Viele Entwicklungsländer, die sich in ihren Entwicklungsbemühungen auf den Binnenmarkt konzentrierten, sind heute hoch verschuldet. Die Verschuldungskrise läßt sich nur über intensive Exportbemühungen überwinden. Exportförderungen müssen, damit sie entwicklungspolitisch wirksam sind, mittelfristig auf die gesamte Wirtschaft übergreifen; deshalb sind solche Bereiche zu fördern, die mit der Gesamtgesellschaft verbunden sind. Wird ein isolierter Sektor gefördert, kann eine solche Exportförderung zur Verfestigung dualistischer Strukturen beitragen. Maßnahmen der Handelsförderung können sowohl prozeß-als auch ordnungspolitischer Natur sein. Zu den ordnungspolitischen Maßnahmen gehören allgemeine Präferenzen. Bei entwicklungsfreundlicher Ausgestaltung dieser Präferenzen wären keine Bedenken angebracht. Ursprungsregelungen und ein hoher administrativer Aufwand senken jedoch den Nutzen solcher Präferenzen. Es ist interessant, daß gerade die Staaten Afrikas, denen im Rahmen der Lom-Abkommen Sonderpräferenzen eingeräumt wurden, in ihren Exportbemühungen mit den anderen Entwicklungsländern nicht Schritt halten konnten, so daß sie anteil-mäßig bei den EG-Importen zurückfielen. Im Rahmen der mülti-und der bilateralen Entwicklungshilfe ist den Ländern mit prozeßpolitischen Maßnahmen bei ihren Exportbemühungen geholfen worden. Vielversprechend sind die Maßnahmen des internationalen Handelszentrums (ITC) in Genf. Aber auch die holländische Institution CBI und die deutschen Exportförderungsmaßnahmen sollten verstärkt eingesetzt werden, um den Ländern der Dritten Welt zu helfen. Hierbei ist auf Entwicklungsfähigkeit, Sozialverträglichkeit, Umweltverträglichkeit und Armutsorientierung zu achten. Die Maßnahmen müssen so konzipiert sein, daß sie nicht der Strukturgestaltung, sondern der Strukturanpassung dienen.
I. Einleitung
Die meisten Entwicklungsländer zeichnen sich durch ein geringes wirtschaftliches Wachstum, eine schlechte Exportleistung, hohe Verschuldung und eine binnenwirtschaftlich orientierte Industrialisierungs-Strategie aus. Für 1989 wird eine Gesamt-verschuldung aller Entwicklungsländer von 279 Mrd. US-Dollar (ohne Kredite des Internationalen Währungsfonds) erwartet. Diese Verschuldung entsprach im Jahre 1988 141, 9 Prozent der Exporteinnahmen. Den Löwenanteil der Schuld hatten die lateinamerikanischen Entwicklungsländer mit 33 Prozent oder 420 Mrd. US-Dollar. Die Verschuldung betrug in Afrika 1988 circa 250 Prozent und in den lateinamerikanischen Entwicklungsländern 305 Prozent der Exporterlöse 1). Während die marktwirtschaftlichen Industrieländer im Zeitraum 1980 bis 1986 ihre Ausfuhren im Durchschnitt um 3, 3 Prozent und alle Entwicklungsländer ihre um 4, 8 Prozent jährlich erhöhen konnten, sanken die Ausfuhren der Länder Afrikas südlich der Sahara für den gleichen Zeitraum um jährlich 1 Prozent. Die hoch verschuldeten Länder konnten ihre Exporte für diesen Zeitraum nur um 1, 6 Prozent pro Jahr steigern 2).
Nur durch hohes Wachstum und steigende Export-einnahmen läßt sich, wenn man von einem notwendigen partiellen Schuldenerlaß mit Auflagen absieht,'die Verschuldungskrise meistem. Eine stärkere Integration in den Welthandel ist grundsätzlich auch von Wachstums-und entwicklungspolitischer Relevanz.
Ein Blick aufdie Tabellen 1 und 2 zeigt, daß Länder mit einer außenorientierten Wirtschaftspolitik relativ geringer verschuldet waren und höhere Wachstumsraten des Pro-Kopf-Einkommens und der Exporte aufwiesen als Länder, die sich auf den Export von Rohstoffen beschränkten oder ihr Augenmerk auf den Binnenmarkt lenkten.
Afrikanische Entwicklungsländer exportierten hauptsächlich Rohstoffe, lateinamerikanische Entwicklungsländer konzentrierten sich stark auf den Binnenmarkt; einige Entwicklungsländer Asiens, insbesondere Hongkong, Korea, Singapur und Taiwan, begannen, Industriegüter für den Weltmarkt zu produzieren.
In der entwicklungspolitischen Diskussion wird die Notwendigkeit einer „Hilfe zur Selbsthilfe“ betont. Dies würde bedeuten, daß die Entwicklungsländer in die Lage versetzt Werden müßten, sich durch Exporte die notwendigen Devisen zu verdienen -statt sie sich über Entwicklungshilfe zu erbetteln. Handelsförderung bedeutet daher Hilfe durch Handel. In den fünfziger Jahren wurden die Möglichkeiten der Entwicklungsländer, sich in den Welthandel zu integrieren, pessimistisch beurteilt Daher wurde eine stärkere Binnenorientierung und eine Ausdehnung des Süd-Süd-Handels vorgeschlagen. Der Erfolg der exportorientierten Staaten widerspricht jedoch dieser These
Die wirtschaftlichen Erfolge zeigen deutlich die Vorteile einer außenorientierten Politiks
— Außenorientierte Länder weisen ein höheres jährliches Wachstum des realen Bruttosozialprodukts pro Kopf auf als binnenorientierte. — Die Ersparnis liegt bei den stark außenorientierten Ländern am höchsten. — Die Inflationsraten sind bei binnenorientierten Entwicklungsländern höher als bei den stark außen-orientierten; den stärksten Preisanstieg erfuhren jedoch die mäßig außenorientierten Entwicklungsländer. — Länder mit hohen Primärgüterexporten weisen erheblich niedrigere Wachstumsraten auf als Staaten, die verstärkt Industriegüter exportieren — Exporte in Industrieländer sind arbeitsintensiv; daher sind hohe Beschäftigungseffekte zu erwarten
Eine erfolgreiche Handelsförderungsstrategie benötigt eine Diagnose der Handelswiderstände in Entwicklungs-und Industrieländern. Gegen ein handelshemmendes Umfeld kann eine Handelsförderung nichts ausrichten. Im Rahmen des Politik-dialoges muß daher auf eine Reduzierung hemmender Rahmenbedingungen hingearbeitet werden Hilfsmaßnahmen scheitern oft am mangelnden Verständnis der Realsituation in den Entwicklungsländern seitens der Helfer. Viele Vorstellungen entspringen einem technokratischen Denken, das auf die durch Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft gegebenen Voraussetzungen nicht hinreichend Rücksicht nimmt. 1. Politische und ökonomische Defizite Entwicklung wird von Menschen vorangetrieben. Handel von Menschen getätigt; ein politischer und wirtschaftlicher Freiraum sowie eine größere politische Stabilität als zur Zeit vorhanden, gehören zum entwicklungsfördernden Rahmen eines Landes. Politische Instabilitäten senken das Interesse ausländischer Handelspartner an wirtschaftlichen Beziehungen zu einem Land.
