Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Sieben Jahre nach der Einheit Die ostdeutsche Parteienlandschaft im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 | APuZ 1-2/1998 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 1-2/1998 Strukturwandel und Strukturschwächen der deutschen Mitgliederparteien Wie geht es weiter mit den Großparteien in Deutschland? Sieben Jahre nach der Einheit Die ostdeutsche Parteienlandschaft im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 Parteien im Modernisierungsprozeß. Zur politischen Logik der Unbeweglichkeit

Sieben Jahre nach der Einheit Die ostdeutsche Parteienlandschaft im Vorfeld der Bundestagswahl 1998

Ute Schmidt

/ 44 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Sieben Jahre nach der Neuvereinigung zeichnet sich in der politischen Landschaft Ostdeutschlands faktisch eine Drei-Parteien-Konstellation ab: Neben der CDU, die aus dem zur Volkskammerwahl 1990 geschlossenen Wahlbündnis der „Allianz für Deutschland“ hervorging (und seitdem Mehrheitspartei ist), und der PDS als SED-Nachfolgepartei, der es wider Erwarten gelungen ist, sich im ostdeutschen Parteiengefüge als dritte Kraft zu etablieren, ist allein die 1989 neugegründete SDP/SPD in allen ostdeutschen Landesparlamenten vertreten. Die Liberalen stellen in Ostdeutschland nach einer kurzen Aufbruchphase derzeit keinen politischen Faktor mehr dar. Aber auch die aus der Bürgerrechtsbewegung kommenden politischen Kräfte, die 1993 mit den West-Grünen fusionierten, haben an politischem Gewicht verloren. Für die ostdeutschen Bündnisgrünen geht es in den kommenden Wahlgängen darum, ob sie die politische Bühne in den Parlamenten zurückgewinnen oder ob sie ihr politisches Terrain als dritte Partei in Ostdeutschland der PDS überlassen. Die relative Stärke der PDS sowie die Tatsache, daß es in drei der fünf neuen Länder rein quantitativ eine Mehrheit links von der Union gibt, die aber wegen ihrer inneren Spaltung nicht realisiert werden kann, beeinflussen zwangsläufig und zunehmend auch die -kontroversen -Strategiediskussionen in den östlichen Gliederungen der beiden Volksparteien. Die Kluft zwischen West und Ost in der neuvereinigten Bundesrepublik spiegelt sich auch in den Parteien wider. Neben den Disproportionen und Spannungen im Ost-West-Verhältnis gibt es spezifische Konflikte in den östlichen Parteigliederungen selbst, die sich immer wieder an den durch unterschiedliche Herkunft, politische Sozialisation, Interessen und Mentalitäten bedingten Reibungspunkten aufladen. Ob und wie die Parteien ihre Integrationsaufgabe meistern werden, hängt nicht nur von der Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in den neuen Bundesländern, sondern auch vom strategischen Geschick ihrer Führungsgruppen ab. Der Test darauf steht ihnen noch bevor.

Nach der raschen Neuvereinigung der beiden deutschen Teilstaaten gemäß Artikel 23 GG hatten große Teile der DDR-Bevölkerung gehofft, mit der Übernahme des demokratischen Rechts-staats und der Wirtschaftsverfassung der „Sozialen Marktwirtschaft“ am Wohlstand der Westdeutschen partizipieren zu können. Die Erwartungen auf eine baldige Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West haben sich -angesichts des Ausbleibens eines selbsttragenden Wirtschaftsaufschwungs, der gegenwärtig allenfalls punktuell sichtbaren „blühenden Landschaften“ und der düsteren Perspektiven für den ostdeutschen Arbeitsmarkt für viele Bürgerinnen und Bürger Ostdeutschlands -bisher allerdings nicht erfüllt. Für den ökonomischen Aufhol-und Modernisierungsprozeß der ostdeutschen Wirtschaft wird inzwischen eine Zeitspanne von ca. 15 bis 20 Jahren als realistisch angesehen. Konzepte dafür, wie die reale Arbeitslosigkeit von fast 30 Prozent in der Phase eines tiefgreifenden Wandels der Arbeitsgesellschaft abgebaut werden könnte, sind gegenwärtig noch nicht in Sicht. Was bedeutet diese Desillusionierung in großen Teilen der ostdeutschen Bevölkerung für die Zukunft der Demokratie, die in Deutschlands neuem Osten noch keineswegs gefestigt ist? Wie schlagen sich die durchaus unterschiedlichen Erfahrungen der Ostdeutschen mit dem bundesrepublikanischen Modell der Marktwirtschaft in ihren Einstellungen zu den ostdeutschen Parteien und in ihrem Wahl-verhalten nieder? Wie agieren die Parteien in der Umbruchkrise, und welche Tendenzen zeichnen sich in der gegenwärtigen Konstellation für das Parteiensystem ab?

Zur Entwicklung der ostdeutschen Parteien bzw.des Parteiensystems wurden in den letzten Jahren zahlreiche Arbeiten veröffentlicht. Im Zentrum des Interesses standen zunächst Fragen nach den Entstehungsbedingungen eigenständiger Politik-formen bzw.dem Sog, der Adaption und dem Transfer westdeutscher Organisationsmuster. Nach der Transformation des Parteiensystems der DDR von einem „nichtkompetitiven Hegemonialsystem“ zu einem „demokratisch-pluralistischen System“ nach den Parteienfusionen im Sommer 1990, der Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten und den ersten gesamtdeutschen Wahlen im Dezember 1990 gerieten dann zunehmend die Unterschiede zwischen den ost-und westdeutschen Parteien bzw. Parteienkonstellationen in den Blick, die unterhalb der Oberfläche formaler Identitäten zum Vorschein kamen und auf differente Konfliktstrukturen zurückverwiesen. Neben Einzelstudien mit unterschiedlicher Thematik sind die von der „Kommission zur Erforschung des sozialen und politischen Wandels in den neuen Bundesländern e. V.“ (KSPW) geförderten Forschungs-und Buchprojekte zu nennen, in denen der Umbruch der politischen Landschaft in der Ex-DDR detailliert dargestellt wird Der Themenkreis dieser Untersuchungen umfaßt die Entwicklung einzelner Parteien und Organisationen der Bürgerbewegungen wie des Parteiensystems, Studien über Parteimitglieder, Partizipation, Wahlprogramme, Parteiidentifikation, Wahlverhalten, Interessenverbände, sozialstrukturelle Veränderungen u. a. m.

Demgegenüber sind Analysen der inneren Strukturen und Konfliktlinien in den Parteien selbst, ihrer regionalen Ausprägungen, ihrer Akteurs-gruppen, Elitenpotentiale und Strategiebildung bisher noch kaum vorhanden Nach wie vor zäh-len vergleichende Analysen der Gruppen-und Machtbildungsprozesse in den Parteien, der Handlungschancen und Entscheidungsprozesse von Parteiakteuren bzw. Führungsgruppen in unterschiedlichen Problemkonstellationen zu den Desideraten der bundesrepublikanischen Parteienforschung Um die Entwicklungsperspektiven der Parteien in den neuen Bundesländern besser einschätzen zu können, wären sie um so wichtiger, als es hier nach den Neugründungen im Herbst 1989, den Umbrüchen in den Blockparteien und der Ausweitung des formalen Parteienschemas der alten Bundesrepublik auf die neuen Bundesländer kaum vergleichbare Parteitraditionen und -Strukturen gibt. Die in der Umbruchphase eher zufällig zusammengesetzten Führungsgruppen ihre zum Teil unkoordinierten oder sogar gegenläufigen Handlungsstrategien, die sich erst ansatzweise ausprägenden Interessenstrukturen, Strömungen oder Parteiflügel, die starke Fragmentierung der Parteien und die Fluktuation bei den Parteiaktivisten während der ersten beiden Legislaturperioden geben den ostdeutschen Parteigliederungen ein anderes Gepräge als ihren in der alten Bundesrepublik „gewachsenen“ Pendants. Das gilt nicht nur für die kleineren Parteien FDP und Bündnis 90/Die Grünen, sondern auch für die beiden großen Volksparteien. Ihre Organisationswirklichkeit in Ostdeutschland läßt sich mit dem Begriff der „lose verkoppelten Fragmente“ oder der „lose verkoppelten Anarchie“ zutreffender beschreiben als mit dem herkömmlichen Verständnis von der bürokratisch-zentralistischen Massenpartei als einheitlichem kollektiven Akteur. In dieser Zuspitzung spiegelt sich die unübersichtliche und widersprüchliche Realität von Parteien, deren Binnendifferenzierung durch die Neuvereinigung noch verstärkt wurde

Erfolge oder Mißerfolge von Parteien sind nicht allein durch äußere Faktoren und Konstellationen bedingt, in denen sie agieren. Sie hängen auch davon ab, wie die Führungsgruppen auf die externen Bedingungen reagieren und welche Strategien und Präferenzen für den politischen Wettbewerb in den Parteien selbst gewählt werden Die Parteien haben im übrigen auch die Chance, durch ihre Politik ihre Umweltbedingungen zumindest teilweise mitzugestalten. Von solchen Fragen ausgehend, betrachte ich hier Ausprägungen und Organisationsrealität der Parteien, die sich in den sieben Jahren nach der Wende in Ostdeutschland durchgesetzt haben bzw. parlamentarisch vertreten waren (CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und PDS). Nach einer Skizze der aktuellen Parteienkonstellation in den ostdeutschen Landesparlamenten werfe ich einen Blick zurück auf die Wendezeit, in der sich die ostdeutsche Parteien-landschaft neustrukturierte. Bereits in dieser Umbruchphase waren die Probleme von Union und SPD beim Aufbau demokratischer Volksparteien in Ostdeutschland in geradezu spiegelbildlicher Weise angelegt. Die aus den Dilemmata und Handlungsstrategien beider Parteiführungen resultierenden Konfliktlinien sollten auch in den folgenden Jahren den Problemhaushalt beider Parteien bestimmen und sind auch heute noch virulent. Im dritten Abschnitt behandle ich Probleme der Parteistruktur und -Integration in den vereinigten Parteien. Sie machen deutlich, daß die formale Fusion der östlichen und westlichen Parteigliederungen im Vereinigungsjahr nicht den Endpunkt, sondern erst den Anfang eines Integrationsprozesses darstellt, der wohl noch längere Zeit in Anspruch nehmen dürfte.

I. Auf dem Weg zum Drei-Parteien-System?

Tabelle 1: Landtagswahlen in den ostdeutschen Ländern 1990 und 1994

Quelle: K. Schmitt (Anm. 15), S. 276-279; J. W. Falter (Anm. 13), S. 176.

Die Vereinigungskrise schlägt sich vor allem in der Persistenz der 1989/90 zur „Partei des Demokratischen Sozialismus“ (PDS) umfirmierten SED-Nachfolgepartei nieder. In dieser Partei und ihrem Umfeld sammeln sich nicht nur ehemalige Kader der DDR, sondern auch zahlreiche Verlierer der Neuvereinigung sowie jugendliche Protestwähler; ihre Akzeptanz in Ostdeutschland nahm seit 1992 deutlich zu Die PDS, ihre Anhänger-und Mitgliederschaft, ihr Führungspersonal und ihre Milieus, werden daher in der Berichterstattung der Medien wie von Parteienforschern mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Tatsächlich ist die PDS nicht nur das „Konzentrat der gestürzten SED“ also bloßes Schwundphänomen eines glücklich überwundenen Herrschaftssystems, das den ostdeutschen Teilstaat zugrunde richtete. Als eine Art „Lega Ost“ sind die Postkommunisten unterdessen vielmehr neben CDU und SPD zur dritten politischen Kraft in den neuen Bundesländern avanciert -ein erstaunliches Faktum, das mit seinen Ursachen und Konsequenzen im Westen oft nicht ernst genug genommen wird. Wie die Aufstellung der Landtagswahlergebnisse in den neuen Ländern zeigt (vgl. Tabelle 1), konnte die PDS ihren relativen Stimmenanteil seit 1990 deutlich vergrößern; sie gewann auch absolut Wählerstimmen hinzu.

