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Der Arabische Golf vor Anbruch des Erdölzeitalters | Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrats (GCC) | bpb.de

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Der Arabische Golf vor Anbruch des Erdölzeitalters

Onn Winckler

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Bitte klicken Sie auf das Bild, um die interaktive Karte zu öffnen. (© bpb)

Politische und wirtschaftliche Situation

Ursprünglich bestand die Region des Arabischen Golfs aus Stadtstaaten, sogenannten Shaykhdoms, die jeweils von einer herrschenden Familie regiert wurden. Die heutigen Ölstaaten der Golfregion sind eine Erweiterung dieser Stadtstaaten, sie werden weiterhin von den ursprünglichen Herrscherfamilien regiert. In Bahrain regiert die Al-Khalifa Familie seit den 1870er Jahren; in Katar die Al-Thani Familie seit den 1820ern; Kuwait wird seit 1718 von der Al-Sabah Familie beherrscht; die Al-Sa’ud Dynastie ist seit dem 18. Jahrhundert in Saudi Arabien und seinen Vorläuferstaaten an der Macht; die Al-Bu Sa’id Familie regiert seit mehr als 250 Jahren in Oman und auch die Herrscherfamilien der Shaykhdoms, die heute die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bilden, sind immer noch an der Macht. Folglich gelten die GCC-Staaten auch als neue Staaten mit traditionell langlebigen Regimen.

Mit Ausnahme der beiden heiligen muslimischen Städte in der Region Hejaz, Mekka und Medina, war die Golfregion sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus geo-politischer Sicht unbedeutend für die Herrscher des Osmanischen Reichs. Daher implementierten sie nie eine direkte Herrschaft in diesem Gebiet. Dies taten auch die Briten nicht, die nach dem Ersten Weltkrieg Großteile der Region beherrschten. Hintergrund hierfür ist die Tatsache, dass die Region des Persischen Golfs vor Anbruch des Erdölzeitalters, das 1932 in Bahrain, 1938 in Kuwait und Saudi Arabien, 1940 in Katar, 1952 in den VAE und schließlich 1967 in Oman einsetzte, eine der ärmsten Regionen der Welt war, deren Wirtschaft hauptsächlich auf Perlentauchen und Subsistenzlandwirtschaft in den Küstenregionen, internationalem Handel in den Küstenstädten und einer traditionellen Nomadenwirtschaft im Inneren der Region basierte. In den 1930er Jahren verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation in der Golfregion sogar noch aufgrund des Zusammenbruchs der Perlenindustrie und der Wirtschaftskrise ("Great Depression").

Bevölkerungsentwicklung

Ihre schlechte sozioökonomische Lage führte dazu, dass die Golfregion vor dem Erdölzeitalter nur schwach besiedelt war. Am Ende des Ersten Weltkriegs belief sich die Bevölkerung der Gebiete des heutigen Saudi Arabiens auf rund 1,5 bis 2 Millionen; die Bevölkerung von Bahrain, Katar und Kuwait zusammen umfasste ca. 175.000 Personen; etwa eine halbe Million Menschen lebten im heutigen Oman und den VAE (Owen/Pamuk 1999, S. 76). Vor dem Anbruch des Erdölzeitalters waren die einzigen Fremden in der Region Händler aus den benachbarten Regionen und aus Indien, die mit den Händlern aus dem Golf Handel betrieben. Hinzu kamen einige Arbeitskräfte aus den benachbarten Regionen, die saisonal in der Fischerei- und Perlenindustrie beschäftigt waren (Baldwin-Edwards 2005, S. 4).

Infolge der Ölfunde gewann die Region am Persischen Golf abrupt an Bedeutung. Eine der unmittelbaren Auswirkungen war der Beginn eines raschen Bevölkerungswachstums. Dieses basierte hauptsächlich auf einer wachsenden Zahl ausländischer Arbeitskräfte, die in die Region kamen, um in der Ölindustrie und später in der schnell expandierenden öffentlichen Verwaltung zu arbeiten. Im Falle von Bahrain, dem ersten der Golfstaaten, der mit der Ölförderung begann, belief sich die ausländische Bevölkerung schon 1941 auf 15.930 Personen, die 17,7 Prozent der Gesamtbevölkerung stellten (Bahrain, CIO, SA-2000, Tabelle 2.01). Die Einwohnerzahl Kuwaits wuchs zwischen 1930 und 1949 von 60.000 auf 100.000 an (Ismael, 1982: 117). Die anderen Ölstaaten der Golfregion verzeichneten ein ähnliches Bevölkerungswachstum. Schätzungen zufolge belief sich in den frühen 1970er Jahren, also in der Zeit vor dem Ölboom, die Zahl der Ausländer in den Golfstaaten auf 800.000 bis 1,25 Millionen, wobei es sich sowohl um ausländische Arbeitskräfte als auch die sie begleitenden Familienangehörigen handelte (Winckler 2009, S. 134).

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Onn Winckler ist Professor am Department of Middle Eastern History an der Universität Haifa. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich politische Demographie und Wirtschaftsgeschichte des Mittleren Ostens.
E-Mail Link: owinkler@univ.haifa.ac.il