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Die Forderungen der Pädagogik an die politische Bildung | APuZ 37/1955 | bpb.de

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APuZ 37/1955 Die Forderungen der Pädagogik an die politische Bildung Die Aufgabe der politischen Bildungsarbeit der Schule und der Geschichtsunterricht

Die Forderungen der Pädagogik an die politische Bildung

Erich Weniger

Die pädagogische Theorie — sie ist in der Fassung des mir gestellten Themas unter dem Begriff „Pädagogik“ wohl in erster Linie gemeint — findet seit dem Beginn des bürgerlichen Zeitalters und erst recht im Zeitalter der Demokratie Forderungen an die politische Bildung und Erziehung immer schon vor. Auch sind ihr immer schon Wege, Methoden vorgegeben, mit denen in der Praxis versucht worden ist, solche Anforderungen zu erfüllen. Da aber sowohl die Forderungen sich nicht selten widersprechen als auch Streit über den rechten Weg sich immer wieder erhoben hat, sieht sich die Pädagogik gezwungen, nach einem Ausgleich zu suchen, vielleicht sogar unter bestimmten Voraussetzungen eine Entscheidung für oder gegen eine Forderung, für oder gegen eine der versuchten Methoden zu empfehlen. An sich wäre sie vermutlich gern dem Streit ganz fern geblieben und hätte sich, wie Rousseau im „Emile“ es vorgeschlagen hat, mit der Bildung zum Menschen schlechthin begnügt, in der Hoffnung, daß die Bildung zum Bürger damit zugleich gesichert sei. Aber der gleiche Rousseau hat ja im „contrat social“ wie in den Ratschlägen für die polnische Regierung ausdrücklich politische Bildung gefordert, offensichtlich unter dem Zwang der Einsicht in die wirkliche Lage mitsamt ihren Mängeln und Schwierigkeiten.

Die moderne Pädagogik hat aber über dieses bloße Abfinden mit einem notwendigen Übel hinaus durchaus Grund, die Forderungen nach politischer Bildung ernster, ja positiv zu nehmen und sie sich zu eigen zu machen. Denn sie weiß darum, daß die Möglichkeiten des Menschseins unvollständig wären, wenn sie nicht die Teilnahme an der Verantwortung für das Miteinanderleben in Rechts-und Friedensordnungen und die Fähigkeit, diese mitzugestalten, einschließt. Andererseits bedarf das Menschliche, das der Rousseau des „Emile“ unmittelbar haben wollte, der Sicherung in Institutionen, vor allem der Sicherung der menschlichen Freiheit als Freiheit des Gewissens und der Entscheidung, aber eben auch als Freiheit zum Insichruhen in einem eigenen Lebensraum. Endlich drittens belehrt uns unser anthropologisches Wissen von Wirklichkeit und Möglichkeit des Menschen, daß der Mensch nicht als bloßes Individuum an und für sich existiert, um dann erst sich mehr oder minder weit mit anderen einzelnen Individuen zu Gruppen und Gemeinschaften zusammenzuschließen. Er ist vielmehr Mensch von vornherein durch seine Beziehung zum Mitmenschen im Miteinander von Personen, durch die Relationen von Ich, Du, Wir.

Die Erkenntnis von der personhaften, auf den Mitmenschen bezogenen eigentlichen Existenz des Menschen hat nun freilich in jüngster Zeit zu Einschränkungen der Forderung nach politischer Erziehung geführt, die ganz denen Rousseaus auf die Erziehung zum Menschen als Erziehung zur Individualität entsprechen. Man möchte die Erziehung zum politischen Dasein auf das unmittelbare Miteinanderleben in den jeweils nächsten und untersten Gruppen beschränken und glaubt, damit alles getan zu haben, was für die politische Bildung erforderlich sei. Gruppenerziehung, Erziehung zur Partnerschaft bringen jedenfalls die Gefahr solcher Beschränkung mit sich. Demgegenüber wird die pädagogische Theorie an die beiden ersten Sachverhalte erinnnern müssen, an die Forderung nach Vollständigkeit der menschlichen Möglichkeiten und an die Sicherung der menschlichen Freiheit, d. h. also an das unmittelbar Politische, das eben auch in der Erziehung unmittelbar angegangen oder doch angesprochen werden muß, auch wenn die Neigung, dem Staatlichen, der Politik im engeren Sinne, in der Erziehung auszuweichen, historisch verständlich genug ist aus dem Übermaß des staatlichen Einflusses auf die Erziehung und durch den Mißbrauch des Politischen in den letzten Menschenaltern.