Damit zeichnet sich in der 1994 neu konturierten politischen Landschaft Ostdeutschlands faktisch eine Drei-Parteien-Konstellation ab. Denn die Liberalen, die -beflügelt vom „Genscher-Effekt“ -im Vereinigungjahr 1990 bei der Bundestagswahl mit einem Stimmenanteil von 11 Prozent (in Sach-sen-Anhalt sogar knapp 20 Prozent) das drittbeste Ergebnis in ihrer Geschichte erzielten, verspielten das in sie gesetzte Vertrauen mit der Selbstdarstellung als „Partei der (westdeutschen) Besserverdienenden“ und sind in Ostdeutschland gegenwärtig ein kaum noch wahrnehmbarer politischer Faktor. Besonders kraß zeigt sich ihr Absturz in der liberalen Hochburg Sachsen-Anhalt: Hier sackte ihr Stimmenanteil bei den Landtagswahlen von 5 Prozent (1990) auf 3, 6 Prozent (1994) ab 13. Der von der FDP-Spitze zur Schau gestellte Optimismus hinsichtlich der Chancen der Partei in Ostdeutschland bei den kommenden Landtagswahlen im April 1998 wirkt daher kaum überzeugend. Auch die Bündnisgrünen, die die Fünf-Prozent-Hürde 1994 nur in Sachsen-Anhalt übersprangen und dort als Koalitionspartner der SPD an der einzigen rotgrünen (PDS-tolerierten) Landesregierung in den neuen Bundesländern beteiligt sind, müssen derzeit darum bangen, ob sie nach den Landtagswahlen 1998 noch in den Landesparlamenten vertreten sein werden. So stellt sich die in Magdeburg bereits diskutierte Frage, ob die ostdeutschen Grünen mittelfristig nicht besser als ökologische Arbeitsgemeinschaft in der SPD überleben könnten.

Anders als 1990 erwartet, sehen sich die Führungsspitzen von Union und SPD in den ostdeutschen Landesparlamenten nun in jeweils unterschiedlichen Konstellationen mit der PDS konfrontiert -eine Lage, die zwangsläufig und zunehmend die Strategiediskussionen in den östlichen Gliederungen beider Parteien beeinflußt. Nur in Sachsen und Brandenburg gibt es klare Mehrheiten für die CDU bzw. die SPD (vgl. Tabelle 2). In drei der fünf neuen Bundesländer (Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt) befinden sich beide Volksparteien indes in einer Art „strategischer Falle“: Mit einem relativ konstanten Stimmenanteil von annähernd 20 Prozent blockieren die Postkommunisten die Chancen von SPD und CDU, sich als mehrheitsfähige Kraft zu etablieren. und zwingen beide Parteien entweder in ungeliebte große Koalitionen oder aber die SPD zur Aufgabe der Abgrenzungsstrategie gegen die PDS bzw. zur Bildung von rot-grünen Minderheitsregierungen um den Preis der Tolerierung durch die PDS analog zum „Magdeburger Modell“. Da die Position der PDS durch die Probleme des Wirtschaftsaufbaus im Osten mittelfristig begünstigt wird, während FDP und Bündnis 90/Die Grünen nur geringe Aussichten haben, wieder in die Landesparlamente einzuziehen, ist mit dieser Drei-Parteien-Konstellation wohl noch länger zu rechnen 1. Regionale Differenzierungen in den Ländern nach den Landtagswahlen 1994

Als „Partei der deutschen Einheit“ ist die CDU, trotz deutlicher Verluste bei der Bundestagswahl 1994 und eines dramatischen Rückgangs der Mitgliederzahlen (vgl. Tabelle 3, S. 48), nach wie vor Mehrheitspartei in Ostdeutschland Allerdings zeichnen sich nach den Landtagswahlen 1994 für beide Volksparteien starke regionale Differenzen ab: So streuten die Ergebnisse in den einzelnen Ländern für die CDU auf einer Breite von 18 bis 58 Prozent, für die SPD von 16 bis 54 Prozent wobei Brandenburg und Sachsen -jeweils umgekehrt -die Extrempole bilden. Im Ostteil Berlins und in Brandenburg könnte die Lage der CDU kaum desolater sein: In der ehemaligen „Hauptstadt der DDR“ und ihrem Einzugsfeld liegt sie weit hinter der PDS, die hier ihre besten Ergebnisse erzielte; in Brandenburg behauptet sie mit einem knappen Vorsprung von 72 Stimmen gegenüber der PDS eben noch den zweiten Platz nach der Regierungspartei SPD. In Sachsen regiert hingegen die CDU -republikweit derzeit als einzigem Bundesland -unter Ministerpräsident Kurt H. Biedenkopf mit absoluter Mehrheit. Nicht nur die unangefochtene Hegemonie der Partei und die Popularität des Regierungschefs charakterisieren die sächsische CDU; sie verfügt zugleich über ein (für Parteiführung und Ministerpräsident nicht immer bequemes) Potential an innovativen Kräften, die aus verschiedenen Kreisen der Bürgerbewegung (Teile des „Neuen Forums“, des „Demokratischen Aufbruchs“ und der „Gruppe der 20“) nach der Wende zur CDU gestoßen waren. In einem äußerst konfliktreichen und für die CDU in den neuen Ländern einzigartigen Prozeß war es dieser Gruppierung bereits in der Übergangsphase, von der Wende bis zur Konstituierung der Länder im Verein mit anderen Reformkräften gelungen, sowohl die Erneuerung der Block-CDU voranzutreiben, als auch in den Arbeitsgruppen des „Koordinierungsausschusses zur Bildung des Landes Sachsen“ die Struktur, die Verfassung und die personelle Repräsentation des Freistaats vorzubereiten. Die in diesem erfolgreichen, doppelgleisigen Vorgehen geschaffenen Strukturen und Personaltableaus bewahrten die CDU als Regierungspartei in Sachsen (im Unterschied zu Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wo die CDU-Regierungschefs Duchac, Gies und Gomolka schon bald ihre Ämter niederlegen mußten vor spektakulären Regierungskrisen, nachträglichen Personaltransfers in Spitzenämter und Stasi-Skandalen. Ein Ergebnis dieser Strukturbildung ist auch, daß die sächsische CDU heute ein interessanteres Eliten profil aufweist als andere ostdeutsche CDU-Landesverbände.

Die im Herbst 1989 neu gegründete und daher noch organisations-und mitgliederschwache Ost-SPD hat sich seit der ersten Bundestagswahl gefestigt und ihren Stimmenanteil mittlerweile von 24, 3 Prozent (1990) auf 31, 5 Prozent (1994) vergrößern können. Die Konsolidierung zeigt sich vor allem in der Kontinuität der Stolpe-Regierung in Brandenburg, die sich -nach sensationellen Zugewinnen von fast 16 Prozent bei der Landtagswahl 1994 -in der zweiten Legislaturperiode auf eine absolute Mehrheit stützt und von den Attacken einer personell wie konzeptionell schwachen CDU-Opposition kaum in Bedrängnis gebracht wird. Bereits in der ersten Legislaturperiode hatte es sich gezeigt, daß die Vorwürfe gegen Ministerpräsident Manfred Stolpe wegen seiner Vergangenheit als Kirchenjurist in der DDR dessen Popularität nicht gemindert hatten. Auch die Aussichten der SPD in Sachsen-Anhalt, die darauf hofft, daß ihre Arbeit in der Regierung Höppner von den Wählern honoriert werden wird, sind -trotz des Dauerfeuers der CDU-Opposition gegen die Tolerierung des rot-grünen Regierungsbündnisses durch die PDS -offenbar nicht aussichtslos. Ob diese fragile Koalition nach der Landtagswahl im April 1998 eine Neuauflage erleben wird, ist wegen des Profilverlusts der Bündnisgrünen in dieser Landesregierung dennoch ungewiß. In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern, wo die SPD in CDU-geführte große Koalitionen eingebunden ist, wurde sie inzwischen zur 30-Prozent-Partei (vgl. Tabelle 1). In Sachsen stellt die SPD, deren Stimmenanteil auf einen bisherigen Tiefpunkt von 16, 6 Prozent gesunken ist, derzeit hingegen keinen relevanten politischen Faktor mehr dar. Während in Thüringen die Koalitionspartner SPD und CDU in einem vergleichsweise sachlichen Klima agieren und in sozialpolitischen Fragen wie in der Arbeitsförderungspolitik gemeinsame Ziele verfolgen war die Zusammenarbeit von CDU und SPD in Mecklenburg-Vorpommern bereits in der ersten Legislaturperiode, in der die CDU ihre hauch-dünne Mehrheit nur durch „Überläufer“ halten konnte, durch persönliche Zerwürfnisse und Rivalitäten zwischen dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Harald Ringstorff, und CDU-Chef Berndt Seite stark belastet. Es überraschte daher kaum, daß Ringstorff aus seinen Sympathien für das „Magdeburger Modell“ keinen Hehl machte, zumal es bereits seit den Kommunalwahlen in einigen Landkreisen zur Zusammenarbeit zwischen SPD und PDS gekommen war Der neue Landes-vorsitzende der SPD Thüringens und Innenminister Richard Dewes ist allerdings bisher der einzige höherrangige SPD-Funktionsträger, der die „Erfurter Erklärung“, in der ein Linksbündnis von SPD, Grünen und PDS gefordert wird, unterzeichnet hat. 2. CDU und PDS Die relative Stärke der PDS brachte der CDU zunächst einen wahlpolitischen Vorteil. Denn die PDS absorbierte im Osten die Stimmen von links-bzw. sozialorientierten Wählern, die sich andernfalls aufgrund ihrer sozialen Interessenlage womöglich der SPD zugewandt hätten, und schwächte auf diese Weise die sozialdemokratische Konkurrenz im Parteienwettbewerb. Im Westen gab die SED-Nachfolgerin zudem einen Ersatz für das nach dem Ende des Kalten Krieges verloren-gegangene Feindbild des Kommunismus und zugkräftige Wahlkampfslogans her. Daß unterdessen in der Frage des Verhältnisses der CDU zur PDS in den Fraktionsführungen einiger ostdeutscher CDU-Landesparteien ein Differenzierungsprozeß zu beobachten ist, hat vor allem zwei Gründe:

Zum einen wird befürchtet, daß der von der Bonner Parteizentrale gesteuerte offensive Abgrenzungskurs den Postkommunisten nur noch weitere Anhänger zutreiben könnte. Eine Neuauflage der „Rote-Socken-Kampagne“ gilt daher als kontraproduktiv. Wichtiger sei -so heißt es aus einigen CDU-Landesverbänden -eine differenziertere Auseinandersetzung mit der PDS-Führung und den politischen Inhalten dieser Partei Nicht zuletzt sollen damit auch den eigenen Anhängern Argumentationshilfen an die Hand gegeben werden. Einstellungsuntersuchungen bei Anhängern und Wählern der Ost-CDU haben in Teilen dieser Gruppe tatsächlich ambivalente Einstellungen zutage gefördert. Zwar wird die PDS hier einerseits strikt abgelehnt; andererseits wird aber auch ihre politische Isolierung, das Stigma der Verfassungsfeindlichkeit oder gar ein Verbot zurückgewiesen und statt dessen auf dem Boden einer kritischen Auseinandersetzung eine allmähliche politische Integration der PDS-Anhängerschaft gewünscht. Etwa ein Fünftel der ostdeutschen CDU-Anhänger sieht die PDS durchaus als „normale“ demokratische Partei an Kooperationen von CDU und PDS in Kommunen und Landkreisen sind längst keine Seltenheit mehr Denkmuster, Verhaltensstile und Verwandtschaften, die sich in der gemeinsamen DDR-Geschichte und ihren Lebensformen im PDS-Umfeld wie in der CDU-Anhängerschaft ausgeprägt haben, erzeugen zudem eine kulturelle Nähe, die auch über Parteigrenzen hinweg wirkt