Die Entwicklungsländer standen und stehen Direktinvestitionen reserviert gegenüber, weil sie Ausbeutung durch ausländische Firmen vermuteten und ausländische Einflußnahme vermeiden wollen. Allerdings kommen die Entwicklungsländer nicht umhin, aufgrund ökonomischer Erwägungen Direktinvestitionen zu fördern. Man kann aber nicht mit Enteignung drohen und gleichzeitig höhere Direktinvestitionen erwarten
Zu den Erfolgsbedingungen einer Handelsförderung gehört daher eine entwicklungsfreundliche nationale Wirtschaftspolitik. Überhöhte Wechselkurse — manchmal um mehr als 100 Prozent — stellen ein Exporthemmnis dar und wirken wie Importsubventionen. Basis einer erfolgreichen Exportförderung ist daher der Wille der Eliten in der Dritten Welt zur Ausrichtung auf den Weltmarkt. Das beinhaltet, die wirtschaftspolitischen Anreize so zu setzen, daß sich Exporte lohnen, das Kosten-Nutzen-Verhältnis also nicht gegen die Exporte gerichtet ist. 2. Institutionelle und administrative Rahmenbe-
dingungen Hilfe-und Geberinstitutionen sind von der Effizienz der Bürokratien der Dritten Welt abhängig. Für Aufgaben der Handelsförderung sind in den Entwicklungsländern oft mehrere Ministerien und Organisationen zuständig Projekte müssen mit der Verwaltung in der Dritten Welt abgestimmt sein, administrative Lücken müssen schon bei der Konzeption bedacht werden. Die Entscheidungsträger in den Entwicklungsländern müssen lernen, das Risiko von Entscheidungen auf sich zu nehmen. Zu den institutioneilen Voraussetzungen gehört auch eine komplementäre Infrastruktur; ihr Fehlen wirkt handelshemmend. Hier ist insbesondere an den Finanzbereich zu denken, an die Abwicklung von internationalen Transaktionen, an die Verkehrsinfrastruktur, an Lizenzen für solche Importe, die für die Exportproduktion notwendig sind. Oft aber fehlen die Minimalvoraussetzungen einer erfolgreichen Handelsorientierung. 3. Technische Schwachstellen auf Mikroebene Viele Länder der Dritten Welt leiden darunter, daß sie keine Güter für die Märkte in den Industriestaaten anzubieten haben, weil Design, Qualität und Service nicht ausreichen. Liefertermine werden kaum eingehalten, es gibt Qualitätsschwankungen bei den Produkten. Es fehlt also eine Qualitätskontrolle. Fehlende Exporterfahrungen beispielsweise in Nachbarstaaten der Dritten Welt, wo die Qualitätsanforderungen nicht so hoch sind wie in den Industriestaaten, erschweren die Eroberung vonIndustrieländermärkten. 4. Fehlendes Marketing und unzureichende Markt-informationen Die Entwicklungsländer haben nicht nur wenig anzubieten, sondern können das Wenige, das sie anzubieten vermögen, auch kaum vermarkten. Zum Marketing gehört nicht nur eine Werbung, eine Präsenz auf Messen, sondern auch die Herausarbeitung von Distributionswegen, das Finden von Partnern, die die Produkte der Dritten Welt auf den Märkten der Industriestaaten vertreiben. Die wirtschaftliche Kommunikation ist in der Dritten Welt kaum ausgeprägt. Es fehlen Informationen über Anbieter, Nachfrager, über Preise und Qualität. Dies gilt natürlich nicht nur für den nationalen Markt und die regionalen Märkte, sondern erst recht für die Märkte der Industriestaaten.
Informationen über das Angebotspotential und die Angebotspalette der Entwicklungsländer müssen nicht nur den potentiellen Importeuren und Interessenten in den Industrieländern zur Verfügung stehen, Marktmöglichkeiten mit entsprechenden Qualitätsnotwendigkeiten sollten auch den potentiellen Produzenten in der Dritten Welt bekannt sein.
Zu diesen Informationen gehören nicht nur die rein ökonomischen, sondern auch — vielleicht in einem viel stärkeren Maße — die Abwicklungsinformationen. So fehlen dem Produzenten in der Dritten Welt Kenntnisse über Rechtsvorschriften, Quoten-höhe usw. Er benötigt Hilfe im Formularkrieg mit den Bürokratien der Industrieländer. 5. Fehlende Zwischenfinanzierung Sind Exportgüter erst noch im Produktdesign zu ändern, so kann es sein, daß dem Produzenten hohe Kosten für die Erstellung von Mustern und die Produktionsumstellung anfallen. Arbeitskräfte müssen bezahlt, Rohstoffe, Maschinen und Vorprodukte finanziert werden. Die meisten kleinen Unternehmen in der Dritten Welt sind kaum in der Lage, die dafür notwendige Zwischenfinanzierung aufzubringen. Außerdem sind Auslandsmärkte immer mit größeren Risiken behaftet; hier fehlen Versicherungsinstitutionen, die das Risiko abdecken und Finanzinstitutionen, die eine Zwischenfinanzierung ermöglichen. 6. Die Handelspolitik der Industriestaaten Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen Ende der achtziger Jahre sind gekennzeichnet durch große finanzielle Ungleichgewichte, ökonomische Unsicherheiten, hohe Arbeitslosigkeit und durch eine Zunahme handelspolitischer Beschränkungen. Diese Neuauflage von „Beggar-ThyNeighbour-Politiken“ im Rahmen des Protektionismus zeigt sich insbesondere in der Zunahme nichttarifärer Handelsbeschränkungen. Die Zahl der freiwilligen Selbstbeschränkungsabkommen ist dafür ein Indiz und spiegelt diese schwierige weltwirtschaftliche Situation wider
Die Handelspolitik der Industrieländer ist insbesondere gegen jene Exporte aus der Dritten Welt gerichtet, die einen hohen Wertschöpfungsanteil (value added) enthalten. Das Allgemeine Zoll-und Handelsabkommen (GATT) besteht aus mehr Ausnahmen als Regeln Es ist unverständlich, mit Maßnahmen der Handelsförderung den Export und die Produktion von bestimmten Gütern wie z. B. von Schuhen, Textilien usw. zu fördern und dann im Rahmen der verfolgten Handelspolitik diese Importe nicht zu ermöglichen, oft mit dem nicht einsichtigen Argument eines Sozialdumping, da die niedrigen Löhne in den Entwicklungsländern unsozial seien.
