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Wer verhalf der NSDAP zum Sieg? Neuere Forschungsergebnisse zum parteipolitischen und sozialen Hintergrund der NSDAP-Wähler 1924- 1933 | APuZ 28-29/1979 | bpb.de

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APuZ 28-29/1979 Wer verhalf der NSDAP zum Sieg? Neuere Forschungsergebnisse zum parteipolitischen und sozialen Hintergrund der NSDAP-Wähler 1924- 1933 Der deutsche Arbeiterwiderstand 1933— 1945 Deutsch-amerikanische Schulbuchrevision

Wer verhalf der NSDAP zum Sieg? Neuere Forschungsergebnisse zum parteipolitischen und sozialen Hintergrund der NSDAP-Wähler 1924- 1933

Jürgen W. Falter

/ 45 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Wahlerfolge der NSDAP stellen ohne Zweifel eine der wichtigsten Bedingungen für die Machtübernahme Hitlers im Jahre 1933 dar. Um so verwunderlicher ist es, daß die im einschlägigen Schrifttum über das Ende der Weimarer Republik vermittelten „Erkenntnisse" über die parteipolitische Herkunft und den sozialen Hintergrund der NSDAP-Wähler noch immer sehr dürftig, ja stellenweise schlichtweg falsch sind; oft stellen sie nicht mehr dar als wissenschaftlich unzureichend belegte Vermutungen. Ziel dieses Beitrages ist es, diese „wahlhistorische Folklore" mit den Resultaten neuerer, auch „härteren“ methodischen Anforderungen standhaltenden Untersuchungen zum nationalsozialistischen Wählerverhalten zu konfrontieren. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen, daß zwar die NSDAP bei allen Reichstags-wahlen nach 1928 stärker als jede andere Partei vom Zuzug ehemaliger Nichtwähler profitierten konnte, daß aber der Löwenanteil der Wechselwähler zur NSDAP von ehemaligen Anhängern der bürgerlichen Mittelparteien, der kleineren Interessen-und Regional-parteien, der Rechtsparteien und der SPD gestellt wurde. Lediglich die beiden katholischen Parteien und die KPD erwiesen sich gegenüber dem nationalsozialistischen Ansturm als weitgehend immun. Weiter zeigt sich, daß die NSDAP bis 1932 (wenn auch mit abnehmender Tendenz) sehr viel stärker von Männern als von Frauen gewählt wurde. Die größten Wahlerfolge erzielten die Nationalsozialisten in kleineren protestantischen Gemeinden und in den Agrargebieten Nord-, Mittel-und Ostdeutschlands; in katholischen Gegenden hingegen schnitten sie deutlich schlechter ab. Aufgegliedert nach der sozialen Schicht seiner Wähler war der Nationalsozialismus am erfolgreichsten beim Mittelstand, während er bei der Arbeiterschaft eher unterdurchschnittlich abschnitt; dennoch darf der Arbeiteranteil unter den NSDAP-Wählern nicht unterschätzt werden; genauere Zahlen fehlen jedoch bisher. Die Vermutung, daß Arbeitslose besonders häufig NSDAP gewählt hätten, ist — so allgemein formuliert — nicht länger haltbar; sie trifft lediglich für arbeitslose Angestellte zu, während arbeitslose Arbeiter sehr viel stärker zur KPD hin tendierten. Insgesamt zeigen sämtliche neueren Untersuchungen zum nationalsozialistischen Wählerverhalten, daß die Wählerschaft der NSDAP heterogener zusammengesetzt war und die Wählerbewegungen zum Nationalsozialismus viel komplizierter verlaufen sind, als allgemein angenommen wird. Daß in diesem Zusammenhang noch längst nicht alle Fragen zufriedenstellend beantwortet sind, steht dabei außer Frage.

Kaum ein anderer Abschnitt der deutschen Vergangenheit wurde von der Geschichtsforschung so intensiv durchleuchtet wie die Auflösungsphase der Weimarer Republik. Die wissenschaftliche Literatur über die Jahre 1928 bis 1933 würde inzwischen, stellte man sie zusammen auf, die Regale einer kleineren Stadtbibliothek zum Überquellen bringen. Erstaunlich ist angesichts der Flut von Abhandlungen über die letzten Jahre der Weimarer Republik, daß die im einschlägigen Schrifttum vermittelten „Erkenntnisse" über eine der wichtigsten Bedingungen der nationalsozialistischen Machtübernahme, die Wählerbewegungen zur NSDAP, noch immer sehr dürftig, ja stellenweise sogar schlichtweg falsch sind. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, daß viele der in historischen Abhandlungen und in deren Gefolge auch in Schulbüchern gemachten Aussagen über die Bedingungen nationalsozialistischen Wählerverhaltens bloße Annahmen darstellen, die entweder nie einer strengen erfahrungswissenschaftlichen Überprüfung unterzogen worden sind, obwohl ihr Vermutungscharakter nur selten offen gelegt wird, oder daß sie (wenn auch in gutem Glauben) auf methodisch und empirisch unzureichenden Analysen beruhen. Neuere historische Wahlanalysen über den Aufstieg der NSDAP, die diesem Mangel ab-helfen könnten, werden hingegen nur selten herangezogen. Vielfach sind sie hierzulande auch ganz einfach unbekannt, was nicht zuletzt der Tatsache zuzuschreiben ist, daß sie vor allem aus den USA stammen und größtenteils nur als Mikrofilm oder Fotokopie zugänglich sind. Aber auch die relativ intensive Diskussion, die seit rund zwanzig Jahren im internationalen Schrifttum über das sozial-strukturelle Profil und die parteipolitische Herkunft der verschiedenen Zuwandererwellen zum Nationalsozialismus ausgetragen wird, ist von der deutschen Geschichtswissenschaft nur zögernd zur Kenntnis genommen worden

I. Zur Zielsetzung der Arbeit

Aufgabe dieses Beitrages ist es, wie sein Untertitel deutlich zu machen versucht, die neueren, hauptsächlich nach 1970 erarbeiteten Forschungsergebnisse zum nationalsozia-listischen Wählerverhalten zusammenzustellen, um unzutreffende Vermutungen zu decouvrieren, offene Fragen, von denen es noch immer mehr als genug gibt, aufzuzeigen und künftigen Forschungsvorhaben den Weg zu weisen. Hierzu erscheint es notwendig, eingangs in der gebotenen Kürze und Einfachheit auf einige methodische Probleme einzugehen, die nicht nur dem historischen Wahliorscher das Leben schwer machen, sondern auch seine Resultate zwangsläufig relativieren. Erst wenn diese in der Natur der verfügbaren Daten liegenden Beschränkungen der Erforschung historischen Wählerverhaltens verdeutlicht worden sind, ist es möglich, die Aussagen über die soziale und parteipolitische Herkunft der NSDAP-Wähler angemes3 sen zu interpretieren und die dringend nötige Entmythologisierung der „wahlhistorischen Folklore" über den Nationalsozialismus voranzutreiben. Alle referierten Ergebnisse beziehen sich dabei, falls nicht ausdrücklich anders kenntlich gemacht, auf das Deutsche Reich als Ganzes, nicht auf regionale oder gar lokale Gegebenheiten, die sich durchaus vom Reichsdurchschnitt unterscheiden können. Derartige örtliche Besonderheiten wie etwa das frühzeitige überschwenken einiger streng katholischer Dörfer (z. B. im Allgäu oder in Niederbayern) zur NSDAP scheinen bei der Betrachtung auf Reichsebene nicht auf. Aus diesem Grunde können sie auch nicht als Gegenbeispiel für die hier geschilderten Tendenzen verwendet werden. Von der Durchschnittsbetrachtung auf Reichsebene her gesehen stellen sie nichts anderes dar als abweichende Fälle, die eher mit den Mitteln traditioneller historischer Lokal-und Regionalstudien als mit dem auf größere Datenmengen zugeschnittenen statistischen Instrumentarium des Wahlforschers untersucht gehören. Daß beide Ansätze wissenschaftlich legitim sind und sich gegenseitig ergänzen, steht außer Frage.

Wie aktuell die im folgenden angeschnittenen Probleme auch heute noch sind, zeigt die Haushaltsdebatte vom Herbst 1978 im Deutschen Bundestag, wo sich prominente Politiker aller drei Fraktionen die politische Abstammung ihrer Parteien und insbesondere die personelle Verquickung sowohl auf der Führungs-als auch auf der Wählerebene mit dem Nationalsozialismus und dem Kommunismus vorzuhalten versuchten. Dabei wurde natürlich auch allerlei historisch recht Gewagtes zum Besten gegeben. Vielleicht gelingt es mit diesem Aufsatz, einen kleinen Beitrag zur Versachlichung der politischen Ahnenforschung zu leisten. Daß die Untersuchung des nationalsozialistischen Wählerverhaltens jedoch ernsthafteren Zwecken dient, als Informationen für tagespolitische Auseinandersetzungen zu liefern, dürfte offenkundig sein: erfahren zu wollen, was weit über ein Drittel der deutschen Wahlberechtigten dazu getrieben hat, für die bisher unmenschlichste aller totalitären Parteien zu stimmen und den sozialen und parteipolitischen Hintergrund des NSDAP-Wahlverhaltens aufzudecken versuchen, sollte keiner besonderen Legitimation bedürfen.

Neben der Befriedigung historischer Wißbegier dient die Beantwortung dieser Fragen jedoch auch demokratietheoretischen Zwecken. Sie vermittelt uns wichtige Informationen über die Bedingungen politischer Stabilität und Instabilität von demokratischen Systemen und trägt damit zur sozialwissenschaftlichen Theoriebildung bei. Nicht zuletzt aus solchen Erwägungen heraus sind einige der wichtigsten, weiter unten ausführlicher referierten Untersuchungen des nationalsozialistischen Wählerverhaltens entstanden.

II. Methodische'Probleme historischer Wahlanalysen

Die eingangs getroffene Feststellung, daß die in vielen Darstellungen über das Ende der Weimarer Republik vermittelten wahlsoziologischen „Erkenntnisse" dürftig, ja teilweise sogar falsch seien, wird den Kenner des Schrifttums überraschen. Immerhin hat sich schon relativ früh eine weitreichende, wenn auch bei genauerem Hinsehen recht brüchige und in sich widersprüchliche Übereinkunft über die politische Heimat und den sozial-strukturellen Hintergrund der NSDAP-Wähler herausgebildet. Unter Berufung auf zeitgenössische Wahlanalysen und auf Untersuchungen vor allem der Nachkriegszeit und der fünfziger Jahre erweckt dieser Konsens den Eindruck, als ob praktisch alle wichtigen Fragen zum nationalsozialistischen Wähler-verhaltenzufriedenstellend geklärt seien Neuere deutsche Untersuchungen sind entsprechend selten und beschränken sich im 3 allgemeinen auf lokale und regionale Aspekte

Tatsächlich sind jedoch die meisten der Studien, auf die sich die erwähnte Übereinkunft beruft, methodisch so bieder und statistisch unaufgeklärt, daß ihre Ergebnisse nur als eine Art wahlhistorischer Folklore angesehen werden können, die, wie alle Volksweisheiten, wahre, halbwahre und ganz falsche Aussagen umschließt. So werden zum Beispiel Veränderungen der Parteien auf Reichsebene zwischen zwei Reichstagswahlen nicht selten in einer Weise gedeutet, als schlügen sich in ihnen die stattfindenden Wählerwanderungen stets eindeutig und im Wahlergebnis direkt ablesbar nieder; die Möglichkeit unterirdischer, sich im Saldo teilweise ausgleichender und daher im Wahlresultat nur unvollständig aufscheinender Wählerströme wird in den meisten dieser Studien erst gar nicht erwogen. Eine gewisse wahlsoziologische Uninformiertheit kennzeichnet denn auch die meisten der vorliegenden wahlhistorischen Analysen zur NSDAP. Die Schwierigkeiten, auf die praktisch alle historischen Wahluntersuchungen stoßen, sind einem Großteil der Au-toren, die über die Bedingungen nationalsozialistischen Wählerverhaltens geforscht haben, anscheinend gar nicht bewußt Sie sollen deshalb, wenn auch zwangsläufig stark verkürzt, im folgenden wenigstens soweit angesprochen werden, daß der mit ihnen nicht vertraute Leser einen Eindruck von den Problemen gewinnt, denen sich Analysen zeitlich weiter zurückliegenden Wahlverhaltens gegenübersehen. Neben der oft schwierigen Quellenlage ist das Hauptproblem bei der Untersuchung historischen Wählerverhaltens die Tatsache, daß die verfügbaren Daten für Wahlanalysen konventionellen Zuschnitts, wie sie uns die demoskopischen Institute liefern, relativ ungeeignet sind. Technisch gesprochen: Untersuchungs-und Aussagenebene klaffen bei der Analyse nationalsozialistischen Wählerverhaltens auseinander. Während für nahezu alle Wahlen nach dem Zweiten Weltkrieg Umfragedaten vorliegen, die es uns ermöglichen, über das Wahlverhalten der uns interessierenden sozialen Gruppen direkte Aussagen zu machen (die etwa die Form annehmen können: katholische Arbeiter in Bayern haben zur Hälfte für die CSU gestimmt, katholische Landwirte hingegen zu 90%), stehen uns für die Zeit davor lediglich die Daten der offiziellen Statistik zu Verfügung 4a). Diese Daten jedoch sind stets schon von den Statistischen Ämtern verarbeitet. So liegen Informationen über das Wahlverhalten immer nur auf der Ebene bestimmter Gebietseinheiten — wie z. B. Gemeinden, Landkreisen oder anderen Verwaltungsgliederungen — vor. Das gleiche gilt für die Daten der verschiedenen Volkszählungen und der Wirtschaftsstatistik, die mit den Wahldaten in Beziehung gesetzt werden, um Informationen über das Wahlverhalten der verschiedenen sozialen Gruppen zu erhalten.