Hinzu kommen wahlarithmetische und machtstrategische Überlegungen, die vor allem von ostdeutschen CDU-Strategen in den Landesverbänden von Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin diskutiert werden. Sie sehen sich mit der Tatsache konfrontiert, daß es in allen ostdeutschen Ländern (außer Sachsen) rein quantitativ eine Mehrheit links von der Union gibt, die aber wegen ihrer inneren Spaltung derzeit politisch nicht realisiert werden kann. Sollte sich die Ost-SPD jedoch eines Tages nach dem Szenario von „Magdeburg“ auch in Mecklenburg-Vor-pommern oder Thüringen auf eine Tolerierungspolitik einlassen oder sogar mit der PDS kooperieren, so liefe die CDU Gefahr, in der ostdeutschen Parteienlandschaft (mit Ausnahme ihrer sächsischen Bastion) auf längere Sicht in eine strukturelle Minderheitsposition zu geraten. Um ihre Regierungsfähigkeit auch künftig zu sichern, mußte die CDU daher um absolute Mehrheiten kämpfen. Eine Verbreiterung ihrer Wählerschichten um die mehrheitssichernden Prozentpunkte schien -so der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Eckhardt Rehberg -bei einer stärkeren Wählermobilisierung, der zielgerichteten Ansprache bisheriger PDS-Wähler und -Sympathisanten sowie einer besseren Ausschöpfung von Nichtwählerschichten durchaus realistisch. Im Umfeld der PDS als der Erbin der SED-Staatspartei und bei resignierten Nichtwählern liege ein Wählerpotential brach, das nach Grundeinstellung und Mentalität nicht dem linken, sondern dem konservativen Lager zuzurechnen sei und zumindest teilweise für die CDU erschlossen werden könnte Um diese strategische Mehrheit zu gewinnen, müsse die CDU jedoch von der „Politik der verhärteten Fronten“ abgehen; denn eine „unnötige Polarisierung“ verstärke nur den Solidarisierungseffekt und spalte die Gesellschaft. „Dogmatisches Lager-und Schubladendenken“ müsse der Vergangenheit angehören; die Gründe für die „Verweigerungshaltung“ von Nichtwählern seien sorgfältig zu analysieren und „diese offensichtlich enttäuschten Menschen wieder aktiv an die parlamentarische Demokratie heranzuführen“ Auch in Berlin distanzierten sich CDU-Politiker von einer Ausgrenzung der PDS durch die Gleichsetzung (als „rotlackierte Faschisten“) mit den (rechtsextremen) Republikanern und warben für gedämpftere Töne im politischen Streit Angesichts der Hete-rogenität der PDS-Anhängerschaft stellte man hier als Aufgabe der CDU die Integration genuin konservativer Wählerschichten, die Differenzierung zwischen PDS-Führung und Wählern sowie die Notwendigkeit pragmatischen Handelns in den Vordergrund.

Jüngste Äußerungen aus dem Bonner Adenauer-haus über das Wahlkampfkonzept für den Bundestagswahlkampf 1998, denen zufolge die westdeutschen CDU-Landesverbände und ihnen voran CDU-Generalsekretär Peter Hintze in der Auseinandersetzung mit der PDS nach wie vor auf Konfrontation und Polarisierung setzen lassen freilich nicht darauf schließen, daß die in den genannten Ostverbänden anvisierten Langzeitstrategien in Bonn aufgegriffen worden wären. Die CDU-Zentrale setzt offenbar eher auf ein arbeitsteiliges Vorgehen in West und Ost: Demnach ist 1998 ein vor allem auf die CDU-Anhängerschaft im Westen zugeschnittener, Stamm-und Grenzwähler mobilisierender Richtungswahlkampf gegen eine -möglicherweise von der PDS tolerierte -rot-grüne Alternative zur gegenwärtigen konservativ-liberalen Bundesregierung zu erwarten Eine solche Polarisierungsstrategie zielt im übrigen auf Rand-und Grenzwähler der Sozialdemokratie, die in der Frage des Verhältnisses zur PDS gespalten ist, sowie auf das wertkonservative Wählerpotential der Bündnisgrünen in den neuen Bundesländern. In dieses Wahlkampfkonzept fügen sich die im Vorfeld des Bundestagswahlkampfes 1998 durchgesetzten Nominierungen der früheren DDR-Bürgerrechtler Vera Lengsfeld und Günter Nooke ein; beide waren (zusammen mit anderen ehemaligen Bürgerrechtlern) aus Protest gegen eine befürchtete Zusammenarbeit von Grünen und PDS Ende 1996 in einem spektakulären Wechsel von den Grünen bzw.dem Brandenburger Bürgerbündnis zur CDU übergetreten. Auch Angelika Barbe, die 1996 von der SPD zur CDU übertrat, wurde in einem Ost-Berliner Wahlkreis als Direktkandidatin der CDU aufgestellt.

Während sich die Bonner Parteizentrale und die aus dem wertkonservativen Spektrum der DDR-Bürgerrechtsbewegung stammenden neuen Kräfte in der CDU von den Kandidaturen eine Signalwirkung für die Partei oder doch eine Stärkung ihrer politischen Identität erhoffen, weil sie sich demon-strativ für das Erbe der DDR-Bürgerrechtsbewegung öffne bezweifeln freilich Wortführer der weitaus größeren Gruppe in der ostdeutschen CDU-Basis, nämlich der Altmitglieder, daß sich mit Hilfe früherer Dissidenten in Ostdeutschland relevante Stimmengewinne erzielen ließen Wenngleich die Wahlkampfstrategie der Parteizentrale nicht nur symbolisch und parteitaktisch gemeint ist, sondern auch das längerfristige Ziel verfolgt, neue Eliten aufzubauen, die der früheren Block-CDU in einigen Landesverbänden dringend fehlen, so trägt sie doch faktisch mit dazu bei, den längst überlebt geglaubten Konflikt zwischen Alt-und Neumitgliedern zu revitalisieren. Begünstigt wird zugleich ein Verdrängungswettbewerb, in dem es „aus Gründen politischer Opportunität Bürgerrechtler erster und zweiter Klasse in der CDU“ gebe, während machtbewußte und in ihren Wahlkreisen gut abgesicherte Block-Leute verschont würden So wandte denn auch die CDU-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, Bundesumweltministerin Angela Merkel, vermittelnd ein, prominente Ex-Bürgerrechtler dürften nicht generell gegenüber anderen Wahlkreisbewerbern privilegiert werden.

II. CDU und SPD in der Wendezeit -Dilemmata mit Folgen

Tabelle 2: Regierungsparteien und Koalitionen in den neuen Bundesländern nach den Landtagswahlen 1994

Die Konfliktlinien und Bruchstellen, die sich heute in den beiden großen Volksparteien zeigen, sind im Dilemma der für beide Volksparteien ganz unterschiedlichen, ja konträren Ausgangssituation 1989/90 angelegt. So gewichtig die Vorteile der Übernahme der Blockpartei und ihrer Klientel für die CDU unter dem Aspekt der Machtsicherung gewesen sind, so handelte sie sich damit doch zugleich massive Integrationsprobleme ein. Denn West-und Ost-CDU unterscheiden sich nicht nur in der sozialen Zusammensetzung, sondern auch im Wertgefüge ihrer Anhängerschaft ganz erheblich Auch das Politikverständnis der Führungsgruppen der CDU, ihr Verhältnis zur Macht, ist aufgrund historisch begründeter Unterschiede im Rollenverständnis ihrer Parteien anders ausgeprägt oder sogar konträr. Während in der West-CDU der geradezu selbstverständliche Machtanspruch einer Mehrheits-und Regierungspartei dominiert, standen Block-CDU und „Demokratische Bauernpartei Deutschlands “ (DBD) als SED-Vasallenparteien stets in der zweiten Reihe. Die in der Blockperiode herausgebildeten Parteikulturen und Mentalitäten prägen weite Teile der CDU-Mitgliederschaft, die zu drei Vierteln aus Altmitgliedern besteht. Auch wenn der politische Alt/Neu-Konflikt inzwischen entschärft ist und Fachkompetenz und Politikfähigkeit zunehmend wichtigere Kriterien für die innerparteilichen Kooperationsbeziehungen darstellen als das Datum des Parteibeitritts, so zieht sich doch die Konfliktlinie, die sich aus den parteikulturellen und generationsbedingten Differenzen zwischen CDU-Altmitgliedern, Neuzugängen und Erneuerern ergibt, auch heute noch durch die aktuelle politische Agenda der Partei.

Anders als CDU und FDP beerbte die SDP/SPD keine DDR-Altpartei, was ihr die lähmenden Alt/Neu-Konflikte ersparte. Dafür hatte sie ein anderes Problem: Sie mußte nach vierzigjährigem Organisationsverbot eine völlig neue Mitgliederorganisation aufbauen. Während die CDU im Osten Volkspartei werden kann, eben „weil sie die DDR so unverfroren beerbte“ ist die Ost-SPD mit ihren rund 27 000 Mitgliedern heute eine „Volkspartei ohne Mitglieder“. Sie ist bisher eine so kleine Organisation geblieben, daß je nach Region 50 bis 60 Prozent aller Mitglieder in Parteifunktionen, in kommunale Ämter oder in den Landtag gewählt worden sind (zum Vergleich: Im Westen beträgt der Anteil der Parteiaktivisten bzw. Mandatare nur rund 10 Prozent). Die SPD ist im Osten faktisch eine Fraktionspartei; man könnte sie auch als „Funktionsträger-“ oder „Kaderpartei“ be-zeichnen. Angesichts der Mitgliederschwäche und der fehlenden Verankerung in gewachsenen sozialen Milieus verwundert es nicht, daß gerade in der Ost-SPD darüber diskutiert wird, ob nicht generell das Ende der industriegesellschaftlichen Mitgliederpartei gekommen sei. So gesehen, nähme die Entwicklung der ostdeutschen SPD einen moderneren, „amerikanisierten“ Parteientypus, der stärker auf professionelles Parteimanagement und massenmedial vermittelte Formen der Parteiarbeit setzte, nur vorweg Welche Konsequenzen dieser Formwandel für die Parteienfinanzierung, für das Postulat der demokratischen Beteiligung und die Glaubwürdigkeit der Parteien in den neuen Bundesländern bedeuten würde, ist freilich noch keineswegs ausdiskutiert.

Gemessen an der Zahl ihrer Mitglieder, stellt die ostdeutsche SPD gegenüber der Westpartei mit ihren 753 000 Mitgliedern nur einen winzigen Bruchteil dar. Sie unterscheidet sich aber nicht nur quantitativ, sondern auch in der sozialen Zusammensetzung ihrer Mitglieder und Funktionäre, durch deren Sozialisation und politische Einstellungen sowie durch programmatische Elemente, die sie mit anderen Bürgerrechtsgruppen verbindet (Betonung der individuellen Freiheitsrechte, Basisorientierung, Elemente direkter Demokratie). Ein zentrales Problem der Ost-SPD ist, wie sie in den neuen Ländern zu einer politischen Kraft werden kann, die nicht nur in Brandenburg regierungsfähig ist und damit die Möglichkeit zur politischen Gestaltung erhält. Der Konflikt in der Frage einer wie auch immer gearteten Kooperation mit der PDS betrifft daher eine für die Ost-SPD existentielle Frage. Ausprägung und Bedeutung dieser Konfliktstrukturen werden im folgenden für CDU und SPD näher beleuchtet. 1. Cdu Nach der Vorverlegung des Termins für die Volkskammerwahl, die als wichtige Vorentscheidung für die künftigen Mehrheitsverhältnisse in einem neuvereinten Deutschland angesehen wurde, war die West-CDU, die bis dahin jeden offiziellen Kontakt zur Block-CDU vermieden hatte, bei ihrer Suche nach einem geeigneten Partner unter starken Druck geraten. Bereits im Dezember 1989 hatte die West-SPD (damals unter Hans-Jochen Vogel) in der „unverblockten“ SPD einen unbelasteten Partner gebunden, mit dem sie in den Wahlkampf zog. Forciert durch die Mechanismen der Parteienkonkurrenz verwandelte sich die Distanz der Bonner Parteizentrale gegenüber der Ost-CDU Anfang Februar in eine primär wahltaktisch motivierte Kooperationsbereitschaft. Nolens volens begab sich die CDU-Spitze in eine Kooperation mit der ungeliebten Schwesterpartei im Osten, die sich unter dem neuen Vorsitzenden Lothar de Maiziere zu reformieren begann und deren organisatorische, personelle und finanzielle Ressourcen ihr im Volkskammerwahlkampf unverzichtbar schienen. Zwar ging der Reformprozeß manchen CDU-Kreisen im Westen noch längst nicht weit genug, um die Vorbehalte auszuräumen. Dennoch wurde der „Kampf zweier Linien“ in der West-CDU vorerst beendet und die Ost-CDU zusammen mit dem unbelasteten „Demokratischen Aufbruch“ (DA) und der unter tatkräftiger Mitwirkung der CSU neugegründeten „Deutschen Sozialen Union“ (DSU) in ein Wahlbündnis -die „Allianz für Deutschland“ -eingebunden. Mit dieser Grundentscheidung für die „Allianz“, in der nun „alte“ und „neue“ Kräfte zusammengehen sollten, waren andere Optionen ad acta gelegt.