Die Regierungen der Industrieländer sollten auf diese ökonomische Absurdität hingewiesen werden und den Staaten der Dritten Welt dort Handelsmöglichkeiten einräumen, wo jene wettbewerbsfähig sind. Alle Handelsförderung ist eine Farce, wenn man sie nur dort betreibt, wo eigene Märkte nicht gefährdet sind.
III. Instrumente der Handelsförderung
Abbildung 3
Tabelle 2: Durchschnittliche Wachstumsraten des Pro-Kopf-Einkommens und der Exporte Alle Entwicklungsländer Afrika Asien Lateinamerika Exporteure von -Industriegütern 1)
Tabelle 2: Durchschnittliche Wachstumsraten des Pro-Kopf-Einkommens und der Exporte Alle Entwicklungsländer Afrika Asien Lateinamerika Exporteure von -Industriegütern 1)
Bei der Handelsförderung muß generell zwischen ordnungs-und prozeßpolitischen Maßnahmen unterschieden werden. Zu den ordnungspolitischen Maßnahmen gehören die Handelspräferenzen, die den Entwicklungsländern gewährt werden. 1. Allgemeine Präferenzensysteme Das GATT sieht das Prinzip der Meistbegünstigung vor, d. h. eine Nichtdiskriminierung der Partner-staaten. Wird einem Mitglied ein besonderer Zolltarif eingeräumt, dann muß dieser Tarif für alle Kontraktstaaten gelten. Bei Zollsenkungen wird dabei auf Reziprozität geachtet.
Da die Entwicklungsländer sich im Rahmen des GATT mit ihren Vorstellungen von Vorzugszöllen nicht durchsetzen konnten, benutzten sie die Welt-handelskonferenz (UNCTAD), um handelspolitische Verbesserungen zu erreichen. Sie verlangten, daß Gleiche gleich und Ungleiche ungleich behanB delt werden müßten; da sie einen Entwicklungsrückstand aufwiesen, bräuchten sie besondere Exporthilfen und forderten daher eine zolltarifliche Bevorzugung Die Industrieländer sind relativ spät auf diese Forderungen eingegangen, ohne jedoch große Zugeständnisse gemacht zu haben. So haben mehrere Industriestaaten den Entwicklungsländern allgemeine Präferenzensysteme eingeräumt.
Ordnungspolitisch sind solche allgemeinen Präferenzensysteme (APS) den prozeßpolitischen Maßnahmen vorzuziehen; selektive Maßnahmen der Handelsförderung können zu Verzerrungen führen. Das APS gibt allen Entwicklungsländern gleiche Chancen für Exporte, wobei allerdings einzuwenden ist, daß ein APS nur bei homogenen Entwicklungsländern verzerrungsneutral wirkt. Nutznießer waren die exportorientierten Schwellenländer
Die einzelnen Industriestaaten gewährten unterschiedliche Präferenzen Die EG gewährt nicht nur allgemeine Präferenzen an alle Entwicklungsländer, sondern auch Sonderpräferenzen für AKP-Staaten Trotz dieser Sonderpräferenzen haben die Anteile der AKP-Exporte an den EG-Importen abgenommen. Erfolgreichste Exporteure waren Staaten, denen kaum Präferenzen eingeräumt wurden (z. B. Taiwan). Generell haben APSs nur den schon weiter entwickelten Schwellenländern geholfen. Der entwicklungspolitische Effekt für die ärmeren Staaten war gering, weil sie selbst mit Präferenzen nicht in der Lage waren, im internationalen Wettbewerb zu bestehen und ihre Kontingente auszuschöpfen.
Im Bereich der Agrarexporte und bei Textilien gibt es zunehmend Reglementierungen und Diskriminierungen. Quoten, die oft schon nach kurzer Zeit ausgeschöpft sind, werden für einzelne Länder und verschiedene Produkte fallweise festgelegt, so daß die Firmen unter hoher Unsicherheit ihre zukünftigen Produktions-und Exportentscheidungen treffen müssen.
Bedenken müssen auch gegenüber der Philosophie des EG-Präferenzensystems erhoben werden, daß nämlich erfolgreiche Exporteure in ihren Handels-bemühungen beschränkt werden müssen, damit die zurückgebliebenen Länder ebenfalls einen Teil des Kuchens erhalten können. Zwar wird gefordert, daß das APS allgemein, nicht diskriminierend und nicht reziprok sein soll. In Wirklichkeit sind die Präferenzen aber reziprok, da die Konzessionen oft vom politischen Wohlverhalten abhängig gemacht werden.