Strenggenommen kann der historische Wahl-forscher daher keine Aussagen darüber machen, wie etwa die evangelischen Selbständi-gen in norddeutschen Mittelstädten abgestimmt haben — ein Ergebnis, das uns die Umfrageforschung ohne große Umstände liefern könnte, hätte es sie damals schon gegeben. Was die historische Wahlanalyse nur zu leisten vermag, sind Angaben über das Wahlverhalten in Gemeinden mit z. B. einem geringen Anteil von protestantischen Selbständigen an der Wohnbevölkerung ect. Stellt sie fest, daß 1930 in derartigen Gemeinden die NSDAP sehr viel schlechter abgeschnitten hat als in Gemeinden mit einem hohen Prozentsatz von evangelischen Selbständigen, so bedeutet das nicht zwangsläufig, daß es tatsächlich diese Bevölkerungsgruppe war, die für die nationalsozialistischen Wahl-erfolge verantwortlich zu machen ist. Ebenso gut könnten, rein rechnerisch gesehen, die nationalsozialistischen Stimmen in den Gemeinden mit sehr viel protestantischen Selbständigen von Angestellten und Beamten oder gar Arbeitern kommen. Ohne zusätzliche Informationen oder statistische Annahmen ist diese Frage nicht zu entscheiden.

Das Gleiche gilt für die Analyse von Wähler-wanderungen. Die Tatsache, daß die NSDAP bei der Juliwahl von 1932 dort besonders hohe Stimmengewinne erzielen konnte, wo die bürgerlichen Mittelparteien gegenüber 1930 besonders hohe Verluste hinnehmen mußten, erlaubt in einem Vielparteiensystem nur dann den Schluß, daß es vor allem die bürgerlichen Wähler waren, die 1932 zum Nationalsozialismus überliefen, wenn ganz bestimmte statistische Verteilungsannahmen eriüllt sind. Deren wichtigste ist die Voraussetzung, daß (unabhängig von der absoluten Größenordnung der bürgerlichen Verluste) die relalive Tendenz dieser Abwanderer, für die NSDAP zu stimmen, stets gleich groß war oder doch nur gewissen, über alle Gemeinden sich gegenseitig aufhebenden Schwankungen unterlag. Die statistischen Gründe für diese Forderung zu erläutern, würde zu weit führen; Interessierte seien auf das einschlägige Schrifttum verwiesen Bedeutsam für die Zwecke dieses Beitrages ist jedoch die Feststellung, daß von einer Erfüllung der genannten Voraussetzung nicht immer ausgegangen werden kann. Schwerwiegende Fehlschlüsse können dann die Folge sein.

Weiter ist es wichtig, mögliche „ Störfaktoren " wie z. B. die Konfessionsverteilung oder die Agrarverschuldung statistisch zu kontrollieren, wenn man etwa den Zusammenhang zwischen Berufsstruktur und NSDAP-Stimmenanteil feststellen will. Dies jedoch ist, vor allem wenn es sich um die Kontrolle mehrerer potentieller „Störfaktoren" handelt, nur möglich, falls geeignete statistische Verfahren eingesetzt werden. Diese Verfahren, zu denen beispielsweise die multiple Regressionsanalyse zählt, liegen seit geraumer Zeit vor; in wahlhistorischen Untersuchungen jedoch werden sie nur höchst selten eingesetzt 5a). So verwenden von den mir bekannten rund fünfzig empirischen Untersuchungen zum nationalsozialistischen Wählerverhalten nur ganze fünf oder sechs derartige Verfahren. Auf sie werden sich die nachfolgenden Ausführungen in der Hauptsache stützen.

Festzuhalten bleibt als Ergebnis dieser knappen Ausführungen über die methodischen Probleme historischer Wahlanalysen, daß sich —-strenggenommen — aufgrund des verfügbaren Datenmaterials nur Aussagen machen lassen, die sich auf der Ebene von Gebietseinheiten bewegen, also z. B. Auskunft darüber geben, welche Erfolge der Nationalsozialismus in Gemeinden mit einer gegebenen Arbeitslosenquote erzielen konnte, oder wie sich die NSDAP in Gebieten mit hohen oder niedrigen Verlusten der DNVP (Deutschnationale Volkspartei) entwickelte.

Aussagen hingegen, die aus der Tatsache eines positiven Zusammenhangs zwischen Arbeitslosenanteil und NSDAP-Gewinnen schließen, daß die NSDAP besonders stark von Arbeitslosen gewählt worden sei, sind stets risikobehaftet. Wenn ich im folgenden daher solche Aussagen selber treffe, sind sie stets mit der Einschränkung zu betrachten, daß sie nur gelten, falls bestimmte Verteilungsannahmen zutreffen oder spezielle statistische Kontrollverfahren durchgeführt wur-den, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann, die aber in meinem oben erwähnten Aufsatz eingehender behandelt werden (vgl. Anmerkung 4). Diese Kontrollver-fahren werden jedoch in praktisch keiner der mir vorliegenden Untersuchungen des nationalsozialistischen Wählerverhaltens verwendet.

III. Zur „wahlhistorischen Folklore" des NS-Wählerverhaltens

Wie alle „Volksüberlieferungen" (Duden) enthält Folklore Wahres und Falsches, überholtes und noch Gültiges, Erkenntnisse und Vorurteile. So gesehen trifft die Charakterisierung der wahlhistorischen Übereinkunft über das nationalsozialistische Wählerverhalten als „Folklore" diese recht genau. Eines der Hauptanliegen dieses Aufsatzes ist es, diese Folklore im Lichte der neueren, auch härteren methodologischen Maßstäben standhaltenden Untersuchungen zu überprüfen und, soweit möglich, das Richtige vom Unrichtigen zu trennen. Hierzu habe ich im folgenden einige Aussagen der „wahlhistorischen Folklore" zum Nationalsozialismus zusammengestellt. Sie sieht wie folgt aus:

Der Aufstieg der NSDAP bei den Reichstags-wahlen von 1930 aus der Obskurität einer rechtsradikalen Splitterpartei zur zweitstärksten Partei des Reichstags erfolgte für viele Betrachter der politischen Szene überraschend wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Der Sprung von 2, 60/0 auf 18, 3% der gültigen Stimmen sei dabei in erster Linie der Auflösung des bürgerlich-liberalen Lagers zu verdanken gewesen, dessen Anhänger als erste der NSDAP zuströmten. Von ehemaligen DNVP-Wählern und Nichtwählern hingegen habe die NSDAP ebensowenig in nennenswertem Ausmaße profitieren können wie von den Jungwählern. Um die politisch bekanntermaßen apathischen Nichtwähler und Jungwähler für sich zu mobilisieren, sei sie 1930 noch nicht bekannt genug gewesen. Dies sei ihr erst bei der Juliwahl 1932 gelungen, wo sie ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln konnte und auf 37, 4 % der gültigen Stimmen anwuchs (Lipset). Die NSDAP war nun mit weitem Abstand die stärkste politische Kraft im Reich. Bei der Novemberwahl des gleichen Jahres, wo die Wahlbeteiligung von 84 °/o auf 80, 6 °/o zurückging, habe sie natürlich einen Teil dieser ehemaligen Nichtwähler wieder verloren; sie schrumpfte auf 33, 1 % der Stimmen. Doch schon im März 1933, wo es ihr schließlich bei einer bis dahin unerreicht hohen Wahlbeteiligung von 88, 7 % gelang, 43, 9 % der Stimmen auf sich zu vereinigen und zusammen mit ihrem Koalitionspartner, der DNVP, die absolute Mehrheit zu erringen, seien ihr diese und weitere Nichtwähler von 1932 wieder zugeströmt. Angesichts der Parallelität der Schwankungen von Wahlbeteiligung und NSDAP-Stimmen könne daher davon ausgegangen werden, daß die NSDAP einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Wahlerfolge der gestiegenen Wahlbeteiligung zu verdanken gehabt hätte.

Die ehemaligen Wähler der bürgerlichen Mittelparteien wie auch die früheren Anhänger der verschiedenen Regional-und Interessen-parteien seien nahezu geschlossen zur NSDAP abgewandert. Die DNVP hingegen konnte ihren Wählerstamm von 1930 in etwa halten. Die beiden katholischen Parteien, das Zentrum und die Bayerische Volkspartei, bljeben sogar nahezu vollständig intakt. Das gleiche gilt für den Block der beiden sozialistischen Parteien SPD und KPD; die Anteile, die die SPD verloren habe, seien fast vollständig der KPD zugute gekommen. Die NSDAP habe von der SPD-Abwanderung daher nicht in nennenswertem Ausmaße profitieren können. Hingegen lasse sich vor allem 1932 ein nicht zu übersehender Wähleraustausch zwischen KPD und NSDAP beobachten; auch 1933 sei es der NSDAP nochmals gelungen, kommunistische Abwanderer zu sich herüberzuziehen. Angesichts der gemeinsamen Wesenszüge der beiden totalitären Parteien sei die psychologische Barriere für viele politisch und sozial entwurzelte kommunistische Protestwähler zur NSDAP anscheinend doch geringer gewesen, als das die weltanschauliche Distanz der beiden Parteien habe erwarten lassen (Milatz).

Erhebliche Mitverantwortung für den raschen Aufstieg der NSDAP nach 1928 trügen die deutschen Frauen, die Hitler und seiner Bewegung schon früh in hellen Scharen zugeströmt seien, was auf ihre generell niedrige Parteibindung und die damit einhergehende geringere Immunisierung gegenüber radikalen Strömungen zurückgeführt werden könne. Die Männer hingegen, die ja schon wesent7 lieh länger das allgemeine Wahlrecht besaßen und daher mehr Zeit fanden, sich in das traditionelle Parteiensystem zu integrieren, hätten ihren angestammten Parteien, die für sie lange Jahre eine Art politischer Heimat bedeuteten, erheblich länger die Treue gehalten (Geiger).

Der Nationalsozialismus wuchs in erster Linie unter ländlichen und mittelklasseorientierten Bedingungen. Bei Arbeitern und in den Städten hingegen hatte er sehr viel weniger Erfolg. In den größeren Städten nahm sein Anteil mit wachsender Einwohnerzahl sogar ab. Allerdings sei er im Gefolge der Weltwirtschaftskrise gerade dort von vielen arbeitslosen Arbeitern und Angestellten gewählt worden. Ganz generell hätten die Wähler der NSDAP stärker als andere unter der Krise zu leiden gehabt. Dies zeige nicht nur der Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und NS-Wahlverhalten, sondern auch die Tatsar ehe, daß die NSDAP in Gebieten mit hoher Agrarverschuldung deutlich stärkere Gewinne habe erzielen können als in Regionen mit geringerer landwirtschaftlicher Verschuldung (Heberle; Kaltefleiter).