Die Pädagogik weiß überdies, daß überall da, wo eine geistige Vollmacht und Verantwortung austritt, auch ein Anspruch an die Erziehung geltend gemacht werden kann. In der Sprache der Theorie ausgedrückt heißt das: Lebensmächte, gesellschaftliche Kräfte, Geistesmächte, die eine Aufgabe im Haushalt der menschlichen Geschichte haben und sich durch ihre Lebendigkeit beweisen, werden zu Bildungsmächten. Auch der Staat hat einen solchen Anspruch, auch er ist eine Bildungsmacht. Aber er unterliegt nun stärker noch als andere Bildungsmächte, beispielsweise die Kirchen, für die Ähnliches gilt, der Versuchung, sich den Gesetzen der Bildung, von denen noch zu sprechen sein wird, zu entziehen und seine Macht unmittelbar in der Erziehung einzusetzen, etwa durch Studien-ordnungen, Prüfungsbestimmungen, Lehrpläne, Stellenbesetzungen, Schulaufsicht und dergleichen mehr. Solche Unmittelbarkeit des Eingreifens und Sich-zur-Geltung-bringens hatte dann die bekannten bösen Folgen, die ideologische Überschätzung des Staates, die idealistische Überforderung der politischen Ethik in der Lehre, die aber eben wegen solcher Übersteigerung zu einer höchst realistischen Anpassung an die jeweils im Staat herrschenden Mächte oder gar zur Gleichschaltung führte. Eine völlig realistische Staatslehre ohne ideologischen Überbau und ohne idealistische Ethik hat meines Wissens auch der reine Machtstaat nirgendwo gefordert. Er fürchtete wohl Enttäuschung und Skepsis der Jugend, die ihm hätten gefährlich werden können.

Die pädagogische Theorie wird dem Staate gegenüber ebenso wie gegenüber den Kirchen, der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Gesellschaft, darauf bestehen müssen, daß die Lebensmächte, die Bildungsmächte sein wollen, sich den Gesetzen der Bildung fügen. Das gilt insbesondere für den demokratisch verfaßten Staat. Er bedarf seiner Struktur und seinen Voraussetzungen nach der verantwortlichen Teilhabe aller seiner Bürger: „Jeder in unserem Volk soll“, so habe ich es einmal formuliert, „nach dem Gesetz, das wir uns jetzt gegeben haben, politisch mündig und instand gesetzt werden, als reifer Mensch seinen Anteil an der politischen Aufgabe zu übernehmen, er soll Vollbürger unseres Staates, ein lebendiges Glied unseres Volkes werden“. Diese politische Reife und staatsbürgerliche Mündigkeit durch die Erziehung zu ermöglichen, ist die Aufgabe der politischen Bildung. In dem Gutachten des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs-und Bildungswesen haben wir die hier liegende Schwierigkeit wie folgt beschrieben (II, 1, S. 2): „In einem demokratischen Staat brauchen alle Bürger ein bestimmtes Mindestmaß an politischer Einsicht. Dieser Anforderung stehen die Unterschiede der Bereitschaft und Fassungskraft und die Verschiedenheit der Lebens-und Umweltseinflüsse gegenüber. Die Spannung zwischen diesen Hemmnissen und den Forderungen, die eine freiheitliche politische Ordnung an jeden Bürger stellen muß, liegt im Wesen der Demokratie;

ihre Überwindung ist eines der schwersten Probleme der politischen Erziehung und Bildung, aber dennoch ihre eigentliche Aufgabe“.

Wir sprachen von den Gesetzen der Erziehung und Bildung. In der Verantwortung vor solchen Gesetzlichkeiten hat die Pädagogik ihrerseits Forderungen an die politische Bildung und Erziehung zu stellen. Alle diese Strukturgesetze, die in der Besinnung auf den Gang der Entwicklung in der Erziehungswirklichkeit durch die Theorie allmählich herausgearbeitet sind, anzuführen, würde den hier gestellten Rahmen sprengen.

Ich begnüge mich mit einer kurzen Aufzählung der für die politische Bildung wichtigsten Einsichten. 1. Die Einsicht von dem erfüllten Moment als Voraussetzung für das Gelingen der Erziehung. Die Frage ist also, ob und wie weit die Lehren im kindlichen und jugendlichen Dasein schon anschaulich und einsichtig werden können. In dem Gutachten ist das Problem folgendermaßen formuliert (II, 3, S. 3): „Erzieherische Wirkung beruht auf dem Zusammenspiel von Einsicht und Übung (einer Übung nämlich, aus der Einsicht erwächst und Lehre einsichtig wird). Der politischen Erziehung fehlt jedoch das eigentliche Übungsfeld. Versuche, es in spielerischer Nachahmung politischer Formen des Erwachsenenlebens zu gewinnen, verfehlen den Ernst der Sache und münden deshalb leicht in leere Betriebsamkeit. Andererseits führt die Beschränkung auf den bloßen Unterricht zu Abstraktionen, die keine verbindliche Kraft besitzen, weil ihnen die anschauliche Grundlage fehlt“. 2. Damit hängt zusammen die Einsicht in die Notwendigkeit, das Erziehungsziel in einem Bild vom Menschen anschaulich werden zu lassen, also in unserem Falle in die Notwendigkeit, ein Leitbild zu gewinnen, in dem die Anforderungen gleichsam Gestalt gewonnen haben. Wir haben dieses Problem und die in ihm enthaltenen Schwierigkeiten in dem Gutachten wie folgt formuliert (II, 5, S. 3):

„Lim uns über die Ziele der Erziehung und Bildung zu verständigen, müssen wir sie sprachlich fixieren und, soweit möglich, in anschaulichen Leitbildern darstellen. Das führt aber Gefahren herauf, die in der politischen Erziehung besonders hervortreten.

