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Alte und neue Scheidelinien des politischen Verhaltens. Eine Analyse zur Bundestagswahl vom 25. Januar 1987 | APuZ 12/1987 | bpb.de

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APuZ 12/1987 Die Bundestagswahl 1987 — eine Bestätigung des Wandels Lebensstile und Wandel der Wählerschaft in der Bundesrepublik Deutschland Alte und neue Scheidelinien des politischen Verhaltens. Eine Analyse zur Bundestagswahl vom 25. Januar 1987

Alte und neue Scheidelinien des politischen Verhaltens. Eine Analyse zur Bundestagswahl vom 25. Januar 1987

Ursula Feist /Hubert Krieger

/ 24 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Beitrag befaßt sich mit den Auswirkungen der Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft auf das Wahlverhalten von Arbeitnehmergruppen bei der Bundestagswahl 1987. Das Wahlresultat und die Wählertrends, die es zustande gebracht haben, werden dabei unter drei verschiedenen Perspektiven beleuchtet: Zunächst anhand einer ökologischen (Wahlkreis-) Analyse; sodann anhand einer Wählersegnienrarion entlang der alten gesellschaftlichen Konfliktlinien, die für die Entstehung unseres Parteiensystems ursächlich sind; schließlich mit Hilfe einer Arbeitnehmertypologie, die den Konzepten der Arbeitsmarktsegmentation folgt mit der Dualität eines primären, arbeitsplatzsicheren Bereichs und eines sekundären, arbeitsplatz-bedrohten Bereichs. Für die beiden Volksparteien CDU/CSU und SPD lassen sich eindeutige Verlustmuster diagnostizieren. Zudem hat die führende Regierungspartei auch nicht die ihr sozial eher fernerstehende Arbeiterschaft, die sich ihr 1983 zugewandt hatte, stabilisieren können. Sie erweist sich aber in dem Sinne als „modern", als sie bei Angestellten und Beamten, also in den Mittelschichten, unverändert gut gegenüber 1983 reüssierte und vor allem die Vorhut der Erwerbstätigen, die im primären Arbeitsmarktsegment angesiedelten Arbeitnehmer an High-Tech-Arbeitsplätzen, von ihrer Politik überzeugt. Die Verluste der Sozialdemokraten konzentrieren sich auf eben diese Mittelschichten, sichtbar an den Ergebnissen in den deutschen Dienstleistungsmetropolen wie Hamburg, München, Frankfurt. Die Arbeitnehmerpartei SPD konkurriert hier inzwischen mit allen anderen Parteien, insbesondere mit den GRÜNEN, die diese sozioökonomischen Räume mittlerweile zu ihren Hochburgen ausgebaut haben. Dagegen gelang es der SPD 1987, ihre alte, gewerkschaftlich abgestützte Wählerbasis zu restabilisieren.

I. Modernisierung und Segmentierung als Basis politischer Neuorientierung

abelle 1: Ergebnis der Bundestagswahl 1987 im Vergleich zu 1976 Diff. Quelle: infas-Wahlberichterstattung zur Bundestagswahl 1987.

Die Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft — in welchem Ausmaß beeinflußt sie die politische Orientierung von Wählern und inwieweit hat sich das deutsche Parteiensystem dadurch bereits verändert? In den letzten Jahren sind diese Fragen in einer Vielzahl von wahlsoziologischen Untersuchungen Gegenstand der Forschung gewesen. Zwei zentrale Erklärungsansätze tauchen dabei immer wieder auf: der Wertwandel von „alter“ zu „neuer“ Politik oder von materiellen zu postmateriellen Werten sowie die Entkopplung tradierter Wahlnormen von ihrer realen Basis, der Sozialstruktur unserer Gesellschaft und ihren Konfliktlinien Die für das Parteiensystem dabei unterstellten Folgen sind: Die Entscheidungsfreiheit der Wähler und somit ihre Flexibilität wächst und zu den alten gesellschaftlichen Trennlinien durch Konfessionsteilung, Industrialisierung und Verstädterung treten neue, an Wertprioritäten ausgerichtete Trennlinien hinzu. Entlang dieser formieren sich künftig die Wählerkoalitionen; mit Blick auf diese Grenzen mobilisieren die Parteien Wähler, aggregieren deren Interessen.

Schaubild 2

Aus Anlaß der Bundestagswahl 1987 möchten wir mit diesem Beitrag den Focus der Aufmerksamkeit einem Aspekt zuwenden, der unseres Erachtens in den meisten Untersuchungen über den Zusammenhang von gesellschaftlicher Modernisierung und politischer Um-oder Neuorientierung bislang zu kurz gekommen ist. Wie beeinflußt eine nach den Prinzipien moderner Technik funktionierende und organisierte, dabei sich neu segmentierende Arbeitswelt das politische Verhalten von Arbeitnehmern? Führt diese Segmentation zu einer neuen Scheidelinie, die die Arbeitnehmer auch politisch trennt in solche, die im Modernisierungsprozeß mithalten oder an die Spitze gelangen, und solche, die an den Rand gedrängt werden? Wie sehen die politischen Bindungen von Arbeitnehmern dieser neuen Arbeitswelt aus? Wie setzen sich alte Strukturen heute noch durch?

Schaubild 3 Quelle: infas-Repräsentativerhebung im Bundesgebiet ohne Berlin (West). Januar 1987, 1. 543 Fälle, Random-Auswahl

Die in der Wahlkreisanalyse zu beobachtenden Trends der Bundestagswahl 1987 sollen uns als Folie dienen, um abzuschätzen, in welchem Rahmen eine mögliche Neuformation der bundesdeutschen Wählerschaft stattfindet und welche Bedingungen sie vielleicht überhaupt erst ermöglichen. Die Wahlkreisanalyse führt hierbei rasch an ein Ende, denn die regionalen Sozialstrukturdaten, die zur Verfügung stehen, sind tendenziell veraltet und gar nicht in der Lage, den Modernisierungsprozeß in der Arbeitsgesellschaft in allen Facetten abzubilden. Die ökologische Analyse wird daher durch eine Analyse von Wählerbefragungen ergänzt. Beide methodischen Zugänge stützen sich — wie im weiteren gezeigt wird — gegenseitig mit ihren Befunden.

Tabelle 8: Umgang mit Neuer Technologie und Parteipräferenz) Quelle: infas-Repräsentativerhebung im Bundesgebiet ohne Berlin (West), Januar 1987, 1548 Befragte, Random-Auswahl.

Anders als 1983 gibt es bei der Erklärung von Wählerbewegungen 1987 allgemein Konsens über die Haupttrends dieser Wahl: 1. Das Vierparteiensystem hat sich am 25. Januar 1987 in der Bundesrepublik unter den gegebenen institutionellen Bedingungen unseres Wahlrechts verfestigt. Historisch bedeutet dies einen Wandel im Parteiengefüge von anfänglicher Konzentrierung bis hin in die siebziger Jahre zu nun stärkerer Pluralisierung aufgrund der zentrifugalen Kräfte der kleinen Parteien.

Tabelle 9: Umgang mit Neuer Technologie bei Arbeitern und Angestellten und Parteipräferenz*) — Anfang 1987 — Quelle: infas-Repräsentativerhebung im Bundesgebiet ohne Berlin (West), Januar 1987, 1548 Befragte, Random-Auswahl.