Am stärksten sei die NSDAP von Angehörigen des alten und des neuen Mittelstandes — also von Handwerkern, kleinen Geschäftsleuten, mittelständischen Bauern sowie von Angestellten, Beamten und Freiberuflern — gewählt worden. Dies gelte in besonders ausgeprägtem Maße für Mitglieder des kleinen Mittelstandes. Der obere Mittelstand hingegen und die Oberschicht hätten sich als weitaus resistenter gegenüber dem Nationalsozialismus erwiesen; ihre Angehörigen seien bei ihren traditionellen konservativen Parteien geblieben, d. h. in erster Linie bei der DNVP (Lipset).

Die beiden wichtigsten Resistenzfaktoren überhaupt seien jedoch die Bindung an die katholische Kirche und die Mitgliedschaft in einer sozialistischen Gewerkschaft gewesen. Kirchentreue Katholiken blieben bis ins Jahr 1933 dem Zentrum bzw.der Bayerischen Volkspartei verbunden, während die Gewerkschaftsmitglieder ihre Stimme der SPD oder der KPD gegeben hätten.

Alles zusammengenommen war der idealtypische NSDAP-Wähler, der dem typischen NSDAP-Mitglied in dieser Hinsicht sehr ähnlich gewesen sei, nach Ansicht der „wahlhistorischen Folklore" „ein selbständiger protestantischer Angehöriger des Mittelstandes, der entweder auf einem Hof oder in einer kleinen Ortschaft lebte und der früher für eine Partei der politischen Mitte oder für eine regionale Partei gestimmt hatte, die sich der Macht und dem Einfluß von Großindustrie und Gewerkschaften widersetzte"

Soweit die Darstellung des Bildes, das sich die „wahlhistorische Folklore" vom nationalsozialistischen Wähler macht; naturgemäß handelt es sich hierbei um eine Auswahl von Aussagen, die sich durch andere, teilweise diametral entgegengesetzte, ersetzen ließen. Dies deutet auf die ungenügende empirische Absicherung der meisten dieser Aussagen hin; tatsächlich überwiegt, wie schon erwähnt, der Vermutungscharakter.

Einige der Aussagen sind richtig, andere zumindest nicht völlig falsch, sondern lediglich zu undifferenziert; viele jedoch halten einer genaueren Nachprüfung nicht stand. Sie müssen im Lichte der neueren Erkenntnisse, die im folgenden eingehender dargestellt werden sollen, gründlich revidiert werden.

IV. Die parteipolitische Herkunft der NSDAP-Wähler

Es ist nicht erstaunlich, daß sich die meisten Untersuchungen des nationalsozialistischen Wählerverhaltens auf den Zeitraum zwischen 1930 und 1933 konzentrieren, da erst nach 1928 die NSDAP aus ihrem Schattendasein hervortrat. Verwunderlich ist jedoch die Tatsache, daß nur eine einzige der mir bekannten eingehenderen wahlhistorischen Analysen auf Reichsebene die Veränderung der NSDAP-Anhängerschaft zwischen 1924 und 1932 untersucht. Es handelt sich hierbei um eine bisher unveröffentlichte und auch nicht allgemein zugängliche Arbeit von Thomas Childers, deren wichtigste Ergebnisse 1976 in einem Aufsatz im „Journal of Contemporary History" zusammengefaßt worden sind Sein für unsere Zwecke vielleicht bedeutsamstes Resultat ist die Erkenntnis, daß zwischen den NSDAP-Wählern der zwanziger und denen der dreißiger Jahre weitreichende Unterschiede festzustellen sind. Daher erscheint es als nicht zulässig, aus unseren Kenntnissen über die Zusammensetzung der NSDAP-Anhängerschaft der dreißiger Jahre auf die der zwanziger Jahre zurückzuschließen.

Ein anderer Autor, Loren K. Waldman, deckt in seiner gewichtigen, methodisch und theoretisch hochentwickelten, aber leider ebenfalls bisher unveröffentlichten Untersuchung des nationalsozialistischen Wählerverhaltens auf, daß zwischen den Mitgliedern und den Anhängern der NSDAP gravierende Unterschiede bestehen (z. B. ist die Landbevölkerung unter den Mitgliedern unterrepräsentiert, während sie unter den Anhängern überdurchschnittlich häufig vertreten ist); es ist daher nicht zulässig, die Informationen, die wir über die soziale Zusammensetzung und die Entwicklung der NSDAP-Mitglieder besitzen, pauschal auf die Wähler der NSDAP zu übertragen

Leider befaßt sich Childers Studie nicht mit der parteipolitischen Herkunft, sondern nur mit dem sozialstrukturellen Hintergrund der NSDAP-Anhänger. Umfassendere Informationen über Wählerwanderungen zwischen den Parteien und das Verhalten der Nichtwähler liegen dagegen erst für die Reichstagswahlen von 1930— 1933 vor. Die Untersuchung der politischen Herkunft der NSDAP-Anhänger vor 1930 steht noch aus; für den statistisch versierten Wahlhistoriker bietet sich hier ein lohnendes Forschungsfeld. Es verdient jedoch an dieser Stelle festgehalten zu werden, daß der Erfolg der NSDAP bei den Reichstags-wahlen von 1930 nicht ganz so überraschend und aus heiterem Himmel kam, wie das manchmal zu lesen ist; denn bereits in den 1929 stattfindenden Landtagswahlen in Sachsen, Baden und Thüringen sowie in den Kommunalwahlen in Preußen und Hessen konnte sie ihre Stimmen „geradezu sensationell" vervielfachen, wie Carl Mierendorff in seinem hellsichtigen Aufsatz über „Gesicht und Charakter der nationalsozialistischen Bewegung" schon 1930 schreibt. In diesem Aufsatz weist er darauf hin, daß bereits bei den Reichstagswahlen von 1928, trotz eines nominellen Stimmenrückgangs der Nationalsozialisten gegenüber 1924 — der in erster Linie in den nord-und ostdeutschen Wahlkreisen zu verzeichnen war und ein Resultat der Ab-spaltung der „völkischen" Wähler der rechtsradikalen Freiheitspartei darstellte —, „die eigentliche Hitler-Bewegung von Schleswig-Holstein bis zum Bodensee und der Zugspitze wieder im Vormarsch (war), der dann in den Kommunalwählen Herbst 1929 seine natürliche Fortsetzung fand"

Das häufig in der historischen Literatur anzutreffende Argument: erst das Zusammengehen mit rechtsbürgerlichen Kreisen um Hugenberg und den Stahlhelmführer Seldte im Kampf gegen den Young-Plan habe Hitler quasi hoffähig, und damit für Anhänger der bürgerlichen Parteien wählbar gemacht, was letztlich den Stimmenzuwachs, von 1930 überhaupt erst ermöglicht habe, wird durch diese Diagnose, die auch von dem polnischen Historiker Jerzy Holzer in seinem Buch über die zwischen 1928 und 1930 stattfindenden Wahlen unterstützt wird, in seiner Bedeutung zumindest relativiert. Immerhin gelang es der NSDAP bereits in der sächsischen Landtagswahl vom Mai 1929, also " vor dem Eintritt der NSDAP in den Ausschuß gegen den Young-Plan, ihren Stimmenanteil gegenüber der Landtagswahl 1926 zu verdreifachen und gegenüber der Reichstagswahl 1928 nahezu zu verdoppeln. Auch wurde die NSDAP schon vor 1928 von Teilen des alten Mittelstandes durchaus als wählbar angesehen; bereits 1924 konnte sie im Gefolge der Inflation auch bei Beamten und Pensionären relativ starke Erfolge erzielen. Dies zeigt, daß es für weite bürgerliche Kreise nicht erst des Zusammengehens mit Hugenberg und Seldte bedurfte, um Vorbehalte gegenüber Hitler und seiner Bewegung abzulegen Von nicht zu unterschätzender Bedeutung für den raschen Aufstieg der NSDAP nach 1928 war vermutlich zum einen die bereits von Carl Mierendorff erwähnte organisatorische Konsolidierung der Partei, zum anderen die ab 1928 erfolgende Umorientierung der Propaganda auf eine neue Klientel, die sich im Gefolge der Agrar-und der allgemeinen Wirtschaftskrise gegenüber dem Nationalsozialismus sehr viel aufgeschlossener erwies als die ursprünglich angezielten deutschen Arbeiter: die Bauern und der Mittelstand

Wahlbeteiligung und NSDAP-Erfolge Die Vermutung, daß die NSDAP besonders häufig von ehemaligen Nichtwählern die Stimme bekommen habe und dadurch einen erheblichen Teil ihres Zuwachses der gestiegenen Wahlbeteiligung zu verdanken habe, wurde schon früh geäußert sie fand folgerichtig dann auch Aufnahme in das Repertoire der deutschen Geschichtsschreibung über das Ende der Weimarer Republik. So ist etwa Milatz der Ansicht, daß der NSDAP-Aufstieg von 1930 hauptsächlich von ehemaligen Nichtwählern der Reichstagswahl von 1928 verursacht worden sei. Bei der Juliwahl 1932 hingegen sei der nochmalige dramatische Zuwachs der NSDAP eher auf den Zuzug von ehemaligen Anhängern der Mittel-und Rechtsparteien zurückzuführen. Genau die entgegengesetzte Auffassung vertritt Lipset mit seiner bereits skizzierten Hypothese über den Faschismus als Extremismus der Mitte. Seiner Ansicht nach konnte die NSDAP erst bei den Juliwahlen 1932 in größerem Ausmaße von ehemaligen Nichtwählern profitieren; der Löwenanteil ihres Zuwachses von 1930 komme von radikalisierten ehemaligen Wählern der liberalen Parteien.

Während Milatz nicht angibt, worauf er seine These gründet, stützt sich Lipset bei seiner empirischen Analyse auf zu große Gebietseinheiten, die 35 Wahlkreise des Reiches, und verwendet extrem fehlschlußgefährdete statistische Auswertungsverfahren, die seine These nur bedingt zu untermauern vermögen. Es ist daher nur konsequent, daß sich über die Stichhaltigkeit beider Annahmen eine intensive wissenschaftliche Diskussion mit zum Teil sehr kontroversen Ergebnissen entspann, die bis heute die umstrittenen Einzelheiten nicht restlos klären konnte.

Als gesichert angesehen werden kann, daß beide Positionen, deren eine in der internationalen Diskussion ehei mit dem Namen von Reinhard Bendix als mit dem von Alfred Milatz verbunden ist, weder ganz richtig noch ganz falsch sind, sondern jeweils Aspekte verabsolutieren. Hinzu kommt, daß beide für eine strenge empirische Überprüfung nicht ausreichend präzise formuliert worden sind: Wählten die meisten Nichtwähler von 1928, die 1930 abgestimmt haben, NSDAP? Oder erhielt die NSDAP aus dieser Gruppe lediglich mehr Stimmen als jede andere Partei? Kam gar die Mehrzahl der NSDAP-Anhänger von 1930 aus dem Kreis der Nichtwähler von 1928? Oder waren die Nichtwähler von 1928, die 1930 zur Wahl gingen, nur die größte Einzelquelle des NSDAP-Zuwachses? Analog lassen sich diese Fragen natürlich auch auf die Wahlen der Jahre 1932 und 1933 übertragen 13a).