Man nimmt die Begriffe, in denen Erziehungsziele ausgesprochen werden sollen, als ob sie der eigentliche Inhalt der politischen Erziehung wären, zwingt sie dem lernenden Gedächtnis auf und glaubt, dadurch die Gesinnungen zu erzeugen, die diesen Begriffen entsprechen. Dieses Vorgehen führt zu zwei nur scheinbar entgegengesetzten Irrwegen. Der eine erweckt den Anschein, als wären die Begriffe bereits verwirklicht, und erzeugt damit ein idealistisches Trugbild unserer politischen Verhältnisse. So ist beispielsweise Demokratie damit noch nicht verwirklicht, daß man sich zu ihr bekennt. Der andere beurteilt die Wirklichkeit im Lichte abstrakter Ideale und erzeugt dadurch eine verneinende Einstellung zur politischen Realität. Bloßer Moralismus in der politischen Erziehung führt dazu, daß die Jugend durch die Enttäuschung an der Wirklichkeit zu politischem Nihilismus getrieben wird. Deshalb darf politische Bildung nicht als Gesinnungsunterricht" verstanden werden; sie ist keine . weltanschauliche Schulung'.

Erziehung zur . Menschlichkeit', zum . Gemeinsinn', zum . Verantwortungsbewußtsein', zur . Toleranz'geschieht auch in der Schule nur durch das Leben selbst; so große Worte sollten selten und nur dann gebraucht werden, wenn sie zur Erhellung einer gegebenen Situation vonnöten sind. Auch zur vorgreifenden Kennzeichnung der Haltung, mit der die Politik zu bestehen ist, nutzen alle großen Worte nichts, solange die realen Aufgaben nicht gesehen werden, die ihnen jeweils ihren Sinn geben“. 3. Voraussetzung für das Gelingen jeglicher Erziehung ist der pädagogische Bezug zwischen Erzieher und Zögling, der persönliche Kontakt, der im Zusammenwirken von Autorität und Liebe des Erziehers, von Vertrauen und Gehorsam des Zöglings gewonnen werden kann. Solcher Bezug aber ist nur zu erreichen, wenn Lehrer und Erzieher glaubwürdige Zeugen, eindrucksvolle Verkörperungen dessen sind, was ihnen in der Schule in der Sorge um den Geist, den Menschen und das Miteinanderlebenkönnen der Menschen jeweils anvertraut ist. In unserem Falle müssen also die Lehrer echte Repräsentanten der politischen Verantwortung und der politischen Lebensform der Demokratie sein. Sie müssen in ihrer Haltung, in Lehre und Leben glaubwürdig sein. Sie können nicht Demokratie lehren, wenn sie nicht selber an ihre Möglichkeiten glauben. Das aber setzt wiederum voraus, daß die Einrichtungen der Erziehung und Bildung in sich und vor allem unmittelbaren Bezug auf das Politische und Staatliche in Ordnung sein müssen, gültiger Ausdruck, sichtbare Repräsentation, glaubwürdige Darstellung der geistigen Gehalte, durch welche die Bildung zum Menschen möglich und die Freiheit des Menschen gewonnen werden kann. Schule und Erziehung dürfen also auch in ihrem Gesamtzusammenhang weder in ihrer Lehre noch in ihrer Lebensform den Gesetzen einer echten Demokratie widersprechen, nicht der Haltung, die von den Bürgern gefordert ist. Das muß sich bis in die Unterrichtsmethoden hinein auswirken. Autoritärer Unterricht vom Katheder her verbietet sich also. Spontaneität und Selbst-tätigkeit, Mitdenken und Mitarbeit der Schüler sind überall, nicht nur auf dem engeren Felde der politischen Bildung Bedingung. Zusammengefaßt könnte man sagen:

Die Schule als Lebensform und als Stätte der Begegnung zwischen den Generationen bietet die erste Möglichkeit anschaulicher Erfahrungen über Geist und Gehalt unseres politischen Daseins, vor aller ausdrücklichen politischen Lehre. Die erste Voraussetzung einer politischen Erziehung im engeren Sinne ist also, daß die Schule durch ihren Geist, die in ihr waltende Gesinnung, durch die Atmosphäre, die sie erfüllt, durch ihre Formen des LImgangs zwischen Lehrern und Schülern und die der Schüler untereinander, nicht zuletzt durch die Haltung der Lehrer und durch ihr Tun, auch durch die Form ihrer Lehre die sittlichen und politischen Grundauffassungen sichtbar werden läßt und repräsentiert, von denen unser politisches Leben in den Formen der Demokratie getragen werden soll. So wird der Geist der Humanität und der Demokratie schon in der Schule sichtbar, vor allem in der Art, wie Kameradschaft, Ritterlichkeit und Toleranz gepflegt und echte Autorität mit wirklichem Gemeinschaftsbewußtsein verbunden sind. Hier können die Grundlagen der politischen Gesinnung deutlich werden, das Ineinander von Freiheit und Verantwortung, von Güte und Gerechtigkeit, das die Grundlage jeder lebendigen Demokratie bilden soll.