2. Begünstigt wurde dieser Prozeß durch die nachlassende Integrationskraft der beiden großen Parteien CDU/CSU und SPD, die 1987 nur noch 81, 3 Prozent der Wähler an sich zu binden vermochten. Vor einer Dekade waren es noch 91, 2 Prozent. Seither ist dieser Anteil kontinuierlich gesunken — dramatischer für die SPD als für die Union. Parallel dazu haben sich zwei Wähler-blöcke ungleicher Stärke herausgebildet, die die Koalitionsfreiheit der Parteien untereinander einschränken könnten.

Tabelle 10: Umgang mit Neuer Technologie bei Gewerkschaftsmitgliedern und Parteipräferenz*) — Anfang 1987 — Quelle: infas-Repräsentativerhebung im Bundesgebiet ohne Berlin (West), Januar 1987, 1548 Befragte, Random Auswahl.

3. Die Pluralisierung des deutschen Parteiensystems geht einher mit einer seit Anfang der siebziger Jahre auf allen Wahlebenen zu beobachtenden sinkenden Wahlbeteiligung — Ausdruck von Legitimationsverlusten des politischen Systems. Was diesen Prozeß gefördert haben mag, läßt sich an folgenden Stichwörtern festmachen: Spendenaffären der Parteien; nachlassende Kompetenz bei der Lösung elementarer Fragen der Existenzsicherung (z. B. Arbeitslosigkeit, Umwelt); Diskussion über die Legitimität der repräsentativen Demokratie; Kritik am Gewaltmonopol des Staates; allgemeiner Vertrauensverlust in die Institutionen von Staat und Gesellschaft.

Tabelle 11: Umgang mit Neuer Technologie in Altersgruppen und Parteipräferenz*) — Anfang 1987 — Quelle: infas-Repräsentativerhebung im Bundesgebiet ohne Berlin (West), Januar 1987, 1548 Befragte, Random-Auswahl.

4. Diese Trends der „Aufweichung“ alter Strukturen hatten bei der Bundestagswahl 1987 ein spezifisches Gepräge. Es schlägt sich nieder im „Verfall“ der Hochburgen von beiden großen Volksparteien: für die Union in den ländlichen, katholischen Regionen; für die SPD in den ehemals sozialdemokratisch dominierten Metropolen wie München, Frankfurt, Hamburg, Bremen.

5. Die Trends 1987 haben neben der strukturellen auch eine akzidentelle Komponente So mag die geringe Wahlbeteiligung einer „low stimulus“ -Wahl möglicherweise strukturelle Veränderungen etwas überdimensionieren, beispielsweise die Verluste der Union in ihren Hochburgen und die Ausfransung am rechten Rand des Wählerspektrums durch die Erfolge von NPD und anderen rechten Splitterparteien. Die langfristige Strukturverschiebung in den Großstädten und Dienstleistungszentren ist indessen kein Zufallsprodukt. Die neue Bildungsklasse hatte sich dort 1972 noch stark mit der SPD identifiziert, findet heute dagegen mehr und mehr bei den GRÜNEN eine neue politische Heimat. Im Gegenzug haben sich dort alte Basisstrukturen zugunsten der SPD wieder gefestigt bzw. „normalisiert", wo die Union 1983 in SPD-Terrain eingedrungen war: in den industriellen Ballungsräumen mit ihrer großen Zahl gewerblicher Arbeitnehmer. 6. Die Trends 1987 folgen schließlich in auffälliger Weise den Ländergrenzen, dem politischen Föderalismus in der Bundesrepublik. Ein Erklärungsfaktor dieser Wahl liegt daher in den landesspezifischen Kräfteverhältnissen der Parteien und den dahinterstehenden regionalen Sozial-und Wirtschaftsstrukturen. Zwei polare Beispiele hierfür sind Nordrhein-Westfalen und Bayern.

II. Zur Bedeutung der Sozial-und Konfessionsstruktur: Eine ökologische Analyse

Tabelle 2: Städte im Vergleich 1972— 1987 Quelle: infas-Wahlberichterstattung zur Bundestagswahl 1987.

Ein Vergleich der Ergebnisse von 1987 mit denen der Bundestagswahl 1976 zeigt graduell steigende Verluste in der Union in ihren eigenen Hochbur-gen. Umgekehrt dazu verhalten sich die Gewinne und Verluste der FDP, während die SPD gegenüber 1976 ihre größten Einbußen eher in jenen Wahlregionen zu verzeichnen hatte, in denen — als Ausdruck soziostruktureller Angleichung der Wählerschaft — die beiden großen Parteien scharf miteinander konkurrieren bzw. die eine oder andere Par-tei leicht dominiert. Dort erzielen die GRÜNEN inzwischen ihre höchsten Anteile, durchweg oberhalb des Bundesdurchschnitts.

Das Verlustmuster für die SPD läßt sich weiter präzisieren. Es sind die großen deutschen Metropolen mit Dienstleistungscharakter oder Schrittmacherindustrien, in denen die SPD seit 1972 ihre Vormachtstellung völlig eingebüßt hat. In den Großstädten des Industriereviers an der Ruhr verteidigten die Sozialdemokraten dagegen ihre absoluten Mehrheiten, allerdings auch mit beträchtlichen Verlusten gegenüber 1976. Nirgendwo profitierten andere Parteien stärker als die GRÜNEN von diesen Wählereinbrüchen der SPD.

Wie weit diese Trends durch die ganze Republik durchgingen, im Niveau aber durch den politischen Föderalismus moduliert wurden, belegt die nachfolgende Übersicht. Darin sind die Wahlresultate 1987 im ganzen Bundesgebiet denen in Nordrhein-Westfalen einander gegenübergestellt, und zwar nach den Kriterien, die für das Wahlverhalten nach wie vor bedeutsam sind: Verdichtung und Wirtschaftsstruktur, Berufsstatus und Konfession

Die Verluste der Union konzentrieren sich im Bundesgebiet wie in Nordrhein-Westfalen auf die länd-liehen, katholischen, eher gewerblich strukturierten Gebiete. Dort konnte umgekehrt die SPD gegenüber 1983 teils noch zulegen oder zumindest ihre Einbußen deutlich begrenzen. Dies spricht für die These, daß es den Sozialdemokraten 1987 in den gewerblich strukturierten Gebieten gelang, Teile ihrer 1983 abtrünnigen Wähler aus dem Traditionsbereich, die sich inzwischen von der Union enttäuscht fühlen, wieder zurückzugewinnen; dieses eher der SPD sozial affine Wählersegment also erneut zu stabilisieren.

In den Dienstleistungszentren mit ihren modernen Berufsprofilen ist jedoch die SPD der größte Verlierer, so daß dort selbst die CDU/CSU vergleichsweise wenig Stimmen eingebüßt hat. Diesen Wählerbewegungen zwischen den beiden großen Parteien entsprechen — abhängig von der Blockbildung — Parallelen bei den kleinen. Beide bauten insbesondere dort ihre Wählerbasis über den Trend der Wahl 1987 hinaus aus, wo der wirtschaftliche und gesellschaftliche Modernisierungsprozeß am weitesten vorangeschritten ist: in den Dienstleistungsmetropolen

Die alten politischen Konfliktlinien, die einstmals die Konfessionsteilung verursacht haben, mischen sich in diese Trends und beleuchten die „Strukturaufweichung“ im Wählerlager der Union. So ist der Rückgang der Christdemokraten, blickt man bis 1969 zurück, in einzelnen Wirtschaftsregionen dann größer, wenn der Katholikenanteil besonders hoch ist. Ausnahme sind die ländlichen Gebiete, wo die Union gleichmäßig gegenüber 1969 zugunsten der Sozialdemokraten verloren hat. Ehemals loyale Wählerschichten wie die von der Landwirtschaft lebende Wahlbevölkerung sowie die Katholiken sehen ihre Interessen in der Union heute weniger repräsentiert.