Die erwähnten neueren Untersuchungen Waldmans, Wernettes und Meckstroths zu diesem Fragenkomplex stimmen darin überein, daß der Übergang vom Nichtwählen zum Wählen und umgekehrt erheblich komplexer verlief, als das die beiden Ausgangshypothesen vermuten lassen. Sie zeigen ferner, daß die NSDAP bei den Reichstagswahlen 1930, 1932 (Juli) und 1933 vom Anstieg der Wahlbeteiligung profitieren konnte und umgekehrt bei den Novemberwahlen 1932 auch wieder Wähler ans Nichtwählerlager verlor, als die Wahlbeteiligung zurückging. Und schließlich sind sich die drei Untersuchungen darin einig, daß die NSDAP 1933 am stärksten und 1930 am geringsten aus dem Anstieg der Wahlbeteiligung Gewinn ziehen konnte. Hingegen unterscheiden sich die drei Arbeiten in den errechneten Größenordnungen des Zustroms von Nichtwählern zur NSDAP.

Als relativ gesichert kann weiter angesehen werden, daß von den Nichtwählern der jeweils vorangegangenen Wahl mehr Stimmen für die NSDAP als für irgendeine andere Partei abgegeben wurden. Doch stellten die NSDAP-Anhänger unter den ehemaligen Nichtwählern 1930 vermutlich noch nicht einmal die Hälfte und 1932 nur knapp mehr als die Hälfte aller Wähler, die bei der jeweils vorausgegangenen Wahl nicht abgestimmt hatten; nur 1933 entschieden sich die weitaus meisten Nichtwähler vom November 1932 für die Liste Hitlers. Aus diesen Ergebnissen läßt sich ablesen, daß nicht nur die NSDAP vom Anstieg der Wahlbeteiligung profitieren konnte, sondern auch die übrigen Parteien; dies vor allem, wenn sie, wie die NSDAP, in Opposition standen. Deutlich geworden sein sollte aus diesen Resultaten, daß beide Hypothesen'in der beschriebenen Form nicht aufrechterhalten werden können, obwohl einiges darauf hindeutet, daß Lipset den Trend der Nicht-wähler zur NSDAP insgesamt etwas besser eingeschätzt hat als Bendix oder Miiatz

Bei den Märzwahlen 1933 wuchs die Wahlbeteiligung nochmals beträchtlich; insgesamt gingen rund 3, 5 Millionen Wähler mehr als im November 1932 zur Abstimmung. Die NSDAP nahm um rund 5, 5 Millionen Stimmen zu. Selbst wenn man berücksichtigt, daß sie stärker als die anderen Parteien von der gestiegenen Wahlbeteiligung profitieren konnte, wird klar, daß die NSDAP, wie schon bei den vorangegangenen Wahlen, ihre Erfolge nicht nur dem Zuzug ehemaliger Nichtwähler, sondern auch (Und vor allem) der Zuwanderung ehemaliger Anhänger der übrigen Parteien zu verdanken hatte. Von den Stimmengewinnen der NSDAP gegenüber der jeweils vorangegangenen Reichstagswahl kam nach den Schätzungen Meckstroths 1930 nur jede vierte und im Juli 1932 sogar nur jede fünfte Stimme aus dem Lager der Nichtwähler

Von welchen Parteien kamen die NSDAP-Zuwanderer? Welche Gruppierungen erwiesen sich gegenüber dem Sog des Nationalsozialismus als relativ immun? Bevor wir uns im nächsten Abschnitt diesen Fragen zuwenden, sollten die Resultate der vorstehenden Sektion nochmals thesenförmig zusammengefaßt werden:

Die NSDAP konnte bei den Reichstagswahlen von 1930, 1932 (Juli) und 1933 stärker als jede andere Partei Wähler zu sich herüber-ziehen, die bei der jeweils vorausgegangenen Wahl nicht abgestimmt hatten. Aber auch die anderen Oppositionsparteien konnten aus dem Nichtwählerlager Zuzug verzeichnen. Die weitaus meisten Zuwanderer der NSDAP hatten jedoch in irüheren Wahlen iür andere Pgrteien gestimmt.

Der parteipolitische Hintergrund der NSDAP-Wähler Die beiden erwähnten Hypothesen von Bendix und Lipset über die verschiedenen Zuwandererwellen zur NSDAP unterscheiden sich nicht nur bezüglich ihrer Einschätzung der Rolle der Nichtwähler, sondern auch der Parteien, die von den Wechselwählern zur NSDAP früher gewählt worden waren. Während Bendix davon ausgeht, daß neben den Nichtwählern 1930 vor allem radikalisierte DNVP-Wähler zur NSDAP übergewechselt seien, von den Parteien der bürgerlichen Mit-te dagegen kein nennenswerter Zufluß zur NSDAP stattgefunden habe, vertritt Lipset auch in dieser Hinsicht eine genau entgegengesetzte Position. Er geht davon aus, daß die NSDAP-Zuwanderer von 1930 weder in erster Linie aus den Nichtwählerschichten noch aus dem DNVP-Wählerlager stammten, sondern Mittelschichtenangehörige seien, die früher für die liberalen, nichtkatholischen Mittelparteien gestimmt hätten. Die gestiegene Wahlbeteiligung sei der NSDAP erst ab Juli 1932 zugute gekommen. Angehörig der Arbeiterklasse, des katholischen Milieus und der hauptsächlich durch die DNVP repräsentierten Oberschicht gehörten nicht zum NSDAP-Wählerpotential.

Allgemein kann aufgrund der auch hierin übereinstimmenden Resultate der drei Studien festgehalten werden, daß die Wechsel-wähler zur NSDAP weder 1930 noch 1932 aus einem einzelnen politischen Lager kamen. Zwar mußten die bürgerlichen Mittelparteien bei beiden Wahlen zusammengenommen mehr Wähler an die NSDAP abgeben als irgendeine andere Gruppierung, doch stellten sie nicht die Mehrheit der NSDAP-Zuwanderer zwischen 1930 und 1933. Auch muß hervorgehoben werden, daß zwischen den einzelnen Parteien der Mitte und der rechten Mitte starke Unterschiede im Abwanderungsverhalten ihrer Anhänger bestanden. Wie sich die Wähler von DDP, DVP, Wirtschaftspartei oder Bayerischem Bauernbund tatsächlich im einzelnen verhalten haben, bedarf noch der näheren Erforschung. Es gibt jedoch Indizien, die darauf hindeuten, daß wesentlich weniger DDP-und auch möglicherweise sogar weniger DVP-Anhänger 1930 und 1932 (Juli) zur NSDAP überliefen, als allgemein angenommen wird. Doch muß auch diese Frage noch weiter geklärt werden, bevor die Antworten darauf in das Repertoire unserer Erkenntnise über das nationalsozialistische Wählerverhalten aufgenommen werden können

Von den erwähnten bürgerlichen Parteien der Mitte und der rechten Mitte, die bei Meck-Stroth bedauerlicherweise nur als Block behandelt werden, so daß zwischen ihnen nicht differenziert werden kann, gingen seinen Schätzungen zufolge 1930 rund ein Drittel und im Juli 1932 nochmals etwa 40 Prozent zur NSDAP über. Dies würde bedeuten, daß 1930 jeder dritte und 1932 jeder vierte NSDAP-Zuwanderer aus diesem Bereich gekommen wäre. Nicht viel weniger Wähler wanderten von der DNVP zur NSDAP über: 1930 votierte jeder vierte und im Juli 1932 sogar jeder dritte DNVP-Wähler der jeweils vorangegangenen Reichstagswahl für die NSDAP. Stimmen diese Zahlen, so heißt das, daß 1930 jeder vierte und 1932 jeder zehnte NSDAP-Zuwanderer von der DNVP zum Nationalsozialismus gestoßen wäre, überdies scheint die DNVP im Jahre 1930 jeden fünften ihrer Wähler von 1928 an eine der kleineren Interessen-und Regionalparteien verloren zu haben; von diesen stimmte im Juli wiederum jeder zweite Wähler für die NSDAP. Dies deutet darauf hin, daß die DNVP auch auf diesem Umwege noch Wähler an die NSDAP abgab. Ob die Deutschnationalen im Juli 1932 oder danach wenigstens einen Teil dieser Abwanderer zu den kleineren Parteien wieder zurückgewinnen konnten, geht aus den hier referierten Untersuchungen nicht hervor. Jedoch deutet vieles darauf hin, daß die Interessen-und Regional-parteien nicht nur für die Wähler der DNVP, sondern auch für ehemalige Anhänger der Mittelparteien eine Durchgangsstation auf dem Wege zur NSDAP darstellten

Noch eine andere, in der einschlägigen Literatur im allgemeinen nicht genannten Quelle des nationalsozialistischen Zuwachses wird durch die Analyse Meckstroths aufgedeckt: Die Wechselwähler von der SPD, die nicht nur zur KPD, sondern auch in beachtenswertem Ausmaße zur NSDAP abwanderten. 1930 wie auch bei der Juliwahl 1932 verlor die SPD jeden zwanzigsten ihrer Wähler der unmittelbar vorangegangenen Reichstagswahl an den Nationalsozialismus; dies bedeutet, daß sie etwa gleichviele Stimmen an KPD und NSDAP abgeben mußte. Falls die Berechnungen Meckstroths, die durch ähnliche Ergebnisse Wernettes unterstützt werden, zutreffen, kam 1930 wie 1932 (Juli) jeder zehnte Wechselwähler zur NSDAP von der SPD Als praktisch völlig resistent gegenüber dem Nationalsozialismus zeigte sich neben den beiden katholischen Parteien auch die KPD. Der oft beschworene Zentrums-Turm erwies sich zumindest bis zum November 1932 gegenüber dem nationalsozialistischen Ansturm als ebenso widerstandsfähig wie die Industriebastionen der KPD. Erst 1933 scheint es der NSDAP gelungen zu sein, erste (wenn auch nicht sehr große) Einbrüche in den katholischen Stimmenblock zu erzielen. Vor allem kirchlich nicht gebundene Bewohner katholischer Regionen gingen hierbei, wie es scheint, zum Nationalsozialismus über. Ob 1933 die NSDAP auch Erfolge bei ehemaligen KPD-Wählern erzielen konnte, läßt sich nicht mit Bestimmtheit behaupten, da über die Reichstagswahl von 1933 bisher erheblich weniger gesicherte Ergebnisse vorliegen als über die Wahlen davor; auch hier öffnet sich der künftigen Forschung noch ein wichtiges Gebiet. Als relativ sicher kann jedoch angesehen werden, daß die etwa bei Milatz wiederholt geäußerte Nähe der politischen Extreme nicht zu den behaupteten Wähler-wanderungen von der KPD zur NSDAP geführt hat. Mit Ausnahme der Wählerschaft der beiden katholischen Parteien erwies sich keine politische Gruppierung als so unempfänglich gegenüber der nationalsozialistischen Propaganda wie die KPD.

Die NSDAP hatte — was oft bei Interpretationen der Reichstagswählen zwischen 1930 und 1933 übersehen wird — ungeachtet ihres dramatischen Zuwachses nicht nur Gewinne, sondern auch Wählerverluste zu verzeichnen. So verlor sie zwischen 1930 und Juli 1932 sowie zwischen Juli und November 1932 jeweils ein Sechstel bis ein Siebentel ihrer Anhänger der vorangegangenen Wahl. Die meisten davon, jeweils rund die Hälfte, scheinen zur DNVP gewandert zu sein, einige auch zur SPD und zu den bürgerlichen Mittelparteien sowie zu den Nichtwählern. Mit Ausnahme der Novemberwahl 1932 wurden diese Verluste jedoch durch die weit größeren Wähler-gewinne der NSDAP mehr als ausgeglichen. Diese Resultate zeigen sehr deutlich, daß es mit einfachen Erklärungen der nationalsozialistischen Wahlerfolge nicht getan ist. Der NSDAP gelang es, sowohl Nichtwähler als auch ehemalige Anhänger der bürgerlichen Mittelparteien, der Interessen-und Regional-parteien, ja sogar der SPD und zu einem erheblichen Ausmaße auch der DNVP schon von 1930 an zu sich herüberzuziehen. Lediglich die beiden katholischen Parteien und die KPD konnten sich gegenüber ihrem Ansturm bis ins Jahr 1933 behaupten. Im Lichte dieser Ergebnisse müssen sowohl die Theorie Lipsets als auch die Theorie von Bendix als unvollständig und teilweise den Fakten widersprechend bezeichnet werden.

