Lean Administration und Verwaltungscontrolling Das Instrumentarium
Jochen Struwe
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Zusammenfassung
Politische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zwingen öffentliche Verwaltungen und Betriebe dazu, effizienter als bisher zu arbeiten. Das Ziel einer entsprechenden Verwaltungsreform kann unter das Leitbild „Leistung unter demokratischer Kontrolle“ gestellt werden. Am Beispiel kommunaler Verwaltungen wird gezeigt, welche Steuerungsmodelle sich in der politischen Praxis herausbilden. Verwaltungscontrolling beginnt mit der Analyse der Haushaltstage. Richtig genutzt, kann der Haushaltsplan weitgehende Informationen darüber liefern, welche Aufgaben wo angefallen sind. Einhergehend mit der zusätzlichen Nutzung der doppelten Buchführung wird die wichtigste Frage: „Wofür sind die Kosten angefallen?“ beantwortet werden können. Im Beitrag werden die Einführung, Organisation und Aufgaben eines Controllingsystems angerissen, ausgewählte Instrumente des strategischen Kostenmanagements diskutiert, Empfehlungen für ein „schlankeres“ Haushaltsverfahrcn und Hinweise für ein zu installierendes kommunales Berichtswesen gegeben.
I. Effiziente Verwaltung unter demokratischer Kontrolle Das Leitbild
Unter Außerachtlassen der bekannten politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen werden im folgenden -bewußt schwarz-weiß zeichnend und auf Zwischentöne verzichtend -die traditionelle und die künftige öffentliche, die „schlanke“ Verwaltung gegenübergestellt:
Abbildung 7
Darstellung 6: Kommunale Berichtshierarchie Quelle: Eigene Darstellung.
Darstellung 6: Kommunale Berichtshierarchie Quelle: Eigene Darstellung.
Akzeptiert man diese Diagnose, können die aus dieser Bestandsaufnahme ableitbaren Veränderungserfordernisse in einen Zielkatalog -„Für Demokratie und Effizienz in der Verwaltung“ -münden, wie ihn die Carl-Bertelsmann-Stiftung 1993 vorgestellt hat. Die wichtigsten Kriterien für eine Verwaltungsreform sind danach: 1. Leistung unter demokratischer Kontrolle: Gleichgewichtige Prägung durch Demokratie und Leistung als Leitbild; 2. Bürger-und Kundenorientierung: Leistungsausrichtung an den Bedürfnissen der Bürger, gerechter Ausgleich von Einzel-und Gesamtinteressen; 3. Kooperation zwischen Politik und Verwaltung: Zielsetzung und Kontrolle durch Politiker, Unterstützung durch eine von Detailaufsicht befreite, zielstrebige Verwaltung; 4. Dezentrale Führung: Weitgehende Delegation von Verantwortung, Kontrolle durch ein ausgebautes Berichts-wesen; 5. Controlling und Berichtswesen:
Zur Zielerreichung Einsatz leistungsfähiger Planungs-, Koordinations-und Controllinginstrumente;
6. Potentiale der Mitarbeiter: Aufmerksame Führung und Entwicklung der Mitarbeiter als teuerste und empfindlichste Ressource; 7. Innovations-und Evolutionsfähigkeit durch Wettbewerb:
Gewährleistung der Innovations-und Evolutionsfähigkeit der Verwaltung durch interkommunale Leistungsvergleiche (Wettbewerb) und öffentliche Rechenschaft.
Diese sieben Kriterien sollen den „Idealtypus eines leistungsorientierten Führungssystems in der Kommunalverwaltung“ beschreiben. Die kommunale Verwaltung (Gemeinde-und Kreisebene) ist -gemessen am finanziellen und personellen Volumen -die Verwaltungsebene, bei der eine Verbesserung hinsichtlich der Zielgrößen Effektivität,Effizienz, Kostendeckung, Sparsamkeit und antizyklisches Einnahme-und Ausgabeverhalten die gesamtwirtschaftlich größten positiven Effekte hat. Daher wird diese Ebene nachfolgend in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt.
Die Zielgröße Effektivität (= Wirtschaftlichkeit) beschreibt die Eignung eines bestimmten Instruments für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe. Mit Effizienz (= Produktivität) wird der Wirkungsgrad, gemessen als Output-Input-Relation, eines bestimmten Instruments ausgedrückt. Kostendeckung soll nach den Kommunalabgaben-gesetzen soweit vertretbar und geboten erreicht werden. Das Gebot der Sparsamkeit erfordert unter Umständen suboptimales, gewohnte Standards unterschreitendes Verhalten. Antizyklisches Einnahme-und Ausgabeverhalten ist allen Gebiets-körperschaften durch das Stabilitätsgesetz seit 1967 aufgegeben.
Um dem Idealtypus nahezukommen und die genannten Zielgrößen bestmöglich ansteuern zu können, werden in Europa unter der Überschrift „New Public Management“ verschiedene Modelle ausprobiert. Sie sind in Darstellung 2 zusammengefaßt.
In Deutschland hat sich bisher kein eigenständiges Konzept entwickelt. Vielmehr wird versucht, aus den vorhandenen Modellen die jeweils geeignet erscheinenden Elemente auf die eigene Situation zu übertragen.
II. Organisation der „schlanken“ Verwaltung
Abbildung 3
Darstellung 2: New Public Management New Public Management Quelle: Eigene Darstellung.
Darstellung 2: New Public Management New Public Management Quelle: Eigene Darstellung.
1. Out-Sourcing und Contracting-Out Zu Beginn einer rationalen Veränderung steht ein politischer Grundsatzbeschluß, der die künftig anzubietende Leistungspalette definiert und Notwendiges von Wünschenswertem separiert. Dazu gehört auch die Entscheidung darüber, was die Verwaltung in Zukunft durch Dritte oder gar nicht mehr anbieten soll.
Das Ausgliedern von Verwaltungsteilen, insbesondere von wirtschaftsnahen Bereichen, wird als Out-Sourcing bezeichnet. Unter Contracting-Out ist das vertragliche Auslagern von Leistungen zu verstehen.
Als bundesweit prominentes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz dieser Methoden sei die Stadt Offenbach angeführt: Offenbach (117000 Einwohner) verringert von 1990 bis 1995 die Zahl seiner Stellen von ursprünglich 2500 auf 1200 Stellen. Von den 1300 abzubauenden Stellen waren 350 im Hoheitsbereich, also bei der Verwaltung originär öffentlicher Aufgaben, angesiedelt. Zirka 60 Prozent der Ämter haben bereits im ersten Durchgang auf Stellen verzichtet.
Out-Sourcing kann auf verschiedenen Wegen mit unterschiedlicher Intensität geschehen: 1. Der einfachste Weg besteht in der Bildung von eigenverantwortlich geführten sogenannten Cost-/Profit-/Investmentcentern. Hierbei wird im Prinzip noch nicht ausgegliedert, sondern nur die zumeist bestehende Kostenstellengliederung überarbeitet und eindeutiger und verantwortungsgerechter abgegrenzt. Die Veränderungen sind auf das Innenverhältnis der Gebietskörperschaft beschränkt.