Es ist freilich nicht zu verkennen, daß die Schule noch nicht überall für diese ihre Aufgabe gültiger Repräsentation vorbereitet ist. Im Gutachten heißt es darüber (I, 6, S. 2): „Endlich wird die politische und Bildungswesens erschwert. Die Schule hat sich noch nicht aus den alten obrigkeitsstaatlichen Formen gelöst. Eltern und Lehrer sind durch den Wechsel der politischen Systeme und die Erfahrungen der Entnazifizierung unsicher geworden. Trotz ernstlicher Anstrengungen sind wir alle für die neue Aufgabe noch nicht ausreichend gerüstet. Damit ist nicht gesagt, daß politische Erziehung heute nicht möglich sei; im Gegenteil zeigt die Erkenntnis der wirklichen Lage, wie nötig sie ist“.

Damit diese Gestaltung des Schullebens möglich sein kann, müssen aber in unserem öffentlichen Leben bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Sie lassen sich zusammenfassen als Gesundheit des politischen Daseins, rechtliche und freiheitliche Ordnung des Lebens in unserem Volke, beispielhafte Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten gemäß den Grundrechten und nach den Gesetzen und Regeln, die sich das deutsche Volk in seiner Verfassung gegeben hat. 4. Hier freilich zeigt sich nun die tiefste Schwierigkeit für alle Bildung überhaupt, die sich aber in der politischen Erziehung besonders nachdrücklich geltend macht: Der Zwiespalt zwischen Idee und Wirklichkeit, der ja auf die Dauer der Jugend nicht verborgen bleiben kann.

In der politischen Erziehung zeigt er sich deshalb am stärksten, weil es zum Wesen der Politik gehört, daß sie mit der Gebrechlichkeit der Menschen und mit der Unvollkommenheit der Einrichtungen, schließlich mit den Gegensätzen der Meinungen und Ziele rechnen muß, ja daß sie hier gerade ihren Ansatz und ihre Aufgaben hat. Wir alle wissen, wie wenig erfreulich Politik oft sein kann. Die Aufgabe der politischen Erziehung ist einerseits, eine realistische Kenntnis von dieser faktischen Gebrochenheit des Politischen zu geben, die sich auch in dem Zwiespalt von Macht und Recht, von verantwortlicher Freiheit und Gebundenheit und im Kompromiß als der jeweiligen demokratischen Möglichkeit zeigt, andererseits aber doch den Willen zur Vervollkommnung und sittlichen Bewältigung nicht zu zerstören. Schleiermacher hat diesen Zwiespalt zu einem Mittelpunkt seines pädagogischen Denkens gemacht und findet eine dialektische Lösung: der Zögling müsse zwar für den gegenwärtigen Zustand so erzogen werden, daß er in ihn handelnd eingreifen könne, zugleich aber so, daß er befähigt sei, auf Besserung zu dringen. Doch ist damit das Problem eigentlich nur umschrieben. Die moderne pädagogische Theorie bietet hier die Kategorien der Vorwegnahme und der Trans-position an, der Vorwegnahme der reinen Möglichkeiten des politischen Handelns im Denken und Tun ohne die Hineinnahme seiner grausamen Realität und die Übersetzung der politischen Zusammenhänge in die Formen des Jugendlebens in der Schule. Aber hier gibt es für Theorie und Praxis noch viel zu klären und zu erproben. Die Schule wird Einrichtungen schaffen, um ihre Schüler in jugendgemäßen Formen selbsttätige politische Verantwortung erfahren zu lassen. Vom Klassensprecher schon in den unteren Klassen an über die Schüler-selbstverwaltung bis zur Schulgemeinde als Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden bieten sich reiche Möglichkeiten. Dabei kommt es nicht darauf an, das Erwachsenenleben etwa in den Formen des Parlamentarismus nachzuahmen. Es gilt vielmehr, eigenständige, aus den Bedingungen und Notwendigkeiten der Schule und des jugendlichen Lebens erwachsende Institutionen zu schaffen. Daneben haben Arbeitsgemeinschaften und Gruppenarbeit über ihren unmittelbaren methodischen und pädagogischen Wert hinaus auch Bedeutung für die politische Erziehung, vor allem auch in der Form des Unterrichts-gesprächs und der freien Diskussion.

Wichtig vor allem ist der Sport, der die Bindung an die Spielregeln, die Achtung vor dem Gegner und die Unterordnung unter die Spiel-gemeinschaft lehrt. Die Methoden der sogenannten „mitbürgerlichen Erziehung“ und der „Gruppenpädagogik“ können, wenn sie auch nach unserer Überzeugung nicht allen Anforderungen an politische Bildung und staatsbürgerliche Erziehung gerecht zu werden vermögen, wertvolle Dienste leisten, besonders in den Jugend-und Bildungsgemeinschaften außerhalb der Schule.

