mußte bei ihren Forschungen im Intimbereich der schonungslos befragten Nation. Auf die Frage: „Wenn ein Mädchen und ein junger Mann Zusammenleben, ohne verheiratet zu sein: Fin-den Sie, daß das zu weit geht, oder finden Sie nichts dabei?" antworteten junge Männer unter dreißig 1967 zu 48, 1973 zu 94 Prozent, junge Frauen zu 24 und zu 92 Prozent: „Finde nichts dabei". Es liegt auf der Hand, daß bei solch extremem Wandel heute nach weitergehenden Einstellungsveränderungen auf diesem Gebiet anders gefragt werden muß als in den sechziger Jahren. Dies nur als Beispiel.

Gerade im Bereich der Werte hat die Haut der Deutschen, ihre Mentalität, geradezu revolutionär anmutende Änderungen erfahren. Daß seit 1967 die „bürgerlichen Tugenden", oder wenigstens ein Teil von ihnen, die auch hierzulande seit der Zeit der Aufklärung ihren festen Platz hatten, extremem Verfall in allen Bevölkerungsschichten unterliegen, am radikalsten bei der jungen Generation, ist ein kulturhistorischer Befund von größter Bedeutung. Es ist historisch"" und politisch von erheblicher Tragweite, wenn die zusammenfassende These, aus umfassenden Daten abgeleitet, zutrifft, daß die Arbeiter im materiellen Bereich verbürgerlichen, daß aber im geistigen Bereich ein genereller Anpassungsprozeß an Unterschichtenmentalität sich vollzieht, ausgedrückt durch Arbeitsunlust, Ausweichen vor Anstrengungen, unmittelbarer Befriedigung statt langfristiger Zielspannung, Egalitätsstreben, Zweifel an der Gerechtigkeit für Belohnungen, Statusfatalismus Der Rück-gang „bürgerlicher Werte" hat sich auf dem Niveau von 1972 stabilisiert, d. h., ein starker Veränderungsprozeß ist mittlerweile zum Stillstand gekommen.

Vorbei scheint auch zu sein — um die „Haut" in einem zweiten Bereich zu untersuchen — der Drang zu revolutionärer Veränderung. Den Klassenkampf halten heute nicht mehr Menschen für notwendig als 1950, nach ganz anderen Werten zu Beginn der siebziger Jahre; Systemveränderung wünschen 1975 und 1976 noch ganze 10 Prozent überhaupt werden hohe Erwartungen ganz aktuell in die Leistungsfähigkeit des demokratischen Systems der Bundesrepublik zur Bewältigung der Zukunftsprobleme investiert. Mit einer Horrorliste an Problemen konfrontiert, glauben 70 % an die Problemlösungskapazität der demokratischen Staatsform. Das spricht für die Herausbildung einer demokratischen Mentalität hierzulande — ein gleichfalls nahezu revolutionärer Befund für den, dem die kanonisierten Thesen zur politischen Kultur in der Bundesrepublik geläufig sind, die von einem eher apathischen, obrigkeitsstaatlichen Verhältnis der Deutschen zur Politik wissen wollen Tatsächlich wird die politische Kultur gegenwärtig unter Rückgriff auf die demoskopischen Datenbänke neu untersucht — mit überraschenden Ergebnissen. Die Unterstützung für diese Demokratie und die Zufriedenheit mit ihr trotz aller Vorbehalte haben beachtliche Ausmaße angenommen. Wie die Daten zum politischen Interesse, zur Bereitschaft zur politischen Diskussion und zur Beteiligung an Bürgerinitiativen zeigen, hat auch die Fähigkeit zu aktiver politischer Partizipation zugenommen. Sie steht in nichts mehr jener in älteren Demokratien nach. Im Gegenteil: Entgegen den vielfältigen publizistischen Kassandrarufen stehen die Institutionen in Ansehen — auch das Parlament, auch Bundesrat und Föderalismus. Es zeigt sich insgesamt, daß die Wachstumstendenzen des politischen Interesses zurückzuführen sind auf wachsende Unterstützung für die Schlüsselwerte und -institutionen dieses politischen Systems. Politische Mobilisierung, früher Indikator für Sy-stemkrisen oder zumindest für Unzufriedenheit, hat sich gewandelt zu einem system-unterstützenden Prozeß