Obgleich ein APS ordnungspolitisch bejaht werden kann, wird dessen Ausgestaltung in der wissenschaftlichen Literatur meist negativ bewertet. Um Präferenzensysteme wirklich effizient zu gestalten, wäre es notwendig, auf Transparenz, Stabilität, einen längeren Zeithorizont und auf die Entfernung aller Beschränkungen für erfolgreiche Länder Wert zu legen. Insbesondere bei der Ursprungsregelung müßte, soweit es die EG betrifft, die Wert-schöpfung aller AKP-Staaten kumulativ berücksichtigt werden, damit auch eine geringe Wert-schöpfung in armen Entwicklungsländern unter das Präferenzensystem fallen kann 2. Prozeßpolitische Maßnahmen der Handelsförderung Bei den prozeßpolitischen Maßnahmen setzt man im allgemeinen an den Schwachstellen der Handels-fähigkeit der Entwicklungsländer an. Zunächst ist zu fragen, ob das Entwicklungsland überhaupt exportfähige Produkte vorweisen kann. Bei vielen Ländern Schwarzafrikas wird dies kaum der Fall sein. In einem solchen Fall müssen im Rahmen der Entwicklungshilfe exportfähige Produkte gefunden oder entwickelt werden. Man spricht von Maßnahmen der Exportentwicklung. Typische Instrumente der Entwicklungshilfe wären hier einsetzbar. Bei der Exportpromotion muß überlegt werden, wo das Land komparative Kostenvorteile hat. ob für diese Produkte eine Nachfrage vorliegt und ob eine ausreichende Produktionsbasis in den Unternehmen vorhanden ist. Je nach Schwachstelle in den Unternehmen werden andere Maßnahmen der Exportförderung notwendig.
Informationsebene: Informationen über Absatzmöglichkeiten, über geforderte Produktqualitäten, über Konditionen auf den Auslandsmärkten sowie Kontakte zu Handelspartnern fehlen. Gerade mittelständischen Betrieben fehlt Know-How und Markterfahrung. Hier helfen allgemein zugängliche Informationsdienstleistungen sowie Hilfen zu Messebeteiligungen
Produktionsebene: Die Produkte sind meist nicht sofort exportfähig; sie müssen an die Standards in den Industrieländern angepaßt werden. Hilfen für ein ansprechendes Styling, für eine solide und ansprechende Verpackung, bei Qualitätskontrollen und beim Aufbau eines Kundendienstes sind nötig. Von den Industrieländern entsandte Branchen-Kurzzeitexperten können den Firmen in den Entwicklungsländern diese Informationen vermitteln.
Finanzierungsebene: Hilfen zur Zwischenfinanzierung sind gefragt, werden aber bisher kaum zur Verfügung gestellt. Auch müßte über Institutionen für Ausfallbürgschaften nachgedacht werden.
Vertriebswege: Die sichere Verfügbarkeit notwendiger Inputs, der Abbau von Import-und Exportkontrollen, Fragen nach Transportwegen, konsumentengerechter und tropensicherer Verpackung, die auch einen längeren Transport aushält, sind zu klären. Löst eine Pilotfirma solche Probleme unter hohen Kosten, bekommen Nachzügler diese Informationen billiger. Ohne staatliche Hilfen unterbleiben hier Innovationen.
Managementebene: Das Management ist über die Notwendigkeit der Exporte, über technische Vorschriften in Industrieländern und über das Know-How der Exportdurchführung nicht informiert. Hier helfen Seminare mit dem Ziel der Informationsweitergabe an das Management zur technischen Durchführung von Exporten (effizientes Exportmanagement).
Politikebene: Die Administration der Entwicklungsländer ist oft nicht in der Lage, Exportförderungsmaßnahmen effizient durchzuführen. Hier kann die Gründung von Handelsförderungsorganisationen (Trade Promotion Organisations — TPOs) helfen. Die Bedeutung der Pflege von Exportmärkten und die Wichtigkeit von Exporten („Think Export“) muß vermittelt werden.
IV. Erfahrungen der prozeßpolitischen Handelsförderung
Abbildung 4
Tabelle 3: Warenhandel der EG-Länder mit den AKP-Ländern seit 1985 1985 1986 1987 1988 1985 1986 1987 1988 19, 3 16. 0 13. 8 15, 2 in Mrd. ECU 30, 3 19, 6 16, 4 17, 2 -11. 0 -3. 5 -2. 5 -2, 0 Veränderungen gegenüber Vorjahreszeitraum in v. H. + 7, 0 + 9. 2 -17, 0 -35, 4 -13, 7 -16, 4 + 10, 1 + 4, 9 Jahr Ausfuhr Einfuhr Handelsbilanz-Saldo Quelle: Eurostat, 1988, S. 52f.; Eurostat, 1989, S. 71, 73.
Tabelle 3: Warenhandel der EG-Länder mit den AKP-Ländern seit 1985 1985 1986 1987 1988 1985 1986 1987 1988 19, 3 16. 0 13. 8 15, 2 in Mrd. ECU 30, 3 19, 6 16, 4 17, 2 -11. 0 -3. 5 -2. 5 -2, 0 Veränderungen gegenüber Vorjahreszeitraum in v. H. + 7, 0 + 9. 2 -17, 0 -35, 4 -13, 7 -16, 4 + 10, 1 + 4, 9 Jahr Ausfuhr Einfuhr Handelsbilanz-Saldo Quelle: Eurostat, 1988, S. 52f.; Eurostat, 1989, S. 71, 73.
Multilaterale Institutionen wie die Vereinten Nationen oder die Europäische Gemeinschaft sowie einzelne Industriestaaten haben Konzepte entwickelt und Institutionen gegründet, die den Entwicklungsländern in ihren Bemühungen, ihre Handelsmöglichkeiten zu verbessern, helfen sollen. Bei der multilateralen Zusammenarbeit spielen die Förder-maßnahmen der EG sowie die Gemeinschaftsinstitution des GATT und der UNCTAD, das Internationale Handelszentrum (International Trade CentreITC) in Genf, eine wichtige Rolle. Auf holländische Erfahrungen und auf einige Fördermaßnahmen der Bundesrepublik im Rahmen der bilateralen Handelsförderung wird anschließend eingegangen. 1. Fördermaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft In der dritten Lomd-Konvention enthalten die Artikel 95 bis 100 Grundsätze zur Förderung der Entwicklung des Handels und der Dienstleistungen der AKP-Staaten. Nach Artikel 95 soll die kommerzielle, landwirtschaftliche und industrielle Zusammenarbeit so gestaltet sein, daß die AKP-Staaten daraus einen großen Nutzen ziehen können, wobei ihnen unter möglichst günstigen Bedingungen die Teilnahme an den Binnenmärkten, den Märkten der Gemeinschaft und regionalen sowie internationalen Märkten durch eine Diversifizierung des Angebots und Steigerung des Wertes und Umfangs des AKP-Handels ermöglicht werden soll.