Ganz allgemein gilt, was im Gutachten (IV, 1, S. 6) gesagt ist: „Rechte politische Erziehung gelingt nur, wenn die Einrichtungen der Erziehung und Bildung selbst freie Gemeinschaftsordnungen sind. Die Schule darf nicht nach dem Muster des Obrigkeitsstaates verfaßt sein; sie muß vielmehr durch ihre Struktur und ihr Leben eine Erfahrung davon geben, was Freiheit und Verantwortung im Leben einer Gemeinschaft bedeuten. Die Lehrer und Erzieher sollen in ihren Schülern die freien Menschen von morgen sehen und achten; sie sollen ihnen selbst als freie Bürger gegenübertreten“. 5. Wenn so die Schule als Lebensform unter die Gesetze der politischen Bildung gestellt wird, besteht aber, zumal wenn man das „staatsbürgerliche Unterrichtsprinzip" überdehnt, die Gefahr der Entmündigung der einzelnen Unterrichtsfächer und Bildungsinhalte. Unser Gutachten drückt das so aus (II, 4, S. 3): „Die Vordringlichkeit und Aktualität der politischen Erziehung enthält die Gefahr, daß die wesentlichen Bildungsgehalte politisiert werden. Man vergißt, daß Bildung nur entsteht, wo Gegenstände um ihrer selbst willen gesucht und geliebt werden. Nicht weniger gefährlich ist aber die Versuchung, im Raum der Bildung eine Ausflucht aus der politischen Verantwortung zu suchen. Politische Erziehung und Bildung setzt also voraus, daß wir von der Stellung der Politik im Zusammenhang der Bildung und von der Stellung der Bildung im Zusammenhang der Politik eine klare Anschauung haben“. So wird dann im Abschnitt (IV, 4, S. 7) „Politische Bildung als allgemeines Prinzip des Unterrichts“ gefolgert:

„Jedes Fach und jede Schulform können auf den höheren Stufen nach ihrer Eigenart zur politischen Bildung beitragen, wenn dabei ihr eigener Sinn nicht preisgegeben wird. Indem die Bedeutung herausgearbeitet wird, die jedes einzelne Sachgebiet für Staat und Gesellschaft hat, werden Einsichten in die Struktur unseres gesellschaftlichen und politischen Lebens vermittelt.“ An einer anderen Stelle (IV, 1, S. 6) heißt es: „Politische Bildung gelingt nur, wenn zugleich die gesamte Bildungsarbeit der Schule wahrhaftig ist. Denn Staat und Gesellschaft werden entleert, wenn die Ehrfurcht vor dem je eigenen Sinn der Gegenstände schwindet, und Lehrer können diese Ehrfurcht nur wecken, wenn sie glaubhafte Zeugen der Gehalte sind, deren Vermittlung ihnen anvertraut ist“. Das wird dann, was ich hier übergehen darf, für die einzelnen Fächer näher beschrieben.

Die notwendige Begrenzung wird vielleicht am deutlichsten in den Sätzen über den Deutschunterricht und über Mathematik, Physik und Chemie (S. 10 oben): „Der Deutschunterricht erfüllt seine politische Aufgabe am besten, indem er unverkürzt die Gehalte der Dichtung deutlich macht und auch ihre politischen Bezüge nicht unterschlägt.

Die Mathematik, Physik und Chemie wie das musische Leben und der Sport bilden auch politisch am besten, wenn sie unbefangen ihrem Wesen folgen“. Aber wie schon zitiert, ist andererseits zu warnen vor der Versuchung, im Raum der Bildung eine Ausflucht aus der politischen Verantwortung zu erstreben.

6. Eine sehr wesentliche Forderung der Pädagogik an die politische Bildung ist in dem Abschnitt „Grenzen" des Gutachtens (IV, 2, S. 6)

formuliert: „Politische Bildung ist scharf zu scheiden von der Aufklärung, mit der die Regierungen, die Parteien und andere Gruppen und Mächte der Gesellschaft die öffentliche Meinung beeinflußen dürfen. In der Schule, die auf politische Mitverantwortung vorbereiten soll, hat Propaganda keinen Platz. Der Plan und Gang politischer Bildung dürfen auch nicht vom Lauf des aktuellen Geschehens abhängig sein. Die Schüler stehen noch nicht im Ernst der politischen Kämpfe, Risiken und Entscheidungen. Die politische Bildungsarbeit der Schulen braucht deshalb Distanz von den Tagesereignissen. Diese können und sollen jedoch als Anlässe zur Besinnung und Klärung benutzt werden, vor allem, wenn das lebendige Interesse der Schüler und ihre Fragen das nahelegen. Solche Behandlung aktueller Ereignisse und Fragen zielt nicht auf eine Stellungnahme ab, sondern auf deren Verständnis und auf die allgemeineren Einsichten, die dabei zu gewinnen sind“.

Zur politischen Bildung und staatsbürgerlichen Erziehung gehört eine ausdrückliche Lehre

Inhalt dieser Beilage

Wir alle sind uns der Schwierigkeiten bewußt, die sich aus der Situation ergeben, in die wir Erwachsenen und Erzieher in den letzten Menschenaltern gerieten. Ich habe darüber in meiner Denkschrift für den Deutschen Ausschuß, die in dem kleinen Büchlein „Politische Bildung und Staatsbürgerliche Erziehung“ abgedruckt ist, ausführlich gehandelt Der Ausschuß hat diesen Schwierigkeiten bewußt Rechnung getragen: es soll niemand gezwungen werden, den politischen Unterricht zu geben, ebenso wie niemand gezwungen werden kann, Religionsunterricht zu erteilen. So heißt es (IV, 5, S. 10): „Der politische Unterricht setzt Lehrer voraus, die bereit und geeignet sind, ihn zu geben; wo solche Lehrer noch fehlen, ist eher Zurückhairuns als eine nur äußerliche Erfüllung der Forderungen angebracht". Andererseits bedürfen die Lehrer einer Ermutigung, sich zu ihren Überzeugungen zu bekennen, soweit sie sich im Rahmen der Grundgesetze und der Spielregeln der Demokratie halten. (TV, 2, S. 7): „Der Lehrer kann in der politischen Erziehung und Bildung nicht von seinen politischen Überzeugungen absehen; sie dürfen und sollen im pädagogischen Dialog fruchtbar werden. Mit einem farblosen Lehrer ist der Schule nicht gedient. Wenn der Lehrer zu seinen Schülern die rechte pädagogische Beziehung hat, kann er jenen Dialog nicht zur Werbung für seine politische Entscheidung mißbrauchen. Er wird diese, wenn das Gespräch es erfordert, den Schülern nicht verheimlichen und wird sie dazu ermutigen müssen, sich mit ihr auseinanderzusetzen“.