Gewiß sind wir befangen und neigen zur Vorsicht: Was sich aber aus den demoskopischen Daten, die immerhin zu Zeiten schlimmer wirtschaftlicher Rezession erhoben wurden, ergibt, kann nur als Aufbau — und zwar als sich stabilisierender Aufbau — einer demokratischen Mentalität in dieser Republik bezeichnet werden. Auch hier müssen zeitgeschichtliche Diagnosen, die zu warnenden Prognosen umgedeutet worden sind, korrigiert werden. Niemand wird gewiß vom Aufbau und von der Stabilisierung solcher mentaler Strukturen mehr überrascht sein als die Historiker. Der systemkritische Zweig der Politikwissenschaft ist empirisch ohnehin unbelehrbar, umdenken aber müssen auch eine Anzahl von Publizisten.

Ein drittes historisch interessantes Segment der Mentalität sind die Zukunftserwartungen Das ist keineswegs paradox; denn historisches Verständnis und historische Erklärung können nicht daran vorbeigehen, daß Zukunftsprojektionen und Zukunftserwartungen Handlungsmaßstäbe in der konkreten Gegenwart darstellen. Die Langzeitanalyse von 1952 bis 1976 offenbart, daß noch nie so wenig Menschen ein immer leichteres und so viele ein immer schwereres Leben erwartet haben wie zu dieser Zeit. Als Urheber für einen drastischen Stimmungseinbruch konnte der Schock der Ölkrise ermittelt werden. Daß inzwischen die Wissenschaft, und gerade auch jene, die vor nicht allzu langer Zeit mit großer publizistischer Unterstützung ihre apokalyptischen Beschwörungen in Umlauf gebracht hat, für die Menschheit wieder „neue Horizonte“ entstehen sieht, wie etwa der Club of Rome, daß Hermann Kahn und Wassily Leontief die bedrängenden Fragen nach Wachstum, Übervölkerung, Energie-und Rohstoffversorgung als schlimmstenfalls mittelfristig lösbare Übergangsprobleme klassifizieren, all das ist jedenfalls in der Bevölkerung in der Bundesrepublik noch nicht „angekommen". Im Vordergrund ihrer Zukunftserwartungen stehen ungelöste Probleme: Arbeitslosigkeit, Preissteigerungen, innere Sicherheit, Umweltschutz, Rohstoffversorgung und weltwirtschaftliche Entwicklung begründen eine besorgte Zukunftsstimmung. Historisch interessant ist dabei gerade das Anwachsen bestimmter Sorgethemen, das so aussagekräftig ist für das Bild einer Zeit: Im Dezember 1973 war das heutige Spitzenthema Arbeitslosigkeit im Sorgenkatalog noch gar nicht enthalten — übrigens ein Indiz für die Richtigkeit der These, daß heute fast nichts in der Welt ist, was sich nicht in den Akten der Demoskopie niederschlägt, zumindest was das öffentliche Bewußtsein anbetrifft. Ein Jahr später rangiert das Thema noch weit hinter der Inflationsangst. Erst im Dezember 1976 wird das Dauerthema Preissteigerungen verdrängt von der Sorge um die Arbeitslosigkeit: Die Bedeutungssteigerung des Themas verläuft ungefähr parallel zu seiner Verfestigung als strukturelles ökonomisches Problem, mit einem geringen zeitlichen Abstand. Eine verunsicherte Gesellschaft in Lebensangst — so etwa wird sich der Befund dem künftigen Historiker präsentieren. Zur „Haut", zur Mentalität, gehört ebenso die Frage: Auch eine Gesellschaft in Uberlebensangst? Es scheint so. Das frühere Selbstbewußtsein gegenüber dem Osten hat sich zwischen 1950 und 1975 gewandelt in ein Gefühl der Schwäche — vielleicht „historisch der wichtigste Vorgang im Bereich der Stimmungen, der Mentalität" Nicht mehr Amerika, sondern Rußland wird als mächtigster Staat der Zukunft gesehen (wobei sich zwischen 1975 und 1977 hier die Chance einer Trendwende andeutet) nicht der Westen, sondern der Osten gilt militärisch als überlegen, die westliche Lebensnorm gegen den Kommunismus zu verteidigen ist weniger bedeutsam, wichtiger ist, den Krieg zu vermeiden. Das Gefühl der Bedrohung ist noch immer stark, die Enttäuschung über die Ergebnisse der Ostpolitik allgemein. Der Historiker der Zukunft wird politische Entscheidungen von heute auch auf dem Hintergrund solcher mentaler außenpolitischer Verunsicherung unserer Bevölkerung zu beurteilen haben, die in der Demokratie ja ein Datum ist, an dem die verantwortliche politische Führung nicht einfach vorbeigehen kann.