V. Das sozialstrukturelle Profil der NSDAP-Wähler

Die schon mehrfach angesprochene Bendixsehe Hypothese betrachtet den Nationalsozialismus als eine klassenunspezifische Massen-erscheinung. Der Aufstieg der NSDAP nach 1928 sei nicht auf sozialstrukturelle Faktoren, sondern vielmehr auf die zusammenbrechende soziale Integration und die fortschreitende politische Isolierung von Wählern aus allen sozialen Schichten im Gefolge der Landwirtschaftskrise und der Großen Depression zurückzuführen. Das rasche Anwachsen der NSDAP sei eher eine Folge des Eintritts neuer Wählerschichten in die Politik und der Abwanderung radikalisierter DNVP-Anhänger zum Nationalsozialismus als das Ergebnis einer politischen Neuorientierung verunsicherter Mittelschichtenwähler. Sozialstrukturelle Erklärungsversuche trügen daher wenig zum Verständnis der nationalsozialistischen Wahlerfolge bei

Lipset hingegen interpretiert den Nationalsozialismus als Extremismus der Mitte, als die Flucht verunsicherter, politisch heimatlos gewordener und sich durch Großindustrie, Gewerkschaften und Industrialisierung bedroht fühlender Angehöriger der Mittelschichten in den Faschismus. Speziell der alte bäuerliche sowie der handwerkliche und gewerbliche protestantische Mittelstand werde sowohl strukturell durch die Entwicklung der modernen Industriegesellschaft als auch aktuell durch die Agrar-und Wirtschaftskrise derart verunsichert, daß er bei Bewegungen Zuflucht suche, die ihm durch die Wiederher-Stellung früherer Zustände soziale und wirtschaftliche Sicherheit versprächen und sowohl antikapitalistisch als auch antigewerkschaftlich aufträten. In der Weimarer Republik sei dies der Nationalsozialismus gewesen, in Italien der Faschismus, im Frankreich der fünfziger Jahre der Poujadismus und in Österreich der Austrofaschismus. Der Wahlerfolg der NSDAP 1930 sei daher in erster Linie durch den Zulauf radikalisierter Mittelschichtenwähler zu erklären, die früher für die liberalen bürgerlichen Parteien gestimmt hätten. Ehemalige Nichtwähler dagegen seien erst bei der Juliwahl von 1932 in nennenswertem Maße zur NSDAP geströmt

Wie ich zu zeigen versucht habe, stimmen beide Hypothesen, was die parteipolitische Herkunft der NSDAP-Wähler angeht, in ihren positiven Aussagen mit den Daten einigermaßen überein; in ihren negativen Aussagen, also mit dem, was sie ausschließen, werden sie von den Ergebnissen der neueren Forschung nicht bestätigt. Es waren sowohl Nichtwähler und ehemalige DNVP-Anhänger als auch frühere Wähler der bürgerlichen Mittelparteien, die 1930— 1933 der NSDAP zum Sieg verhalfen. Im folgenden wollen wir uns der Frage zuwenden, ob es sich mit den sozialstrukturellen Aussagen, die beide Positionen machen, ähnlich verhält.

Die Wandlung des NSDAP-Wählerprofils nach 1928.

Der amerikanische Historiker Thomas Childers hat in seiner Untersuchung über die sozialen Grundlagen des nationalsozialistischen Wählerverhaltens 1924— 1933, wie schon erwähnt, die Veränderungen herausgearbeitet, denen das sozialstrukturelle Profil der NSDAP-Wählerschaft unterlag. So zeigt sich beispielweise, daß die Anhängerschaft der NSDAP auch schon vor 1930 eher protestantisch als katholisch war; doch war dies erheblich weniger ausgeprägt als 1930 und danach. Bis zur Novemberwahl 1932 entwickelte sich die NSDAP in immer stärkerem Maße zu einer vor allem beim protestanti20) sehen Bevölkerungsteil erfolgreichen Partei. Ähnliches ist vom Anteil der Selbständigen unter den NSDAP-Anhängern zu berichten: Zwar waren auch diese bereits vor 1930 unter den nationalsozialistischen Wählern über-repräsentiert; im Gefolge der Wirtschaftskrise jedoch stieg der Anteil der Selbständigen unter den NSDAP-Anhängern in Relation zur Zahl der Selbständigen in der Bevölkerung weiter an, während der Arbeiteranteil, der ohnehin schon unter dem Bevölkerungsdurchschnitt lag, eher noch abnahm. Doch davon gleich mehr.

Die für unsere Zwecke vielleicht wichtigste Erkenntnis der Childerschen Analyse ist, daß zwischen der NSDAP-Wählerschaft der zwanziger und der dreißiger Jahre so große Unterschiede in der sozialen Zusammensetzung bestehen, daß der Wählerstamm der frühen NSDAP (bis 1928) nicht aus unseren inzwischen recht guten Kenntnissen über die NSDAP-Wähler von 1930 und danach extrapoliert werden darf. Festzuhalten bleibt daher, daß der dynamische Aspekt der Veränderung des Sozialprofils der NSDAP-Wählerschaft von Wahl zu Wahl nicht vernachlässigt werden darf. Vor allem die etwa 1928 einzusetzende Umorientierung der nationalsozialistischen Propaganda auf den Nlittelschichtenund Agrarbereich führte im Zusammenspiel mit der wachsenden Verunsicherung dieser Kreise im Gefolge der Agrarkrise und der Großen Depression zu derart weitreichenden Verschiebungen unter der NSDAP-Wählerschaft, daß von der Anhängerperspektive her gesehen die nationalsozialistische Bewegung geradezu einen neuen Charakter bekam.

Die oft zu hörende Ansicht, die durchdringenden blauen Augen Adolf Hitlers oder seine männliche Ausstrahlung hätten schon früh weibliche Wähler in hellen Scharen in die Arme der NSDAP gelockt, wird von den verfügbaren Daten nicht bestätigt. Aus Sonderauszählungen der Wählerstimmen nach dem Geschlecht, die in einer Reihe von Gemeinden ganz unterschiedlichen Typs durchgeführt wurden, wissen wir, daß auch in der Weimarer Republik, ähnlich wie später in der Bundesrepublik, Frauen eher für religiöse und konservative Parteien — wie das Zentrum, die Bayerische Volkspartei, den Christlich-Sozialen Volksdienst oder die DNVP — stimmten als für extremistische Parteien wie die KPD und die NSDAP. Zwischen 1924 und 1930 wurde die NSDAP daher von Frauen deutlich seltener gewählt als von Männern. Selbst bei den Reichspräsidentenwahlen von 1932 ist diese Tendenz noch zu beobachten, obwohl sich hier bereits sehr klar eine Angleichung des Wahlverhaltens der Geschlechter gegenüber Hitler abzuzeichnen beginnt. Bei den Reichstagswahlen des Jahres 1932 sind dann auf Reichsebene kaum noch Unterschiede in der NS-Präferenz von Männern und Frauen feststellbar, wohl aber noch immer auf regionaler Ebene. Während in den katholischen Städten und Landkreisen bis 1933 die NSDAP durchweg stärker von Männern als von Frauen gewählt wurde, überholten in den protestantischen Städten die weiblichen die männlichen Wähler bereits 1932 in der NS-Sympathie. Bei den Märzwahlen von 1933 schließlich ist in diesen Städten ein deutliches Übergewicht der Frauen unter den NSDAP-Wählern festzustellen

Zwei Beispiele mögen diesen Trend illustrieren. Im katholischen Regensburg stimmten 1930 rund 20%, im Juli 1932 rund 23 %, im November 1932 wiederum 20% und im März 1933 sogar 33% der männlichen Wähler für die NSDAP. Weibliche Wähler stimmten 1930 mit rund 13, 1932 mit 17 und 15 und 1933 mit 29 % für die NSDAP. Im evangelischen Bremen hingegen votierten von den männlichen Wählern 1930 rund 13 °/o, im Juli 1932 rund 30%, im November 1932 etwa 21% und im März 1933 schließlich 31 % für die NSDAP, während von den weiblichen Wählern 1930 etwa 11 %, 1932 im Juli 31 %, im November rund % und 1933 dann sogar 34 % NSDAP wählten. Ähnliche Größenordnungen des geschlechterspezifischen Wahlverhaltens liegen für die ebenfalls überwiegend evangelischen Städte Magdeburg, Leipzig und Wiesbaden vor, um nur einige wenige herauszugreifen.

Auf Reichsebene überflügelten also erst 1933 die Frauen die Männer in ihrer Sympathie für den Nationalsozialismus, was nicht zuletzt der Mobilisierung bisheriger Nichtwähler zuzuschreiben sein dürfte, unter denen Frauen erfahrungsgemäß besonders häufig vertreten sind 22).

Heute bezieht die amtliche Repräsentativstatistik auch das Alter als Merkmal in ihre Sonderauszählungen mit ein. Während der Weimarer Republik war dies m. W. noch nicht der Fall. Amtliche Angaben liegen daher lediglich über die Wahlbeteiligung der verschiedenen Altersklassen vor. Sie zeigen, daß unter den Jungwählern, nicht viel anders als auch heute noch, die Wahlbeteiligung von allen Altersgruppen am niedrigsten war. Sie stieg dann-bis zum fünfzigsten Jahr stetig an, um danach wieder stark abzusinken. Zwischen 1928 und 1930 erfolgte der Anstieg der Wahlbeteiligung vor allem auch bei den Jungwählern zwischen 20 und 25 Jahren. Ob dieser Anstieg hauptsächlich der NSDAP zugute kam, wie einige Wahlinterpreten dieser Jahre meinen, ist statistisch nicht eindeutig zu beweisen. Es sollte jedoch der zukünftigen Forschung möglich sein, für diejenigen Gemeinden, über die Sonderauszählungen vorliegen, nachzurechnen, ob ein ungewöhnlich starker Anstieg der Wahlbeteiligung bei den Jungwählern mit einem überdurchschnittlichen Anwachsen der NSDAP verbunden war pder nicht. Eine solche Berechnung ist meiner Kenntnis nach bisher noch nicht durchgeführt worden.

Generell darf aufgrund von Erfahrungen aus anderen Ländern und Zeitabschnitten vermutet werden, daß ältere Wähler eher für, konfessionelle und konservative Parteien gestimmt haben, Während jüngere Wähler vermutlich eher für radikale Strömungen der politischen Linken und Rechten offen waren. Aus der uns bekannten Altersstruktur der NSDAP-Mitglieder, unter denen jüngere Personen stark überrepräsentiert waren, auf den Altersaufbau der NSDAP-Wähler zu schließen, wie das manchmal in der Literatur versucht wird, ist problematisch, da hinsichtlich anderer Merkmale zwischen den Mitgliedern und den Wählern der NS-Bewegung deutliche soziale Unterschiede bestehen. So waren nicht nur, wie schon erwähnt, unter den Parteimitgliedern der NSDAP die Bauern im Vergleich zu ihrem Anteil an den NSDAP-Wählern eher unterrepräsentiert, sondern die Arbeiter als Mitglieder (wiederum im Vergleich zu ihrem Anteil an den NSDAP-Wählern) möglicherweise sogar überrepräsentiert 22a). Solange keine eingehenderen Untersuchungen darüber vorliegen, wie der Altersaufbau der NSDAP-Wähler aussah, sind wir in dieser Frage weiterhin auf Vermutungen angewiesen.