Im übrigen beginnt das Gutachten mit einer Analyse der Schwierigkeiten, mit denen die politische Bildung zu rechnen hat; diese entwickelt die besonderen Bedingungen, die unser politisches Leben heute erschweren und dann die allgemeinen pädagogischen Schwierigkeiten politischer Bildung und Erziehung. Ich darf auf diese Abschnitte verweisen.

Wir wissen ferner alle von dem Streit um die methodischen Prinzipien der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Unterrichts. Der Ausschuß ist davon ausgegangen, daß es im Wesen der Sadie liege, daß wir mit einer Vielfalt von Methoden rechnen müssen, die der Vielfalt der Anforderungen entspricht. Es kam ihm darauf an, gleichsam den Wirkraum jeder Methode und ihre Reichweite zu bestimmen, dabei aber auch jedesmal die Grenzen und Gefahren aufzuzeigen. So ergibt sich die Möglichkeit. alle Methoden in einen organischen Zusammenhang zu bringen. Ich darf auch hier auf das Gutachten selber verweisen.

Jedenfalls haben wir uns überzeugt, daß zur politischen Bildung und staatsbürgerlichen Erziehung eine ausdrückliche Lehre gehört. Die Gesetze des Politischen, die Zusammenhänge unseres geschichtlich geformten Lebens in Staat und Volk, der Ertrag erfahrener politischer und geistiger Verantwortung, lassen sich nicht einfach aus dem Zusammenleben in Gruppen mitbürgerlicher Erziehung und durch Selbstbesinnung auf das in jugendlicher Erfahrung und jugendlichem Umgang Gegebene erschließen. Der Anschauungs-und Erfahrungskreis für die politischen Zusammenhänge ist im Raume der Erziehung und Schule zu klein und bedarf der Ergänzung und Erhöhung durch eine besondere Theorie, die den Lebensraum und die Selbsttätigkeit der Jugend in Beziehung setzt zu den Strukturen der Rechts-und Friedensordnung, zu den Rechten und Pflichten jedes Einzelnen und der Gruppen in dieser Ordnung. Sie zeigt die Bedingungen, unter denen die menschliche Freiheit mit den Mitteln des politischen und rechtlichen Handelns ermöglicht und gewahrt werden kann. Eine solche Theorie sucht ihrerseits alle Möglichkeiten zur Anschauung und Verdeutlichung im Lebensbereich von Jugend und Schule auf und erwirkt so ein exemplarisches Lernen.

Die so geforderte Lehre hat aber nicht in erster Linie die Aufgabe, Wissensstoff zu vermitteln. Wir glauben, nachdrücklich vor der Ulber-Schätzung des Wissens und des Kenntniserwerbes für die politische Bildung warnen zu sollen. In den meisten uns bekannt gewordenen Richtlinien und Lehrplänen zeigt sich diese Überschätzung der K u n d e , so auch im Abschnitt a 3 der Empfehlungen der Kultusministerkonferenz. Überall fordert man Staatsbürgerkunde, Gemeinschaftskunde, Gegenwartskunde. Man ist offenbar der Meinung, daß man, um ein guter Bürger zu werden, über alles Bescheid wissen müsse, daß umfassende Kenntnis die Vorbedingung für Erkenntnis und Handeln, ja für die richtige ethische und politische Gesinnung seien; man glaubt zugleich, in dieser Kunde die Gewähr für die Objektivität der Lehre zu haben, da es sich doch einfach um Übermittlung von Tatsachen handele. So zeigen die Lehrpläne eine erschreckende Stoffülle und lassen dabei den Maßstab für die sinnvolle Auswahl vermissen. Es ist von vornherein unwahrsdheinlich, daß solche Stoffmassen bei der doch sehr beschränkten Zeit, die zur Verfügung steht, bewältigt werden können, ganz abgesehen davon, daß sie kaum dauernder Besitz der Jugend bleiben werden. Kenntnisse haben nur Sinn und bleiben nur haften, wenn in dem jeweiligen Lebensbereich der Jugend die Möglichkeit zu einer anschaulichen Erfahrung gegeben ist, die dann durch Vermittlung von Kenntnissen geordnet und verstanden werden kann. Bloße Kenntnisse vermögen die Menschen weder zu formen noch zu verwandeln. Überschätzt wird im besonderen die Bedeutung der Kenntnisse des technischen Apparates der Politik und Verwaltung. Solche eingepaukten Kenntnisse von Verfassungen, Verwaltung, Staatsformen und dergleichen werden höchstens zu einem toten Wissensballast führen, wahrscheinlich aber würde so gut wie nichts Wesentliches im späteren Leben haften bleiben. Nicht Kenntnisse sind zu vermitteln, sondern geistige Erfahrungen, die zu Kenntnis und Einsicht führen.