Auf Initiative einzelner AKP-Staaten soll die EG in folgenden Bereichen tätig werden (Art. 96 Abs. 2): — „Einführung einer kohärenten Handelsstrategie; — Berufliche Ausbildung und Weiterbildung des im Handels-und Dienstleistungssektor tätigen Personals; — Schaffung und Ausbau von Einrichtungen in den AKP-Staaten zur Entwicklung des Handels und der Dienstleistungen;
— Intensivierung der Kontakte und des Informationsaustauschs zwischen den Wirtschaftsuntemehmen einschließlich der Beteiligung an Messen und Ausstellungen;
— Unterstützung der Bemühungen der AKP-Staaten um eine Verbesserung der Qualität ihrer Erzeugnisse, um deren Anpassung an die Markterfordernisse sowie um eine Diversifizierung ihrer Absatzmärkte; — Unterstützung der Bemühungen der AKP-Staaten um eine Verbesserung der Dienstleistungs-Infrastruktur, einschließlich der Beförderungs-und Lagereinrichtungen.“
Die Bestimmungen der Lom-Konvention sehen auf den ersten Blick positiv aus. Der geringe Stellenwert wird jedoch aus den Mitteln, die diesem Programm zur Verfügung stehen, deutlich. Von den 8, 5 Mrd. ECU (Europäische Währungseinheit) der Gemeinschaftshilfe an die AKP-Staaten sind 1 Mrd. ECU für die regionale Zusammenarbeit vorbehalten; hiervon können bis zu 60 Mio. ECU für Maßnahmen der Handelsförderung eingesetzt werden. Da die Mittel insgesamt ländermäßig quotiert werden, besteht seitens der AKP-Staaten kein großes Interesse an der Durchführung von Handelsförderungsmaßnahmen, da sie keine Sondermittel bedeuten. Die dort verwendeten Mittel werden dem Entwicklungsland dann vom Regionalprogramm abgezogen, über das es sonst verfügen könnte.
Die Ergebnisse der Handelsförderung waren enttäuschend: Der Anteil der Exporte der AKP-Staaten an allen Importen der Gemeinschaft stagniert oder hat abgenommen. Wir beobachten nicht nur eine relative, sondern auch eine absolute Abnahme der AKP-Exporte in die EG, wie aus Tabelle 3 zu ersehen ist.
Unter der ersten Lome-Konvention wurde 1977 das Centre pour le Developpement Industriel (CDI)
gegründet, das u. a. Direktinvestitionen in AKP-Staaten und die Entwicklung von technischem Know-how fördern soll. Für Lom III sind für CDI 40 Mio. ECU vorgesehen. Neben der Erstellung von Branchenstudien bemüht man sich um eine Zusammenarbeit mit Verbänden und unterstützt privatwirtschaftliche Initiativen. Dem CDI stehen für eine selektive Beratung von Firmen Mittel zur Verfügung; gefördert werden auch Importeure (Reisekosten, Hotelunterkunft). Allerdings fehlen in den einzelnen AKP-Regionen unabhängige Regionalberater. Einige Projekte scheiterten, weil die einheimischen Firmen vor Ort nicht in der Lage waren, die notwendigen Dienstleistungen in der entsprechenden Qualität zur Verfügung zu stellen, was wegen fehlender Regionalberater nicht im vorhinein durch eine Überprüfung vor Ort festgestellt werden konnte.
Für nicht assoziierte Entwicklungsländer gibt es ein „trade promotion aid Programme“. Es beinhaltet eine nicht vertraglich festgelegte Verpflichtung, Unterstützung für regionale Programme, Fortbildung und Hilfe auf allen Ebenen der Produktion und Distribution eines Gutes zu geben. Die Maßnahmen werden jährlich, abhängig von den budgetären Möglichkeiten der EG, festgelegt. Anders als in der Lom-Regelung, in welcher Entwicklungsländer, die keine Handelsförderung betreiben, keine Mittel verlieren, weil sie ihre ausgehandelte Regionalquote für andere Programme verwenden, werden hier Länder, die Handelsförderungs-Maßnahmen durchführen, mit zusätzlichen Mitteln gefördert.
In Zusammenarbeit mit Experten werden die Handelshindernisse in einzelnen Entwicklungsländern herausfiltriert. Der Experte schlägt in einem Report Lösungen vor, über die dann die EG mit der jeweiligen Regierung des Entwicklungslandes verhandelt. Werden Vereinbarungen getroffen, erfolgt eine Ausschreibung der geplanten Maßnahmen Die eingehenden Angebote werden evaluiert; mit Firmen werden dann selektive Verträge mit dem Ziel, Exportförderungsmaßnahmen in einem Sek tor des Entwicklungslandes durchzuführen, abgeschlossen. Wegen des „Subventionstabus“ werden immer ganze Sektoren in den Entwicklungsländern gefördert. Im Rahmen des Politikdialoges will man von der Zweckmäßigkeit der Gründung von Branchenvereinen oder -verbänden überzeugen. Diese Verbände erhalten dann von der EG Hilfe, so daß die Firmen gemeinsam Exportanstrengungen unternehmen können (total integrated approach). 2. Die Förderinstrumente des Internationalen Handelszentrums (ITC) in Genf Das Internationale Handelszentrum (International Trade Centre — ITC) führt Marktstudien durch und hilft beim Aufbau der institutioneilen Infrastruktur zur Handelsförderung. Die Gründung von Handelsförderungsorganisationen (TPOs) wird daher unterstützt. Zusätzlich werden allgemeine Handelsinformationen, die durch technische Kooperation, Training und Seminare vermittelt werden, angeboten. Zur Sammlung und Verbreitung von Marktinformationen wurde ein „Nachrichtendienst“ eingerichtet, der den Entwicklungsländern neuere Zahlen für relevante Produkte zur Verfügung stellt. 94 Entwicklungsländer sind diesem System angeschlossen, wobei circa 100 Produkte erfaßt werden.
Das ITC stellt auch Hilfen in den Bereichen Verpackung, Exportfinanzierung, Kostenkalkulation, Qualitätskontrolle, Werbung (Teilnahme an Messen). Aufbau nationaler Handels-Institutionen im Ausland, Erstellung juristischer Leitfäden für den Außenhandel, Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen und Informationen über die Struktur internationaler Güterströme zur Verfügung.
Ausbildungsmöglichkeiten stehen denjenigen Organisationen offen, die sich mit der Handelsförde-rung beschäftigen. Direkte Ausbildungsprogramme dienen dazu, die Effizienz des Personals im Export-bereich zu erhöhen, wobei insbesondere auf die Bedürfnisse der weniger entwickelten Länder eingegangen wird.