Die Veränderungsmuster der SPD verlaufen keineswegs spiegelbildlich zu den Verlusten der CDU/CSU, was den Schluß zugelassen hätte, die Sozialdemokratie profitiere von der zunehmenden Säkularisierung und der damit einhergehenden nachlassenden Integrationskraft der Union. Dies ist nicht der Fall. Die SPD hat vielmehr gegenüber 1969, nahezu unabhängig von den Konfessionslinien, in jenen schon beschriebenen Strukturtypen am meisten verloren, in denen die modernen Mittelschichten überwiegend leben. Im gesellschaftlichen Modernisierungsprozeß, wie er an den sich aufweichenden konfessionellen Strukturen ablesbar ist, haben sich offenbar in der Konkurrenz der Parteien um Interessenvertretung ganz besonders gut die kleinen den Wählern empfohlen.

III. Parteienanteile in sozioökonomischen Wählerbereichen: Die alten Scheidelinien durch Konfession, Berufsstatus, Gewerkschaftsbindung

Tabelle 3: Stimmenentwicklung 1983- 1987 nach Wählerstrukturen (in Prozentpunkten) Quelle: infas-Wahlberichterstattung zur Bundestagswahl 1987.

Analysen von Wahlergebnissen anhand sozialstruktureller Merkmale von Wahlkreisen oder größerer räumlicher Einheiten wie die vorangegangene geben zwar ungefähre Auskunft über das Wahlverhalten der dort anzutreffenden Wählerschichten. Die Repräsentativerhebung dagegen erlaubt die direkte Verknüpfung von Informationen über Wählerverhalten und Sozialstruktur. Die Anhänger verschiedener politischer Parteien können dabei auf ihre soziale Zusammensetzung hin untersucht werden bzw. bestimmte soziale Gruppen auf die Resonanz, die die verschiedenen Parteien bei ihnen erreichen. Beide Betrachtungsweisen beziehen ihre Rechtfertigung aus der Beobachtung, daß Wahlverhalten soziales Verhalten ist, geprägt durch Zugehörigkeit der Wähler zu bestimmten Gruppen. Dies prägt nicht nur die sozialen Kontakte, Wertvorstellungen und Loyalitäten der Wähler, sondern auch ihr Informationsverhalten und damit ihre Bereitschaft, bestimmte Argumente eines Wahlkampfes anzunehmen oder abzulehnen, sich für eine bestimmte Partei mobilisieren zu lassen.

Mit Hilfe statistischer Analyseverfahren hat infas entlang der alten Trennlinien von Konfession, Beruf und gewerkschaftlicher Bindung eine komplexe Definition von fünf wahlsoziologischen Bereichen entwickelt, die in sich ein relativ homogenes Wahlverhalten aufweisen, in denen die Haushaltsmitglieder ihre Stimme weitgehend einheitlich abgeben und die das politische Spektrum zwischen rechts und links abbilden. Diese fünf Gruppen („Sozioökonomische Typen“), deren politische Orientierung in einem ersten Schritt im Zeitvergleich beschrieben werden soll, sind: — der „Arbeiterbereich“ (gewerkschaftlich organisierte sowie nicht-organisierte, bewußte Arbeiter) — gewerkschaftlich gebundene Angestellte und Beamte — die „Neue Mittelschicht“ (soziale Aufsteiger, d. h. Personen, die sich im Laufe ihrer Berufsentwicklung aus der Zugehörigkeit zur Arbeiterschaft gelöst haben, sowie Angestellte, Beamte oder Selbständige, deren Väter Arbeiter waren)

— die „Alte Mittelschicht“ (Angestellte, Beamte und Selbständige, deren Väter bereits gleichartige Berufe gehabt haben)

— der „Katholische Traditionsbereich“ (Angehörige der Mittelschicht und der Arbeiterschaft mit engen kirchlichen Bindungen).

Gliedert man alle Wahlberechtigten im Bundesgebiet nach den genannten Wählersegmenten auf, so zeigt sich, daß keines davon eindeutig dominant ist; sie liegen in den Größenordnungen recht nahe beieinander. Das relativ stärkste Segment ist der Arbeiterbereich mit einem Anteil von 25 Prozent. Die zweitgrößte Gruppe ist mit 22 Prozent die Alte Mittelschicht. Die drei restlichen Gruppierungen umfassen jeweils 19 bzw. 15 Prozent der Wähler

Ein Vergleich mit 1976 macht auf den strukturellen gesellschaftlichen Wandel aufmerksam: Auf der einen Seite ein rückläufiger Anteil des Arbeiterbereichs (von 30% auf 25%) und auf der anderen Seite ein deutlicher Anstieg der Neuen Mittel-schicht. Der Anteil dieser Wählergruppe, die soziostrukturell keiner Partei unmittelbar zuzuordnen ist, stieg von 13 auf 19 Prozent. Beobachtungen eines wachsenden Potentials von Wechselwählern finden hier eine materielle Basis.

In der Palette der fünf beschriebenen Wählersegmente und den jeweils dort vorherrschenden Partei-bindungen spiegelt sich die sozialstrukturelle Determination des Wählerverhaltens in der Bundesrepublik Deutschland wider, aber auch der gesellschaftliche Wandel mit der Abschwächung überkommener Wählerbindungen. Im Arbeiterbereich und bei den gewerkschaftlich organisierten Angestellten und Beamten verfügt die SPD traditionell über einen klaren Vorsprung vor der CDU/CSU; in der Alten Mittelschicht sind die Kräfteverhältnisse umgekehrt. Im Katholischen Traditionsbereich, dem Stammwählerreservoir der Union, dominiert die Union mit Wählerreserven zwischen 70 und 80 Prozent, so daß die Sozialdemokraten mit Anteilen von weniger als 20 Prozent kaum Fuß fassen können. Die Neue Mittelschicht schließlich wird von den beiden großen Parteien am heftigsten umkämpft.

Die historischen Konfliktlinien, die unser Parteien-system vor hundert Jahren entstehen ließen, spiegeln sich heute noch in den Wählerbindungen wider.

Verschiebungen zwischen 1983 und 1987

Für die Interpretation der Veränderungen der Wählerbindungen zwischen 1983 und 1987 liefert die Entwicklung der Parteipräferenzen in den sozioökonomischen Typen wichtige Hinweise. In den einzelnen Wählersegmenten setzten sich zwischen 1983 und 1987 gleichgerichtete Trends durch. Ein erster Blick macht deutlich: Der höchste Mobilisierungsgrad war für die SPD durchweg 1985 bis Mitte 1986 zu beobachten; in diese Zeit fiel zugleich das Tief der Union in allen Wählersegmenten.

Für die CDU/CSU waren über diese Periode hinweg nahezu kontinuierlich Verluste zu verzeichnen: Zwischen — 11 Prozentpunkten im Arbeiterbereich und — 5 Punkten in der Neuen Mittelschicht. Lediglich in ihrem Stammwählerbereich der katholisch gebundenen Wählerschicht konnte die Union sich mit leichtem Zuwachs stabilisieren.