2. Eine weitergehende Möglichkeit ist die Bildung von Eigenbetrieben. Nach den einschlägigen Eigenbetriebsgesetzen entstehen dadurch administrativ und wirtschaftlich selbständige Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Anders als die bisherigen Regiebetriebe stellen Eigenbetriebe einen eigenständigen Erfolgs-und Wirtschaftsplan auf und nutzen die weit informativeren privatwirtschaftlichen Rechnungslegungsvorschriften. Das Unternehmen selbst unterliegt unverändert öffentlichem Recht und bleibt damit parlamentarischer Kontrolle unterworfen.
3. Der qualitativ dritte Schritt wäre in der Gründung eines Unternehmens in privatrechtlicher Rechtsform zu sehen, ohne daß die Gesellschaftsanteile an Dritte (teil-) veräußert werden (unechte Privatisierung). Das so entstehende rein öffentliche, aber nach privatrechtlichen Grundsätzen geführte Unternehmen kann, juristisch gesehen, agieren wie jedes andere Privatunternehmen auch. Über den Gesellschaftsvertrag oder über Satzungsbestimmungen können Unternehmensgrundsätze verankert werden.
4. Die weitestgehende Form des Out-Sourcing besteht im Verkauf der Gesellschaftsanteile an einem privatrechtlich strukturierten Unternehmen (echte Privatisierung). Damit gibt die öffentliche Hand dauernde Einflußmöglichkeiten auf. Allein beim Verkauf der Gesellschaftsanteile können gegebenenfalls noch Bedingungen geltend gemacht werden.
Ziel eines Out-Sourcing kann nicht die Privatisierung als solche sein. Diese ist immer nur Mittel zum Zweck. Die Ausgliederung von Verwaltungsteilen muß vielmehr auf die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, das Erreichen einer Marktreife, die Verbesserung der Effizienz, aber auch auf die Befreiung von politischer Einflußnahme gerichtet sein. Die von den öffentlich-rechtlichen Fesseln befreiten Unternehmen können freier am Markt agieren. Dem Leistungsprinzip kann dadurch besser entsprochen werden, daß die Betriebsleiter der Eigenbetriebe wie Vorstände oder Geschäftsführer von Aktiengesellschaften (AG) bzw. Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) nur zeitlich befristete Verträge erhalten (nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Aktiengesetz für höchstens fünf Jahre).
Die ausgelagerten Unternehmen, an denen die öffentliche Hand ein (Teil-) Eigentum behält, sollten über ein Beteiligungscontrolling geführt werden.
Out-Sourcing wirkt in der ersten Zeit wie eine Schlankheitspille. Die eintretenden Effekte sind zunächst rein kosmetischer Natur, da der kommunale Haushalt durch die Auslagerung nur optisch schlanker wird. Grundsätzlich, das heißt realwirtschaftlich, hat sich nur wenig geändert, denn der Betrieb existiert nach wie vor, wenn auch in veränderter Form.
Erst nach einiger Zeit werden im allgemeinen die größere Selbständigkeit und die höhere Eigenverantwortlichkeit zu einer gesteigerten Wirtschaftlichkeit und verbesserten Produktivität führen. 2. Unternehmen Kommune Künftig werden auch kommunale Behörden nach betriebswirtschaftlichen Führungsgrundsätzen arbeiten müssen, da zum einen die Mittelknappheit zum ressourcenschonenden Haushalten (Ökonomie = Haushalt) zwingt, zum anderen das Anspruchsniveau der Bürger als Kunden unverändert steigt. Damit öffnet sich sowohl angebots-(Supplypush) als auch nachfrageinduziert (Demand-pull) eine Lücke, die durch Effektivitäts-wie Effizienzsteigerung geschlossen werden muß. Das entstehende „Unternehmen Kommune“ sollte neben anderem ausgestattet sein mit -einer Unternehmensphilosophie als Leitsatz, -einer Konzernstruktur als Aufbauprinzip und -einem Controllingsystem als Steuerungsinstrument.
In Darstellung 3 sind diese Anforderungen kurz beschrieben.
In der Unternehmensphilosophie (hier am Beispiel der Stadt Duisburg) wird das neue Selbstverständnis in Gestalt eines Dienstleistungsunternehmens sichtbar, das mit dem Geld der Kunden verantwortungsbewußt umgeht. Dabei ist vielfach mehr der Politiker als der Rathausbedienstete angesprochen. Denn ohne ein entsprechendes Votum der Stadtverordneten kann de jure keine Mark ausgegeben werden.
Da die Kommune auch hoheitliche Aufgaben wahrnimmt und Zwangsabgaben erhebt und damit der marktwirtschaftliche Verhandlungsprozeß außer Kraft gesetzt, zumindest aber beeinträchtigt wird, ist die Verantwortung kommunaler Entscheidungsträger im übrigen deutlich höher als die eines privatwirtschaftlichen Unternehmers, der im Spiel von Leistung und Gegenleistung, von Angebot und Nachfrage seinen Preis vom Markt „diktiert“ bekommt. Die Preiselastizität der Nachfrage nach öffentlichen Leistungen ist häufig gleich Null (starre Nachfrage). Das heißt, daß diese Leistungen vielfach preisunabhängig nachgefragt werden (müssen). Gleichzeitig ist die öffentliche Hand Angebotsmonopolist und hat zusätzlich übergeordnete Bedingungen zu beachten (beispielsweise das in § 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Stabilitätsund Wachstumsgesetz geforderte konjunkturell antizyklische Verhalten). Damit wird deutlich, daß privatwirtschaftliche Verhaltensweisen nicht uneingeschränkt und ungeprüft auf Kommunen und öffentliche Betriebe übertragen werden können.
Zurück zum „Unternehmen Kommune“: Die einzelnen Fachämter und öffentlichen Betriebe sind als Konzerntöchter zu betrachten, die in Abhängigkeit von ihrer Wirtschaftsnähe und damit der Möglichkeit, Marktpreise zu ermitteln, als Cost-, Profit-oder Investmentcenter geführt werden können (s. Darstellung 3, Konzernstruktur).
So könnten -das Hauptamt, das Personalamt, das Sozialamt, das Ordnungsamt als Costcenter mit eigener Kostenverantwortlichkeit; -Krankenhäuser, Jugendzentren oder Alten-heime als Profitcenter mit eigener Kosten-und Erlösverantwortlichkeit und -Versorgungs-und Verkehrsbetriebe, Bauhöfe, Wirtschaftsförderungsgesellschaften etc. als Investmentcenter mit eigener Kosten-, Erlös-und Investitionsverantwortlichkeit eingerichtet werden. 3. Innere Organisation des Unternehmens Kommune Für die Koordination und Steuerung der Konzernmutter und ihrer Töchter sorgt das Controllingsystem. Aus Controllersicht ist eine Zusammenfassung von Fach-, Ressourcen-und Ergebnisverantwortlichkeit anzustreben. Es gilt, aus Betroffenen Beteiligte zu machen. Ergänzt durch ein mit attraktiven Prämien arbeitendes internes Vorschlagswesen, wirkt dies motivationsfördernd. Als Bringschuld des Arbeitgebers sind weiterhin kontinuierliche Personalentwicklungsund Weiterbildungsmaßnahmen anzusehen. Damit kann die Attraktivität des öffentlichen Dienstes auch für Leistungsträger, die man halten oder erst gewinnen will, erhöht werden.