Andere Programme widmen sich der Transparenz bzg 1.der schwer durchschaubaren Import-Reglementierungen der Industrieländer. Durch Beratung aufdiesem Gebiet werden Kosten und Zeitverzögerungen reduziert, die durch unklares und ständig wechselndes Import-Procedere der Industrieländer entstehen. Auf eine Vereinfachung und Rationalisierung der existierenden Importsysteme wird hin-gearbeitet. Exporteure der Entwicklungsländer benötigen zur Produktion oft Rohmaterialien, die sie importieren müssen. Hilfen bei der Beschaffung I nformationen über Nachfrage und Angebotsbe-
ingungen) und Wartung der importierten Investitionsgüter werden mit Maßnahmen des ITC unterstützt. Anfänglich lag das Schwergewicht des ITC bei der Beratung von staatlichen und parastaatlichen Institutionen. Ein firmenorientierter Ansatz (enterprise oriented approach) setzt nun neue Akzente Bei diesem Ansatz geht es vor allem darum, den Unternehmen technische Hilfe direkt zur Verfügung zu stellen, wobei sowohl angebots-als auch nachfrage-bedingte Probleme der Exportproduktion angegangen werden. Vorausgesetzt wird, daß das betreffende Land eine Exportförderungs-Strategie verfolgt. Die technischen Kooperations-Angebote des ITC werden auf die Problemlage der Unternehmer in den Entwicklungsländern zugeschnitten. Die Hilfen werden direkt an die Unternehmen in den Entwicklungsländern gegeben, wobei sowohl staatliche und halbstaatliche Unternehmen, Joint Ventures und einzelne Privatfirmen unterstützt werden. Die Hilfe wird nurgewährt, wenn mehrere Firmen eines Sektors in einem Entwicklungsland oder in verschiedenen Ländern durch diese Maßnahmen eine Unterstützung erfahren, wobei die gesammelten Erfahrungen an andere Unternehmer, die nicht partizipieren konnten, weiterzugeben sind, soweit es sich nicht um firmenspezifische Erfahrungen handelt.
Dieser unternehmensorientierte Ansatz umfaßt die Stufen Marketing, Produktion und Finanzierung. Die TPOs sollen Problembereiche weitermelden, die dann mit Hilfe von Kurzzeitexperten gelöst werden. damit die mikroökonomischen Voraussetzungen einer erfolgreichen Handelsförderung auf Betriebsebene erfüllt werden können.
Diese überaus gut durchdachten Ansätze werden Handelsmöglichkeiten eröffnen können. Da aber nur die schon exportfähigen Firmen gefördert werden. wird der entwicklungspolitische Effekt geringer sein als erwartet. Notwendig wäre es, bei der Auswahl der Firmen auf mögliche Verkettungseffekte mit anderen Bereichen der Wirtschaft zu achten. 3. Die holländischen Erfahrungen Das Centre for the Promotion of Imports from Developing Countries (CBI) in Rotterdam ist eine eigenständige Einheit im niederländischen Außenministerium, wobei der Minister für wirtschaftliche Kooperation allerdings als zuständig zeichnet. Die gegenwärtig verfolgte Strategie besteht aus drei Stufen der Handelsförderung: der „special promotion", der Abhaltung von Produktionsseminaren und der Messeförderung.
Bei der „special promotion“ werden die Branchen-und Exportförderungs-Organisationen der Entwicklungsländer angeschrieben und um Musterexemplare aus vorher ausgewählten Produktgruppen gebeten (Leder, Schuhe, Gartenartikel, Industriebekleidung, elektronische Werkzeuge usw.). Mit Hilfe eines Branchenexperten wird zu jedem Muster eine Evaluierung vorgenommen. Diese Evaluierung wird dann den Herstellern und allen holländischen Importeuren zur Verfügung gestellt. Die Musterstücke liegen beim CBI in Rotterdam zur Einsicht aus
In einer zweiten Stufe werden kostenlose Produkt-seminare durchgeführt, zu denen selektiv 30 bis 40 Vertreter einer Branche aus Entwicklungsländern eingeladen werden. Neben Seminaren für Beschäftigte der TPOs gibt es solche, in denen versucht wird, Unternehmer anzusprechen. Ziel der Seminare ist es, Marktkenntnisse und Hilfen zur Produktions-Adaption anzubieten. Bei der Messe-förderung übernimmt das CBI ebenfalls alle Kosten. Firmen, die exportfähige Produkte anbieten können, denen also nur eine Markteintritts-Chance zu verschaffen ist, werden hierdurch gefördert.
Mit seinen Maßnahmen hat das CBI in den Ländern Südasiens Erfolg gehabt. Schwächer ausgeprägt sind die Erfolge in lateinamerikanischen Staaten. In Afrika fruchteten Handelsförderungsmaßnahmen nur in Simbabwe. Auch das CBI kann lediglich bestehende Exportmöglichkeiten fördern. Firmen, die Exportreife erlangt haben, bekommen dadurch „den letzten Schub“. Die CBI-Maßnahmen erreichen also vornehmlich die leistungsfähigen Exporteure der Dritten Welt. Für afrikanische Unternehmen gibt es kein Instrumentarium. Wegen des fehlenden armutsorientierten Ansatzes besteht sogar die Gefahr, daß das CBI nicht weiter öffentlich gefördert wird 4. Die deutsche bilaterale Zusammenarbeit im Rahmen der Handelsförderung In den siebziger Jahren kam es neben einer Ausrichtung auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse auch ansatzweise zu einer stärkeren Betonung des privatwirtschaftlichen Engagements bei der Entwicklungshilfe. Die Wiederentdeckung des Subsidiaritätsprinzips führte zu einer pragmatischen Annäherung von Staat und Wirtschaft und damit zu einer Aufwertung privatwirtschaftlicher Kooperationen im Rahmen der Entwicklungshilfe
Ein umfangreiches Instrumentarium sollte das Interesse der deutschen Privatwirtschaft an den Entwicklungsländern erhöhen. Zur Handelsförderung wurden — s. u. — das BK-Programm und als Ersatz für frühere Maßnahmen der Messeförderung das verhältnismäßig neue PROTRADE-Programm konzipiert. Aber auch andere Instrumente der technischen Zusammenarbeit können zur Handelsförderung eingesetzt werden: Existenzgründungshilfen, Entrepreneurship-Programme, die Handwerksförderung, die betriebliche Ausbildungsförderung, das Technologieprogramm, der Senior Experten Service (SES) u. a. Sie alle sind mögliche Instrumente der Handelsförderung auf prozeßpolitischer Ebene. Zu den wichtigsten Programmen der Handelsförderung gehören das BK-Programm und das neuere PROTRADE-Programm.