IV. Demoskopie und Zeitgeschichte

Fragt man, was die Demoskopie zur Erhellung von Geschichte und Geschichtsbewußtsein beitragen kann, so wird man sich nicht lange bei der Kontrolle elementarer Geschichtskenntnisse der Bevölkerung durch Umfragen aufhalten. Wann der Erste Weltkrieg geendet hat, ob Luther vor oder nach dem Dreißigjährigen Krieg lebte — das zu erheben mag zwar speziell für den Historiker, Pädagogen, Politiker aufschlußreich sein, die Sache bleibt aber noch im Vorfeld der hier umrissenen Thematik. (übrigens sei erwähnt, daß der manchmal vermutete gänzliche Abbruch historischen Interesses, historischer Kenntnis bei der Bevölkerung jedenfalls nach den Erfahrungen des Allensbacher Instituts keineswegs zutrifft.) 1. Meßwerte zur Verarbeitung historischer Erfahrung Näher ins Zentrum führt die Messung eines anderen Vorgangs. Wie wird historische Erfahrung von der Bevölkerung verarbeitet? Die bürokratische „Bewältigung" des NS-Regimes in der unmittelbaren Nachkriegszeit stand in Gefahr, die Frage aus dem Auge zu verlieren, ob und inwieweit der Nationalsozialismus im öffentlichen Denken weiterlebte. Eine atemberaubende Momentaufnahme aus dem Jahre 1949 zeigt, daß damals das Dritte Reich von breiten Kreisen erstaunlicherweise noch immer so verstanden wurde, wie es dem Selbstverständnis der „Bewegung" entsprach: als Staat, in dem „Ordnung" herrschte; daß die geistige Kriminalität des Systems der Mehrheit nie klargeworden ist und seine Realität hinter der sozialen Fassade verborgen blieb; daß die Deutschen nie . unpolitischer’ waren als zur Zeit des Versuchs ihrer zwanghaften und totalen Politisierung, in der die politischen Entscheidungen ihrem persönlichen Einfluß entzogen waren, und sie dies auch so sahen Immerhin schätzten aber schon 1964 54 0/0 das Dritte Reich als Unrechtsstaat ein, und bei Personen mit hohem politischen Interesse wuchs zwischen 1959 und 1972 die ohnehin schon relativ starke Bereitschaft zu aktiver Opposition gegen ein eventuelles Wiederaufleben des Nationalsozialismus kontinuierlich. Andererseits ist die Überzeugung nahezu unbestritten (1969: 70 °/o), daß es gegen ihn zu Zeiten seiner Diktatur für die Bevölkerung „praktisch keine" Möglichkeit zum Widerstand gab. Wer könnte entscheiden, wieviel Entschuldigung und Entlastung angesichts der später erkannten historischen Wahrheit gegenüber der zeitgenössischen Gleichgültigkeit diese Daten in sich bergen?