Wenn das Ziel eine schlankere, Verantwortung nach unten abgebende Verwaltung ist, müssen Hierarchiestufen abgebaut werden. Die Leitungsspanne (= Zahl der von einem Vorgesetzten optimal zu führenden Mitarbeiter) ist in heutigen Verwaltungen vielfach zu klein, die davon abhängige Gliederungstiefe (= Zahl der Hierarchieebenen) zu groß. Ausgehend von einer für die Zukunft definierten Aufgaben-und Leistungspalette ist der Stellenbedarf neu zu ermitteln, die dann erforderlichen Stellen sind neu zu bewerten.
Konkret wäre zu prüfen, inwieweit und in welchen Zeiträumen die Zahl der Parlamentsausschüsse und sonstigen Gremien vermindert, der haupt-und nebenamtlichen Dezernenten verringert und der selbständigen Ämter reduziert werden kann. Daß dadurch die parlamentarische Kontrolle nicht verhindert oder erschwert, sondern -im Gegenteil -durch Erhöhung der Transparenz erleichtert wird, dürfte jeder Praktiker aus eigener Erfahrung bestätigen können.
Kommunen oder Unternehmen, die sich dies leisten können, setzen auf die natürliche Fluktuation durch Mitarbeiterkündigung oder Pensionierung und arbeiten mit „kw“ -Vermerken, wonach die so gekennzeichnete Stelle wegfallen kann. Durch natürliche Fluktuation werden in öffentlichen Verwaltungen zwischen drei und zehn Prozent der Arbeitsplätze pro Jahr frei. Sollte dies nicht ausreichen, wären sozialverträgliche Kündigungen durchzuführen. In erster Linie werden Mitarbeiter betroffen sein, die die „innere Kündigung“ bereits dauerhaft ausgesprochen haben. Die entstehende Angst um den eigenen Arbeitsplatz kann gerade im öffentlichen Dienst einen Motivationsschub induzieren. Allerdings ist darauf zu achten, daß nicht nur bei den „Indianern“ gespart wird, sondern auch bei den „Häuptlingen“.
Weitere Leistungsanreize können durch Leistungszulagen gesetzt werden. So wäre denkbar, daß -bei Konstanz der Personalausgaben insgesamt -die durch Personalabbau freiwerdenden Mittel zu einem bestimmten Prozentsatz in den allgemeinen Spartopf wandern, während der verbleibende Rest als Leistungszulage verteilt wird. Das Offenbacher Modell sieht vor, daß für die Leistungszulagen 30 Prozent der freiwerdenden Mittel verwendet werden. Daß damit eine Überarbeitung des Beurteilungs-und Besoldungssystems einhergehen sollte, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Die größer werdende Leitungsspanne, Job-Enrichment (Arbeitsanreicherung) und Job-Enlargement (Arbeitsfeldvergrößerung), die Kompetenz-und Verantwortungsübertragung nach unten bedingen zwangsläufig eine Änderung des Führungsstils. Jetzt entscheidet nicht mehr allein der mit Amts-autorität, einer höheren Zahl von Dienstjahren oder besseren Beziehungen zur Rathausspitze ausgestattete Vorgesetzte; Entscheidungskompetenz besitzen auch der beauftragte Mitarbeiter und die Gruppe. Der Vorgesetzte wird mehr und mehr zum Moderator und Promoter seiner Mitarbeiter.
Führung wird pluralisiert. Sie wird kooperativer, partizipativer und demokratischer sein als bisher. Der Entscheidungsspielraum der Mitarbeiter wird größer werden, die Vorgesetzten erhalten mehr Zeit, sich um ihre Führungsaufgaben zu kümmern und werden von reinen Sachentscheidungen entlastet. 4. Konzern Stadt Bewußt angelehnt an die rechtliche Struktur der Aktiengesellschaft als Prototyp einer großen und verzweigten Unternehmung zeigt Darstellung 4 „Konzern Stadt“ die Kompetenzverteilung im Unternehmen Kommune.
Besonders beachtet werden sollten die jeweiligen primären Verantwortlichkeiten. Heute kommt es vielfach -insbesondere auf kommunaler Ebene -zu Kompetenzüberlappungen. Die Politiker regieren in die Verwaltung hinein, während sich die Verwaltungspitze) in politische Grundsatzentscheidungen einmischt. Hier bedarf es dringend einer Selbstbeschränkung aller Beteiligten auf ihren originären Kompetenzbereich. Politikerbeantworten mit ihren Rahmenvorgaben die Frage „Machen wir die richtigen Dinge?“, während die Verwaltung, die die von der Politik als „richtig“ erkannten Dinge realisieren muß, auf die Frage „Machen wir die Dinge richtig?“ antwortet.
An dieser Stelle sei beispielhaft an § 9 Hessische Gemeindeordnung (ähnlich in anderen Gemeinde-ordnungen) erinnert, wonach die Gemeindevertretung bzw. Stadtverordnetenversammlung ebenso „Organ der Gemeinde“ ist wie der Gemeindevorstand bzw. Magistrat. Anders als die Parlamente der staatlichen Ebene (Bundestag und Landtage) sind die kommunalen Vertretungsorgane (Kreis-tage und Gemeindevertretungen) nur in eingeschränktem Maß selbständige Körperschaften.
III. Verwaltungscontrolling
Abbildung 4
Darstellung 3: Unternehmen Kommune Quelle: Eigene Darstellung.
Darstellung 3: Unternehmen Kommune Quelle: Eigene Darstellung.
1. Die haushaltswirtschaftliche Ausgangslage Zu Beginn einer jeden umfassenden Änderung kommunalen Wirtschaftens muß die Analyse der haushaltswirtschaftlichen Ausgangslage der Kommune bzw.des öffentlichen Betriebs stehen. Eine solche Analyse baut auf vorhandenen Daten auf, ist vergleichsweise einfach anzufertigen und bietet eine Fülle von Strukturinformationen. Mit ihrer Hilfe lassen sich Soll-Ist-Vergleiche, Querschnitts-analysen und Längsschnittanalysen durchführen. Ein interkommunaler Vergleich wird am ehesten und am schnellsten mit Hilfe einer so oder ähnlich strukturierten haushaltswirtschaftlichen Analyse eingeleitet werden können.