Das Programm der betrieblichen Kooperation (BK)
Das Programm der betrieblichen Kooperation (BK) mit Entwicklungsländern umfaßt drei Aufgabenbereiche:
— die Handelsförderung, — den Technologietransfer, die beide von der GTZ betreut werden, sowie -die Investitionsförderung, die in den Aufgabenbereich der DEG fällt.
Im Rahmen der Handelsförderung sollte in Abstimmung mit den Regierungen der Entwicklungsländer ein sogenannter BK-Berater Handelsmöglichkeiten ausfindig machen. Zu diesem Zweck hatte er mit der Inlandspromotion bei der GTZ zusammenzuarbeiten, soweit es sich um Exportförderung handelte. Die Anbahnungshilfe für betriebliche Kooperationen im Beteiligungsbereich durch Direktinvestitionen oder Joint Ventures war mit der DEG abzustimmen
Das BK-Programm ist wegen seiner Erfolglosigkeit in letzter Zeit heftig kritisiert worden, wobei insbesondere im Bereich der Investitionsförderung die Erfolge gering waren. Das Programm war zwar administrativ durchdacht, und die Zuwendung zur Privatwirtschaft ist richtig; es wurde aber kaum mit Hilfe der Wirtschaft unter Beachtung marktwirtschaftlicher Prozesse durchgeführt.
Etwas überspitzt kann man formulieren, daß dort, wo BK-Beratung nicht notwendig ist, BK-Projekte erfolgreich sein werden; dort, wo sie bitter notwendigwären, werden sie erfolglos bleiben. Ein solches Programm impliziert eigentlich schon das Vorhandensein von potentiell wettbewerbsfähigen Unternehmern. Die Schwellenländer werden die richtigen Ansprechpartner für solche Programme sein. Die Länder Afrikas, die bei den Exportbemühungen dringend Hilfe benötigen, werden mit diesem Programm ihre Exporte kaum steigern können
Das PROTRADE-Programm Das BK-Programm war projekt-bzw. untemeh-mensorientiert, während das PROTRADE-Programm dagegen einen Sektoransatz verfolgt und branchenorientiert ist. PROTRADE will Exporte in andere Entwicklungsländer und in Industriestaaten fördern, wobei es schwerpunktmäßig auf die hiesige Marktnachfrage ausgerichtet ist.
Letztendlich will das PROTRADE-Programm über eine effektive Messeförderung den Exporteuren der Dritten Welt helfen. Jahre vor der geplanten Messebeteiligung beginnt ein Branchenexperte mit der Vorbereitung, wobei Workshops abgehalten und Betriebs-und Produktionsablauf, Design-und Produktionsentwicklung sowie Marketing-Möglichkeiten eruiert werden. Die produktionsbegleitende Beratung beinhaltet: — Produktauswahl beim Hersteller, — Produktanpassende Betriebsberatung (Rationalisierungsvorschläge, technische Beratung, auch bzgl.des Designs), — Schulung, — Qualitätskontrolle und Verpackung, — Marketing und geförderte Messebeteiligung (Vorbereitung, Durchführung und Follow-Up durch denselben Berater), — Public Relations-Aktionen zur Verkaufsförderung. Erfolgreiche Handelsförderung benötigt Vertrauensbildung, die durch langfristige Kontakte und Kontinuität möglich ist. Einzelne Firmen werden daher bis zu viermal und anschließend noch über den Fachverband der Entwicklungsländer durch PROTRADE gefördert, so daß eine längerfristige Betreuung möglich ist.
Bei entsprechender Gestaltung ist PROTRADE ordnungspolitisch vertretbar: Den Firmen der Entwicklungsländer fehlt oft der letzte Anzreiz, um Exporte zu tätigen. Die hohen Eingangsbarrieren des Auslandsmarktes werden durch Maßnahmen von PROTRADE gesenkt. Eine Messeteilnahme vermittelt einen Eindruck von der notwendigen Qualität, gibt Brancheninformationen und ermöglicht langfristige Handelsverbindungen. In kürzester Zeit wird ein Höchstmaß an Wirksamkeit erreicht. Bei der Warenauswahl im PROTRADE-Programm wird das Produktionspotential exportfähiger Firmen, die Qualität der Exportware, die Messefähigkeit und die Verfügbarkeit der Ware berücksichtigt.
Es wird darauf geachtet, daß keine tarifären, quoten-oder kontingentbezogenen Einfuhrbeschränkungen, etwa des Textil-und Nahrungsmittelbereichs, vorliegen. Schwierig ist auch hier die Beurteilung der entwicklungspolitischen Relevanz: Die Förderung betrifft weitgehend exportfähige Firmen der Entwicklungsländer; jedoch gibt das Procedere theoretisch auch Firmen in Afrika eine Chance. Entscheidend ist die erreichte Entwicklungsstufe eines Betriebes. PROTRADE könnte in Zusammenarbeit mit deutschen Fachverbänden positive Wirkungen auf die Handelsentwicklung haben.
V. Grenzen der staatlichen Handelsförderung — ordnungspolitische Bemerkungen
Staatliche Förderungsmaßnahmen sind nur dann ordnungspolitisch vertretbar, wenn Marktunvollkommenheiten vorliegen. Dann sind ausgleichende Maßnahmen des Staates erwünscht, um eine Chancengleichheit aller Firmen zu ermöglichen.
Selbst wenn Marktunvollkommenheiten vorliegen, muß noch geklärt werden, ob staatliche und halb-staatliche Förderungs-Institutionen den notwendigen Fach-und Sachverstand aufbringen, um unternehmerische Entscheidungen vorzudenken. Die Interessen der Förderinstitutionen sind nicht zwangsläufig mit den Zielen der Unternehmen identisch. Kurzfristige Handelsförderungs-Maßnahmen werden kaum Erfolge zeitigen, da Unternehmen langfristige Kosten-und Nutzenkalküle vornehmen und an langfristigen Handelsbeziehungen interessiert sind.
