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Wie es 1939 zum Kriege kam | APuZ 35/1964 | bpb.de

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APuZ 35/1964 Der Zweite Weltkrieg Wie es 1939 zum Kriege kam Betrachtungen eines französischen Historikers über die Ursachen des Zweiten Weltkrieges Das „weltpolitische Dreieck Berlin -Rom -Tokio" und die Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges Eine tendenziöse Auffassung vom Ursprung des Zweiten Weltkrieges: David L. Hoggan Der Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 in der Sicht der sowjetischen Geschichtsschreibung Artikel 1

Wie es 1939 zum Kriege kam

John L. Snell

Die Beurteilung der Schritte, die zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges führten, war 1939 unterschiedlich und ist es fünfundzwanzig Jahre später noch immer. Mindestens sieben oder acht Erklärungen der Ursachen des Krieges sind vorgelegt worden

Zunächst wäre zu nennen, was man als das Verdikt des Sieges bezeichnen könnte, nämlich die Erklärung von Nürnberg. Diese Erklärung, die den Urteilsspruch des berühmten Gerichtshofes widerspiegelte, der die Nazi-Kriegsverbrecher in den Jahren 1945— 46 aburteilte, besagt, daß die Führung Deutschlands im Jahre 1939, im besonderen Adolf Hitler, allein verantwortlich war für die vorsätzliche Planung und Entfesselung des Zweiten Weltkrieges. Der Nürnberger Prozeß war eine der letzten einheitlichen Handlungen der „stränge allies" des Zweiten Weltkrieges. Der Kalte Krieg führte alsbald zu gegenseitigen Beschuldigungen, die sowohl die Gegenwart wie die Geschichte betrafen, und schon 1948 waren voneinander abweichende und sich widersprechende Erklärungen der Ursachen des Krieges von 1939 vernehmbar Ausgerüstet mit erbeuteten deutschen Dokumenten erinnerten sich 1948 westliche Historiker immer häufiger an den deutsch-sowjetischen Vertrag vom 23 August 1939 und kritisierten Josef Stalin wegen seiner Ermutigung der Hitlerischen Aggression. Damit wurde eine zweite Erklärung dargeboten und durch Dokumente gestützt. Inzwischen entwickelten in der Sowjetunion Publizisten und Historiker eine dieser zweiten durchaus zuwiderlaufende dritte Version, die behauptete. die Westmächte, nicht die UdSSR, hätten Hitlers Expansion vorsätzlich gefördert. Die Sowjetunion veröffentlichte ebenso wie der Westen Dokumente aus erbeuteten deutschen Archiven, um ihre Argumente zu untermauern. Einige westliche Gelehrte haben diese Version überzeugend gefunden Andere behaupteten zwar nicht, daß Großbritannien und Frankreich Hitler absichtlich gen Osten dräng-ten, wiesen aber darauf hin, daß sie die Annexion Österreichs und des Sudetenlandes durch Hitler stillschweigend billigten und es versäumten, 1939 unter den sowjetischen Bedingungen einen Pakt mit der UdSSR zu schließen. Dies wäre die vierte Ansicht über den Kriegsausbruch. Die Geschichtsschreibung der Nachkriegszeit hat einer fünften These wenig Beachtung geschenkt, die Hitler selbst dem deutschen Volke vorlegte, als er 1939 zum Kriege schritt: Polen habe durch die Unterdrückung seiner deutschen Minderheit und durch Grenzübergriffe Deutschland den Krieg aufgezwungen. Da sowohl die Vereinigten Staaten wie die Sowjetunion in der Nachkriegszeit um Italien warben, haben die Historiker eine sechste, in den Jahren 1939— 1940 oft gehörte These nicht weiter verfolgt, die Benito Mussolini und Italien eine erhebliche Verantwortung für den Kriegsausbruch aufbürdete. Die meisten Deutungen der Ursachen des Krieges von 1939 messen die Hauptverantwortung Nazi-Deutschland zu, während an zweiter Stelle in der Verantwortung eine andere Nation oder Gruppe von Nationen steht. Die deutschen Historiker selbst haben Deutschlands Hauptverantwortung anerkannt. 1962 hat jedoch ein hervorragender britischer Historiker, A. J P Taylor, die Diskussion über die Kriegsursachen durch ein Buch wiederbelebt, daß das Urteil von Nürnberg als unhistorisch zurückwies. Taylor argumentierte, daß Hitler sich in seinen Zielen nicht sehr von anderen Staatsmännern unterschied, daß er den Krieg von 1939 nicht geplant hatte und daß der Konflikt infolge einer Reihe von Fehlern ausbrach. Ferner behauptete Taylor, daß die Fehler hauptsächlich der britischen Führung anzulasten sind. Dieser siebenten Deutung wurde 1961 eine achte hinzugefügt, als ein deutscher neonazistischer Verleger das umfangreiche Buch eines amerikanischen „Historikers", David L. Hoggan, druckte, das den polemisierenden Titel „Der erzwungene Krieg“ trug. Hoggan behauptete, daß der Krieg nicht das Ergebnis von britischen Fehlern war, sondern daß der britische Außenminister Lord Halifax ihn vorsätzlich angezettelt und Hitler aufgezwungen habe. Halifx'„Kriegspolitik" habe den . heimlichen Segen Roosevelts und Stalins“ gehabt.