Die SPD erreichte 1987 — nach einem Zwischenhoch 1985 — in der gewerkschaftlich organisierten Angestellten-und Beamtenschaft sowie in der Neuen und der Alten Mittelschicht wieder nur in etwa das Niveau von vor vier Jahren. Im Arbeiter-bereich hat sie sich jedoch nach dem Einbruch Ende 1982/Anfang 1983 kräftig regeneriert. Die Sozialdemokraten waren somit 1987 im Arbeiterbereich mit einem Anteil von 63 Prozent weitaus gefestigter als 1983 (55 %). Auf dem anderen Pol, der katholisch gebundenen Traditionswählerschaft, ist der ohnehin sehr schwache SPD-Anteil von 1983 (17%) noch weiter abgesackt (auf 11 %).

Gewinner in vier der fünf sozioökonomischen Typen waren die GRÜNEN. Im Arbeiterbereich konnten sie ihre Präferenzen mehr als verdoppeln (von 3 auf 7%); in der Alten Mittelschicht — ihrer wichtigsten Wählerbasis — legten sie 6 Prozentpunkte (von 9 auf 15%) zu und bei den gewerkschaftlich organisierten Angestellten und Beamten 4 Prozentpunkte (von 6 auf 10%). Geringe Zuwächse auf niedrigem Niveau im Katholischen Traditionsbereich (von 2 auf 4%) sowie Gleichstand in der Neuen Mitte gegenüber 1983 (4%) runden das Bild ab.

Die Liberalen hatten die stärksten Gewinne (jeweils + 5) gegenüber 1983 in der Alten und Neuen Mittelschicht sowie unter gewerkschaftlich organisierten Angestellten und Beamten. Im Arbeiterbereich wie im Katholischen Segment blieben die Liberalen weiterhin schwach vertreten, während sie in der gewerkschaftlich gebundenen Mittelschicht 1987 7 Prozent erreichten.

IV. Wahlverhalten der Berufstätigen (1976— 1987): Die traditionelle Scheidelinie

Tabelle 4: Bundestagswahlabsicht nach Sozialstruktur) Quelle: infas-Repräsentativerhebungen im Bundesgebiet ohne Berlin (West), 1976 bis 1987, jeweils das Quartal vor der Bundestagswahl, ca. 5 000 bis 6 000 Fälle, Random-Auswahl:

Es stellt sich die Frage, inwieweit die starken Verluste der Union — neben der Abwanderung bestimmter Teile der Mittelschichten zur FDP — auch durch eine Restabilisierung der SPD im Arbeiterbereich und im gewerkschaftlich gebundenen Milieu erklärt werden können, wo die SPD 1983 besonders starke Einbrüche zu verzeichnen hatte

Arbeiter äußerten 1987 zu 59 Prozent eine SPD-Wahlabsicht: Das ist ein Niveau knapp unter dem Ergebnis von 1976 und 1980. Gegenüber der letzten Bundestagswahl legte die SPD jedoch unter Arbeitern 4 Prozentpunkte zu. Beträchtlich waren im Vergleich dazu die Verluste der Union, die bei den Arbeitern 8 Prozentpunkte verlor und unter den Pegel von 1976 rutschte. Die Lücke zwischen SPD und Union vergrößerte sich unter Arbeitern damit wieder auf 26 Punkte und erreichte fast den Höchstwert von 1980. Das heißt, bei den gewerblichen Arbeitnehmern hat es einen deutlichen Rückstrom von der CDU/CSU zur SPD bei der Bundestagswahl 1987 gegeben. Die alte SPD-Wählerbasis hat sich wiederbelebt.

Die Entwicklung unter Angestellten und Beamten begründet dagegen das im Vergleich zu 1983 noch weiter verschlechterte Abschneiden der Sozialdemokraten: Konnten sie 1983 noch 43 Prozent der Stimmen von Angestellten und Beamten auf sich vereinigen, so waren es 1987 nur 37 Prozent. Die Union hingegen hat ihren Anteil von 47 Prozent stabilisiert. Der Abstand der beiden großen Parteien in diesem wichtigen, weil wachsenden Wählersegment vergrößerte sich auf 10 Prozentpunkte zugunsten der Union. Dies ist der größte Vorsprung der CDU/CSU seit Ende der sechziger Jahre in diesem Bereich Die Gewinner im Angestellten-und Beamtenmilieu waren die GRÜNEN und auch die FDP. Die FDP legte um 2 und die GRÜNEN um 4 Prozentpunkte zu. Unter den Selbständigen richtete sich der Trend eindeutig gegen die CDU/CSU. Die Union büßte gegenüber 1983 7 Punkte ein; die SPD, seit eh und je in diesem Wählersegment kaum verankert, stagniert bei 16 Prozent. Gewinner ist hier eindeutig die FDP.

V. Trends im Wahlverhalten einzelner Arbeitnehmergruppen: Eine Präzisierung

Tabelle 5: Bundestagswahlabsicht bei Arbeitern) Quelle: infas-Repräsentativerhebungen im Bundesgebiet ohne Berlin (West), 1976 bis 1987, jeweils das Quartal vor der Bundestagswahl, ca. 5 000 bis 6 000 Fälle, Random-Auswahl.

Das grundsätzliche Muster der Verluste von SPD und CDU/CSU in der Arbeitnehmerschaft ist somit beschrieben worden. Es wäre zu präzisieren, in welchen Teilen der Arbeiterschaft die Einbußen der CDU/CSU und in welchen Teilen der Mittelschicht die SPD-Verluste zu verorten sind und welche Rolle hierbei die gewerkschaftliche Bindung der Arbeitnehmer spielt

Die Arbeiter Innerhalb der Arbeiterschaft verlor die Union insbesondere im Kernbereich, d. h. unter Facharbeitern. Hier reduzierte sich ihr Anteil von 41 Prozent (1983) auf 32 Prozent (1987). Mit 11 Prozentpunkten waren die Einbrüche der Union bei den ungelernten Arbeitern noch deutlicher. Die SPD war der Hauptprofiteur dieser Einbußen. Bei den Facharbeitern legte sie 5 Prozentpunkte und bei den ungelernten Arbeitern sogar 12 Prozentpunkte gegenüber 1983 zu. Auffallend ist jedoch, daß die Sozialdemokraten bei der für sie wichtigen Gruppe der Facharbeiter unter ihrem Ergebnis von 1976 blieben. Hier traten die GRÜNEN als Konkurrenz auf, die bei den Facharbeitern 1987 7 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnten.

Eine weitere für Mobilisierung zugunsten der SPD strategisch wichtige Untergruppe sind die Arbeiter in den Großbetrieben. Hier hat sich jedoch zwischen 1983 und 1987 wenig bewegt. Die SPD erhielt 63 Prozent (+ 1 Prozentpunkt) und die Union 30 Prozent (— 3 Prozentpunkte). Im Langzeitvergleich reduzierte sich jedoch der Anteil der Union gegenüber 1976 um 8 Prozentpunkte. Zugleich konnten sich die GRÜNEN profilieren und 1987 6 Prozent der Stimmen mobilisieren.