SoU-lst-Vergleiche werden derzeit jährlich durchgeführt. Es ist heute übliche kommunale Praxis, daß die jährliche Rechnungsprüfung durch die Rechnungsprüfungsämter der Aufsichtsbehörden oft erst eineinhalb bis drei Jahre nach Abschluß des Haushaltsjahres vorliegt. Zu diesem Zeitpunkt interessiert sich jedoch kaum mehr jemand für die Rechnungsergebnisse. Bauvorhaben sind (mit dann meist weit höheren Kosten) abgeschlossen, parlamentarische Mehrheiten haben gewechselt, Aufgaben haben sich geändert. Eine derart verzögerte Auswertung ist im Grunde überflüssig. Soll-Ist-Vergleiche sollten deshalb nicht nur einmal im Jahr angestellt werden. Ihre Aufgabe darf nicht allein die Kontrolle im nachhinein (wenn „das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“), sondern muß die während des Jahres erfolgende, begleitende Steuerung der Exekution des Haushaltsplans sein. Dazu bedarf es eines ausgebauten Berichtswesens, das im Gliederungspunkt III. 6. skizziert wird.
Querschnittsanalysen dienen dazu, für die eigene Haushaltsstruktur einen relativen Maßstab zu finden. Zu diesem Zweck werden die Haushaltspläne vergleichbarer Gemeinden gewichtet und gegenübergestellt. Die Vergleichszahlen lassen sich durch die kommunalen Spitzenverbände (die jedoch nur sehr grobstrukturierte Zahlen liefern), den Bund der Steuerzahler (der kostenlose Haushaltsanalysen mit einer allerdings schmalen, ungewichteten Vergleichsbasis bei langer Wartezeit liefert) und/oder durch eigene Analyse oder Beauftragung externer Berater gewinnen. Um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, sollte die Einwohnergrößenklasse relativ eng gestuft sein und eine genügend große Zahl an Gemeinden (mindestens 10) in den Vergleich einbezogen werden. Die Gewichtung aller Größen erfolgt mit der Einwohnerzahl, da sich an diesem Faktor zahlreiche Ausgabenpositionen festmachen lassen.
Ausgewertet wird -der Verwaltungshaushalt nach Ausgabenbereichen (Kostenstellen) entsprechend dem Gliederungsplan,
-der Verwaltungshaushalt nach Ausgabenarten (Kostenarten) entsprechend dem Gruppierungsplan,
-der Vermögenshaushalt nach Ausgabenarten (wobei im Investitionshaushalt die Streubreite naturgemäß deutlich höher ist), -der Stellenplan nach Beschäftigtengruppen (Beamte, Angestellte, Arbeiter inklusive der Beschäftigten in Eigenbetrieben) und -der Schuldenstand und der Stand der Rücklagen (inklusive Eigenbetriebe). Dargestellt werden für jede Position -das absolute (für die Summe der Einnahmen und Ausgaben) bzw. relative (für die Einzel-angaben)
Minimum, -das mit den Einwohnerzahlen gewichtete Mittel (absolut und relativ), -das absolute (für die Summe der Einnahmen und Ausgaben) bzw. relative (für die Einzelangaben)
Maximum, -die entsprechenden Angaben für den untersuchten Haushalt, -automatische Auswertungen für diesen Haushalt wie über-Zunterdurchschnittlich, Minimum/Maximum, Überschreiten einer vorgegebenen Streubreite etc.
Eine derartige Auswertung ermöglicht -tabellarisch komprimiert auf zwei Seiten -den Vergleich des eigenen Haushalts mit einem repräsentativen Haushaltsdurchschnitt. Es sei darauf hingewiesen, daß die absolute Qualität der eigenen Haushalts-struktur damit nicht ermittelt werden kann, da auch der gewichtete Durchschnittshaushalt keinen absoluten Maßstab darstellt („Gemittelter Mist ist immer noch Mist“). Längsschnittanalysen sind eine ausgezeichnete Methode, entlang einer Zeitachse die Entwicklung des Zuschußbedarfs bzw.des Überschusses je Einzelplan, Abschnitt und Unterabschnitt aufzuzeigen. Dabei werden für eine Körperschaft mindestens fünf aufeinanderfolgende Haushaltsjahre, eventuell unterteilt nach Legislaturperioden, verglichen. Datengrundlage sind die Salden (Zuschuß oder Überschuß, absolut und relativ) je Unterabschnitt im Verwaltungshaushalt. Die zeitliche Entwicklung dieser Salden zeigt am deutlichsten etwaigen Handlungsbedarf. 2. Einordnung und Implementation In der kommunalen Praxis ist das Controlling als Stabsstelle beim Kämmerer (Finanzvorstand) angesiedelt. Bei der Implementation eines Controllingsystems könnte dies der Kern eines dann allmählich auszubauenden, alle Bereiche und Betriebe umfassenden Planungs-, Steuerungs-und Überwachungsapparates sein. Im Endausbau wäre vorstellbar, daß ein Dezernent mit Linienfunktion als oberster kommunaler Controller fungiert, der -Entscheidungen der Führungsspitze informationeil vorbereitet; -selbst für das strategische Controlling verantwortlich zeichnet; -den operativen Bereichscontrollern der Fachämter und Betriebe fachliche Unterstützung gewährt und der -für die einheitliche, aufeinander abgestimmte Wahrnehmung der operativen Controllerfunktionen sorgt. Die operativen Controller könnten aus dem Führungsnachwuchs, beispielsweise den stellvertretenden Amtsleitern, rekrutiert werden. Für Bund und Länder sind Controller ohnehin vorgeschrieben: So bestimmt beispielsweise § 9 Bundeshaushaltsordnung (BHO), daß bei jeder mittelbewirtschaftenden Dienststelle ein „Beauftragter für den Haushalt“ zu bestellen ist, der faktisch Controller-aufgaben wahrnimmt.
Verwaltungscontrolling -beinhaltet ergebnisorientierte Planung, Steuerung und Überwachung in allen Bereichen und Ebenen; -bedeutet eine Informations-, Führungs-und Entscheidungsunterstützung für die Kommune; -verbessert die Managementprozesse im Hinblick auf Zielsetzung, Planung und Zielerreichung;
-vermeidet, verkürzt und vereinfacht Verwaltungsvorgänge, Beratungen und Entscheidungsprozesse; -überwacht die Entwicklung der Rentabilität und Liquidität und trägt zur Sicherung des kommunalen Vermögens bei; -untersucht Effektivität bzw. Wirtschaftlichkeit geplanter Vorhaben und sichert damit sparsame Mittelverwendung; -deckt Schwachstellen auf und entwickelt Vorschläge zur Verbesserung der Effizienz bzw. Produktivität; -erhöht als Frühwarnsystem die Flexibilität durch Verkürzung von „time-lags“ und sichert so Termintreue.