Stadt-Land-Unterschiede War die NSDAP während der zwanziger Jahre noch eher eine Partei der städtischen Wähler, so veränderte sich dies seit 1928 stark. Bereits bei der Reichstagswahl 1930 war die NSDAP zu einer — wenn auch vorerst geringfügig — stärker auf dem Lande als in den Städten erfolgreichen Partei geworden. Diese Aussage gilt vor allem für die protestantischen Landkreise, in denen der Nationalsozialismus bis 1933 seine Position stetig ausbauen konnte. In den katholischen Landgemeinden dagegen gelang es der NSDAP erst 1933, gewisse Einbrüche zu erzielen, die vermutlich in erster Linie bei den kirchlich nicht integrierten Katholiken erfolgten

Der Erfolg der NSDAP nach 1930 ist, so gesehen, geradezu auf einer kontinuierlich verlaufenden Skala abbildbar, deren höchste Ausprägung von den protestantischen Landgemeinden gebildet wird. Die niedrigste Ausprägung ist von den katholischen Landgebieten besetzt; 'die katholischen und evangelischen Städte liegen zwischen diesen beiden Extremausprägungen. Doch selbst wenn man den Konfessionsfaktor, der einer der wichtigsten Einflüsse des nationalsozialistischen Wählerverhaltens darstellt, ausschaltet, läßt sich feststellen, daß die Wahlchancen der NSDAP um so kleiner wurden, je größer die Gemeinde war. Diese negative Beziehung von Einwohnerzahl und NSDAP-Stimmenanteil wird um so stärker, je mehr man sich der Märzwahl von 1933 nähert. Dies gilt selbst dann, wenn man andere mögliche Einflußfaktoren des nationalsozialistischen Wählerverhaltens, wie z. B. die soziale Zusammensetzung oder die wirtschaftliche Lage der Gemeinden, zusätzlich mit statistischen Mitteln kontrolliert. Worauf diese negative Beziehung von Einwohnerzahl und NSDAP-Stimmen zurückzuführen ist, wird dabei aus den bisher vorliegenden Untersuchungen nicht vollständig klar

Konfession und NSDAP-Wahl Zwischen 1924 und 1933 war die NSDAP von ihren Wählern her gesehen stets eher eine protestantische als eine katholische Partei. Zwar ist der Zusammenhang von Protestanten-anteil und NSDAP-Erfolgen vor 1930 auf Reichsebene noch relativ unbedeutend; innerhalb der einzelnen Wahlkreise jedoch lassen sich auch schon im Zeitraum von 1924— 1930, wenn auch mit erheblichen regionalen Schwankungen, gleichlaufende Veränderungen zwischen der Zahl der Protestanten und den Stimmen für die NSDAP beobachten. Diese Beziehung bleibt selbst dann erhalten, wenn man sie nur für die Städte berechnet. Nach 1930 wird dann der Konfessionsfaktor sogar zur wichtigsten Einflußgröße des nationalsozialistischen Wählerverhaltens überhaupt. Die NSDAP entwickelt sich nun immer stärker zu einer Partei des protestantischen Bevölkerungsanteils. In katholischen Gebieten, wo die Bewohner noch stark religiös integriert waren, dominierten Zentrum oder BVP eindeutig; die NSDAP hatte hier nur sehr geringe Erfolgsaussichten. Erst be'i der Märzwahl 1933 gelangen ihr hier einige kleinere Einbrüche. Aber auch in Gebieten hoher protestantischer Kirchlichkeit schnitt die NSDAP tendenziell schlechter ab als in Gebieten niedriger Kirchlichkeit

Welche Faktoren sind für diese unbestreitbar größere Anfälligkeit des protestantischen Bevölkerungsteils gegenüber dem Nationalsozialismus verantwortlich zu machen? War es die höhere Arbeitslosigkeit, die stärkere landwirtschaftliche Verschuldung oder der geringere Urbanisierungsgrad des evangelischen Bevölkerungsanteils? Keiner dieser drei Faktoren läßt sich statistisch als ausschlaggebend für die größere NS-Anfälligkeit des evangelischen Deutschland festmachen. Zwar standen vor allem die protestantischen Landbewohner in Nord-, Mittel-und Ostdeutschland, den Gebieten mit den größten NSDAP-Erfolgen, unter etwas stärkerem wirtschaftlichem Druck als die katholische Land-bevölkerung in Süd-und Westdeutschland; so war die Agrarverschuldung in den, protestantischen Gebieten generell höher als in den katholischen Regionen; auch brachen natürlich in den Gebieten mit höherer Verschuldung mehr Höfe zusammen als anderswo; doch bleibt der Zusammenhang von Pro-23 testantenanteil und NSDAP-Erfolgen — wenn auch geschwächt — selbst dann erhalten, wenn man den Einfluß dieser beiden Faktoren statistisch kontrolliert

Ebenso geht es mit einigen weiteren potentiellen Einflußfaktoren wie z. B.dem Urbanisierungsgrad und der Arbeitslosigkeit: Ihre Berücksichtigung bringt den Zusammenhang von Protestantismus und NSDAP-Anteil nicht zum Verschwinden. Dies läßt sich möglicherweise darauf zurückführen, daß der offizielle Protestantismus dem Nationalsozialismus vor 1933 aufgeschlossener gegenüberstand als der politische Katholizismus. Nach außen verhielt sich die protestantische Geistlichkeit gegenüber dem Nationalsozialismus neutral, während der katholische Klerus sich kritisch zur Wahl der NSDAP äußerte. Sicher ist, daß im Gegensatz zum Katholizismus der Protestantismus nicht in der Lage (und möglicherweise auch gar nicht willens) war, einen Damm gegen die nationalsozialistische Flut zu errichten. Eine organisierte Gegnerschaft eines Teils der protestantischen Geistlichkeit gegenüber dem Nationalsozialismus, wie sie z. B. nach 1933 in Form der Bekennenden Kirche entstand, entwickelte sich erst unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Soziale Schicht, Berufszugehörigkeit und NSDAP-Wahl > Wie Thomas Childers herausarbeiten konnte und wie angesichts der Vervielfachung ihres Stimmenanteils wohl auch kaum anders zu erwarten, bestehen zwischen der NSDAP vor 1930 und nach 1930 erhebliche Unterschiede in der sozialen Zusammensetzung ihrer Wählerschaft. Die immer stärker werdende „Verprotestantisierung" wurde im vorangehenden Abschnitt erwähnt. Eine weitere, für ihren Erfolg bei den Wahlen letztlich wohl entscheidende Veränderung fand beim soge-nannten neuen Mittelstand statt, d. h. bei den Angestellten und Beamten. Vor 1930 wurde die NSDAP in erster Linie von Angehörigen des alten Mittelstandes gewählt, d. h. von Handwerkern, kleineren Kaufleuten und selbständigen Bauern sowie ihren jeweiligen Familienangehörigen. Bei den Beamten und Angestellten sowie besonders bei den Arbeitern hingegen schnitt die NSDAP vor 1930 bei weitem nicht so gut ab. Die stärkste Bezie-hung zur NSDAP wiesen die Selbständigen im Handwerk auf.

Nach den Reichstagswahlen von 1928 orientierte die NSDAP ihre Propaganda um und verfolgte nun zunehmend eine auf die neuen Mittelschichten und ihre Bedürfnisse gerichtete Strategie. Unterstützt von der kurz darauf ausbrechenden Großen Depression und der bereits zwei Jahre früher akut gewordenen Agrarkrise führte diese Umorientierung schließlich zum Erfolg und ließ die NSDAP schon bei den nur zwei Jahre später durchgeführten neuerlichen Reichstagswahlen zur zweitstärksten Partei nach der SPD werden. Die größten Erfolge errang die NSDAP dabei auf dem Lande und in den Kleinstädten des protestantischen Nord-, Mittel-und Ostdeutschlands. Besonders groß waren ihre Stimmengewinne in agrarischen Gebieten, in denen die bäuerlichen Familienbetriebe überwogen. In den östlich der Elbe gelegenen Provinzen, wo agrarische Großbetriebe vorherrschten, und in Gebieten, deren Struktur von landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieben geprägt wurde, gelang es der NSDAP dagegen nicht, derartig stark in die Landbevölkerung einzubrechen. In ersteren konnte sich die DNVP relativ gut behaupten, in den letzteren waren die SPD und verschiedene kleinere Regional-und Interessenparteien noch immer relativ erfolgreich.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß die Beziehung von Agrarverschuldung und NSDAP-Wahlerfolgen keineswegs so eindeutig ist, wie das häufig vermutet wird. Der landwirtschaftliche Verschuldungsgrad war absolut und relativ am höchsten in den ostelbischen Gutsbezirken; hier aber konnte sich die DNVP insgesamt recht gut behaupten. In den weniger verschuldeten Agrargebieten westlich der Elbe hingegen erzielte die NSDAP ihre größten Erfolge. Eine eindeutige Beziehung zwischen dem landwirtschaftlichen Verschuldungsgrad und der Zahl der Hofzusammenbrüche auf der einen sowie der Zahl der NSDAP-Stimmen auf der anderen Seite läßt sich deshalb nur innerhalb der Regionen östlich und westlich der Elbe feststellen Analog dazu konnte Weber eine positive Beziehung zwischen der Zahl der Konkurse und dem Stimmenanteil der NSDAP bei der Juli-wahl 1932 feststellen Es ist unbestreitbar, * daß sich — vor allem ab 1930 — die Mittel-schichten stärker von der NSDAP angezogen fühlten als die Arbeiterschaft. War demnach die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei eine rein bürgerliche Bewegung? Sicherlich nicht Unter den Mitgliedern, die sie zwischen 1925 und 1930 hinzugewann, waren knapp 25 °/o Arbeiter (bei einem Arbeiteranteil an der Gesamtbevölkerung von rund 50 °/o); angesichts der starken Überrepräsentation der jüngeren Generation unter den NSDAP-Mitgliedern dürfte es sich vor allem um jüngere Arbeiter gehandelt haben

Aber auch bei den Wählern gelang es der NSDAP, einen beachtlichen Arbeiteranteil für sich zu mobilisieren. Zwar liegen genauere Schätzungen das Anteils der Arbeiter an der NSDAP-Wählerschaft bisher nicht vor, doch dürfte er kaum geringer gewesen sein als bei den NSDAP-Mitgliedern, wenn man berücksichtigt, daß sich Arbeiter — nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen — seltener parteipolitisch zu engagieren pflegen als Mittelschichtenangehörige Im Vergleich zu den Mittelschichtenangehörigen, die nach 1930, sofern sie nicht katholisch gebunden waren, weit überdurchschnittlich nationalsozialistisch wählten, stimmte die Arbeiterschaft folglich stark unterdurchschnittlich für die NSDAP, was uns jedoch nicht übersehen lassen darf, daß sich die Arbeiter insgesamt als weniger resistent gegenüber dem Nationalsozialismus wiesen, als allgemein angenommen wird.