Die vorangegangene ökologische Analyse der Wahlergebnisse hat die allgemein abnehmende Bedeutung der katholischen Scheidelinie für die Bundestagswahl am 25. Januar 1987 herausgearbeitet. Dieser Effekt zeigte sich jedoch nicht in der Arbeiterschaft. Hier blieb die Union unter katholischen Arbeitern mit 50 Prozent gegenüber 1983 stabil. Auch der SPD-Anteil blieb unverändert. Die Verschiebung bei den gewerblichen Arbeitnehmern insgesamt konzentriert sich somit auf die evangelischen Arbeiter. Hier gewannen die SPD 8 und die GRÜNEN 5 Prozentpunkte gegenüber 1983. Der Verlierer war die Union, die mit einem Anteil von 21 Prozent 13 Prozentpunkte gegenüber 1983 einbüßte und damit auf ihr Ergebnis von 1976 in dieser Arbeitergruppe zurückfiel.

Die Mittelschicht Auch die Verluste der SPD in der Mittelschicht können näher eingekreist werden. Mobilisierte die SPD unter kleinen und mittleren Angestellten und Beamten 1983 noch knapp die Hälfte der Stimmen (49%), so verlor sie hier 1987 8 Prozentpunkte. Die Union lag in diesem Teil der Mittelschicht mit 45 Prozent vor der SPD. Besonders stark war der Zugewinn der GRÜNEN in diesem Wähler-segment; sie konnten hier ihren Anteil von 5 auf 10 Prozent verdoppeln. Bedeutend weniger bewegte sich hingegen bei den statushöheren Angestellten und Beamten. Hier war die FDP, 1983 besonders stark dezimiert, neben den GRÜNEN einziger Gewinner. Die beiden großen Parteien Prozent verdoppeln. Bedeutend weniger bewegte sich hingegen bei den statushöheren Angestellten und Beamten. Hier war die FDP, 1983 besonders stark dezimiert, neben den GRÜNEN einziger Gewinner. Die beiden großen Parteien hingegen verloren jeweils 3 Prozentpunkte. So blieb es bei einem deutlichen Vorsprung der Union vor der SPD.

Gewerkschaftsmitglieder Welche Rolle spielten für den Wahlentscheid 1987 die Gewerkschaftsmitglieder in der Arbeitnehmerschaft? Bei der Bundestagswahl 1983 war es der Union gelungen, hier tief in das Lager der SPD-Stammwähler einzudringen. Damals reduzierte sich der Vorsprung der SPD vor der CDU/CSU hier auf 24 Prozentpunkte 9). Mit dem Wahlgang vom 25. Januar 1987 stellten sich jedoch die alten Strukturen wieder her. Mehr noch, mit einem Verhältnis von 68 Prozent zu 22 Prozent erzielten die Sozialdemokraten den größten Vorsprung vor der Union in diesem Wählersegment seit 1976. Auch die GRÜNEN konnten sich verbessern und erreichten 8 Prozent.

Es stellt sich die Frage, inwieweit sich der oben konstatierte Arbeiter-und Mittelschichteffekt bei den beiden großen Volksparteien auch innerhalb der Gewerkschaftsmitgliedschaft zeigt. Für die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter ist diese Frage eindeutig positiv zu beantworten. Hier verlor die Union gegenüber 1983 16 Prozentpunkte und konnte nur noch knapp jeden fünften gewerkschaftlich organisierten gewerblichen Arbeitnehmer für ihre Politik mobilisieren. Anders die SPD: Sie konnte im Januar 1987 fast drei Viertel der gewerkschaftlich gebundenen Arbeiter hinter sich bringen und damit ihr Ergebnis von 1976 sogar noch verbessern. Innerhalb der Mittelschicht ergaben sich zwar für die Sozialdemokraten bei den gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern keine Verluste, die Gewinne waren jedoch mit 2 Prozentpunkten gegenüber 1983 recht mager. Auch die Verluste der Union waren weit weniger dramatisch als bei den organisierten gewerblichen Arbeitnehmern 10).

VI. Kern-und Randbelegschaften: Eine neue Scheidelinie?

Tabelle 6: Bundestagswahlabsicht bei Arbeitern nach Religion ) 1976-1987 Quelle: infas-Repräsentativerhebungen im Bundesgebiet ohne Berlin (West), 1976 bis 1987, jeweils das Quartal vor der Bundestagswahl, ca. 5 000 bis 6 000 Fälle, Random-Auswahl.

Die empirische Arbeitsmarktforschung in der Bundesrepublik weist in den letzten zehn Jahren eine zunehmende Spaltung des Arbeitsmarktes in einen primären Bereich mit sicheren, relativ konjunktur-unabhängigen Arbeitsplätzen und in einen sekundären Bereich mit unsicheren bis permanent gefähr-deten Arbeitsplätzen nach. Es ist zu erwarten, daß die sich verfestigende Arbeitsmarktsegmentation auch das politische Bewußtsein der jeweiligen Arbeitnehmergruppe nachhaltig beeinflußt. Somit würde die Zuordnung zum primären oder sekundären Arbeitsmarkt eine neue gesellschaftliche Scheidelinie markieren. Die politische Brisanz einer solchen Trennlinie für Parteien und Gewerkschaften liegt auf der Hand. Inwieweit könnte diese neue Grenzlinie die Bedeutung traditioneller sozialstruktureller Faktoren wie Status, Bildung, Stellung in der Betriebshierarchie und Gewerkschaftsmitgliedschaft für das gesellschaftliche Bewußtsein von Arbeitnehmern überlagern und zu einer sukzessiven „Entsolidarisierung“ ehemals homogener Interessenlagen in der Arbeitnehmerschaft führen? Der Modernisierungsprozeß hätte privilegierte Kernbelegschaften und deprivierte Randbelegschaften zur Folge mit entsprechender Wahrnehmung und Deutung ihrer je eigenen gesellschaftlichen Position.

Um eine Zuordnung der einzelnen Arbeitnehmer zu einem entsprechenden Arbeitsmarktsegment zu ermöglichen, hat infas eine neue Arbeitnehmer-Typologie zum dualen Arbeitsmarkt entwickelt. Diese soll in ihrer Rückwirkung auf das Wählerverhalten in einem abschließenden Schritt untersucht werden:

Beschreibung der Typologie zum dualen Arbeitsmarkt Die Typologie setzt sich aus insgesamt sechs Indikatoren zusammen, einer Kombination aus objektiven Merkmalen der Arbeitnehmer und subjektiven Einschätzungen zur Arbeitsplatzsicherheit. Die objektiven Merkmale sind: — Wirtschaftssektor mit der Differenzierung Öffentlicher Dienst und Privatwirtschaft.

— Status im öffentlichen Dienst mit der Unterteilung Beamter einerseits und Arbeiter/Angestellter andererseits.

— Arbeitszeit mit der Differenzierung Vollzeit und Teilzeit. Teilzeit wird hierbei definiert: weniger als 30 Stunden pro Woche.

Zusätzlich werden drei Arbeitsmarktindikatoren herausgezogen, die sich auf die subjektive Einschätzung der Personalentwicklung im Betrieb bzw. auf das eigene Arbeitsplatzrisiko erstrecken: — Personalentwickhmg des eigenen Betriebes in der Vergangenheit mit den Dimensionen: Neueinstellung, Entlassung, keine Veränderung. — Personalentwicklung des eigenen Betriebes in der Zukunft mit den gleichen Dimensionen.