Bei der Implementation eines Controllingsystems sollte soweit wie möglich auf Vorhandenem aufgebaut und schrittweise vorgegangen werden; damit wird einer Überforderung der Verwaltung vorgebeugt. Im wesentlichen lassen sich drei Schritte abgrenzen:
Im ersten Schritt werden die künftig zu erfüllenden Aufgaben bzw. zu erstellenden Produkte definiert. In dieser Phase werden Grundsatzentscheidungen vom Typ „Make or Buy“ (Eigenfertigung oder Fremdbezug) fällig. Daran anschließend werden die Fachämter, Abteilungen und gegebenenfalls Betriebe zu Cost-, Profit-und Investmentcentern mit entsprechenden Auswirkungen auf den Stellenplan gruppiert. Dabei ist auf eine konsistente Zusammenfassung von Fach-, Ressourcen-und Ergebnisverantwortung zu achten. Hilfreich bei der Verzahnung von Aufbau-und Ablauforganisation ist der Einsatz von Funktionendiagrammen. Am Ende ist der heutige Gliederungsplan (Gliederung nach Aufgabenbereichen) in einen verantwortungsgerecht abgegrenzten Kostenstellenplan transformiert. Die Kostenstellenrechnung hilft die Frage „Wo sind die Kosten angefallen?“ zu beantworten.
Aufbauend auf dem heute nicht voll befriedigenden Gruppierungsplan (Gliederung nach Einnahmen-und Ausgabenarten) sind Einnahmen und Ausgaben konsequent zu systematisieren: eine Kostenartenrechnung entsteht. Die Frage „Welche Kosten sind angefallen?“ sollte am Ende beantwortet werden können. Mit Hilfe von KennzahlenSystemen und Querschnittsanalysen lassen sich unter Umständen hier schon Über-oder Unterversorgungen erkennen, die in die Neustrukturierung und in Haushaltsentscheidungen einfließen können. Abgeschlossen wird der erste Schritt durch Vorgaben für die Konsolidierung des „Konzerns Stadt“. Analog zu den Regelungen der §§ 290 bis 315 Handelsgesetzbuch (HGB) können dabei unterschiedliche Konsolidierungskreise gebildet werden.
In einem zweiten Schritt wird die bestehende kameralistische, rein finanz-bzw. liquiditätsorientierte Einnahmen-/Ausgabenrechnung und die in Teilbereichen existierende Kostenarten-und Kostenstellenrechnung um eine Kostenträgerrechnung erweitert und ergänzt. Die bisher oft nicht einmal gestellte, gleichwohl zentrale Frage „Wofür sind die Kosten angefallen?“ kann erst durch dieses Komplettieren der Kostenrechnung beantwortet werden. Parallel dazu wird die kameralistische durch eine doppelte Buchführung (Doppik) wenn schon nicht abgelöst, so doch zumindest ergänzt. Interne Verrechnungspreise werden gebildet und verrechnet. Die selbständig ihr Budget erfüllenden „Betriebe“ können jetzt eigenverantwortlich entscheiden, ob sie eine Vorleistung (beispielsweise die Personalrekrutierung, die Gebäudereinigung) intern bei einem anderen Amt oder extern bei privaten Anbietern einkaufen.
Die Stadtkasse wird zu einer Finanz-oder Geschäftsbuchhaltung ausgebaut. Mit diesem Schritt lassen sich erstmals wirtschaftlich periodenrichtige Zuordnungen vornehmen und erfolgs-und finanz-wirksame Vorgänge trennen; die Transparenz wird entscheidend verbessert.
Im dritten und letzten Schritt der Einführung eines Controllingsystems wird das in den ersten beiden Schritten errichtete Grundgerüst ergänzt um verschiedene Komponenten wie -die kurz-und mittelfristige Liquiditätsplanung und -Steuerung (Cash-Management und Kreditoren-ZDebitorenrechnung); -das Beteiligungs-Controlling für die ausgelagerten Unternehmen;
-eine Materialwirtschaft, die Beschaffung, Lagerhaltung und Logistik verzahnt und so dem jährlichen „Dezemberfieber“ vorbeugt, sowie -ein ausgebautes Personalwesen, in dem Personalbeschaffung, Personaleinsatz und Personal-entwicklung gleichrangige Teilbereiche darstellen. Managementtechniken Verwaltungscontrolling nutzt zahlreiche Managementtechniken. Einige dieser Techniken sind übersichtsartig, ohne weitere Erläuterung 3 und ohne Anspruch auf Vollständigkeit in Darstellung 5 aufgeführt
Je mehr Managementtechniken ein Controller beherrscht, um so umfangreicher ist sein „Werkzeugkasten“, auf den er im Bedarfsfall zugreifen kann. Um das nötige Know-how zu erwerben, wäre neben dem Einsatz externer Berater und Trainer auch daran zu denken, daß im Rahmen einer „private/public partnership“ ein befristeter Austausch von Mitarbeitern aus öffentlichen Verwaltungen und aus Privatbetrieben stattfinden könnte. Dieser Austausch kann für beide Seiten vorteilhaft sein. Ein befristeter Arbeitsplatzwechsel zu einer anderen Kommune oder einem anderen öffentlichen Betrieb kann ebenfalls zu neuen Erkenntnissen führen. 4. Strategisches Controlling und Analyse Versteht man Controlling als koordinierte und ergebnisorientierte Planung, Steuerung und Überwachung in allen Bereichen und Ebenen bei gleichzeitiger Stärkung der Verantwortlichkeit ausführender Stellen, bleibt nichts anderes übrig, als von der Aufgabe, also vom Markt oder Produkt oder Kunden her, zu denken und zu handeln. Für eine umfassende Reform öffentlicher Dienstleistungen bedeutet dies zwangsläufig, daß zu Beginn eine Aufgabendiskussion stattfinden und eine Entscheidung gefällt werden muß. Als Ergebnis wird ein schlankeres Leistungsprofil bzw. eine bereinigte Produktpalette zu erwarten sein.
Wenn das „Unternehmen Kommune“, der „Konzern Stadt“ angestrebt wird, wenn eine organisatorische Umstrukturierung in Richtung Cost-ZProfit-Z Investmentcenter sinnvoll scheint, wenn dezentrale Ressourcenverantwortlichkeit und interne Leistungsverrechnung tatsächlich hilfreich sind, muß am Beginn eine Produktdefinition und damit Outputorientierung stehen. Denn nur dann ist die Frage nach dem „Wohin“, aber auch nach dem „Warum“ zu beantworten. Und die Antwort auf diese Fragen erwarten die Mitarbeiter einer Kommune bzw. eines öffentlichen Betriebs mit Recht.