Die Lehre hat zunächst die Aufgabe, die Erfahrungen, die die Jugendlichen im Leben der Schule selber und in ihrer Arbeitswelt machen können, zu deuten und auf ihren Sinngehalt im Ganzen zu befragen. Diese gedeuteten Erfahrungen werden dann erweitert durch die geistigen Erfahrungen, die der Lehrer in ausdrücklicher Lehre hinzugibt. Es sind das nicht nur seine persönlichen, sondern die unseres Volkes und die der Menschheit, die Erfahrungen von der Welt als Geschichte überhaupt, wie sie in wissenschaftlicher Besinnung der verschiedensten Disziplinen geklärt und geordnet vorliegen.

Ehe letzte Aufgabe erst ist dann die Vermittlung von Kenntnissen, welche die Anwendung dieser Erfahrungen auf die Teilnahme am politischen Leben ermöglichen. Das erfordert eigentlich nur zweierlei: die Darstellung der faktischen Grundlagen und Grundgegebenheiten unseres politischen Lebens in einer Strukturlehre, die ein Mindestmaß an Fakten gebraucht, um zum Verständnis gebracht werden zu können. Eine Deutung unserer Verfassung auf die in ihr enthaltenen Grundstrukturen und eine Lehre von der Struktur der politischen Parteien wird auf den höheren Stufen der Schule dabei von Nutzen sein. Im übrigen geht es hier wie überall in der Schule um die Vermittlung der Methoden des Kenntniserwerbes an einigen interessanten und in der gegenwärtigen Situation naheliegenden Beispielen.

Daß Neugier und Interesse der Schüler auf jeder Stufe in kind-und tugendgemäßen Formen zu befriedigen sind und daß jeder Zuwacs an Wissen, der sich bei fruchtbaren Gelegenheiten ergibt, zu nutzen ist, versteht sich für alle Stufen von selbst. Unsere Bedenken richten sich nicht gegen Kenntniserwerb überhaupt, sondern gegen die falsche Ordnung, in der bloßer Mitteilung von Stoffen und puren Fakten einerseits, dem Gelegenheitsunterricht andererseits eine zu große Bedeutung beigemessen wird. Über die Notwendigkeit eines gesonderten politischen Unterrichts besteht noch keine Einmütigkeit. Der Ausschuß glaubt, einen ausdrücklichen, auch vom Geschichtsunterricht gesonderten politischen Unterricht auf den höheren Stufen fordern zu müssen. Er ist möglich, wenn die von mir beschriebene Stoffbeschränkung durchgehalten wird. Ursprünglich meinte ich, ein solcher gesonderter Unterricht sei nur für die Abschlußklassen notwendig, aber vielleicht ist das eine zu weitgehende Einschränkung. Der Ausschuß formuliert (IV, 5, S. 10) in dem Abschnitt „Politischer Unterricht": Je älter die Schüler werden, desto mehr sollten die Erfahrungen, die sie in ihrem eigenen Leben in und neben der Schule machen können, und die Erkenntnisse, die ihnen mittelbar in allen Fächern angeboten werden, in eigenen Stunden durch einen Unterricht gedeutet und ergänzt werden, der ihnen ein erstes Verständnis der politischen Wirklichkeit erschließt“.

Das Problem der Verfrühung

Das dornigste Problem der politischen Bildung ist im Gutachten (II, S. 2) ausgesprochen: „Große Teile der Jugend sind gegenwärtig darauf angewiesen, politische Bildung in einem Alter zu erfahren, in dem Offenheit und Verständnis für politische Fragen noch nicht vorausgesetzt werden dürfen. Da trotzdem auf politische Bildung nicht verzichtet werden kann, sind wir heute genötigt, politische Einsichten auf einer Stufe zu vermitteln, die dafür noch nicht reif ist“. Es handelt sich also um das Problem der Verfrühung, besonders schwierig in der Volksschule. Daß für die Volksschule die Aufgabe einer politischen Bildung fast unlösbar ist, ist nicht zu leugnen. Abgesehen von der besonderen Gemeinschaftskunde in den Abschlußklassen wird sich die Volksschule mit der eindrucksvollen und überzeugenden Gestaltung ihres Schullebens im Geiste der Humanität und auf ihrer Oberstufe im Geschichtsunterricht mit einem ersten Zugang zur geschichtlichen Welt begnügen müssen, der mit einzelnen Vorgriffen auf politische Erkenntnisse, auch in einem Gelegenheitsunterricht, verbunden sein wird. Das Gutachten spricht von „Vorformen der politischen Erziehung in der Schule" (IV, 3, S. 7). Ein neuntes Volksschuljahr würde die Aufgabe der politischen Bildung in der Volksschule wesentlich erleichtern. Im übrigen sind wir aber darauf angewiesen, daß für achtzig Prozent der Kinder unseres Volkes die Berufsschule die politische Weiterbildung unternimmt (IV, 6, S. 10). Ebenso wichtig ist aber die Aufgabe der freien Jugendarbeit in den Jugendgruppen (IV, 7.), obwohl leider ein großer Teil der Jugend an der freien Jugendarbeit nicht beteiligt ist. Den wirklichen Abschluß einer politischen Bildung könnte freilich nur eine planmäßige Bildungsarbeit an den Erwachsenen geben. Und so heißt es im Gutachten (IV, 9, S. 11): „Wie festgestellt, ist alle politische Bildung im Jugendalter nur als Vorgriff möglich. Im eigentlichen Sinne kann sie erst geschehen, wenn der Mensch selbst in politischen Entscheidungen steht. Hier liegt die Aufgabe der Erwachsenenbildung“.