— Persönliches Arbeitsplatzrisiko mit der Differenzierung: künftig gleich groß/größer und gleich gering/geringer. Erwartungsgemäß ergibt sich bei der Zusammenfügung dieser Indikatoren eine Graduierung zwischen dem Pol einer absoluten Arbeitsplatzsicherheit (Beamte) und dem einer extremen Arbeitsplatzgefährdung. Als Beispiel für extreme Arbeitsplatzgefährdung wären somit Arbeitnehmer im privaten Sektor zu nennen, die in einem Betrieb mit rückläufiger Personalentwicklung als Teilzeitkräfte beschäftigt sind und das Risiko, ihren eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, subjektiv hoch ansetzen.

Bei einer Ausdifferenzierung lassen sich aufgrund eines statistischen Verfahrens insgesamt sieben Typen voneinander unterscheiden: drei im Sicherheitsbereich (primärer Sektor) und . vier im Unsicherheitsbereich (sekundärer Sektor). Das Segment mit der höchsten Arbeitsplatzsicherheit (Ia) um-umfaßt Beamte, Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, die ihren Arbeitsplatz als sicher ansehen, sowie Vollzeitarbeitnehmer aus dem expandierenden Teil der Privatwirtschaft, die subjektiv von hoher Arbeitsplatzsicherheit ausgehen. Die beiden anderen Segmente im primären Sektor sind das sichere Vollzeit-und ein sicheres Teilzeit-Segment (Ib und Ic).

Das am stärksten besetzte Segment im Unsicherheitsbereich ist das extrem gefährdete Vollzeit-Segment (IIC). Hierin sind Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft vertreten, die in einem personalmäßig schrumpfenden Betrieb arbeiten und die für sich ein hohes persönliches Arbeitsplatzrisiko in Zukunft erwarten.

Wahlverhalten von Arbeitnehmern im Sicherheitsund Unsicherheitsbereich Legt man die Vorwahlbefragung von infas bei ca.

1 500 Wahlberechtigten zugrunde, so ergibt sich bei den darin enthaltenen ca. 730 abhängig Beschäftigten folgender Anteil in den einzelnen Arbeitsmarktsegmenten.' Im primären Arbeitsmarktsegment waren insgesamt 48 Prozent und im sekundären 52 Prozent der Arbeitnehmer vertreten. Hiermit ergibt sich ein fast identisches Verteilungsmuster, wie wir es auch bei einer großen Repräsentativbefragung bei über 3 400 Arbeitnehmern im Frühjahr 1986 gefunden haben. Innerhalb des Sicherheitsbereichs sind das Ia-und Iy-Segment fast gleich stark. Im Unsicherheitsbereich hat das „extrem gefährdete Vollzeit-Segment“ mit 29 Prozent den größten Anteil an allen sieben Arbeitsmarktsegmenten. Aber auch das Segment „Arbeitsplätze mit Unsicherheit“ hat mit einem Anteil von 15 Prozent quantitativ hohes Gewicht. Angesichts der unterschiedlichen Größen der einzelnen Sektoren lassen sich Aussagen hinsichtlich der politischen Orientierung nur über die Segmente Ia und Ib sowie II, und II, machen, da für die drei restlichen Segmente die Besetzungszahlen in der Vorwahlbefragung zu gering sind.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Im primären Arbeitsmarktsegment dominierte bei der Bundestagswahl 1987 eindeutig die Union, während im Unsicherheitsbereich die SPD die Vorherrschaft hatte. So gelang es der Union im konjunkturunabhängigen Segment, worin ein großer Anteil von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst repräsentiert ist, 44 Prozent der Arbeitnehmer zu binden; die FDP erreichte dort 14 Prozent. Der Regierungsblock erzielte somit 58 Prozent, während die beiden Bonner Oppositionsparteien auf 32 (SPD) und 10 Prozent (GRÜNE) kamen. Noch deutlicher war der Vorsprung von CDU/CSU-FDP im sicheren Vollzeit-Segment, einem Bereich, in dem ausschließlich Arbeitnehmer aus dem prosperierenden Teil der Privatwirtschaft zusammengefaßt sind, die ihren Arbeitsplatz als sicher ansehen. Hier mobilisierte die Union 59 und die FDP 6 Prozent. Jeder dritte Arbeitnehmer wählte in diesem Bereich SPD und nur zwei von hundert die GRÜNEN.

Es zeigen sich somit beträchtliche Unterschiede innerhalb des primären Arbeitsmarktsegments.

Während das Ia-Segment zwischen allen vier Parteien stark umkämpft ist (FDP und GRÜNE errei-chen hier zusammen fast ein Viertel der Stimmen), kann im ausschließlich privatwirtschaftlich konstituierten I-Segment die Union drei Fünftel der Stimmen auf sich vereinigen. Bei diesen Unterschieden spielt sicherlich auch die stärkere gewerkschaftliche Durchdringung im öffentlichen Dienst für das Segment Ia eine Rolle.

Der entgegengesetzte Trend zeigt sich dann, wenn die Arbeitsplätze latent bedroht sind. Sind die Arbeitsplätze mit extremer Unsicherheit verbunden (z. B. Vollzeit-Arbeitnehmer in einem Privat-betrieb, wo Personalentlassungen in der Vergangenheit stattgefunden haben oder in Zukunft zu erwarten sind), so dominierten bei der Bundestagswahl 1987 die Bonner Oppositionsparteien. Hier wählten drei Fünftel der Arbeitnehmer die SPD (60%) und jeder zehnte (9%) die GRÜNEN. Die beiden Regierungsparteien erreichten zusammen noch nicht einmal ein Drittel der Stimmen. Die Union kam auf 29 und die FDP auf 2 Prozent.

Leichte Verschiebungen zeigen sich demgegenüber im IIb-Segment, den Arbeitsplätzen mit Unsicherheiten. Hier mobilisierten die beiden kleineren Par-, teien stärker (FDP: 5%; GRÜNE: 12%) auf Kosten der Union, die dort nur 24 Prozent erreichte.

In welcher Weise modifizierte die Gewerkschaftsmitgliedschaft die Parteipräferenzen der Arbeitnehmer im Sicherheits-bzw. im Unsicherheits-Segment? Um dies zu ermitteln, haben wir einen Index der Parteipräferenzen SPD-Parteipräferenz minus CDU/CSU-Parteipräferenz gebildet. Ein positiver Wert steht somit für ein SPD-, ein negativer Wert für ein CDU/CSU-Übergewicht.

Für Gewerkschaftsmitglieder ergab sich in den beiden Bereichen des primären Segments ein unterschiedliches Ergebnis: Im konjunkturunabhängigen Bereich liegen SPD und CDU/CSU mit einem Indexwert von — 2 fast gleichauf bei einem leichten Vorsprung der Union, während im sicheren Voll-zeit-Segment der Privatwirtschaft die SPD die Union um 35 Punkte überrundet. Der Grund für die relative Schwäche der SPD gegenüber der Union im konjunkturunabhängigen Bereich liegt im starken Einfluß einer dritten Partei, den GRÜNEN, die unter Gewerkschaftsmitgliedern dieses Segments 12 Prozent mobilisieren können. Das heißt, es gab auch unter Beschäftigten im konjunkturunabhängigen Bereich mit Gewerkschaftsbindung eine Dominanz des Oppositionsblocks (53 %) über den Regierungsblock (47%).

Der Arbeitnehmerbereich, der 1987 eindeutig von der Union beherrscht wurde, läßt sich nun klarer ausmachen: Es waren die Arbeitnehmer im Sicherheitsbereich, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Im konjunkturunabhängigen Bereich (Ia) rangierte die Union hier mit 18 Prozentpunkten und im Ib-Segment mit 45 Prozentpunkten vor den Sozialdemokraten.