Das langfristige, strategische Controlling setzt also voraus, daß die Verantwortlichen sich die Ziele ihres Handelns gesetzt haben (Sinn-und Produkt-definition). Darüber hinaus müssen sie die ihnen zur Zielerreichung zur Verfügung stehenden Ressourcen kennen. Ziele und Mittel werden auch als „strategische Erfolgsfaktoren“ 5 bezeichnet. 5 Erfolgsfaktoren lassen sich einteilen in: -ein sogenanntes Bindeglied (Linking Pin): Superordinate Goals -Übergeordnete Ziele (ethische, soziale, politische, weitere primäre Ziele); -„Harte“ Erfolgsfaktoren: Structure -Organisationsstruktur (Aufbau-ZAblauforganisation, Kommunikationsstruktur); Strategy -Strategie (politisch-strategisches, unternehmerisches Konzept); Systems -Prozesse und Programme (Methoden und Verfahren, „tool box“, Management-Techniken); -„Weiche“ Erfolgsfaktoren: Staff -Personal (Motivation, Ausbildung, Erfahrung etc.); Skills -Fähigkeiten (Fähigkeiten und Fertigkeiten, training on the job);
Ein wesentliches Instrument sowohl des strategischen als auch des operativen Controllings sind Kennzahlensysteme. Wie vielfach auch heute noch, wurden in der Vergangenheit hilfsweise inputorientierte Kennzahlen zur „Leistungs“ -Messung herangezogen, die mit vielen Nachteilen verbunden sind. Daran haben letztlich auch die Sozialindikatoren-Bewegung der sechziger und siebziger Jahre und die Versuche, betriebswirtschaftlich rationale Indikatoren zu entwickeln, nichts Grundlegendes ändern können.
Als eine wesentliche Aufgabe bleibt damit für den Controller, im Sinne einer zu verstärkenden Bür Style -kultureller Stil (corporate identity, Führungsverhalten, innerbetriebliche soziale Verantwortung, Mitbestimmung etc ). ger-und Kundenorientierung nach eben solchen outputorientierten Kennzahlen zu suchen. In wirtschaftsnahen Bereichen wie Bauhöfen, Versorgungs-und Verkehrsbetrieben etc. kann mit in der Privatwirtschaft anerkannten, gegebenenfalls modifizierten Kennzahlen gearbeitet werden. In anderen Bereichen (Sozialamt, Ordnungsamt, Jugendzentren, aber auch Hauptamt, Personalamt, Kämmerei etc.) ist am ehesten eine Messung durch Ermitteln der Kundenzufriedenheit möglich. Bei den Gemeinkostenstellen bedingt dies natürlich eine vorhergehende Leistungsdefinition, Segmentierung, Verantwortlichkeitsabgrenzung sowie das Bilden interner Verrechnungspreise: -Wieviel wäre ein potentieller Abnehmer (z. B.
Fachamt) der Gemeinleistung bereit, für diese Leistung zu zahlen? :
-Ab welchem Preis würde das Fachamt die Leistung nicht mehr intern, sondern extern einkaufen?
-Ab welchem Preis würde das Fachamt ganz auf die Leistung verzichten?
Verwaltungscontrolling, insbesondere das operative Verwaltungscontrolling, arbeitet in der Schrittfolge Anamnese, Diagnose und Therapie. In jedem Schritt werden quantitative wie qualitative Indikatoren und Stellgrößen benötigt, um eine Zielvorgabe in Form von Plan-und Sollgrößen sowie eine Erfolgskontrolle in Form von Pianist-Vergleichen zu ermöglichen. Interkommunaler Leistungsvergleich wird zwar nicht ausschließlich durch geeignete Kennzahlensysteme darstellbar, ohne diese aber sicher nicht. 5. Operatives Controlling: Die „Tool-Box“ des Controllers Das operative, also das kurzfristige, in erster Linie auf die interne Effizienzverbesserung gerichtete Controlling ist ohne doppelte Buchführung undenkbar. Anders als bei der kameralistischen Buchführung, die nur Einnahmen und Ausgaben kennt, werden bei der doppelten Buchführung /mfl/izwirksame und ez/o/g^wirksame Zahlungsströme unterschieden. Die erfolgswirksamen Zahlungsströme ändern -gleichzeitig und systemimmanent -vennögensmrksam die Bestandsgrößen (bei hoheitlichen Aufgaben gilt dies aufgrund eines abweichenden Erfolgsbegriffs nur eingeschränkt, so beispielsweise bei der Sozialhilfe). Damit bietet die Doppik nicht allein kurzfristige Steuerungsinformationen, sondern auch langfristige zum Vermögens-und Kapitalerhalt. Mittelherkunft und Mittelverwendung können in einer Kapitalflußrechnung, hilfsweise in einer Bewegungsbilanz, abgebildet werden.
Danach sind Auszahlungen (Einzahlungen) zu unterscheiden von Ausgaben (Einnahmen). Diese sind abzugrenzen von den Aufwendungen (Erträgen). Letztere wiederum sind nicht voll deckungsgleich mit den Kosten (Erlösen bzw. Leistungen). Die doppelte Buchführung, ergänzt durch eine Finanzplanung (Cash-und Debt-Management), ist damit in der Lage, äußerst differenzierte Informationen zu liefern. Gemeinkosten sind Kosten, die einem Kosten-träger nicht unmittelbar zuzuordnen sind. Da in Kommunalverwaltungen vergleichsweise hohe Gemeinkosten-bzw. Fixkostenblöcke existieren (beispielsweise in zentralen Verwaltungsbereichen wie Haupt-oder Personalamt), ist zu überlegen, inwieweit mit einer mehrstufigen Deckungsbeitrags-rechnung eine verursachungsgerechtere Kosten-verrechnung ermöglicht werden kann. Dabei wird der tatsächlich heterogene Gemeinkosten-oder Fixkostenblock nach und nach zergliedert und „portionsweise“ auf die einzelnen Kostenträger verrechnet. Eine innerbetriebliche Leistungsverrechnung ist ebenso anzustreben wie eine kosten-deckende Gebühren-und Beitragspolitik. Nur bei einer verursachungsgerechteren Kosten-verbuchung werden Einsparpotentiale erkennbar. Daher ist die doppelte Buchführung auch in der Verwaltung sinnvoll und notwendig. Derzeit wird nämlich die Sparsamkeit der Verantwortlichen bestraft: Wenn etwa Haushaltsmittel nicht bis zum Jahresende ausgegeben werden, muß mit einem niedrigeren Ansatz für das Folgejahr gerechnet werden. Aussage-und Beweiskraft hat die Statistik zum monatlichen Ausgabeverhalten, bei der man erkennen kann, daß im November/Dezember durchschnittlich doppelt soviel Mittel ausgegeben werden wie in den übrigen Monaten. Hier fehlt bisher ein Anreizsystem für den Sparwillen der Betroffenen. Eine Lösung könnte darin bestehen, daß von den eingesparten Mitteln beispielsweise 50 Prozent bei der mittelbewirtschaftenden Stelle verbleiben und als frei verfügbare Mittel ein eigenverantwortliches Fokussieren ermöglichen, während die zweite Hälfte als tatsächliche Ersparnis in den allgemeinen „Spartopf“ wandert. Als Methode, insbesondere die Gemeinkosten zu reduzieren, wird die Gemeinkostenwertanalyse (GWA) empfohlen. Mit der GWA wird versucht, in einem systematischen und kreativitätsfördernden Ablauf Kosten und Nutzen von Leistungen der untersuchten Gemeinkostenbereiche zu beurteilen und „unnötige“ Leistungen bzw. die Kosten hierfür zu reduzieren (in den USA: Overhead-Value-Analysis). Hauptbeteiligte an der GWA sind -Leiter der Gemeinkostenbereiche („Leistungsersteller“); -Führungskräfte, die als „Kunden“ der Gemein-leistungen in Frage kommen („Leistungsnutzer“); -Controller zur Moderation des Untersuchungsablaufs; -GWA-geschulte Führungskräfte als Team; -unternehmensinterne Experten als Berater für spezielle Kosteneinsparungsfragen; -externe Unternehmensberater zur Lieferung von Methodenwissen und zur Schulung. Der Ablauf der GWA gliedert sich in mehrere Phasen: -Strukturieren der Gemeinleistungen und der Gemeinkosten; -Vergleich der Gemeinkosten und des dafür erwarteten Nutzens; -Suche nach Möglichkeiten, das Nutzen-Kosten-Verhältnis zu verbessern; -Bewerten der Ideen und Prüfen auf Realisierbarkeit; -Ausarbeiten der Aktionsprogramme. Als Einsparpotential bei der Gemeinkostenwertanalyse wird häufig ein Wert von 40 Prozent vorgegeben. In der Praxis werden (einmalige) Einsparpotentiale von 20 bis 30 Prozent realisiert.