Jenseits der Alternative „DA-Lösung“ oder „Adoption der Block-CDU“ war damals auch diskutiert worden, ob nicht Mitglieder der Ost-CDU ihre Partei selbst auflösen und zusammen mit der West-CDU und anderen Reformkräften eine neue christlich-demokratische Partei im Osten aufbauen sollten. Tatsächlich hätte die Neuformierung nach einem Organisationsbruch einen neuen Anfang bedeutet. Wegen des knappen Zeithorizonts hätte sie andererseits aber auch ein erhebliches politisches Risiko beinhaltet und wurde deshalb verworfen Das völlig überraschende Wahlergebnis vom 18. März 1990, das die politische Hegemonie der CDU in Ostdeutschland für die kommenden Jahre vorstrukturieren sollte und dem DA nach der Enttarnung seines Vorsitzenden Wolfgang Schnur als Inoffiziellem Mitarbeiter des MfS mit einem Ergebnis von nicht einmal einem Prozent ein totales Desaster bescherte, rechtfertigt aus der Sicht der CDU die strategische Entscheidung für die „Allianz“ noch heute. Mit dem wahlpolitischen Erfolg der „Allianz“ und ihrer parteiförmigen Verfestigung im Sommer 1990 war allerdings auch der Problemhaushalt der CDU in den neuen Ländern für die nächsten Jahre faktisch vorprogrammiert. Zum einen entstand eine brisante Gemengelage von politischen Kräften und Führungsgruppen in der ostdeutschen CDU, aus denen eine handlungsfähige Partei erst noch hervorgehen mußte. Zum anderen war durch die Vermeidung des Organisationsbruchs in der Wendezeit der Aufbau einer mit der West-Partei kompatiblen Partei nur aufgeschoben und mußte mit zeitlicher Verzögerung und erheblichen Reibungsverlusten nach dem Super-Wahljahr 1990 nachgeholt werden

Die Identitätslücken und Spaltungslinien, die der Verzicht auf einen demonstrativen Neubeginn 1989/90, der Abbruch der Selbstverständigungsdebatte in der sich reformierenden Ost-CDU im Sommer 1990 und der nur partiell vollzogene Elitenwechsel in den Landesverbänden auf dem Weg der Ost-CDU von der Blockpartei zu einem Teil der Gesamtunion hinterlassen haben, sind eigentlich erst heute erkennbar Schlaglichtartig haben die Vorstöße aus der CDU-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern Anfang 1996 den Blick auf die Integrations-und Identitätsdefizite in der Partei gelenkt und deutlich gemacht, daß die Gräben zwischen Ost-und West-CDU nicht durch einen bloßen West-Ost-Transfer von Organisationsformen und Werten geschlossen werden können. Der Sprecher der ostdeutschen Bundestagsabgeordneten, Paul Krüger, verlangte in seinen „ 14 Thesen zum Ost-Profil der. CDU“ zudem ganz konkret eine bessere Repräsentation ostdeutscher Interessen in der Politik und im Apparat der Gesamtpartei sowie das Hinzuziehen ostdeutscher CDU-Vertreter bei der Konzipierung von Wahlkämpfen und zur Darstellung der CDU-Politik für Ostdeutschland in den Medien. Analog zur bayerischen CSU sollte die ostdeutsche CDU innerhalb der Union nicht als bloße Addition ihrer Landesgruppen auftreten, sondern als gemeinsame Ost-Gruppe eigenständig wahrnehmbar sein Sie sollte initiativ und öffentlichkeitswirksam werden und „im Ausnahmefall" auch „neben der Fraktionsgemeinschaft“ tätig werden. Der innerparteiliche Konflikt ist inzwischen weitgehend pazifiziert worden. Er hat allerdings den bis dahin „pflegeleichten“ ostdeutschen CDU-MdBs den Rücken in der CDU/CSU-Fraktion gestärkt und bewirkt, daß sie in den Debatten um Steuerreform und Solidaritätszuschlag seit März 1997 konfliktfreudiger auftraten, wenn es um die Wahrnehmung ostdeutscher Interessen ging.

Obwohl das Schweriner Papier das innerparteiliche West-Ost-Verhältnis zum Thema hatte, erwies es sich auch als Indikator für die Tektonik in der Ost-CDU selbst. Denn die Reaktionen in der ostdeutschen CDU zeigten, daß es hier neben der deutlich sichtbarer werdenden Kluft zwischen Ost und West noch immer andere und nicht weniger tiefe Bruchstellen gibt. Selbst wenn es gegenwärtig nicht mehr explizit um die Bewältigung des Alt/Neu-Konfliktes geht, so liegt dieser den sich in der ostdeutschen CDU herausbildenden unterschiedlichen politischen Profilen -von Strömungen kann noch nicht die Rede sein -doch latent zugrunde. Eine solche Scheidelinie zeigt sich in den Einstellungen zur Modernisierung des Sozialstaats bzw. zur Behandlung künftiger Verteilungskonflikte und in der Einschätzung der PDS. So wird den „Blockis" überzogenes Sozialstaatsdenken und Versorgungsmentalität vorgeworfen. Es sei jedoch fragwürdig, DDR-„Errungenschaften“ zum Null-tarif erhalten zu wollen, da dies letztlich den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Substanz des Sozialstaats gefährde. In dieser Kontroverse stehen sich erneut Minderheit und Mehrheit gegenüber, denn die sozialen -eher „linken“ -Einstellungen teilen die „Blockis“ mit einem Großteil der CDU-Anhänger im Osten, die aus den Reihen der Arbeiterschaft und des sozial verunsicherten Kleinbürgertums stammen. Deren Denkmuster spiegeln im übrigen nicht nur „altes Denken“ wider, sondern verarbeiten -wie Meinungsumfragen und soziologische Studien zeigen -auchaktuelle, reale Erfahrungen mit der Marktwirtschaft. Angesichts der Probleme beim sozialökonomischen Umbau und auf dem Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern gehen die Integrationsstrategien der „Landesväter“ Biedenkopf und Vogel denn auch dahin, die Strukturhilfen, Subventionen und staatlichen Arbeitsförderungsmaßnahmen für die neuen Länder mittelfristig zu erhalten. Die begrenzten Konflikte mit der Bundes-CDU und dem Koalitionspartner FDP haben die CDU-Regierungschefs in Thüringen und Sachsen bisher nur gestärkt. 2. Sdp/spd Sieben Jahre nach der Neuvereinigung hat die am 7. Oktober 1989 in Schwante gegründete ostdeutsche SPD noch immer keine tragfähige Mitglieder-basis. Eine der Ursachen dafür ist, daß sie in der DDR nicht auf gewachsene soziale Strukturen zurückgreifen kann; potentielle sozialdemokratische Milieus (etwa in der Facharbeiterschaft) sind kurz-und mittelfristig nicht rekonstruierbar. Die Traditionen der reformistischen Arbeiterbewegung, die die NS-Zeit überlebten, wurden nach der Zwangsvereinigung von KPD und SPD im März 1946 entweder zerschlagen oder in die SED integriert; die ritualisierte Erinnerung an die Geschichte der Arbeiterbewegung und der verordnete Antifaschismus dienten primär der Legitimationsbeschaffung für den SED-Staat. Sozialstrukturell und sozialkulturell trug die ehemalige DDR Züge einer verkleinbürgerlichten Unterschichtsgesellschaft, die sich auch nach dem Zusammenbruch der DDR und dem Abgang der SED noch in großen Teilen erhalten hat Zu den Milieus und Nischen der DDR-Gesellschaft, in denen die Basis der Blockparteien beheimatet war, fanden Neugründungen wie die SDP/SPD oder das Bündnis 90, deren aktive Gründungsmitglieder aus den Demokratie-, Friedens-und Umweltgruppen in der DDR kamen, kaum einen Zugang.

Eine zweite Erklärung für die schwache Verankerung der SPD in Ostdeutschland liegt in der ambivalenten Einstellung von Teilen der jüngeren Führungsgeneration in der West-SPD zur deutschen Neuvereinigung als dem wahlentscheidenden Thema im Super-Wahljahr 1990. Sie bescherte der SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Dezember 1990 eine herbe Niederlage, aus der sie auch 1994 nicht wirklich herausfand. Diese deutschlandpolitische Fehleinschätzung ist von der aus der „Enkelgeneration“ hervorgegangenen sozialdemokratischen Führungsgruppe nicht zuletzt deshalb so schwer zu korrigieren, weil ihr Denken in dieser Frage von einer in ihrer politischen Sozialisation begründeten, nachträglichen Identifikation mit dem Projekt der alten, westorientierten Bundesrepublik geprägt ist; die Sympathien für postnationale Politikkonzepte werden durch die Angst vor einem Rückfall der deutschen Politik in den Nationalismus verstärkt Interessanterweise hat dieses „westliche Deutungsschema“ auch auf einen Teil der sozialdemokratischen Funktionärsschicht in Ostdeutschland abgefärbt.

Um die doppelte Selbstblockade der SPD im Osten aufzubrechen, wollen SPD-Querdenker wie Hans Misselwitz das „Forum Ostdeutschland der Sozialdemokratie e. V.“ nutzen. Sie sehen darin eine Art „Denkfabrik“, die sich die Aufgabe stellen müsse, einen Diskurs über spezifische Problemlagen im Osten zu organisieren und zum Ausgangspunkt für ein gesamtdeutsches Projekt grundlegender Reformen zu machen. Die SPD stehe vor der Herausforderung, von den sozialökonomischen Interessenlagen her „ein inhaltlich kohärentes, regional aber durchaus mit unterschiedlichen Akzenten operierendes Konzept für die neue soziale Frage“ zu entwickeln Gegenüber der PDS als ostdeutscher Protestpartei könnte die Ost-SPD -so Klaus-Jürgen Scherer -eine Zukunft als eine in eine gesamtdeutsche Partei „integrierte Regionalpartei“ haben. Die Sozialdemokraten dürften die Vertretung ostdeutscher Interessen nicht der PDS überlassen, sondern müßten ihren Vorteil nutzen, spezifisch ostdeutsche Interessen mit Hilfe der Gesamtpartei auf bundespolitischem Terrain durchsetzen zu können Ob die Bundes-SPD eine solche Plattform im Umfeld der Partei auf Dauer tolerieren wird, ist noch nicht absehbar. Gegenwärtig erschöpft sich die Arbeit des „Ostforums“ noch in Kongreß-Veranstaltungen und Musterausstellungen mit punktueller Öffentlichkeitswirkung.