Oder die Daten über den Antisemitismus, gleichfalls erhoben in den ersten Nachkriegsjahren (1949), hochinteressant zur histori-sehen Eingrenzung eines sozialpsychologischen Phänomens, ein zeitgeschichtlicher Beitrag zur Wirkung der NS-Propaganda, erschütternd hinsichtlich der offenbaren Gleichgültigkeit der Zeitgenossen: 65 °/o glauben, daß die NS-Propaganda den Antisemitismus vermehrt hat; 21 °/o geben zu, diese Propaganda gläubig aufgenommen zu haben; 7 % ge-ben immerhin zu, das Kainsmal des gelben Sterns mit Billigung, 16% mit Gleichgültigkeit aufgenommen zu haben.

Ambivalent bleibt die Frage der Überwindung des Antisemitismus. Die Pflicht zur Wiedergutmachung wird damals anerkannt von 54 %; aber die individuelle Haltung gegenüber den Juden ist demonstrativ antisemitisch bei 10 %, gefühlsmäßig ablehnend bei 13 %, reserviert bei 15 %, tolerant bei 40 %, demonstrativ freundlich bei 6 %, gleichgültig bei 15%. Aufschlußreich ist folgendes: Die Ursa-chen des Antisemitismus identifizieren 53 % in Eigenheiten der Volksgruppe, 12 % in der jüdischen Religion, nur % in der antisemitischen Propaganda (andere Gründe 8%, unentschieden 14 %) , 30).

Von der Verarbeitung historischer Erfahrung ist es nur ein kleiner Schritt zur Prüfung der Qualität politischer Systeme. Dabei kann die Demoskopie selbst handelnd die Bühne der Geschichte betreten: Erinnert sei an die Allensbacher Umfrage 1951 in Südtirol mit auswendig gelernten Fragebogen; die Ergebnisse wurden von Österreich den Vereinten Nationen vorgelegt. Ähnliche Erhebungen fanden statt im Saarland 1952, wo die entscheidenden Fragen (Anschluß an Deutschland oder Frankreich, Selbstständigkeit, Europäisierung) gleichfalls ohne schriftliche Unterlagen gestellt wurden Vorsicht war geboten; bei der Wiederholung 1955 wurden Interviewer verhaftet und die nicht bei Nacht und Nebel ins Bundesgebiet gebrachten Unterlagen eingezogen 2. Demoskopie und Legendenbildung Ein ausgiebiges Kapitel in dem noch zu schreibenden Buch Demoskopie und Geschichte kann das Thema Demoskopie und Legendenbildung beanspruchen. Wir erinnern uns, welche Rolle die Frage nach angeblich vertanen Chancen der Wiedervereinigung in der deutschen Nachkriegspolitik vor allem der sechziger Jahre gespielt hat Im Allensbacher Archiv gibt es dazu 1952— 1954 (bezeichnenderweise!) keine Frage; das Thema war zeitgeschichtlich nicht existent. Es taucht erst 1963 auf, nach Adenauers Rücktrittserklärung. Die Legendenbildung um Stalins Wiedervereinigungsangebot ist ein Kind dieser späteren — auch noch der siebziger Jahre. Die Erinnerung an das Sicherheitsbedürfnis war offensichtlich ausgelöscht. Das Sicherheitsbedürfnis gegenüber den Russen hatte zur fraglichen Zeit — 1952/53 — absolute Priorität. Solch eindeutigen Stimmungen hätte sich auch Adenauer nicht entziehen können, der die öffentliche Meinung oft genug bei den Hörnern packte; denn „all governments rest on opinion"

Bestand im Nachkriegsdeutschland die Gefahr einer neuen Dolchstoßlegende? Karl Dietrich Bracher schrieb im SPIEGEL am 13. März 1967: „Die Niederlage von 1945 war eindeutig, die von 1918, so schien es vielen Deutschen, nicht. Aber seit Jahren wächst die Zahl derer, die wieder von Verrat oder gar Dolchstoß sprechen." Sie wuchs nicht. Der demoskopische Befund weist die gegenteilige Tendenz nach. Als Ursache für die Niederlage galt „Verrat, Sabotage“ noch 1952 für 26 %, 1959 waren es noch 15%, 1967 noch 10%. Hier hat demoskopische Empirie die historische Spekulation klar widerlegt (was freilich noch nicht heißt, daß nicht solche Spekulationen trotzdem weiter blühen).