Die Aufgaben der Universitäten und Hochschulen

„Da die politische Erziehung und Bildung in allen Schulgattungen Lehrer voraussetzt, die selbst in dem angegebenen Sinne politisch gebildet sind, ergeben sich für die wissenschaftliche und pädagogische Ausbildung der Lehrer Folgerungen, die besonderer Überlegung bedürfen“ (IV, 8, S. 11).

In den von mir redigierten Empfehlungen der Westdeutschen Rektoren-konferenz für die politische Bildung und Erziehung an den Universitäten und Hochschulen vom 6. Januar 1954 sind die wesentlichen Forderungen, die für alle Hochschulen gelten, auch und mit besonderem Recht für die Pädagogischen Hohshulen, zusammengefaßt 2). Ich darf die entscheidenden Sätze hervorheben. Die Präambel ist in letzter Zeit von besonderer Bedeutung geworden: „Die Rektorenkonferenz war sich einig in der Überzeugung, daß die. Universitäten und Hohshulen als autonome Körpershaften öffentlihen Rehts jede für sih und zu gesamter Hand eine Mitverantwortung für die Gesundheit des politischen Daseins und für eine rehtlihe und freiheitlihe Ordnung des öffentlihen Lebens tragen. Diese Verantwortung zeigt sih vor allem in der beispielhaften Gestaltung der eigenen Angelegenheiten und in der Wahrung der akademishen Freiheit in Forshung und Lehre, darüber hinaus aber auch in der Sorge dafür, daß die Wahrheit in unserem öffentlihen Leben zur Geltung kommt und daß die wissenschaftlichen Erkenntnisse in Gesellschaft und Staat wirksam werden.

Eine Stellungnahme zu den politishen Tagesfragen gehört niht zu den Aufgaben der wissenshaftlihen Hohshulen, wohl aber werden sie da ihre Stimme erheben müssen, wo die Grundlagen des politishen Handelns in Wahrheit und Reht verletzt werden“.

In diesen Zusammenhang gehören auh die Shlußsätze des Gutahtens des Deutshen Ausshusses (V, S. 11): „Politishe Jugenderziehung ist eine Voraussetzung guter Politik. Aber die politishe Erziehung des Volkes im ganzen geshieht wesentlih durh die Politik selbst. Deshalb werden die Bemühungen um politishe Erziehung sheitern, wenn niht die Politiker sih der erzieherishen Wirkungen bewußt sind, die im Guten und Shlehten von ihrem Handeln ausgehen“.

Auh für die politishe Bildung an den Pädagogishen Hohshulen gelten die Forderungen der Rektorenkonferenz, die sinngemäße Anwendung finden sollten: „Die Westdeutsche Rektorenkonferenz ist der Ansiht, daß die Lehrstühle für Politishe Wissenshaft niht die einzigen Träger der politishen Erziehung der Studierenden sein können.

Für die politishe Unterrichtung des Lehrkörpers und die politishe Bildung der Studierenden empfiehlt die Rektorenkonferenz: a) die Einrihtung periodisher Arbeitsgemeinshaften von Dozenten und Studierenden („Akademische Politishe Klubs“), b) „Gesprähe vor Zeugen“, d. h. Gesprähe zwishen Dozenten und Vertretern des öffentlihen Lebens oder zwishen Dozenten verwandter Disziplinen, jedoh stets vor einem Forum von Dozenten und Studierenden („Forum Politicum")".

Die Pädagogishe Hohshule ist der Universität durh ihre Geschlossenheit in der Lösung pädagogischer Aufgaben überlegen. Sie hat die besonders glückliche Möglichkeit, auh für das politishe Dasein vorbildlihe Lebensformen zu entwickeln und alle Bereihe der Wissenshaft in Übereinstimmung mit diesen Lebensformen zu bringen. Besondere Lehrstühle für Politik ersheinen mir niht nötig, wohl aber Lehraufträge für Geshihte und politishe Erziehung, sowie für pädagogishe Soziologie. Im übrigen ist von entsheidender Bedeutung, daß Lehre und Leben an der Hohshule die innere Form des Gesprähs haben.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Erich Weniger, Politische Bildung und Staatsbürgerliche Erzichung. Verlag, Würzburg, 1954.

  2. Die Empfehlungen sind als Anlage zu IV, 8 des Gutachtens des Deutschen Ausschusses diesem hinzugefügt. Für die Begründung darf ich auf meine Denkschrift „Politische Bildung als Aufgabe der Universität“ in meinem schon zitierten Büchlein „Politische Bildung und Staatsbürgerliche Erziehung“ hinweisen.

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