Die Mehrheit der bürgerbewegten SDP/SPD-Aktivisten hatte nach der Wende jegliche Zusammenarbeit mit ehemaligen SED-Mitgliedern strikt abgelehnt Sie empfanden daher auch die Angriffe aus dem Unionslager, die ostdeutsche SPD sei von ehemaligen SED-Mitgliedern unterwandert, als beleidigend. Eben diese „closed-shopMentalität“, die Abschottung selbst gegen den reformkommunistischen PDS-Flügel, war mit eine der Ursachen für die minoritäre Position der Ost-SPD gewesen. Inzwischen ist in der ostdeutschen SPD eine komplizierte Gemengelage entstanden, die zu einer starken Fragmentierung geführt hat Zwar gibt es Gemeinsamkeiten in der Identifikation mit der Ost-Politik Willy Brandts und die Rückbesinnung auf den Nations-und Freiheitsbegriff Kurt Schumachers. In der Haltung zur PDS brechen jedoch starke Differenzen auf. Während eine Reihe von SDP-Gründern im Umkreis von Stephan Hilsberg, Markus Meckel und Martin Gutzeit jegliche Kooperation mit der PDS ablehnen, weil sie diese Haltung als eine Identitätsfrage betrachten, die sich aus dem Impetus der Partei-gründung als antitotalitärer Kraft in der DDR speist, sehen andere -wie zum Beispiel Steffen Reiche, Thomas Krüger oder Frank Bogisch -darin einen moralischen Rigorismus, der die Ost-SPD daran hindere, mittelfristige Politikstrategien zu entwickeln und in Reformpolitik umzusetzen

Die Befürworter einer Kooperation mit der PDS auf Kommunal-und Landesebene argumentieren durchaus unterschiedlich: Während manche das Erbe der sozialistischen Traditionen, das sie in der stalinisierten DDR noch durchscheinen sehen, als politisch-programmatische Ressource betrachten, denken andere eher machtstrategisch bzw. pragmatisch. Eine Zusammenarbeit mit der PDS auf bundespolitischer Ebene wird freilich von der Ost-SPD derzeit fast durchgängig abgelehnt. Eine andere Trennlinie besteht darin, daß Teile der SPD-Anhänger im Osten in ihrer Partei ein Instrument zur Vertretung spezifischer Ost-Interessen vor Ort sehen, während andere dies als vermeint-liehrückwärtsgewandt ablehnen. Die Erwartung, daß sich die bundesrepublikanische Gesellschaft insgesamt verändern müsse, ist freilich Konsens. Angesichts der Auffächerung der ostdeutschen SPD fällt auf, daß es ihr -vom brandenburgischen Ministerpräsidenten Stolpe als Identifikationsfigur einmal abgesehen -an überregional bekannten, integrationsfähigen Führungspersönlichkeiten fehlt.

III. Probleme der Parteistruktur und -integration

Tabelle 3: CDU-Mitglieder in den neuen Bundesländern (1990-1997)

Quelle: Berichte der CDU-Bundesgeschäftsstelle 1992-1997. Angaben jeweils zum Jahresende bzw. zum 31. 8. 1997.

1. Ost-West-Spannungen und Disproportionen Die Kluft zwischen Ost und West in der neuvereinigten Bundesrepublik spiegelt sich auch in den Parteien wider. Festzuhalten bleibt allerdings, daß der Ost-West-Gegensatz bei allen Parteien nur eine innerparteiliche Spannungslinie darstellt. Ebensowichtig sind die Ost-Ost-Konflikte in den östlichen Parteigliederungen, in denen jeweils anders geprägte politische Generationen, Partei-kulturen und Interessen aufeinandertreffen. Diese Konflikte laden sich immer wieder an den durch unterschiedliche Herkunft, politische Sozialisation und Mentalitäten bedingten Reibungspunkten auf. Disproportionen und Spannungen gibt es nicht nur in den beiden Volksparteien, sondern auch in der FDP und bei den Bündnisgrünen.

Besonders extrem ist das Mißverhältnis zwischen West und Ost in der PDS, die bisher vergebens versuchte, ihren Charakter als im Osten beheimatete SED-Nachfolgepartei abzustreifen, sich zu einer gesamtdeutschen linkssozialistischen Partei nach skandinavischem Vorbild zu erweitern und im Westen Fuß zu fassen. Die PDS zählt im Westen nur etwa 2 000 Mitglieder, während sie in Ostdeutschland mit ca. 100 000 Mitgliedern die mitgliederstärkste Organisation darstellt. Bei der Bundestagswahl 1994 erreichte sie in den alten Bundesländern nur ein Prozent der Wählerstimmen -einen Anteil, den sie 1998 bestenfalls verdoppeln zu können glaubt. Im Westen hat die PDS zudem das Problem, ausscherende Gruppen und Landesverbände auf die Vorgaben der Parteiführung zu verpflichten, um hier nicht zum „Sammelbecken linker Gruppen und Sekten“ zu werden. Diese Gefahr des Abgleitens ins Sektierertum oder in die Beliebigkeit sieht die Parteiführung um Gregor Gysi und Andre Brie u. a. in der Zulassung von Angehörigen anderer Parteien oder Zirkel auf einer „Offenen Liste“, wie sie der PDS-Landesverband Niedersachsen praktizieren will Die Konflikte zwischen der Parteiführung und den weitgehend autonomen Landesverbänden im Westen haben sich jüngst wieder an der Frage entzündet, ob sich die PDS noch vor der Bundestagswahl 1998 an Landtagswahlen im Westen beteiligen soll, was die Berliner Wahlkampfleitung ablehnt

CDU und FDP erhielten durch die Fusionen mit den Pendants aus der Blockparteien-Ära stattliche Mitgliederzuwächse. Allerdings reduzierte sich der Zugewinn, den die CDU durch die Fusion mit der Block-CDU und der Bauernpartei im Jahr 1990 verbuchte, nach der 1991 abgeschlossenen Kartei-bereinigung von rund 140 000 auf ca. 111 000 Mitglieder. Durch den kontuierlichen Mitgliederschwund in allen ostdeutschen CDU-Landesverbänden (vgl. Tabelle 3) schrumpfte die CDU-Mitgliederschaft bis zum Jahr 1997 weiter auf ca. 64 000, d. h. fast auf die Hälfte. Der Anteil der ostdeutschen CDU-Mitglieder an der Gesamtmitgliederschaft der CDU verminderte sich seit der Vereinigung von 17 auf ca. 10 Prozent. Damit wird es den ostdeutschen Verbänden nicht leichter, ihre Themen und Probleme in die Gesamtpartei einzubringen.

Der FDP, die 1990 von der „Liberaldemokratischen Partei Deutschlands“ (LDPD) sowie der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NDPD) immerhin über 100 000 Mitglieder übernommen hatte, sind ihre Ostverbände mittlerweile fast völlig weggebrochen; 1995 verzeichnete die FDP in den neuen Ländern gerade noch ca. 24 000 Mitglieder, d. h., der Mitgliederbestand im Osten war auf ein Viertel zusammengeschmolzen Eine Ursache dafür ist, daß das mittelständische Potential in Ostdeutschland in noch viel zu geringem Maße entwickelt ist und ohnedies nicht allein von der FDP, sondern auch von anderen Parteien -der CDU, der SPD wie der PDS -angesprochen wird.

Selbst bei den „Bündnisgrünen“, die im Unterschied zu den etablierten Parteien mit dem Anspruch aufgetreten waren, statt eines bloßen Anschlusses von Ost-Grünen und Bündnis 90 an die West-Grünen eine echte Parteineuvereinigung zuwege zu bringen, ist das Ost-West-Verhältnis heute spannungsgeladen. Die Ungleichgewichte und die Unterschiede im Politikstil sind zu groß. Um die Rekrutierungs-und Mobilisierungsschwächen im Osten auszugleichen, wurden zwar bei der Fusion von Bündnis 90 und West-Grünen 1992/93 großzügige Sonderregelungen und Quoten für die Ost-Partner ausgehandelt. Auch soll die finanzielle Unterstützung der Ost-Landesverbände für die Jahre 1997 bis 1999 mit einer Zuwendung von 1 Mio. DM gesichert werden Dennoch ist die Partei nach wie vor westdominiert. Wie groß die Diskrepanzen zwischen West und Ost sind, zeigen allein die Mitgliederzahlen: 1996 standen knapp 3 000 Mitglieder im Osten ca. 45 000 Mitgliedern in den alten Bundesländern gegenüber. An eine flächendeckende politische Arbeit in den ostdeutschen Landesverbänden ist kaum zu denken, da die Mitgliederbasis viel zu schmal ist und dieses Defizit auch nicht durch personelle und organisatorische Stabilisationsfaktoren in den Landtags-fraktionen aufgefangen werden kann. Die Rückgewinnung der politischen Bühne in den Landtagen und damit auch ein Aufbrechen der Asymmetrie im Ost-West-Verhältnis ist daher für die Bündnis-grünen in Ostdeutschland eine zentrale Heraus-forderung. Für sie geht es zudem um die Entscheidung darüber, ob sie sich langfristig im ostdeutschen Parteiengefüge als dritte Partei verankern können oder ob sie das politische Terrain im Osten der PDS überlassen werden.

Die Mitgliederzahlen der SPD in den ostdeutschen Landesverbänden machen -wie schon erwähnt -nur einen Bruchteil der Mitgliederschaft der Gesamtpartei aus. Sie sind -wie Tabelle 4 zeigt -auf niedrigem Niveau seit 1991 relativ konstant geblieben. Um die Disproportionen auszugleichen, unterstützt der SPD-Parteivorstand die ostdeutschen Landesverbände seit 1990 beim Aufbau eines hauptamtlichen Apparates, in dem heute ca. 150 Mitarbeiterinnen beschäftigt sind. 2. Unterschiedliche Soziallagen und Mentalitäten in den ost-und westdeutschen Parteigliederungen Der amerikanische Politologe Stephen J. Silvia hat kürzlich die provokante These aufgestellt, daß sich im neuvereinigten Deutschland unter der Oberfläche eines zwar weitgehend identischen Parteiensystems in West und Ost ganz verschiedene Parteien verbergen würden. So sammelten sich z. B. in der Ost-CDU Interessen und Wähler, die in Westdeutschland in der SPD beheimatet seien. Die PDS als ostdeutsche Regionalpartei verglich er mit der bayerischen CSU. Die minoritäre SPD-Ost entspreche den „Grünen“ im Westen, das „Bündnis 90“ der FDP-West Richtig an dieser Pointierung ist die Beobachtung, daß die Westparteien es im Osten mit sperrigen Parteiteilen zu tun haben und vor einer schwierigen Integrationsaufgabe stehen. Allerdings ist im ostdeutschen Parteiengefüge derzeit noch manches im Fluß, Parteibasen und Interessenkonstellationen sind (noch) nicht in vergleichbarer Weise gefestigt wie im Westen. Ob und wie die Parteien ihre Integrationsaufgabe meistern werden, hängt auch von der Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, den sozialstruk-turellen Differenzierungsprozessen und vom strategischen Geschick der Führungsgruppen ab.