Der Gegenpol wurde durch jene Arbeitnehmer-gruppen repräsentiert, die mit unsicheren Arbeitsverhältnissen konfrontiert sind und die gleichzeitig einer Gewerkschaft angehören. Wessen Arbeitsplatz unsicher und wer zugleich Gewerkschaftsmitglied ist, sah seine Interessen überwiegend bei der SPD aufgehoben. Im entsprechenden Beschäftigtensegment kam die SPD auf mehr als 70 Punkte Vorsprung vor der Union, im extrem gefährdeten Vollzeit-Segment auf 60 Punkte. Hier lagen 1987 die SPD-Bastionen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang das Verhalten von Nicht-Organisierten im Unsicherheitsbereich: Auch hier konnte die SPD die Union bei der Bundestagswahl am 25. Januar distanzieren. Im IIb-und IIc-Segment lag die SPD jeweils 8 Prozentpunkte vor der Union. Dies bedeutet: Ökonomische Verunsicherung führte auch dann zu einer Annäherung an die SPD, wenn keine gewerkschaftliche Bindung vorliegt.

Die unterschiedliche Betroffenheit von Arbeitsmarktrisiken und deren politische Verarbeitung gibt somit einen wichtigen Hinweis auf die Gründe für das relativ gute Abschneiden der Union als Regierungspartei trotz anhaltender Massenarbeitslosigkeit. Die Arbeitnehmer auf gesicherten Arbeitsplätzen haben die für sie günstige Wirtschaftsentwicklung der christlich-liberalen Koalition honoriert. „Krise“ fand für diese Gruppe nur im „Fernsehen“ oder in der „Zeitung“ statt. Auch die massive Umverteilung zwischen Arbeitnehmer-einkommen und Kapitaleinkommen, die sich in der Reduktion der Lohnquote auf das Niveau von 1960 niederschlägt, ist stärker durch Reallohneinbußen bei Arbeitslosen und Arbeitnehmern im sekundären Bereich zu erklären, als durch Einbußen der Kernbelegschaften, die somit keinen Grund sahen, im Sinne einer Anti-Regierungshaltung als Reaktion auf Massenarbeitslosigkeit den beiden Regierungsparteien Vertrauen zu entziehen.

VII. Arbeitnehmer mit Neuer Technologie

Tabelle 7: Bundestagswahlabsicht in der Mittelschicht) Quelle: infas-Repräsentativerhebungen im Bundesgebiet ohne Berlin (West), 1976 bis 1987, jeweils das Quartal vor der Bundestagswahl, ca. 5 000 bis 6 000 Fälle, Random-Auswahl.

Eine andere wichtige Frage ist, wie sich die Technische Intelligenz bzw. Arbeitnehmer, die mit Neuer Technologie arbeiten, 1987 politisch orientiert haben. Möglicherweise bildet sich in diesen Gruppen die „Neue Facharbeiterschaft“ heraus, dies will heißen: eine neue Kernarbeitnehmerschaft in Produktion und Verwaltung. Im Vorfeld der Bundestagswahl vom 25. Januar 1987 lagen Union und SPD bei Arbeitnehmern, die mit Neuer Technologie umgehen, mit jeweils 43 Prozent gleichauf Die GRÜNEN erreichten fast jeden zehnten High-Tech-Arbeitnehmer (9%).

Unterschiedlich dazu das Muster bei Arbeitnehmern, die mit konventionellen Arbeitsmitteln umgehen. Hier hatte die SPD einen Vorsprung von 7 Prozentpunkten vor der CDU/CSU (46 : 39). Das heißt, die SPD bindet im Vergleich zur Union eher Arbeitnehmer an traditionell eingerichteten Arbeitsplätzen, die Union genießt mehr Vertrauen bei den modernen Arbeitnehmern.

Differenziert man die modernen Arbeitnehmer nach den alten Statuskriterien in Arbeiter und Angestellte, so zeigt sich ein bedeutsamer Unterschied zum Globalergebnis. Im Arbeiterbereich konnte die SPD zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigen, selbst wenn die Arbeiter mit neuer Technik umgehen. Bei der Gegengruppe, den „konventionellen“ Arbeitern, erreichten die Sozialdemokraten hingegen nur 58 Prozent. Dies bedeutet: Die „neue“ Facharbeiterelite, die CNC-, Meßwart- und Fertigungsanlagen-Arbeiter, steht in fester Bindung zur SPD. Innerhalb dieser Gruppe erreichte die Union am 25. Januar 1987 weniger als ein Drittel der Stimmen (31 %).

Angestellte, die mit Neuer Technologie umgehen, sind hingegen ein sehr viel mehr umkämpfter Wäh-lermarkt. Fast die Hälfte dieser Gruppe (47 %) präferierte die Union; die SPD kam hier auf 31 Prozent. Doch auch auf die beiden kleineren Parteien entfallen in diesem Wählersegment starke Sympathien: Die GRÜNEN erreichten 14 und die FDP 9 Prozent der Stimmen.

Der Umgang mit Neuer Technologie modulierte auch bei dieser Bundestagswahl wesentlich den traditionell SPD-affinen Einfluß gewerkschaftlicher Bindung auf das politische Verhalten. Gewerkschaftsmitglieder, die mit modernen Arbeitsmitteln arbeiten, präferierten zu 53 Prozent die SPD; unter Mitgliedern, die Arbeit an konventionellen Maschinen verrichten, waren es 67 Prozent. Die Union ist damit relativ stark bei denjenigen Gewerkschaftsmitgliedern verankert (39%), die mit Neuer Technologie umgehen. In der Gegengruppe — d. h. bei Arbeitnehmern, die konventionelle Arbeitsmittel bei ihrer Arbeit einsetzen — erreichte die Union (18%) weniger als jedes fünfte Gewerkschaftsmitglied. Dieses Resultat bestätigt die Beobachtung, die wir schon an anderer Stelle gemacht haben: Organisierung und Organisationsbereitschaft im Hinblick auf die Gewerkschaft sind unter modernen Arbeitnehmern weiter verbreitet, als dies bisher vermutet wurde. Aber diese Bindung an die Gewerkschaften scheint eher pragmatisch als ideologisch fundiert.

Zumindest schlägt sich die Organisierung dieser Arbeitnehmergruppen nicht automatisch auf die politische Haben-Seite für die Sozialdemokraten nieder

Zum Schluß möchten wir noch einen Blick auf das politische Verhalten jüngerer Arbeitnehmer werfen: Bei der Bundestagswahl 1987 konnte die Union bei den 18-bis 34jährigen, die mit Neuer Technologie umgehen, mit 40 : 39 einen hauchdünnen Vorsprung vor der SPD erreichen. Demgegenüber lag die SPD bei den jüngeren Arbeitnehmern an Arbeitsplätzen mit konventioneller Technologie klar vorn (45 : 33). Auf das Abschneiden von GRÜNEN und Liberalen hatte hier der Faktor technische Modernisierung keinen Einfluß. In beiden Gruppen erreichten die kleinen Parteien den gleichen Wert. Dennoch ist bemerkenswert: 15 Prozent der 18-bis 34jährigen Arbeitnehmer, die mit Neuer Technologie arbeiten, präferierten im Januar 1987 die GRÜNEN. Die älteren Arbeitnehmer, gleich mit welchen Arbeitsmitteln sie arbeiten, standen den GRÜNEN distanzierter gegenüber, insbesondere jedoch diejenigen, deren Arbeitsplätze konventionell ausgerüstet sind. Dort findet sich auch ein Vorsprung der SPD vor der Union (47% zu 44%), während sonst auch unter älteren Arbeitnehmern der Umgang mit Neuer Technik die Affinität zur Union fördert.