Die Fixkosten als beschäftigungsunabhängige, aber zeitabhängige Kosten sind plan-und damit steuerbar, wenn ihre zeitliche Struktur bekannt ist. Zu diesem Zweck können sie entsprechend aufgeschlüsselt werden. Es gilt zu untersuchen, welche Fixkostenblöcke mit welchem Zeithorizont abbau-bar sind. Erst diese Transparenz ermöglicht dann die Entscheidung, ob auf die hinter diesen Kosten stehenden Leistungen verzichtet werden soll. Eine weitere, bei öffentlichen Haushalten äußerst sinnvolle Methode ist das Zero-Base-Budgeting (ZBB). Darunter ist ein Analyse-und Planungsprozeß zu verstehen, der von jedem Budgetverantwortlichen verlangt, sein Budget vollständig und detailliert von Grund auf („Zero Base“) zu begründen. Heute wird bei der Aufstellung des (Verwaltungs-) Haushalts meist eine Extrapolation (Fortschreibung) aus Daten der Vergangenheit vorgenommen und eine Prognose aufgrund erwarteter Kostensteigerung mit in den entsprechenden Ansatz des Haushalts eingearbeitet. Dies geschieht in der Annahme, daß im Vorjahr „richtig“, also effizient gehandelt wurde. In Erwartung von Kürzungen wird darüber hinaus in Form eines „Sicherheitszuschlags“ noch zusätzlich aufgepolstert. In den Haushaltsberatungen wird dann in aller Regel nur noch der „Mehrbedarf“ gegenüber dem Vor-jahresansatz diskutiert. Ob der gesamte Ansatz (noch) notwendig ist oder nicht, bleibt bei dieser Verfahrensweise ausgeklammert.
Sinnvoller ist, in jedem Jahr den Haushaltsansatz in Verbindung mit einer Aufgabenkritik neu zu diskutieren. Dabei wird die Frage, ob eine Aufgabe überhaupt noch notwendig ist, in den Vordergrund gestellt, was mit Hilfe der Methode des ZBB geschieht:
Beim ZBB lassen sich drei Phasen und insgesamt neun Stufen unterscheiden:
I. Analyse-und Grobplanungsphase 1. Stufe: Beschreibt die Unternehmensziele, grenzt die zu analysierenden (Gemeinkosten-) Bereiche ab. 2. Stufe: Teilt in Entscheidungseinheiten (decision unit) auf und leitet Teilziele ab. 3. Stufe: Bestimmt die Leistungsniveaus als Menge und Qualität der Arbeitsergebnisse je Entscheidungseinheit. 4. Stufe: Sucht für jedes Leistungsniveau (Soll-, Ist-. Minimalniveau) das wirtschaftlichste Verfahren. 5. Stufe: Beschreibt die Leistungsniveaus, legt Entscheidungspakete (decision package) fest. 6. Stufe: Legt die Rangordnung der Entscheidungspakete fest (Nutzwertanalyse). 7. Stufe: Bestimmt die Ressourcen für strategische und operative Aufgaben und die endgültige Rangordnung (Budgetschnitt, cutoff-rate). II. Maßnahmenplanungsphase 8. Stufe: Legt konkrete Maßnahmen fest.
III. Überwachungsphase 9. Stufe: Erarbeitet die Budgets, überwacht die Ausführung. Drei Leistungsniveaus werden geplant: erstens das Minimal-Niveau, welches die Erfüllung der Aufgaben gerade eben noch erlaubt, zweitens das Ist-Niveau, welches bei existierenden und weiter wahrzunehmenden Aufgaben den Istzustand der Aufgabenerfüllung darstellt, und drittens das SollNiveau, welches das anzustrebende Leistungsniveau (das über oder unter dem Ist-Niveau liegen kann) beschreibt. Das Einsparpotential des Zero-Base-Budgeting liegt dauerhaft bei 15 bis 20 Prozent. Verbindet man das ZBB mit einer Haushaltsberatung in der Art, daß die Entscheidungsträger -die Stadtverordneten -nicht mehr jeden Haushalts-ansatz einzeln, sondern nur noch den globalen Zuschuß oder Überschuß eines jeden Unterabschnitts bestimmen, lassen sich „mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen“: -Die Ausschüsse und die Stadtverordnetenversammlung werden von Detailproblemen entlastet. Erfahrung ist, daß über 5 000 DM oft erbitterter und länger gestritten wird als über 500000 DM, die ohne Diskussion „über den Tisch gehen“. Diese Verfahrensweise ist nicht nur ineffektiv, weil man nicht zum Eigentlichen kommt, sie ist auch ineffizient, weil knappe Ressourcen (Zeit und Arbeitskraft) vergeudet werden. -Eine Beschränkung auf die Festsetzung des gewährten Zuschusses bzw. zu erzielenden Über-schusses (und etwaiger Gebührensätze, „Dekkelung“ von Ansätzen) je Unterabschnitt führt dazu, daß die Haushaltsberatungen „politischer“ werden, weil man sich nicht mehr in Details verheddert. Eine Reduktion der Haushaltsberatungen auf diesen Saldo -statt sich durch Beratung von beispielsweise 4 Einnahme-und 15 Ausgabenpositionen je Unterabschnitt in vierstelligen Beträgen zu verlieren -führt zu der zentralen Frage: „Sind wir bereit, für diese Aufgabe einen Zuschuß aus allgemeinen Deckungsmitteln in dieser Höhe zu geben?“ und damit zum Kern der politischen Entscheidung. -Der sach-und fachkundigeren Verwaltung bleibt die Konkretisierung der Rahmenvorgaben, also die Umsetzung in einzelne Einnahme-und Ausgabenansätze, Vorbehalten. Im Rahmen der vorgegebenen Budgets wirtschaften die Fachämter, Betriebe und Kostenstellenleiter eigenverantwortlich. Damit wird der Forderung Rechnung getragen, Verantwortung und Kompetenzen nach unten zu verlagern und zu einer Entflechtung von politischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Primärzuständigkeit zu kommen. Durch die notwendigerweise entstehende dezentrale Ressourcenverwaltung werden gleichzeitig Leistungsanreize gesetzt und Sparpotentiale frei.