Einige Beispiele mögen illustrieren, daß Partei-identifikation und Wahlentscheidung in Ostdeutschland anderen als den aus der alten Bundesrepublik bekannten Mustern folgen und welche Integrationsleistungen den Parteiführungen abverlangt werden. So liegt etwa in der unterschiedlichen sozialen Zusammensetzung der CDU-Basis in Ost und West und den damit verbundenen sozialen Erfahrungen, Interessenlagen und Mentalitäten ein beträchtliches innerparteiliches Spannungspotential. Auch wenn sich die Unterschiede allmählich abschwächen, so sind sie doch nach wie vor existent: Der Anteil der Selbständigen in der ostdeutschen CDU liegt noch im Jahr 1997 mit knapp 13 Prozent deutlich unter dem Westanteil (22, 7), während der Anteil der Arbeiter und Arbeitslosen in der ostdeutschen CDU mit 25, 4 Prozent noch immer dreimal so hoch ist wie in den westlichen Landesverbänden (8, 4). Nur 3 Prozent der ostdeutschen CDU-Mitglieder sind Beamte, darunter nicht wenige „Wossis“. Im Westen sind die Beamten mit einem viermal so hohen Anteil in der CDU vertreten (1997: 12 Prozent)

Teile des neuen Mittelstandes in der DDR wandten sich nach der Wende nicht nur der CDU, sondern auch der SPD oder der PDS zu. Entgegen ihrem Image als „Pfarrerpartei“ ist die Ost-SPD bei der technischen Intelligenz vergleichsweise erfolgreich gewesen; aus dieser Gruppe haben sich inzwischen nicht wenige selbständig gemacht. Mancher Unternehmer ist aus Aversion gegen die ehemaligen Blockparteien zur SPD gestoßen, nicht weil er in ihr eine wirtschaftliche Interessenvertretung suchte. Ob so motivierte SPD-Anhänger auch künftig bei dieser Partei bleiben werden, dürfte nicht zuletzt von der Überzeugungskraft der wirtschafts-und gesellschaftspolitischen Konzepte der ostdeutschen SPD für diese Gruppe abhängen. Frühere DDR-Kader, die nach der Wende ihre Zukunft in der Wirtschaft suchten, sind politisch häufig in der PDS beheimatet, obwohl diese Partei zur Frage des Privateigentums keine klare Position bezieht und Interessenkonflikte nicht auszuschließen sind. Besonders ausgeprägt ist die PDS-Neigung unter Beamten und Angehörigen des öffentlichen Dienstes -ein Relikt des aufgeblähten DDR-Staatsapparates. Rund ein Drittel der ostdeutschen Beamten sympathisiert mit der PDS In der Gruppe der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter ist sie nur unterdurchschnittlich repräsentiert. So wird ausgerechnet die PDS von Ostdeutschen als „ostdeutsche FDP“, als „Partei der ostdeutschen Besserverdienenden“, charakterisiert. Nicht wenige ihrer Anhänger und Mitglieder gehörten inzwischen zu einem Netzwerk von Mittelständlern und solchen, die von der Vereinigung profitiert hätten.

Um die für ihre historische Identität zentrale Wählergruppe der Arbeiter konkurriert die Ost-SPD sowohl mit der PDS als auch mit der CDU, in deren Wählerschaft (insbesondere in Sachsen und Thüringen) der Anteil der Arbeiter relativ groß ist. Gerade ihre Erwartungen an die CDU sind wegen der den Christdemokraten traditionell zugeschriebenen Wirtschaftskompetenz sehr hoch; nur ein Zehntel der ostdeutschen Arbeiter, die 1994 CDU gewählt haben, bezeichnete sich als „Einheitsverlierer“. Das Vertrauen in die Regierungspartei könnte freilich bei einem anhaltenden „Abschwung Ost“ allmählich schwinden. Der Stimmungswandel schlägt sich bereits in einer zwar langsamen, aber stetigen Abnahme des Stimmenanteils nieder, den die CDU in der Arbeiterschaft noch 1990 erzielte. So ist die CDU bei den Arbeitern zwar noch immer deutlich Mehrheitspartei (1994: 41 Prozent gegenüber 35 Prozent für die SPD); selbst die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft -im Westen die klassische Stamm-klientel der SPD -votierte in Ostdeutschland zu fast gleichen Teilen für CDU und SPD. Allerdings hat sich der Anteil der Arbeiterstimmen, die die SPD 1994 gewann, gegenüber 1990 mittlerweile um 10 Prozent erhöht bzw.der Vorsprung der CDU vor der SPD von 25 auf 6 Prozent verringert Neuere Untersuchungen zur Bundestagswahl 1994 zeigen im übrigen, daß ostdeutsche Arbeiter, die noch bei der Bundestagswahl 1990 zur CDU strömten, ihre Interessenvertretung zunehmend bei SPD und PDS sehen, selbst wenn sie derzeit noch der CDU ihre Stimme geben. Gelänge es der SPD -so die Autoren dieser Studie -den Teil der Arbeiterwähler, der zwar derzeit noch CDU wähle, zur Hälfte aber auch mit der SPD sympathisiere, davon zu überzeugen, daß sie Arbeiterinteressen vertrete, sich für Ostdeutsche einsetze sowie Leistung und Kompetenz vorzuweisen habe, so könnte sie diese Wähler längerfristig an die SPD binden.

IV. Fazit

Tabelle 4: SPD-Mitglieder in den neuen Bundesländern (1991-1997)

Quelle: G. Neugebauer (Anm. 61), S. 54, sowie SPD-Bundesgeschäftsstelle (1997).

1. Die aus den Friedens-, Umwelt-und Bürgerrechtsgrupppen der DDR kommenden politischen Kräfte sind heute auf drei Parteien verteilt: auf die Partei Bündnis 90/Die Grünen, auf die SPD und die CDU. Jene Gruppierung, die sich im Mai 1993 mit den West-Grünen als Bündnis 90/Die Grünen zusammenschloß, hat in den letzten Jahren in Ostdeutschland an politischem Einfluß verloren und stagniert mit niedrigen Mitgliederzahlen auf dem organisatorischen Existenzminimum. Parteiintern ist ihr Einfluß trotz vieler Sonderregelungen gering; die Bündnisgrünen sind -auch wegen der Mitglieder-und Organisationsschwäche der ostdeutschen Landesverbände -stark westdominiert. Organisatorische Ungleichgewichte, unterschiedliche Herkunftsmilieus, Themen und Identitätsstrategien kennzeichnen das schwierige Ost-West-Verhältnis. Nach den Stimmenverlusten bei den Landtagswahlen 1994 sind die ostdeutschen Bündnisgrünen nur noch im Landtag von Sachsen-Anhalt parlamentarisch vertreten und ansonsten auf Basisaktivitäten und Kommunalpolitik beschränkt. Für den Fall, daß sie auch diese politische Bühne verlieren und weiter marginalisiert werden, stellt sich die Frage, wie sie ihre spezifischen Anliegen auf Dauer angemessen vertreten können. 2. Auch die SDP/SPD ging aus der DDR-Bürgerrechtsbewegung hervor. Ihr Gründerkreis grenzte sich ganz bewußt von der SED, ihrem Umfeld und ihrer Nachfolgepartei ab, um als eigene Parteikultur überleben zu können. Ein Teil des Gründer-kreises beharrt nach wie vor auf dieser Position und wird deshalb inzwischen von einer wachsenden Mehrheit, die eine auf die Kommunal-und Landespolitik begrenzte Kooperation mit der PDS nicht mehr ausschließen will, als „moralistisch“ oder „fundamentalistisch“ bezeichnet. Die Ost-SPD ist heute als „Zwischenpartei“ zwischen PDS und CDU „eingeklemmt“, d. h., die Konfliktlinie, die zwischen CDU und PDS verläuft, zieht sich mitten durch sie selbst hindurch. Die Ost-SPD kann diese Zerreißprobe nur dann unbeschadet überstehen, wenn punktuelle Kooperationen mit anderen Parteien (insbesondere der PDS) nicht mit dem Verlust der Glaubwürdigkeit der Partei erkauft werden. Der PDS hat die Ost-SPD voraus, daß sie ostdeutsche Interessen aufgreifen, in der Gesamtpartei artikulieren und mit deren Hilfe auf die bundespolitische Agenda bringen kann. Eine solch entschiedene Interessenpolitik, die übrigens auch der PDS Wind aus den Segeln nehmen würde, müßte der Bundes-SPD freilich zuerst abgefordert werden. 3. Die Liberalen stellen derzeit in Ostdeutschland keinen politischen Faktor mehr dar, weil ihnen die mittelständische Basis fehlt und weil sie für die ostdeutsche Bevölkerung keine politischen Angebote bereithalten. 4. Die CDU hat sich vor der Volkskammerwahl 1990 aus machtstrategischen Gründen für eine Kooperation mit der ehemaligen Block-CDU entschieden, sich damit aber zugleich massive Integrationsprobleme eingehandelt. Der Alt/Neu-Konflikt ist zwar inzwischen politisch weitgehend ausgestanden, parteikulturell aber noch vorhanden. In Sozialstruktur und Mentalität breiter Teile der Partei im Osten verankert, ist er auch zukünftig in der aktuellen politischen Auseinandersetzung repolitisierbar. Den wertkonservativen Kräften aus der DDR-Bürgerbewegung, die 1990 zur CDU stießen, ist es zum Teil -insbesondere in Sachsen -gelungen, aus einer winzigen Minoritätsposition heraus einflußreiche Positionen in Partei, Fraktion und Regierung zu übernehmen und zu einer innovativen Kraft in den Führungsgruppen der ostdeutschen CDU zu werden. Trotz dieses Erfolgs befinden sie sich aber gegenüber der Majorität aus ehemaligen CDU-Mitgliedern und angepaßten Neuzugängen nach wie vor in einer prekären Situation, die immer wieder austariert werden muß. Ihr Problem ist, daß es ihnen nicht gelungen ist, einen Mitgliederschub auszulösen, um ihre Gruppierung von der Basis her zu stärken.

Ihre Wahlerfolge in Ostdeutschland verdankt die CDU nicht zuletzt den Arbeiterwählern, deren gruppenspezifische Interessen derzeit noch von anderen Orientierungen und Dankbarkeiten (deutsche Einheit) überlagert werden. Allerdings sind bereits Ansätze eines Stimmungswandels erkennbar, der sich beschleunigen könnte, wenn den Ostdeutschen nach dem Ende der Ära Kohl eine vergleichbare, die innerparteilichen Interessendivergenzen überwölbende Integrationsfigur fehlen wird. Fraglich ist nach der bisherigen Praxis der auf Sparflamme agierenden ostdeutschen „CDU-Sozialausschüsse“, ob die CDU in der Lage ist, Integrationsmechanismen und Bindekräfte für die Arbeiterklientel zu entwickeln und ihr im Sinne der gesamtdeutschen und christlich-sozialen Traditionen der Ost-CDU unter Jakob Kaiser auch echte Einfluß-und Beteiligungsmöglichkeiten zuzugestehen. Falls relevante Teile dieser Arbeiterwähler abwandern würden, brächte dies die strukturelle Mehrheit der Union in Gefahr. 5. Die PDS profitiert von einem seit 1992 einsetzenden Stimmungsumschwung in den neuen Bundesländern von der Vereinigungseuphorie hin zur Ernüchterung. Sie konnte zwar bei der Bundestagswahl 1994 nicht die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, erzielte aber bei den Landtagswahlen 1994 große Zugewinne und ist mit einem Anteil von rund 20 Prozent der Wählerstimmen dritte politische Kraft in Ostdeutschland. Als regional begrenzte Milieupartei lebt sie als einzige Partei von dem Ost-West-Konflikt, der sich mitten durch die anderen Parteien hindurchzieht. Zu ihrem Wähleranhang zählen nicht nur die alten DDR-Eliten und -Nostalgiker, sondern auch Jungwähler und „Vereinigungsverlierer“. Als Partei droht sie jedoch zu vergreisen Ihre Mitgliederschaftbesteht zu weiten Teilen aus DDR-Traditionalisten mit sozial-autoritären bis strukturkonservativen Einstellungen, die ihre reformkommunistische Führung eher erträgt als trägt, weil sie die politische Attraktivität der PDS gewährleistet. Insofern steht der PDS eine mögliche Spaltung noch bevor. Es ist mehr als fraglich, ob die Führungsgruppe ihren Anspruch, die PDS zu einer moder-nen linkssozialistischen Partei umzugestalten, einlösen kann; eine Westausdehnung ist nicht in Sicht. Die PDS wird aber noch für längere Zeit ein politischer Faktor in Ostdeutschland bleiben, da mit einem Abebben des innerdeutschen Ost-West-Konflikts derzeit nicht zu rechnen ist und die Verteilungskonflikte in Deutschland sich eher noch verschärfen werden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Im Januar 1997 waren in den neuen Bundesländern 19 Prozent der Erwerbspersonen als arbeitslos registriert. Hinzu kommt die verdeckte Arbeitslosigkeit („Zweiter Arbeitsmarkt“ u. a. Fördermaßnahmen). In manchen Regionen Ostdeutschlands, wie z. B. im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns, wird die Situation von Politikern aller Parteien als „hochgradig kritisch“ bezeichnet. Hier beträgt die offizielle Arbeitslosenquote ca. 28, in manchen Landstrichen 40 Prozent. Nach Angaben der Bürgermeister wäre hier ohne den „zweiten Arbeitsmarkt“ mit einer flächendeckenden Rate von 50 bis 70 Prozent zu rechnen. Ein überparteilicher Arbeitskreis um den SPD-Bundestagsabgeordneten Braune und den CDU-Europapolitiker und früheren Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Alfred Gomolka, berichtet von Dörfern, in denen hundertprozentige Arbeitslosigkeit herrsche. Vgl. Dieter Wenz, Ihr sitzt da und sauft euch die Hucke voll. Vorpommern kommt die Zukunft abhanden, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 5. 4. 1997.