Was waren die Ursachen der Studentenrevolte von 1967? Die Öffentlichkeit stellt als Hauptmotiv gern die Arbeitsbedingungen an den Universitäten heraus. Der demoskopische Befund indes zeigt, daß die Ursachen gerade hier nicht lagen. Im Gegenteil: Demonstrationsneigung und Unzufriedenheit mit dem Verlauf des Studiums stehen in auffallend geringem Zusammenhang ohne daß dadurch die fast einhellige Forderung nach Hochschulreform tangiert würde. Aber bei den aktionistischen Ausbrüchen ging es nicht um die Hochschule, um die Wissenschaft, sondern um Grundsatzfragen der Politik. Darüber hinaus stützte sich dieser Aktionismus nicht auf ein generell gesteigertes politisches Interesse der Studenten, sondern fast ausschließlich auf das Engagement linker bis ultra-linker Richtungen. 3. Bevölkerung und politische Führung Öffentlich geäußerte Meinungen und öffentliche Meinung sind bekanntermaßen nicht identisch. Zumeist artikulieren sich nur Minoritäten. Für die politische Führung ist es wichtig, festzustellen, inwieweit sie sich — besonders bei außenpolitischen Fragen — in Übereinstimmung mit der Bevölkerung befindet. Bei den großen Grundentscheidungen der westdeutschen Außenpolitik nach 1949 ergibt sich aus dem demoskopischen Archivmaterial ein eindeutiges Bild: meßbar wachsende Zustimmung zur Westintegration, zur Aussöhnung mit Frankreich (beides gegen erhebliche Widerstände der Publizistik: man denke z. B. an das fast deutschnational argumentierende Pamphlet von Jens Daniel [= Rudolf Aug-stein], Deutschland — ein Rheinbund?), Bereitschaft zur Bereinigung der Probleme mit dem Osten, meßbare Frustration im Hinblick darauf, daß diese Bereinigung von der Gegenseite nicht honoriert wurde.

Oft ist Demoskopie in jenen Jahren ein Mittel gewesen, die Unterstützung der Bevölkerung für geplante politische Maßnahmen zu testen. Dies gilt vor allem für die Sozialpolitik: sowohl die Renten-wie die Krankenkassenreform sind durch demoskopische Umfragen teils vorbereitet, teils begleitet worden — insbesondere der historische Übergang von der Versicherungsregelung zum Generationenvertrag. Ähnliches gilt für das Pennälergehalt: Es war die Konsequenz der demoskopischen Einsicht (schon 19611) daß die Bildungschancen umgekehrt proportional zur Kinderzahl in den Familien war.

Im einzelnen müßte die Verbindung zwischen Umfragen und politischem Entscheidungsprozeß genauer untersucht werden: Welche Probleme stellten sich den Politikern, welche Fragen stellten sie ihrerseits der Demoskopie, welche Alternativen ergaben sich, wie war die Reaktion, die Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung von Meinung und Entscheidung? übrigens: Wenn der Politiker sondiert, wie-viel öffentliche Unterstützung er mobilisieren kann, mit wieviel Gegenwind er rechnen muß, so heißt das nicht, daß er sich dabei von den Ergebnissen der Meinungsforschung abhängig machen muß. Nur schwache Figuren segeln immer mit dem Wind. Zahlreiche unpopuläre Maßnahmen sind in der Geschichte der Bundesrepublik getroffen worden, obgleich die Politiker entgegenstehende Befunde der Demoskopen in Händen hatten: Das gilt für Erhards Durchsetzung der sozialen Marktwirtschaft und den damit verbundenen Verzicht auf Lohn-und Preisstopp ebenso wie für die Wiederbewaffnung, den Verzicht auf die Todesstrafe oder die Einführung der weißen Kreise (Mietfreigabe) bei naher Bundestagswahl.