VIII. Das Gewicht der neuen Trennlinien

Schaubild 1

Die hier vorgestellten Ergebnisse liefern nur einen ersten Hinweis auf das politische Verhalten moderner Arbeitnehmer und bedürfen einer weiteren Vertiefung. Dennoch wird eines klar: Die alte Arbeitnehmerpartei SPD tut sich schwer mit den modernen Arbeitnehmern. Die Union tritt — gemessen an ihrer traditionell schwächeren Ver-ankerung in der Arbeitnehmerschaft — auf ungewohnt günstiges Terrain, Wie ein roter Faden ziehen sich SPD-Defizite in der Mobilisierung der modernen Arbeitnehmer durch die bisherige Analyse:

— Überproportionale Verluste in den großen Dienstleistungszentren, — überdurchschnittliche Einbußen bei kleinen und mittleren Angestellten, — mangelnde Repräsentanz in den Arbeitnehmer-gruppen des prosperierenden Teils der Wirtschaft, — Unterlegenheit gegenüber der Union bei den Angestellten im High-Tech-Bereich.

Die Spaltung des sozialdemokratischen Wähler-marktes hat somit nicht nur eine ideologische Linie („Materialismus“ versus „Postmaterialismus“), sondern auch eine objektive sozialstrukturelle Basis in „alten“ und „neuen“ gesellschaftlichen Scheidelinien Die Sozialdemokraten sind offenbar dem Tempo des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses bisher nicht gewachsen.

Anders die Union mit ihrem Blockpartner FDP: Für die CDU/CSU ist das Feld langfristig besser bestellt. Sie verfügt über:

— Gute Verankerung in der Mittelschicht, — hohe Anteile bei Arbeitnehmern im Kernbereich der Wirtschaft, — viel Vertrauen bei den High-Tech-Angestellten.

Die Union dürfte es daher leichter verkraften, wenn sich durch Modernisierungsprozesse der Gesellschaft die Bindungen ihrer Traditionswählerschaft — der ländlich-bäuerlichen Bevölkerung und der Katholiken — abschwächen, wie am 25. Januar 1987 zu beobachten war.

Mit Blick auf die beiden kleineren Parteien ist vor allem die Entwicklung bei den GRÜNEN bemerkenswert. Da ist zum einen die deutliche Pluralisierung ihrer sozialstrukturellen Wählerbasis und zum anderen ihre zunehmende Bedeutung für HighTech-Arbeitnehmer. Letzteres wird zweifelsohne nicht ohne Auswirkungen auf die Frage einer alternativen Steuerung von Einsatz und Anwendung Neuer Technologien bleiben.

So könnte als neuer gesellschaftlicher Cleavage in das Parteiensystem rückgekoppelt werden, was an politischen Konflikten mit der Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft einhergeht.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. dazu beispielhaft Russel J. Dalton, Wertwandel oder Wertwende. Die Neue Politik und Parteienpolarisierung, sowie Franz Urban Pappi, Das Wahlverhalten sozialer Gruppen bei Bundestagswahlen im Zeitvergleich, beide in: Hans-Dieter Klingemann/Max Kaase (Hrsg.), Wahlen und politischer Prozeß. Analysen aus Anlaß der Bundestagswahl 1983, Opladen 1986.

  2. Vgl. dazu, Hans-Joachim Veen, Auch Zufall hatte die Hand im Spiel, in: Rheinischer Merkur/Christ und Welt, Nr. 5 vom 30. Januar 1987, Sonderdruck.

  3. Die Bedeutung eigener Regionaltrends wird insbesondere herausgearbeitet in der Wahlanalyse von Dieter Oberndörfer/Gerd Mielke, In den Revieren des neuen Mittelstandes werden Wahlen entschieden, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. Februar 1987, S. 11.

  4. So auch die Forschungsgruppe Wahlen in ihrer Bundestagswahlanalyse 1987; vgl. hierzu DIE ZEIT vom 30. Januar 1987, S. 5.

  5. Vgl. hierzu infas, Politogramm Bundestagswahl 1987, Bonn-Bad Godesberg, S. 62— 68.

  6. Hierzu gab es 1983 eine Kontroverse zwischen infas und der Forschungsgruppe Wahlen, die SPD-Einbrüche hauptsächlich in den Mittelschichten lokalisierte. Vgl. hierzu Ursula Feist/Hubert Krieger/Pavel Uttitz, Das Wahlverhalten der Arbeiter bei der Bundestagswahl 1983, in: Gewerkschaftliche Monatshefte. (1983) 7, S. 414— 427, und Forschungsgruppe Wahlen, Bundestagswahl 1983. Eine Analyse der Wahl zum 10. Deutschen Bundestag am 6. März 1983, Bericht Nr. 32, Mannheim 1983.

  7. Ähnliche Trends weist auch die Wahlanalyse des Forschungsinstituts der Konrad-Adenauer-Stiftung auf. Vgl. hierzu Hans-Joachim Veen (Anm. 2).

  8. Eine erste infas-Analyse dieser Trends findet sich bei Hubert Krieger, Denkzettel für die Konservativen, in: Der Gewerkschafter, (1987) 2, S. 2— 3.

  9. Hierbei zeigen sich jedoch ausgeprägte regionale Trends. Vgl. hierzu die NRW-und Ruhrgebietsanalyse von infas bei Hubert Krieger, in: Die Einheit, Mitgliederzeitung der IG Bergbau und Energie, (1987) 5, S. 8.

  10. Die leichte Abweichung im Vergleich zu den Zahlen im „Gewerkschafter“ ist durch die unterschiedliche Bezugsbasis bestimmt. Dort wurden die Erwerbstätigen, hier die abhängig Beschäftigten zugrundegelegt (vgl. Anm. 8).

  11. Vgl. hierzu auch: infas, Gewerkschaften vor den Herausforderungen der neunziger Jahre, Bonn-Bad Godesberg 1987.

  12. Dazu kann man im übrigen auch die politischen Effekte aus der Erwerbstätigkeit von Frauen rechnen, insbesondere der jüngeren, hochqualifizierten. Diese modernen Frauen sympathisierten 1987 mehrheitlich für die Opposition (SPD: 40%; Grüne: 17%; Union: 35%; FDP: 8%).

Weitere Inhalte

Hubert Krieger, Dr. rer. pol., geb. 1951; Mitarbeiter der Abteilung Wahlforschung bei infas; vorher sechs Jahre tätig im Bereich der Arbeitsmarktforschung, darunter zwei Jahre am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Veröffentlichungen u. a.: Arbeitslosigkeit, Schulbuch für die Sekundarstufe II, Düsseldorf 1981; Das Arbeitsmarktverhalten von Arbeitslosen, Köln 1982. Ursula Feist, Diplom-Psychologin, Leiterin der Abteilung Wahlforschung bei infas. Veröffentlichungen: Analysen zu verschiedenen Bundestags-und Landtagswahlen, zum Wandel des Parteiensystems, zu Parteimitgliedern und Parteieliten, zum Einfluß des Fernsehens auf das Wahlverhalten in Konkurrenz mit der interpersonalen Kommunikation.