  2. Vgl. Oskar Niedermayer/Richard Stöss, DDR-Regime-wandel, Bürgerorientierungen und die Entwicklung des gesamtdeutschen Parteiensystems, in: dies. (Hrsg.), Parteien und Wähler im Umbruch. Parteiensystem und Wählerverhalten in der ehemaligen DDR und in den neuen Bundesländern Opladen 1994, S. 11-33, hier S. 11.

  3. Aus der Fülle der Literatur zu dieser Thematik hier nur eine Auswahl: Klaus von Beyme, Das politische System der Bundesrepublik Deutschland nach der Vereinigung, München 1991; Christian von Ditfurth, Blockflöten. Wie die CDU ihre realsozialistische Vergangenheit verdrängt, Köln 1991; Helmut Müller-Enbergs/Marianne Schulz/Jan Wielgohs (Hrsg.), Von der Illegalität ins Parlament. Werdegang und Konzepte der neuen Bürgerbewegungen, Berlin 1991; Franz Urban Pappi, Wahrgenommenes Parteiensystem und Wahl-entscheidung in West-und Ostdeutschland. Zur Interpretation der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 44/91, S. 15-26; Carsten Bluck/Henry Kreikenbom, Die Wähler in der DDR: Nur issue-orientiert oder auch parteigebunden?, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, (1991) 3, S. 495-502; Ute Schmidt, Die Parteienlandschaft in Deutschland nach der Vereinigung, in: Gegenwartskunde, (1991) 4, S. 515-544; Frank Löbler/Josef Schmid/Heinrich Tiemann (Hrsg.), Wiedervereinigung als Organisationsproblem. Gesamtdeutsche Zusammenschlüsse von Parteien und Verbänden, Bochum 1992; Rainer Linnemann, Die Parteien in den neuen Bundesländern. Konstituierung, Mitgliederentwicklung, Organisationsstrukturen, Münster -New York 1994; Josef Schmid/Frank Löbler/Heinrich Tiemann (Hrsg.), Probleme der Einheit -Organisationsstrukturen und Probleme von Parteien und Verbänden. Berichte aus den neuen Ländern, Marburg 1994; Stefan Grönebaum, Wird der Osten rot? Das ostdeutsche Parteiensystem in der Vereinigungskrise und vor den Wahlen 1998, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, (1997) 3, S. 407425; Ehrhart Neubert, Geschichte der Opposition in der DDR 1949-89, Bonn 1997.

  4. Die KSPW wurde Ende 1991 auf Anregung des Wissenschaftsrates gegründet und aus Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft, Forschung und Technologie sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung finanziert. In den drei Forschungs-und Förderphasen wurden ca. 250 Kurzstudien und größere Projekte zum ostdeutschen Transformationsprozeß vergeben; ausgewählte Forschungsergebnisse werden in der vom KSPW-Vorstand herausgegebenen Reihe „KSPW: Transformationsprozesse“ präsentiert. Vgl. z. B. Hiltrud Naßmacher/Oskar Niedermayer/Hellmut Wollmann (Hrsg.), Politische Strukturen im Umbruch, Berlin 1994; Oskar Niedermayer/Klaus von Beyme (Hrsg.), Politische Kultur in West-und Ostdeutschland, Berlin 1994; Oskar Niedermayer (Hrsg.), Intermediäre Strukturen in Ostdeutschland, Opladen 1996; Max Kaase/Andreas Eisen/Oscar W. Gabriel/Hellmut Wollmann, Politisches System, Opladen 1996; Oscar W. Gabriel (Hrsg.), Politische Orientierungen und Verhaltensweisen im vereinigten Deutschland, Opladen 1997.

  5. Zur Elitenforschung vgl. Bettina Scholz, Bundestag und Volkskammer -Meinungsprofile von Abgeordneten im Vergleich, in: Dietrich Herzog/Hilke Rebenstorf/Bernhard Weßels (Hrsg.), Parlament und Gesellschaft. Eine Funktionsanalyse der repräsentativen Demokratie, Opladen 1993, S. 272-299; Hans-Ulrich Derlien/Stefan Lock, Eine neue politische Elite? Rekrutierung und Karrieren der Abgeordneten in den fünf neuen Landtagen, in: Zeitschrift für

  6. Vgl. Stefan Immerfall, Die letzte Dekade westdeutscher Parteienforschung -zur Analogie der Defizite von Parteien und Parteienforschung, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, (1992) 1, S. 172-189; Oskar Niedermayer/Richard Stöss (Hrsg.), Stand und Perspektiven der Parteienforschung in Deutschland, Opladen 1993, S. 18; Dietrich Herzog, Die Führungsgremien der Parteien: Funktionswandlungen und Strukturentwicklungen, in: Oscar W. Gabriel/Oskar Niedermayer/Richard Stöss (Hrsg.), Parteiendemokratie in Deutschland, Bonn 1997, S. 301.

  7. Vgl. dazu auch Georg Paul Hefty, Berufsparlamentarier wider Willen. Was die Abgeordneten in den neuen Bundesländern von denen in den alten unterscheidet, in: FAZ vom 6. 11. 1997.

  8. Den Begriff der „lose verkoppelten Anarchie“ hat Peter Lösche eigentlich für die West-SPD geprägt. Vgl. Peter Lösche, „Lose verkoppelte Anarchie“. Zur aktuellen Situation von Volksparteien am Beispiel der SPD, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 43/93, S. 34-45; vgl. auch Elmar Wiesendahl, Parteien in Perspektive. Theoretische Ansichten der Organisationswirklichkeit politischer Parteien, Manuskript, München 1996, S. 260-300.

  9. Vgl. dazu auch Herbert Kitschelt, The Transformation of European Social Democracy, Cambridge 1994; Joachim Raschke, Die Grünen. Wie sie wurden, was sie sind, Köln 1993.

  10. Vgl. Hasko Hüning/Gero Neugebauer, Die PDS, in: O. Niedermayer (Anm. 4), S. 67-86, hier: S. 78 f.

  11. Vgl. Patrick Moreau, PDS. Anatomie einer postkommunistischen Partei, Bonn-Berlin 1992; Siegfried Suckut/Dietrich Staritz, Alte Heimat oder neue Linke? Das SED-Erbe und die PDS-Erben, in: O. Niedermayer/R. Stöss (Anm. 2), S. 169-194; Dietmar Wittich, Sozialstruktur von PDS-Mitgliedern, in: ebd., S. 227-238; Gero Neugebauer/Richard Stöss, Die PDS. Geschichte, Organisation, Wähler, Konkurrenten, Opladen 1996.

  12. Eine Formulierung des ehemaligen Generalsekretärs der CDU-Brandenburg, Thomas Klein; ähnlich auch CDU-Generalsekretär Peter Hintze, vgl. Eggert kehrt in die Landes-politik zurück, in: FAZ vom 27. 10. 1997, sowie die von der CDU-Bundesgeschäftsstelle herausgegebene Broschüre: Nie wieder Sozialismus. Die Ziele der SED-Fortsetzungspartei. Eine Handreichung zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit der PDS, Bonn o. J.

  13. Wahlergebnisse für 1990 bei Jürgen W. Falter, Wahlen 1990. Die demokratische Legitimation für die deutsche Einheit mit großen Überraschungen, in: Eckhard Jesse/Armin Mitter (Hrsg.), Die Gestaltung der deutschen Einheit. Geschichte -Politik -Gesellschaft, Bonn 1992, S. 163-188.

  14. Auf der Konferenz unter dem Motto „Neuer Aufschwung Ost“ in Halle im Oktober 1997 beschloß die FDP-Spitze, in Ostdeutschland eine neue Mannschaft zu bilden. Vgl. FAZ vom 21. 10. 1997.

  15. Vgl. Karl Schmitt, Die Landtagswahlen 1994 im Osten Deutschlands. Früchte des Föderalismus: Personalisierung und Regionalisierung, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, (1995) 2, S. 261 -295, hier: S. 295.

  16. Sie büßte im Osten ca. 4 Prozent ein, erreichte aber noch immer einen Stimmenanteil von 38, 5 Prozent.

  17. Vgl. K. Schmitt (Anm. 15), S. 282.

  18. Die bayerische Schwesterpartei CSU regiert in Bayern ebenfalls mit absoluter Mehrheit.

  19. Vgl. Ute Schmidt, Von der Blockpartei zur Volkspartei? Die Ost-CDU im Umbruch 1989-1994, Opladen 1997, S. 159-194.

  20. „Die kippen wie Dominosteine“, in: Der Spiegel, Nr. 29/1991, S. 78-80.

  21. Vgl. Ralf Georg Reuth, IM Sekretär. Die „Gauck-Recherche“ und die Dokumente zum „Fall Stolpe“, Berlin 1992.

  22. Vgl. Vogel verteidigt die große Koalition, in: FAZ vom 10. 11. 1997. Die Thüringer Grünen kritisieren die Arbeit der Landesregierung als „Fortschrittsrhetorik“, vgl. Thüringer Grüne gegen große Koalition, in: FAZ vom 24. 11. 1997.

  23. Vgl. K. Schmitt (Anm. 15), S. 274.

  24. Dewes ist Nachfolger von Gerd Schuchardt und stammt aus dem Saarland.

  25. Vgl. dazu: Identitätsgewinn im Aufbau Ost. Diskussionspapier zur Werte-und Strategiedebatte „CDU 2000“ in Mecklenburg-Vorpommern, hrsg. von der CDU-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin, Januar 1996. Vgl. auch die Position des CDU-Fraktionsvorsitzenden Christoph Bergner (Sachsen-Anhalt): Bergner warnt CDU vor neuer „Rote-Socken“ -Kampagne, in: Berliner Zeitung vom 9. 8. 1996.

  26. Diese Daten sind qualitativen Interviews im Rahmen eines von der KSPW geförderten Forschungsprojekts entnommen, vgl. Henry Kreikenbom, Die SPD zwischen den Stühlen? Über Konfliktstrukturen und zum Wahlverhalten der Ostdeutschen, Manuskript, Jena (12. Juni 1997), S. 34 f.

  27. Trotz der CDU-Kampagne gegen das „Magdeburger Modell“ wird die PDS in Kommunen und Landkreisen durchaus als Mehrheitsbeschafferin akzeptiert. So konnten sich etwa bei den Landratswahlen in zwei brandenburgischen Kreisen (Priegnitz, Uckermark) die CDU-Kandidaten nur mit Hilfe der PDS durchsetzen. Formen einer solchen Zusammenarbeit zwischen CDU und PDS gibt es in Schwerin, Güstrow, im Landkreis Bernburg sowie in Halle. Auch die CDU-Fraktion des Kreistages Leipzig-Land praktizierte 1994 einen Schulterschluß. Vgl. z. B. FAZ vom 22. 2. 1994; Tages-spiegel vom 15. 7. 1994; Leipziger Volkszeitung vom 22. 9. 1994; weitere Beispiele in: Der Spiegel, Nr. 15/1997, S. 46-50: vgl. Wahlkampferöffnung in Brandenburg, in: FAZ vom 24. 11. 1997.