I. Anregung und Erkenntnis

Mit diesem Rundblick mag es hier sein Bewenden haben. Der Durchgang durch einige Sachund Methodenprobleme von Historie und Demoskopie, begleitet von Beispielen aus dem Allensbacher Archiv, hat gewiß kein Lehrstück erbracht, aber doch, so hoffen wir, eine Reihe von Anregungen geboten. Die erste geht dahin (um es zu wiederholen), daß sich Historiker und Meinungsforscher gemeinsam der Aufgabe annehmen mögen, die demoskopischen Archive in die zeitgeschichtliche Arbeit einzubeziehen. Das ist keine unverbindliche Zukost ad libitum, sondern in vielen Fällen der einzige Weg, zu einem getreuen historischen Bild zugelangen. Die zweite Anregung zielt darauf ab, daß die in jenen Archiven (und in der Praxis der Demoskopie) schlummernden methodischen Einsichten und Erfahrungen mehr noch als bisher der universitären Sozialwissenschaft zugeführt werden (und umgekehrt): Beide können dabei nur gewinnen. Und endlich wünschen wir, daß von der demoskopischen Arbeit neue Impulse ausgehen mögen für eine zeitgerecht auf den Begriff gebrachte und zugleich ihrer Tradition verpflichtete Historik. Denn was in diesen Umfragen in unzähligen Fragen und Antworten niedergelegt ist — ist es nicht zugleich ein Beitrag zur Erkenntnis des Menschen, „wie er war, ist und sein wird“ (J. Burckhardt) und damit zur historia perennis seiner veränderlich-unveränderlichen Natur?

Fussnoten

Fußnoten

  1. Wir stützen uns hier auf das Archiv des Allensbacher Instituts für Demoskopie. Zu dessen dreißigjährigem Jubiläum ist die vorliegende Abhandlung entstanden.

  2. Dolf Sternberger, Geschichte als Erfahrung und Geschichte als Erkenntnis, in: FAZ v. 23. 7. 1977.

  3. Martin Spahn, Die Presse als Quelle der neuesten Geschichte und ihre gegenwärtigen Benutzungsmöglichkeiten, in: Internationale Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik (Berlin), Nr. 37 (September 1908), Sp. 1163.

  4. Dazu Ansgar Diller, Tondokumente als Dokumente der Geschichte, in: Studienkreis Rundfunk und Geschichte, Mitteilungen 4/1975, S. 23— 28.

  5. Wilhelm Bauer, Die moderne Presse als Geschichtsquelle, in: Zeitungsgeschichtliche Mitteilungen. Beiblatt zur Zeitschrift des Deutschen Vereins für Buchwesen und Schrifttum, Nr. 3/6 — 1921, S. 9.

  6. Gerd Eckert, Der Rundfunk in Archiven, in: Die Literatur 12/1937, S. 747.

  7. Vgl. Wilhelm Treue, Protokoll der Gründungsversammlung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte, Baden-Baden 1969, S. 17.

  8. Nach Spahn, Sp. 1165.

  9. Vgl.den Bericht von Franz-Josef Heyen, Kooperation zwischen Landesarchiven und Rundfunkarchi-ven, in: Studienkreis (vgl. Anm. 3), S. 29— 33.

  10. Bauer, a. a. O., S. 9.

  11. Hans-Joachim Schoeps, Was ist und was will die Geistesgeschichte? Uber Theorie und Praxis der Zeitgeistforschung, Göttingen u. a. 1959, bes. S 75. Vgl. auch Joachim H. Knoll, Das Verhältnis Osterreich/Preußen zwischen 1848 und 1866 im Spiegel liberaler Zeitungen, in: Publizistik 3— 4/1966, S. 265.

  12. Nach Franz Schneider, Pressefreiheit und politische Öffentlichkeit, Neuwied und Berlin 1966, S. 220.

  13. Wilhelm Mommsen, Die Zeitung als historische Quelle, in: Archiv für Politik und Geschichte 1/1926, S. 251.

  14. Winfried Lerg, Uber die Aussageanalyse audio-visueller Zeugnisse, in: Moltmann/Reimers (Hrsg.), Zeitgeschichte im Film und Tondokument, Göttingen 1970, S. 101.