So unbefriedigend erforscht das Gebiet des Arbeiterwahlverhaltens für die NSDAP auch heute noch ist, so wissen wir doch einiges darüber, aus welchen Beschäftigungszweigen die nationalsozialistischen Arbeiterwähler vornehmlich kamen. Besonders geringe Erfolge erzielte die NSDAP bei den Arbeitern industrieller Großbetriebe, vor allem bei solchen aus der Eisenindustrie und dem Bergbau. Dagegen gelang es ihr, sehr viele Arbeiter aus kleineren, handwerklich organisierten Betrieben, kommunalen Versorgungsunternehmen und aus dem Handelssektor für sich zu gewinnen. Auch bei den Heimarbeitern etwa im Erzgebirge erzielte sie größere Erfolge Winkler äußert die Vermutung, daß sich als gemeinsamer Nenner des Arbeiterwahlverhaltens für die NSDAP die Tatsache herausgeschält habe, daß der Nationalsozialismus vor allem bei gewerkschaftlich nicht gebundenen Arbeitern Erfolge verzeichnen konnte Waldman, der diesen Fragenkomplex als erster eingehender untersucht, kommt jedoch zu dem Ergebnis, daß zwischen der Zahl der an einem Ort ansässigen Gewerkschaftsmitglieder und dem Stimmen-anteil der NSDAP kein statistisch nachweisbarer Zusammenhang bestehe. In den Großstädten des Reiches läßt sich sogar eine leicht positive, bis 1933 noch wachsende Beziehung zwischen der Zahl der Gewerkschaftsmitglieder und den NSDAP-Stimmen nachweisen. Dieses Resultat läßt sich empirisch wiederum damit erklären, daß die Gewerkschaften in denjenigen Städten am stärksten vertreten waren, wo auch die Zahl der Mittelschichtenangehörigen besonders groß war. Diese wiederum neigten, wie wir wissen, weit überdurchschnittlich zur NSDAP. Möglicherweise spiegelt die positive Beziehung zwischen der Zahl der Gewerkschaftsmitglieder und der NSDAP-Stimmen nichts anderes als einen sogenannten Milieu-effekt wieder, der sich dadurch erklärt, daß die Angehörigen der Mittelschichten noch stärker als gewöhnlich in Gemeinden für die NSDAP stimmten, wo die Gewerkschaften besonders stark waren. Doch ist dies lediglich eine Vermutung, die der eingehenderen Nachprüfung bedarf. Waldman jedenfalls kommt zu dem Ergebnis, daß in den Großstädten die Gewerkschaftsmitgliedschaft weder fördernd noch hemmend für die Ausbreitung der NSDAP gewesen sei. Die relative Immunität der Arbeiterschaft gegenüber dem Nationalsozialismus müsse daher auf andere, von künftigen Studien noch herauszuarbeitende Einflußfaktoren zurückgeführt werden Interessant ist weiter in diesem Zusammenhang, daß sich zwar — vor allem 1930 — eine positive Beziehung zwischen Arbeitslosigkeit und NSDAP-Stimmen nachweisen läßt, daß sich aber die beschäftigungslosen Arbeiter und Angestellten erheblich in ihrer NSDAP-Sympathie unterscheiden. Arbeitslose Angestellte wählten nach allem, was wir heute wissen, deutlich häufiger die NSDAP als die beschäftigten Angestellten, während die arbeitslosen Arbeiter weit stärker als die beschäftigten Arbeiter KPD wählten; ein nennenswerter Zusammenhang von Arbeiterarbeitslosigkeit und NSDAP-Erfolgen jedenfalls läßt sich nicht nachweisen. Diese Tendenz wurde in mehreren Untersuchungen für die Großstädte des Reiches nachgewiesen; für die mittleren und kleineren Orte dagegen läßt sich kein konsistentes Muster feststellen Allerdings vermindern sich die Unterschiede im Wahlverhalten zwischen beschäftigten und unbeschäftigten Arbeitern beträchtlich, wenn man die Beschäftigungsbranche (Schwer-oder Leichtindustrie etc.) in die Analyse mit einbezieht. Es zeigt sich dann, daß die Unterschiede zwischen den Arbeitslosen und den Beschäftigten einer Branche erheblich geringer sind als die Unterschiede im Stimmverhalten der Arbeitslosen (bzw. Beschäftigten) zwischen den verschiedenen Branchen

VI. Fazit

Die Ergebnisse des vorstehenden Abschnitts scheinen eher Lipsets Position zu unterstützen, der die NSDAP als eine Bewegung des mittelständischen Extremismus ansah, die nach 1928 von der „Panik im Mittelstand'1 (Theodor Geiger) profitieren konnte; doch widersprechen sie den Auffassungen, die Reinhard Bendix vertreten hat (und von denen er unter dem Eindruck der Lipsetschen Argumente später wieder abrückte), nur scheinbar. Zwar überwiegt unter den Wählern der NSDAP von 1930 ab unbestreitbar das mittelständische Element; doch gelang es der NSDAP, mit ihrer Ideologie der Volksgemeinschaft und ihrem übersteigerten Nationalismus, Angehörige aller Bevölkerungsschichten, Angestellte und Arbeiter, Bauern und Beamte, Freiberufler und Hausfrauen, Junge und Alte, Protestanten und Katholiken, Grenz-und Binnenlandbewohner, Unternehmer und Arbeitslosen etc., in so großer Zahl für sich zu mobilisieren, daß bei aller Uberrepräsentation des protestantischen Mittelschichtenbereichs sie stärker als jede andere politische Gruppierung jener Jahre Volksparteicharakter trug. Die KPD wies ein konfessionell nicht ausgeprägtes, dafür aber praktisch ausschließlich von Arbeitern bestimmtes Wählerprofil auf; die SPD hingegen war eine überwiegend protestantische Partei, der es zwar auch, und dies in erheblichem Maße, gelang, Angestellte für sich zu mobilisieren; bei der oberen Mittelschicht und den mittleren und größeren Bauern jedoch konnte sie, ebenso wie die KPD, keine nennenswerten Erfolge erzielen. Zentrum und BVP waren so etwas wie Volksparteien des katholischen Bevölkerungsteils; in protestantischen Gebieten blieben sie chancenlos; dies trifft umgekehrt auch für die DNVP zu, der es gelang, unter den Protestanten Wähler aller sozialen Schichten für sich zu mobilisieren, bei allem Übergewicht der Oberschicht in der Parteiführung. Die beiden liberalen Parteien DDP und DVP wandten sich in erster Linie an das protestantische oder konfessionell nicht gebundene Bürgertum; und die verschiedenen Interessen-und Regionalparteien schließlich blieben stets mit eng umgrenzten Schichten des Bürgertums oder landsmannschaftlichen Aspekten verbunden, so die Wirtschaftspartei mit dem Handwerk, der Landbund mit den Bauern oder die Deutsch-Hannoversche Partei mit der Vorstellung der Wiedererrichtung eines eigenen Landes Hannover innerhalb des Deutschen Reiches. Im Vergleich mit diesen Parteien muß die Wählerbasis der NSDAP geradezu als breit, ja das ganze Volk umfassend charakterisiert werden.

Die hier dargestellten Ergebnisse zeigen sehr deutlich, daß es mit einfachen Erklärungen des nationalsozialistischen Wählerverhaltens nicht getan ist. Weder die Theorie Lipsets noch die Bendixsche Hypothese entsprechen voll den Resultaten der neueren, hier referierten Untersuchungen zum Thema. Wegen des khapp bemessenen Raumes wurden eini19 ge Detailergebnisse ausgelassen; auf regionale und lokale Aspekte wurde aus den gleichen Gründen ganz bewußt nicht eingegangen. Alle Angaben beziehen sich daher, dies sei nochmals betont, grundsätzlich auf das Reich als Ganzes, d. h. auf durchschnittliche Tendenzen des nationalsozialistischen Wählerverhaltens. Weiter sei daran erinnert, daß es sich bei den hier geschilderten Resultaten immer nur um eine Art von Wahrscheinlichkeitsaussagen handelt: Die angeführten Ergebnisse stellen lediglich Schätzungen von Zusammenhängen auf der Individualebene aus gemessenen Zusammenhängen auf der Ebene von Gebietseinheiten dar. Streng-genommen dürfte es nicht heißen: Arbeitslose Angestellte haben stärker NSDAP gewählt, beschäftigungslose Arbeiter hingegen eher KPD, sondern die Aussage müßte lauten: In Gebieten oder Gemeinden mit hoher Angestelltenarbeitslosigkeit hatte eher die NSDAP, in Gebieten mit hoher Arbeiter-arbeitslosigkeit dagegen eher die KPD Erfolge. Von Gebietsverteilungen auf individuelle Zusammenhänge zu schließen, wie dies in der historischen Wahlforschung üblich ist, erscheint nur gerechtfertigt, wenn bestimmte statistische Verteilungsannahmen erfüllt sind. Wem die Generalvermutung, daß dies in der Mehrzahl der Fälle gegeben sein dürfte, zu riskant erscheint, muß die hier als Individualzusammenhänge geschilderten Ergebnisse in einer Weise interpretieren, die Fehlschlüsse ausschließt: als Beziehungen, die nur auf der Ebene von Landkreisen und kreisfreien Städten gemessen werden konnten und auch nur dort mit Sicherheit zutreffen.

Dies soll nicht heißen, daß es sich bei den hier dargestellten Ergebnissen um felsenfest geltende, unwiderruflich zutreffende Erkenntnisse handelt; so etwas gibt es in der empirischen Forschung nicht. Vielmehr habe ich versucht, den gegenwärtigen Stand der Erforschung nationalsozialistischen Wählerverhaltens in all seiner Lückenhaftigkeit wiederzugeben; daß durch die Verwendung neuer, heute vielleicht noch gar nicht entdeckter Verfahren oder die Erschließung genauerer Quellen diese Ergebnisse, wenn schon nicht total revidiert, so doch erheblich modifiziert werden können, steht außer Frage. Zwar konvergieren die einschlägigen, hier referierten Untersuchungen in den wichtigsten Fragen; doch bestehen bei Detailproblemen noch immer Unstimmigkeiten zwischen ihnen, die teils auf unterschiedliche Verfahren der Datenauswertung, teils auch auf unterschiedliche Datensätze und Fragestellungen zurückzuführen sind.

Auch bleiben genügend offene Fragen, um noch mindestens eine weitere Generation vn historischen Wahlforschern zu beschäftigen. Fragen des Arbeiterwahlverhaltens sind bis heute ebensowenig befriedigend erforscht wie das Problem des Effektes der nationalsozialistischen Wahlkampfführung oder des unterschiedlichen Organisationsgrades der NSDAP in den verschiedenen Landesteilen.

Weitere Problemkreise, mit denen sich die künftige Erforschung des nationalsozialistischen Wählerverhaltens beschäftigen sollte, sind die Auswirkung regionaler politischer Traditionen, die Resistenz von Wählern gegenüber dem Nationalsozialismus in Gemeinden und Landkreisen, wo die alten politischen Organisationsformen dem Ansturm des Nationalsozialismus Stand hielten etc.

Was die historische Wahlforschung praktisch nicht gestattet, ist eine statistisch abgesicherte Analyse der Motivationen, NSDAP zu wählen. Wohl ist der Nachweis möglich, daß zwischen der Zahl der ortsansässigen Juden und der Zahl der NSDAP-Stimmen ein negativer Zusammenhang besteht, d. h., daß die NSDAP dort mehr Stimmen erhielt, wo wenige oder keine Juden wohnten. Doch daraus schließen zu wollen, daß Antisemitismus bei der Stimmabgabe für die NSDAP keine nennswerte Rolle gespielt habe, ist verfehlt: Vorurteile können sich entwickeln, ohne daß man dazu persönlicher Kontakte mit der Zielscheibe der Vorurteile bedürfte. Wer von uns hat zum Beispiel schon einmal einen sowjetischen Kommunisten oder einen rhodesischen Farmer getroffen? Aber auch das Gegenteil läßt sich aus dieser negativen statistischen Beziehung von NSDAP-Stimmenanteil und Prozentsatz der ortsansässigen Juden nicht ableiten. Vermutlich war der Antisemitismus tatsächlich kein ausschlaggebender Faktor, um NSDAP zu wählen. Mit den Mitteln statistischer historischer Wahlanalysen läßt sich dies jedoch nicht überprüfen.

Dagegen ist es möglich, zu zeigen, daß in den Gebieten, wo bei der Abstimmung über den Youngplan das Volksbegehren zu seiner Ablehnung besonders viel Stimmen erhielt, die NSDAP wenige Jahre später ebenfalls überdurchschnittlich gut abschneiden konnte. Auch läßt sich schließlich, wie Waldman dies getan hat, belegen, daß in Gemeinden, wo der wirtschaftliche Druck besonders stark war, die NSDAP im Durchschnitt nicht nennenswert größere Erfolge erzielen konnte als in solchen Gebieten, wo die Agrarkrise und die Folgen der Großen Depression nicht so stark zu spüren waren. Doch daraus schließen zu wollen, daß wirtschaftliche Ängste, ja Panik keine entscheidende Rolle für die Wahl Hitlers und seiner Bewegung gespielt hätten, bedeutete eine Überinterpretation der in den Daten enthaltenen Informationen.

Zielsetzung dieses Beitrages war es, zwischen bloßen Vermutungen und wissenschaftlich (vorläufig) gesicherten Erkenntnissen über die Einflußfaktoren des nationalsozialistischen Wählerverhaltens zu unterscheiden und nachzuweisen, wozu heute die historische Wahlforschung bei der Untersuchung der Wählerbewegungen zum Nationalsozialismus fähig ist und wo ihre (vorerst und vielleicht sogar auf Dauer unübersteigbaren) Grenzen liegen sowie über den Stand unseres heutigen Wissens zu einer wichtigen Frage unserer Vergangenheit zu informieren, die heute kaum weniger aktuell ist als vor fünfzig Jahren und weiterer intensiver Forschungsanstrengungen zu ihrer möglichst vollständigen Beantwortung bedarf.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Als bemerkenswerte Ausnahme von dieser Regel ist vor allem Heinrich August Winkler zu nennen, der in seinen verschiedenen Beiträgen zur Soziologie der NSDAP-Wähler das einschlägige Schrifttum bis ca. 1970 relativ lückenlos verarbeitet hat; vgl. u. a. H. A. Winkler, Mittelstand, Demokratie und Nationalsozialismus, Köln 1972, S. 164 ff., 171 ff. etc., sowie ders., Mittelstandsbewegung oder Volkspartei: Zur sozialen Basis der NSDAP, in: W. Schieder (Hrsg.), Faschismus als soziale Bewegung, Hamburg 1976; ders., Extremismus der Mitte? Sozialgeschichtliche Aspekte der nationalsozialistischen Machtergreifung, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1972, S. 175— 191.