Der Schritt in die dezentrale Ressourcenverantwortlichkeit wird dann erleichtert, wenn weitergehende Deckungsmöglichkeiten in den Unterabschnitten und Abschnitten des Haushaltsplans geschaffen werden („Globalhaushalt“). Die Entscheidung über einen bestimmten Prozentsatz der nicht verbrauchten Mittel soll als Sparanreiz der bewirtschaftenden Stelle überlassen bleiben. An dieser Stelle sei daran erinnert, daß schon nach heutigem Haushaltsrecht ein Ausgabenansatz vernünftigerweise nichts anderes als die Obergrenze darstellt, bis zu der Mittel verausgabt werden können, nicht müssen.
Als weiterer Schritt wäre der weitgehende Verzicht auf Sammelnachweise (Zusammenfassung von artgleichen Einnahmen und Ausgaben) anzusprechen. Sammelnachweise bedeuten zwar eine Veranschlagungserleichterung und liefern bestimmte, gruppenbezogene Informationen. Der große Nachteil der Sammelnachweise ist jedoch in der Verschleierung der tatsächlichen Kosten-bzw. Ausgabenbelastung in einzelnen Kostenstellen zu sehen. Daß der Verzicht auf Sammelnachweise mit der Bildung interner Verrechnungspreise Hand in Hand gehen sollte, ist eigentlich selbstverständlich. 6. Berichtswesen Oben wurde schon darauf hingewiesen, daß die Kompetenzabgrenzung zwischen Stadtverordnetenversammlung, Magistrat und Verwaltung stärker als bisher beachtet werden sollte. Damit einher geht eine Verantwortungsverlagerung von oben nach unten. Diese wiederum bedingt, daß die politisch-strategische Ebene Führungs-und Entscheidungsinformationen von unten geliefert bekommen muß. Das betrifft insbesondere -den Finanzstatus und die kurzfristige Liquiditätsentwicklung; -die mittelfristige Liquiditätsentwicklung, aufgegliedert nach „Cost-Drivern“ (Kostentreiber) und „Cash-Cows“ (liquiditäts-und rentabilitätsstarken Leistungen); -die langfristige Liquiditätsentwicklung als finanzwirksames Gegenstück der periodenrichtig abgegrenzten, erfolgswirksamen Ertrags-und Aufwandsströme und -die Kosten-und Leistungsrelationen zur Vor-, Zwischen-und Nachkalkulation sowie zur Messung der Wirtschaftlichkeit.
Das Berichtswesen könnte terminlich auf den Sitzungsturnus des Haupt-und Finanzausschusses abgestimmt sein, ähnlich einem monatlichen Berichtswesen im kaufmännischen Bereich. Zusammen mit dem Problem des „Information-Overflow“ (das „Zuviel“ an Informationen) führt dies
dazu, daß eine Berichtshierarchie (s. Darstellung 6) eingeführt werden muß, bei der stufenweise die Berichtsinhalte immer stärker verdichtet werden.
Abbildung 5
Darstellung 4: Konzern Stadt Quelle: Eigene Darstellung.
Darstellung 4: Konzern Stadt Quelle: Eigene Darstellung.
Eine weitere Möglichkeit, Information-overflow zu begegnen, ist im Sinne eines Management by exception das Einziehen von Kompetenzgrenzen zwischen den einzelnen Verantwortungsebenen. Nur (positive wie negative) Abweichungen, die die in absoluten und relativen Werten festgesetzten Grenzen überschreiten, werden weitergemeldet. In Kommunen sind solche Kompetenzgrenzen zumeist im Zusammenhang mit der Entscheidungszuständigkeit bei über-und außerplanmäßigen Ausgaben in den Haushaltssatzungen festgelegt.
IV. Schlußfolgerungen
Abbildung 6
Darstellung 5: Managementtechniken Quelle: Eigene Darstellung
Darstellung 5: Managementtechniken Quelle: Eigene Darstellung
Politische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zwingen öffentliche Verwaltungen und Betriebe dazu, effektiver, effizienter, kosten-deckender, sparsamer und antizyklischer als bisher zu arbeiten. Das Ziel einer entsprechenden Verwaltungsreform kann unter das Leitbild „Leistung unter demokratischer Kontrolle“ gestellt werden.
Eine wichtige Voraussetzung für „Leistung unter demokratischer Kontrolle“ ist die Beschränkung von Politik und Verwaltung auf den jeweils eigenen Kompetenzbereich. Die politischen Rahmen-vorgaben werden durch eine von Detailaufsicht befreite Verwaltung selbständig erfüllt. Am Anfang jeder Umstrukturierung steht die Definition der künftigen Leistungspalette. Die darüber zu führende politische Auseinandersetzung nutzt weit mehr als bisher verschiedene Managementtechniken. Insofern ist der Ausbildung nicht nur der Verwaltungsangehörigen, sondern auch der Politiker vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken.
Alexis de Tocqueville hat vor gut 150 Jahren als Hauptziel einer guten Regierung bezeichnet, die Wohlfahrt der Völker zu fördern, und nicht, ihrem Elend eine gewisse Ordnung zu geben. Folgt man dieser Zielvorgabe, muß eine Richtungsänderung über die reine Mangelverwaltung hinaus durch innovative, pragmatisch und vorurteilslos eingesetzte Instrumente begleitet werden.
Lean Administration und Verwaltungscontrolling unterstützen das „starke, langsame Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“, das nach Max Weber Politik bedeutet. Lean Administration und Verwaltungscontrolling sind nicht das Ziel, nicht Selbstzweck, sondern ein erfolgversprechender Weg, unverändert wachsende Ansprüche einerseits und abnehmende, insbesondere finanzielle Möglichkeiten andererseits zur Deckung zu bringen.
Jochen Struwe, Dr. rer. pol., Dipl. -Wirtsch. -Ing., geb. 1956; Inhaber der Dr. Jochen Struwe Unternehmens- und Verwaltungsberatung, Heppenheim; Stadtverordneter in einer Kreisstadt, Vorsitzender des Haüpt-und Finanzausschusses und des Rechnungsprüfungsausschusses, Mitglied in mehreren Kommissionen, Fraktionsvorsitzender. Veröffentlichungen u. a.: EG 92 -Europa der Unternehmer? Die sozialpolitischen Perspektiven des Binnenmarktes, Frankfurt am Main 1991; Kursbuch Betriebswirtschaftslehre, Frankfurt am Main 1994; Mit Controlling zu erfolgsorientierter Unternehmenssteuerung in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben, in: Finanzwirtschaft, (1994) 7, 9, 10; Verwaltungs-Controlling, München 1995.
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