Als Ausweg bietet sich eine generelle Handelsförderung an. Die Initiative für ein Exportgeschäft sollte von den Unternehmern der Entwicklungsund Industrieländer ausgehen. Der Importeur sollte sich um Hilfen an die staatlichen Stellen wenden, der Exporteur über die Botschaft oder Handelskammern an das BMZ. Zwar ist hierdurch das Problem der Filterung nicht ausgeschaltet, eine generelle Förderung würde jedoch die Filterung reduzieren. Notwendig ist eine gute Öffentlichkeitsarbeit, damit alle Interessenten in den Entwicklungsund Industrieländern die notwendigen Informationen über die möglichen Hilfen zur Handelsförderung erhalten.
Für die ärmeren Entwicklungsländer werden „reine“ Handelsförderungs-Maßnahmen kaum Erfolg haben. Hier muß besonders langfristig geplant werden. Nur über starke Anreize an die Privatwirtschaft können in solchen Ländern entwicklungspolitisch motivierte Handelsbeziehungen aufgebaut werden. Damit es überhaupt zu Exporten aus den ärmeren Entwicklungsländern kommt, wäre dort massive Handelsentwicklung zu betreiben; große finanzielle Hilfen müßten für den Aufbau von Handels- und Exportkapazitäten im Rahmen der Entwicklungshilfe bereitgestellt werden.
Dafür wäre ein integrierter Ansatz notwendig. Mit anderen Abteilungen der GTZ müßte die Handelsförderungs-Abteilung zusammenarbeiten. In vielen Bereichen gibt es hier Überschneidungen mit der speziellen Entwicklungshilfe. Infrastrukturmaßnahmen, Sozial-und Humankapitalbildung und vieles mehr müssen gleichzeitig gefördert werden.
Ohne den politischen Willen in den Entwicklungsländern wird im Rahmen der Handelsförderung kaum Großes geleistet werden können. Die Haupt-last wird bei den Entwicklungsländern liegen, die durch eine vernünftige Wirtschaftspolitik sowie eine effiziente Verwaltung die Rahmenbedingungen für eine stärkere Integration in den Welthandel liefern müssen. Dazu gehört insbesondere eine Währungspolitik, die die heimische Wirtschaft international wettbewerbsfähig sein läßt
Den Entwicklungsländern ist oft geraten worden, sich auf bestimmte Produktgruppen zu spezialisieren. Weil man in bestimmten Bereichen Handelsmöglichkeiten ausgemacht hatte, hat man oft mehrere Entwicklungsländer auf die gleiche Fährte gesetzt. Wenn zu viele Entwicklungsländer im gleichen Bereich investieren, droht die Gefahr eines Überangebots, das zu Preissenkungen führt Auch kann es zu Ballungen von Importen in ein bestimmtes Industrieland kommen, die dann dort wiederum zu Markterschütterungen und protektionistischen Gegenreaktionen führen.
Um die Gefahr von Ballungen sowohl aufGüter-als auch auf regionaler Ebene zu vermeiden, müßte eine Informationspflicht über alle Handelsförderungsmaßnahmen eingeführt werden. Eine allgemeine Steuerung der Entwicklungshilfe-Projekte, beispielsweise im Rahmen der EG, wäre allerdings abzulehnen. Die Entwicklungshilfe-Organisationen der verschiedenen Staaten und multilateraler Geber sollten sich nur über geplante Projekte informieren, so daß eine freiwillige Abstimmung erreicht werden kann, um Doppelprojekte zu vermeiden und die Geberkonkurrenz zu reduzieren.
VI. Fazit
Zur Überwindung der Schuldenkrise und als entwicklungspolitisch erfolgreiche Strategie wäre den Entwicklungsländern ein außenorientierter Ansatz, eine stärkere Integration in den Weltmarkt, zu empfehlen. Die Erfahrung der asiatischen Schwellenländer zeigt, daß eine exportorientierte Entwicklungsstrategie auch zur Überwindung der Massenarmut beitragen kann
Die Industriestaaten und die multilateralen Geber-organisationen haben sich in letzter Zeit verstärkt um die Förderung der Exporte der Entwicklungsländer bemüht. Mit Maßnahmen der Informationsverbreitung, Hilfen beim Marketing, Messeförderung, Produktionsanpassungshilfen über Kurzzeitexperten, Beratungsleistungen, Trainingsprogrammen für Unternehmer und Exportförderungs-Organisationen usw. soll den Ländern der Dritten Welt geholfen werden. Diese prozeßpolitischen Maßnahmen bedürfen auf der anderen Seite einer korrespondierenden Politik in den Industrieländern. Der Erfolg der Handelsförderung hängt von den potentiellen Absatzmärkten ab. Hier ist zu prüfen, ob die Existenz und der Einsatz geeigneter Instrumente und Mittler im Absatzland gewährleistet ist. Außerdem muß auf die Bereitschaft zum Struktur-wandel und zum Verzicht auf Protektionismus bei Politikern und Verbänden hingearbeitet werden. Ein Land exportfähig zu machen und dann durch protektionistische Maßnahmen, seien es Quoten oder Importbeschränkungen, die Exportmöglichkeiten zu reduzieren, scheint widersinnig zu sein Die allgemeinen Handelspräferenzen als eine ordnungspolitische Maßnahme zur Handelsförderung sollten entwicklungsfreundlicher gestaltet werden.
Werner Lachmann, Dr. phil., geb. 1941; seit 1983 Professor für Wirtschaftswissenschaften (Wirtschaftspolitik) an der Johannes Gutenberg-Universität zu Mainz; Studium in Heidelberg, Rutgers (USA) und Louvain (Belgien); Habilitation in Frankfurt; Vorsitzender der Gesellschaft zur Förderung von Wirtschaftswissenschaften und Ethik (GWE) e. V. Veröffentlichungen u. a.: (Hrsg.) EG und Andenpakt, Frankfurt 1989; Wirtschaft und Ethik. Maßstäbe wirtschaftlichen Handelns, Neuhausen-Stuttgart 19892; Fiskalpolitik, Heidelberg 1987; Leben wir auf Kosten der Dritten Welt?, Wuppertal 1987 ; Ausweg aus der Krise, Wuppertal 1984; (zus. mit H. Egel-kraut und H. Sautter) Die Krise der Arbeitsgesellschaft, Wuppertal 1984; Wirtschaftspolitik im Ungleich-gewicht, Frankfurt 1983.
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