  15. Sternberger, a. a. O.

  16. Das Jahr I. Irrtum und Prophetie der öffentlichen Meinung, IFD-Bericht 29 (1949) S. I.

  17. Theodor Geiger, Die soziale Schichtung des deutschen Volkes, Stuttgart 1932, S. 4.

  18. Ebenda, S. 77 ff., Zit. S. 78.

  19. Elisabeth Noelle-Neumann, Die Verklärung. Adenauer und die öffentliche Meinung 1949— 1976, in: Konrad Adenauer und seine Zeit, Bd. 2, Stuttgart 1976, S. 523 ff. (526 f.).

  20. Ebenda, S. 527.

  21. Ebenda, S. 526 f.

  22. Elisabeth Noelle-Neumann, Werden wir alle Proletarier?; Reformen in neuer Richtung, und: Die Lust an der Revolution erlosch, in: Die Zeit Nr. 25/1975, Nr. 26/1975, und Nr. 18/1976.

  23. IfD-Umfrage Nr. 3015, 3038 (1975; 1976/77) und 2081, 3002 (1972 und 1974).

  24. Gabriel A. Almond/Sidney Verba, The Civic Culture, Political Attitudes and Democracy in five Nations, Princeton 1963.

  25. David P. Conradt, Changing German Political Culture, Pre-Publication Copy, April 1977 (= Chap. 7 in: Almond/Verba, The Civic Culture Revisited, Princeton 1977).

  26. Vgl. IfD, Zukunftserwartungen. Entwicklungstendenzen, aktuelle und künftige Probleme aus der Sicht der Bevölkerung (1976).

  27. Noelle-Neumann, a. a. O., S. 527.

  28. IfD-Umfragen 065 (1953), 088 (1955), 1013 (1957), 1026 (1959), 1036 (1959), 251 (1961), 1063 (1962), 1118 (1961), 2015 (1966), 2048 (1969), 2092 (1973), 3015 (1975), 3039 (1977).

  29. IfD, Das Dritte Reich. Eine Studie über die Nachwirkungen des Nationalsozialismus, 19492. Vgl. zum folgenden u. a. auch: IfD-Umfragen 1090 (1964), 2048 (1909).

  30. IfD, Ist Deutschland antisemitisch? Ein diagnostischer Beitrag zur Innenpolitik, 1949.

  31. IfD, Die Stimmung an der Saar, 1952.

  32. IfD, Die Stimmung im Saargebiet, April 1955.

  33. Darstellung der Zusammenhänge bei E. Noelle-Neumann, a. a. O., (Anm. 19).

  34. K. D. Bracher, Wird Bonn doch Weimar?, in: Der Spiegel vom 13. 3. 1967, S. 60 f.

  35. IfD, Student und Politik. Ein Beitrag zur Frage nach der Ursache der Unruhe an den Universitäten, 1967.

  36. IfD, Die Rentenreform, 1956; Zur Reform der Krankenversicherung, 1958.

  37. IfD, Familie und Bildungschancen, 1961.

  38. E. Noelle-Neumann, Der vergessene Auftrag, in: Ludwig Erhard. Beiträge zu seiner politischen Biographie, Berlin 1972, S. 166 ff.

Weitere Inhalte

Heinrich Oberreuter, Dr. phil., geb. 1942, Studium der Politikund Kommunikationswissenschaft, Geschichte und Soziologie, Wissenschaftlicher Assistent und Lehrbeauftragter am Geschwister-Scholl-Institut der Universität München; 1970 Wiss. Mitarbeiter beim Deutschen Bundestag; seit 1971 Mitglied des Vorstandes der Deutschen Vereinigung für Parlamentsfragen; 1974 Preis des Bayerischen Landtages. N Veröffentlichungen u. a.: Parlamentarische Opposition. Ein internationaler Vergleich, Hamburg 1975; Politische Bildung. Grundlagen und Zielprojektionen für den Unterricht an Schulen, Stuttgart 19762 (Mitverf.); Parlament und Regierung. Ein Vergleich dreier Regierungssysteme, München 1977 (Mitverf.); Kann der Parlamentarismus überleben? Bund-Länder — Europa, Zürich 1977; Notstand und Demokratie, München 1977 (im Erscheinen).