  28. Vgl. Elisabeth Noelle-Neumann, Die Einsamkeit der CDU-Wähler im Osten, in: FAZ vom 17. 4. 1996: „Man kann sich vorstellen, warum von CDU-Funktionären mit Eifer nach Gemeinsamkeiten mit PDS-Anhängern gesucht wird. Teilt man nicht mit ihnen die Liebe zum herzlichen Familienleben, zu Ordnung und Sauberkeit, zur Solidität und Solidarität und Stabilität?“

  29. Diese Auffassung wurde interessanterweise bereits 1991 vom damaligen brandenburgischen CDU-Fraktionsvorsitzenden Peter-Michael Diestel vertreten; sie stieß damals in der CDU allerdings auf breite Ablehnung. Eine offene Diskussion über die Aufnahme ehemaliger SED-Mitglieder hätte die Partei vermutlich gespalten. Vgl. Ute Schmidt, Transformation einer Volkspartei -Die CDU im Prozeß der deutschen Vereinigung, in: O. Niedermayer/R. Stöss (Anm. 2), S. 37-74, hier: S. 66. Die Einschätzung von Teilen der PDS-Anhängerschaft als genuin konservativ bis autoritär wird übrigens auch von PDS-Politikern geteilt: „Unsere Wählerschaft ist aber konservativ bis auf die Knochen“, so der Schweriner PDS-Landtagsabgeordnete Gerd Böttger. Die Spaltung stehe der PDS erst noch bevor. Vgl. Der König vom Schweriner Dreesch, in: FAZ vom 14. 11. 1997.

  30. Vgl. Identitätsgewinn im Aufbau Ost (Anm. 25), S. 29.

  31. Vgl. Konrad Schuller, Das Reservoir der roten Kleinbürger, in: FAZ vom 11. 11. 1995. Mit dem Begriff der „rotlackierten Faschisten“ hatte der ehemalige SPD-Vorsitzende

  32. Vgl. Die CDU plant ihre Wahlkämpfe, in: FAZ vom 5. 11. 1997.

  33. Vgl. Kohl spricht von der „strategischen Bedeutung“ der Wahl in Sachsen-Anhalt, in: FAZ vom 19. 9. 1997.

  34. So der CDU-Fraktionsvorsitzende von Sachsen-Anhalt, Christoph Bergner. In der Haltung zur PDS bleiben insbesondere die sächsischen CDU-Erneuerer bei ihrer grundsätzlich kritischen Position. Sie wollen verhindern, daß unter dem Deckmantel des demokratischen Staates Strukturen, Denkweisen und Verhaltensmuster der alten DDR-Gesellschaft fortleben. In ihrem strikten Abgrenzungskurs gegenüber der PDS sind sich die sächsischen Erneuerer mit einem Teil der SPD-Gründungsmitglieder einig und heben sich von den in anderen CDU-Landesverbänden diskutierten Positionen deutlich ab.

  35. Vgl. Keine Stimmen mit Bürgerrechtlern, in: FAZ vom 24. 10. 1997; Bergner: Bürgerrechtler sind ein Gewinn für die CDU, in: FAZ vom 25. 10. 1997; CDU-Landesverband unterstützt Nooke, in: Tagesspiegel vom 26. 10. 1997.

  36. So der aus dem „Demokratischen Aufbruch“ (DA) kommende Bundestagsabgeordnete Heinz-Jürgen Kronberg, der unter innerparteilichen Druck gesetzt wurde, um auf seine Direktkandidatur im Wahlkreis 301 (WeimarApolda-Erfurt/Land) zugunsten von Vera Lengsfeld zu verzichten.

  37. Vgl. Ute Schmidt, Ost-West-Konflikte in der CDU nach der Wende -Probleme der Integration und Identität, in: Berliner Debatte INITIAL, (1997) 4, S. 27-39.

  38. So Christoph Dieckmann in: Die Zeit vom 26. 7. 1996, S. 5.

  39. So hat der Landesvorsitzende der SPD-Brandenburg Steffen Reiche die Vorstellung, man könne die SPD in Ostdeutschland als traditionelle Mitgliederpartei aufbauen, als „tapfere Illusion“ bezeichnet. In: Karlheinz Blessing (Hrsg.), SPD 2000. Die Modernisierung der SPD, Marburg 1993, S. 85-91.

  40. Zum Formierungsprozeß von „Allianz“ und CDU im Jahr 1990 vgl. U. Schmidt (Anm. 19), S. 62-104.

  41. Die DSU war noch im April 1990 aus der „Allianz“ ausgeschieden. Sie hoffte, als eigenständige bzw. rechtspopulistische Partei Fuß zu fassen, was ihr in begrenztem von 295 Mitgliedern in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen größeren Block als die CSU.

  42. Vgl. U. Schmidt (Anm. 19), S. 114-143, dies. (Anm. 37). 43 Vgl. dies., Risse im Gefüge der vereinigten CDU, in: Frankfurter Hefte/Neue Gesellschaft,

  43. (1996) 4, S. 303-308 (Vorabdruck in: Frankfurter Rundschau vom 6. 3. 1996, S. 10). Zur ostdeutschen CDU vgl. dies., Die CDU, in: O. Niedermayer (Anm. 4), S. 13-39.

  44. Das Papier datiert vom Dezember 1995 etwa zeitgleich mit dem Diskussionspapier der CDU-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern. Krüger stammt ebenfalls aus dem CDU-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern.

  45. Immerhin bilden die ostdeutschen CDU-MdBs mit 66 von 295 Mitgliedern in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen größeren Block als die CSU

  46. Vgl. E. Noelle-Neumann (Anm. 28). In seiner Ausarbeitung für die Konzeption einer „Grundwerteerklärung“ der CDU-Brandenburg konstatiert der frühere DDR-Bürgerrechtler Ehrhart. Neubert (früher DA, inzwischen CDU) aufgrund von Ergebnissen sozialwissenschaftlicher Untersuchungen über die mentalen Differenzen zwischen Ost-und Westdeutschen, die sozialökonomischen Veränderungen in den neuen Bundesländern hätten größere Teile der ostdeutschen Bevölkerung in einen Wertekonflikt gestürzt. Zwar werde der Umbruch generell begrüßt, nun gefährdet geglaubte Perspektiven wie Sicherheit, Geborgenheit und Kontinuität aber nachträglich wieder aufgewertet. Die Grundwerte der CDU-Programmatik (Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität) müßten daher -so Neubert -für die Ostdeutschen, auch für die CDU-Anhängerschaft, erst einmal in ihr Alltagsleben „übersetzt“ werden, um akzeptiert werden zu können (vgl. Entwurf: Wertepapier CDU-Brandenburg, 13. 8. 1995).

  47. Vgl. Sigrid Meuschel, Legitimation und Parteiherrschaft in der DDR. Zum Paradox von Stabilität und Revolution in der DDR 1945-1989, Frankfurt a. M. 1992, S. 10 ff.

  48. Solche kollektiven Ängste vor einem neuen Nationalismus sind vor allem auch bei den Grünen verbreitet und reichen bis an den linken Rand der CDU.

  49. So Hans Misselwitz, vgl. Sozialdemokratische Ost-West-Affairen. Claudia Ritter befragte Hans Misselwitz, Rainer Land und Klaus-Jürgen Scherer zum Verhältnis von Ost-und Westdeutschen in der Sozialdemokratie, in: Berliner Debatte INITIAL, (1997) 4, S. 49-60, hier: S. 51.

  50. Vgl. ebd., S. 54.

  51. Daher waren auch die Versuche der Bonner SPD-Spitze, reformorientierte Teile der SED (etwa um den Dresdener Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer) in die neu-gegründete SDP/SPD zu integrieren, schon von vornherein zum Scheitern verurteilt.

  52. Vgl. H. Misselwitz (Anm. 49), S. 55.

  53. Vgl. Hochsaison für Spaltpilze. Die SPD-Politiker Angelika Barbe und Thomas Krüger streiten über den richtigen Umgang mit der PDS, in: Süddeutsche Zeitung vom 29. 3. 1995.

  54. Wolfgang Thierse übernimmt eher die Rolle des Moderators.

  55. Ein weiterer Streitpunkt zwischen Ost-Berlin und dem Hamburger PDS-Landesverband war ein Plakat im Landtagswahlkampf, auf dem Soldaten als Mörder bezeichnet wurden.

  56. Vgl. „Wir sind kein Sammelbecken linker Gruppen und Sekten“, in: FAZ vom 5. 11. 1997. Um ihr Wahlziel zu erreichen, benötigt die PDS ein Viertel der Wählerstimmen im Osten und rund zwei Prozent im Westen. Die PDS-Führung hofft, bei dieser Wahl zu den bisherigen vier Direktmandaten in Berlin zwei weitere in Rostock und Schwerin hinzuzugewinnen.

  57. Vgl. Hans Vorländer, Die FDP. Entstehung und Entwicklung, in: O. Niedermayer (Anm. 4), S. 113-134, zum Aderlaß in der Mitgliederschaft vgl. insbesondere S. 124-127.

  58. Vgl. Gudrun Heinrich, Von Einheit keine Spur? Bündnis 90/Die Grünen, in: Berliner Debatte INITIAL, (1997) 4, S. 40-48.

  59. Auf der Jahrestagung der „German Studies Association“ (GSA) in Seattle (USA) vom 10. bis 13. 10. 1996.

  60. Vgl. Bericht der Bundesgeschäftsstelle. Anlage zum Bericht des Generalsekretärs, 9. CDU-Parteitag in Leipzig, 1997, S. 54.

  61. Vgl. FAZ vom 29. 8. 1995.

  62. Vgl. Gero Neugebauer, Die SPD, in: O. Niedermayer (Anm. 4), S. 49f.; Thomas von Winter, Wählerverhalten in den östlichen Bundesländern: Wahlsoziologische Erklärungsmodelle auf dem Prüfstand, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, (1996) 2, S. 298-316. Von Winter bietet die plausible Erklärung an, daß die Reetablierung des sozioökonomischen „cleavage“ nicht als einfache Wiederbelebung, sondern als ein „kollektiver Lernprozeß“ gedeutet werden müsse, in dem „ein historisch in Vergessenheit geratenes Handlungsmuster durch Auseinandersetzung mit den gewandelten sozialen und politischen Gegebenheiten neu entwickelt“ wurde. Faktisch bedeutet das die Aufgabe der „Tabula-rasa-These“ und eine Differenzierung des „Rational-Choice-Ansatzes“, dem zufolge die „modernen“ ostdeutschen Wähler ihre Entscheidung nach dem Muster des „Issue-voting" und frei von längerfristigen Bestimmungsgründen des Wahlverhaltens getroffen hätten.

  63. Vgl. Peter Gluchowski/Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, Sozialstrukturelle Grundlagen des Parteienwettbewerbs in der Bundesrepublik Deutschland, in: O. W. Gabriel/O. Niedermayer/R. Stöss (Anm. 6), S. 179-208. (Die Autoren werten Daten aus einer Nachwahlstudie der Konrad-Adenauer-Stiftung zur Bundestagswahl 1994 aus.) Die Schwäche der SPD sehen die Verfasser darin, daß die ostdeutschen Arbeiterwähler die Vertretung gruppenspezifischer Interessen oder traditionelle Wähler-Parteien-Koalitionen als weniger wichtig erachten als die Orientierung an Sachfragen sowie generell der Leistung und Kompetenz der Parteien. Dies begünstige die CDU (als Partei der deutschen Einheit) und habe bisher die Entstehung der aus dem Westen bekannten Hauptkonfliktlinien behindert (vgl. S. 202 f.).

  64. Zwei Drittel der PDS-Mitglieder sind 60 Jahre und älter; daß nur 10 Prozent jünger als 40 Jahre und nur 2 Prozent jünger als 30 Jahre sind, gilt in der Partei als ein zentrales Zukunftsproblem (vgl. „Mental hinter Parteitagsbeschlüssen zurückgeblieben“. PDS-Studien bestätigen Schwächen der Partei, in: FAZ vom 16. 4. 1997).

Weitere Inhalte

Ute Schmidt, Dipl. -Soz., Dr. habil., geb. 1943; Privatdozentin am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Hamburg. Veröffentlichungen u. a.: Zentrum oder CDU. Politischer Katholizismus zwischen Tradition und Anpassung, Opladen 1987; Von der Blockpartei zur Volkspartei? Die Ost-CDU im Umbruch 1989-1994, Opladen 1997; zahlreiche Aufsätze sowie Buch-und Handbuchbeiträge zu den Themenbereichen Politischer Katholizismus, Zentrumspartei, CDU (in West-und Ostdeutschland), katholische Arbeiterbewegung.