  2. Wichtige Analysen der dreißiger Jahre sind u. a.: Theodor Geiger, Panik im Mittelstand, in: Die Arbeit 1930, S. 637— 654; Carl Mierendorff, Gesicht und Charakter der nationalsozialistischen Bewegung, in: Die Gesellschaft 1930/31, S. 489— 504; Hermann Mulert, Konfession und politische Parteistellung in Deutschland, in: Zeitschrift für Politik 1932, S. 334— 354; Hans Neisser, Sozialstatistische Analyse der Wahlergebnisse, in: Die Arbeit 1930/31, S. 654— 659; Werner Stephan, Zur Soziologie der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, in: Zeitschrift für Politik 1931, S. 793— 800; ders., Die Parteien nach den großen Frühjahrswahlkämpfen — Eine Analyse der Wahl-ziffern des Jahres 1932, in: Zeitschrift für Politik 1932, S. 110- 118; Herbert Tingsten, Political Be-havior, London 1937 etc.

  3. Aus den sechziger Jahren seien lediglich zwei vielzitierte Untersuchungen genannt:

  4. Nähere Ausführungen hierzu und zu den methodologischen Problemen historischer Wahlanalysen in meinem Beitrag: Wählerbewegungen zum Nationalsozialismus 1924— 1933 — Methodische Probleme, empirisch abgesicherte Ergebnisse, offene Fragen, in: Otto Büsch (Hrsg.), Wählerbewegungen in der europäischen Geschichte, Berlin 1979 (im Druck).

  5. Eine ausführliche und sehr klare Darstellung der statistischen Schwierigkeiten bei: Franz Urban Pappi, Aggregatdatenanalyse, in: Jürgen van Koolwijk und Maria Wieken-Mayser (Hrsg.), Techniken der empirischen Sozialforschung, Bd. 7, S. 78— 110, München 1977. Weiterführende Bemerkungen bei Michael Hannan, Aggregation and Disaggregation in Sociology, Lexington, Mass. 1971.

  6. Seymour Martin Lipset, Nationalsozialismus — ein Faschismus der Mitte (dt. Fassung seines in Anm. 2 genannten Beitrags), hier zitiert nach: Gotthard Jasper (Hrsg.), Von Weimar zu Hitler 1930— 1933, Köln 1968, S. 114 f.

  7. Thomas Childers, The Social Bases of Electoral Politics in Urban Germany 1919— 1933 — A Sociological Analysis of Voting Behavior in the Weimar Republic, Cambridge, Mass. 1976 (unveröff. und nicht allgemein zugängliche Ph. D. -Diss., Dept. of History, Harvard University); ders., The Social Bases of the National Socialist Vote, in: Journal of Contemporary History 1976, S. 17— 42.

  8. Loren K. Waldman, Models of Mass Movements — The Case of the Nazis, Diss. 1973, University of Chicago, Dept. of Political Science (unveröff., über die General Library der University of Chicago als Mikrofilm beziehbar), S. 253; s. auch Dee Richard Wernette, Political Violence and German Elections: 1930 and July, 1932, Ph. D. -Diss., University of Michigan, Dept. of Sociology, Ann Arbor, Mich. 1974 (unveröff., zu beziehen über University Microfilms, Ann Arbor und London); J. Paul Madden, The Social Composition of the Nazi Party, 1919— 1930, Ph. D. -Diss., University of Oklahoma 1976 (unveröff., über University Microfilms, Ann Arbor, Mich, beziehbar; Maddens Mitgliederanalyse weist allerdings für die Jahre 1925— 1930 ein relatives Übergewicht der Bauern unter den in diesem Zeitraum neueingetretenen NSDAP-Mitgliedern aus (vgl. Madden 1976, S. 238); Michael H. Kater, Zur Soziographie der frühen NSDAP, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1971, S. 124— 159.

  9. Mierendorff 1930 (vgl. Anm. 2), S. 493.

  10. Vgl. Childers 1976 (ich zitiere im folgenden immer nur seinen Aufsatz, da das Buchmanuskript seiner Dissertation noch nicht vorliegt); Jerzy Holzer, Parteien und Massen — Die politische Krise in Deutschland 1928— 1930, Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abtlg. Universalgeschichte, Beiheft 1, Wiesbaden 1975.

  11. Vgl. Childers 1976 (Anm. 7); David Andrew Hackett, The Nazi Party in the Reichstag Election of 1930, Ph. D. -Diss. University of Wisconsin, Dept. of History, Madison, Wisconsin 1971 (unveröff., zu beziehen über Universty Microfilms, Ann Arbor, Mich.), S. 80 ff., S. 114 ff. etc.; Peter D. Stachura, Der kritische Wendepunkt? Die NSDAP und die Reichstagswahlen vom 20. Mai 1928, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1978, S. 66— 99.

  12. Vgl. z. B. Mierendorff (Anm. 2), S. 500; Geiger (Anm. 2) etc.

  13. Milatz 1965 (Anm. 3), S. 133.

  14. Vgl. vor allem Theodore W. Meckstroth, Conditions of Partisan Realignments: A Study of Electoral Change, Ph. D. -Diss. University of Minnesota, 1971, S. 140; Wernette 1974 (Anm. 8), S. 63, 81, 90 und 93; Waldman 1973 (Anm. 8), S. 149— 252, sowie David R. Cameron, The Mobilization of Nazism: Middle-Class Party or Catch-All Party, Paper Delivered at the Annual Meeting of the Social Science History Association, October 1977 (als Manuskript vervielfältigt).

  15. Meckstroth 1971, S. 178; eine erheblich höhere Schätzung bei Waldman 1973, S. 252, für die Juli-wahl 1932; nach Waldmans Berechnung kam jeder dritte NSDAP-Zuwanderer der Juliwahl 1932 aus dem Nichtwählerlager. Die Differenzen zwischen Meckstroth und Waldman sind eventuell auf (wegen Genzverschiebungen) ausgelassene Gebietseinheiten bei Meckstroth zurückzuführen. Für 1930 hingegen besteht zwischen beiden Autoren vollständige Übereinstimmung; dies gilt auch für die Novemberwahl 1932.

  16. Vgl. Wernette 1974 (Anm. 8), S. 63 und 81, sowie Cameron 1977 (Anm. 14), Tabelle 2. Allerdings besteht zwischen Wernette und Cameron im Falle der DVP eine gravierende Unstimmigkeit: Während Wernette keinen Zusammenhang zwischen DVP-Abnahme und NSDAP-Zunahme feststellen konnte, berichtet Cameron, der seine Analyse auf der Ebene der 35 Wahlkreise des Reiches durchführte, sogar von einer sehr deutlichen statistischen Beziehung. Diese Frage bedarf dringend der weiteren Klärung.

  17. Vgl. Meckstroth 1971 (Anm. 14), S. 169; Heinrich August Winkler 1972, Extremismus der Mitte (Anm. 1).

  18. Vgl. Meckstroth 1971, S. 149/50, S. 178; Wer-nette 1974, S. 63 und 81; Cameron 1977, Tabelle 2.

  19. Vgl. Bendix 1952 (Anm. 2); Wernette 1974, S. 177.

  20. Lipset 1960 (Anm. 2); Wernette 1974; Karl O’Lessker, Who Voted for Hitler? A New Look at the dass Basis of Nazism, in: The American Journal of Sociology 1968, S. 63— 69; Allan Schnaiberg, A Critique of Karl O'Lesskers „Who Voted for Hitler?, in: The American Journal of Sociology 1968, S. 732— 735; W. Phillips Shiveley, Party Choice, and Voting Stability: The Weimar Case, in: American Political Science Review 1972, S. 1203— 1225; Weber 1969 (Anm. 3).

  21. Vgl. Tingsten 1937 (Anm. 2), S. 52— 58.

  22. Vgl. Shiveley 1972 (Anm. 20).

  23. Vgl. Loren K. Waldman, Strain-Producing Situations and Support for Social Movements: The Case of the Nazis, Ohio State University 1975 (als Manuskript vervielfältigt), S. 32.

  24. Waldman 1973 (Anm. 8), Kap. V; Wernette 1974 (Anm. 8), Kap. 2.

  25. Waldman 1973, S. 79— 99; Waldman 1975 (Anm. 23), S. 19.

  26. Waldman 1973, S. 182; Waldman 1975, S. 16.

  27. Waldman 1973, s. 109 ff.

  28. Weber 1969 (Anm. 3), S. 213/14; Weber kontrolliert bei seinen Berechnungen allerdings nicht den Einfluß möglicher alternativer Erklärungsfaktoren.

  29. Madden 1976 (Anm. 8), S. 237, 248.

  30. Vgl. Neisser 1930 (Anm. 2), S. 658 f., der auf Grund seiner (allerdings höchst anfechtbaren) Berechnungen auf rund 10°/0 Arbeiter kommt, die der NSDAP die Stimme gaben; dies würde bedeuten, daß rund 15— 20 0/0 der NSDAP-Stimnien von 1930 von Arbeiter stammten; vgl. auch Winkler 1976 (Anm. 1), S. 2.

  31. Vgl. Childers 1976 (Anm. 7); Pratt 1948 (Anm. 2), S. 164 ff.; Waldman 1973 (Anm. 8), S. 174.

  32. Vgl. Winkler 1976 (Anm. 1), S. 2.

  33. Waldman 1973, S. 189— 191; sollte Waldman mit seiner Analyse recht behalten, so würde dies eine Parallele zur ebenfalls gern überschätzten Immunisierungsfunktion der Gewerkschaftsverbindung für das NPD-Wahlverhalten in den sechziger Jahren bedeuten; vgl. hierzu meinen Aufsatz: Wählerwanderungen vom Liberalismus zu rechtsextremen Parteien. Ein Forschungsbericht am Beispiel-des NSDAP-Aufstiegs 1928— 1933 und der NPD-Erfolge 1965— 1970, in: Lothar Albertin (Hrsg.), Der Liberalismus im politischen Systems Deutschland (erscheint voraussichtlich 1979).

  34. Vgl. Pratt 1948 (Anm. 2); Childers 7); Waldman 1973 (Anm. 8), S. 174.

  35. Vgl. Waldman 1975 (Anm. 23), S. 28. 1976 (Anm.

Weitere Inhalte

Jürgen W. Falter, Dr. rer. pol., geb. 1944 in Heppenheim a. d. B.; Studium der Politikwissenschaft und Neueren Geschichte in Heidelberg, Berlin und Berkeley; 1970— 1973 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken; seit 1973 Professor für Sozialwissenschaftliche Methodenlehre und Politische Soziologie an der Hochschule der Bundeswehr München; 1977/78 Kennedy Memorial Fellow an der Harvard University, Cambridge, Mass. Veröffentlichungen u. a.: Psychische und soziale Determinanten des politischen Verhaltens im Saarland (zusammen mit Volker Trommsdorff), Saarbrücken 1972; Faktoren der Wahlentscheidung — Eine wahlsoziologische Analyse am Beispiel der saarländischen Landtagswahl 1970, Köln 1973; Wählerwanderung vom Liberalismus zu rechtsextremen Parteien — Ein Forschungsbericht am Beispiel des NSDAP-Aufstiegs 1928— 1933 und der NPD-Erfolge 1965— 1970, in: Lothar Albertin, Hrsg., Der Liberalismus im politischen System Deutschlands (erscheint 1979).