Eine Einführung in die verschiedenartigen Deutungen eines bedeutenden historischen Ereignisses ist ein gutes Mittel, um Studenten oder die Öffentlichkeit zu verwirren und sie so dazu zu bringen, sich mit diesem Ereignis näher zu beschäftigen. Es ist ein gutes Mittel, sie zum Denken zu zwingen. Man darf aber nicht zulassen, daß Studenten oder die Öffentlichkeit lediglich verwirrt bleiben; sie dürfen keineswegs in dem Glauben belassen werden, eine Deutung sei so gut wie die andere. Sie sollten dazu gebracht werden, d gesamte Quellenmaterial zu diesem Ereignis sorgfältig zu prüfen und sich kritisch mit dem Verhältnis von Quellen und unterschiedlichen Deutungen auseinanderzusetzen. Jeder objektive Versuch, die Ursachen des Krieges von 1939 zu erklären, muß mit einer Sachfrage beginnen: mit der Situation, in die Europa als Folge des Ersten Weltkrieges und der anschließenden Friedensregelung geraten war Zwei Tatbestände sind in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung, und man muß sie bei dem Versuch einer Erklärung des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges in Betracht ziehen:

Tatbestand I: Die Friedensregelung führte zu einem unstabilen Kräftegleichgewicht in Europa, das durch seine Künstlichkeit eine Ubergangslösung zu sein bestimmt war. Die Macht Amerikas ermöglichte den Sieg der Westmächte im Kriege und die weitere Schwächung Deutschlands bei der Friedensregelung in Paris. Danach zog sich die amerikanische Macht abrupt aus Europa zurück. Die Schwäche sowohl Deutschlands wie auch Sowjetrußlands war nur eine zeitweilige. Als sich beide erholten und stärker wurden, wurde es wahrscheinlich, daß sie sich gegen die Regelung von 1919 wenden und dabei Erfolg haben würden. Tatbestand II: Der Krieg und die Friedensschlüsse schufen in Ostmitteleuropa eine Anzahl kleiner Staaten, die 1914 noch nicht existiert hatten. Sie waren wirtschaftlich schwach und besaßen nicht die Kraft, nach 1933 dem wachsenden Druck Nazi-Deutschlands und Sowjetrußlands ohne westliche militärische Unterstützung zu widerstehen. Obgleich der Westen viel dazu getan hatte, diese Staaten 1918/19 ins Leben zu rufen, war er nicht gewillt zu kämpfen, um irgendeinen von ihnen zu retten, jedenfalls nicht vor dem 1. September 1939 (noch auch, im übrigen, nach 1945). Von Finnland, Estland, Lettland, Litauen und der Freien Stadt Danzig im Norden über Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn und Österreich in der Mitte bis nach Jugoslawien, dem vergrößerten Rumänien und Griechenland im Süden stellten diese schwer ringenden Staaten ein Machtvakuum dar, in das zuerst Nazi-Deutschland und das faschistische Italien und später — nach 1944 — die UdSSR hin-einstoßen konnten.

Diese beiden deutlich sichtbaren Ergebnisse des Ersten Weltkrieges — die Künstlichkeit der deutschen und sowjetischen Schwäche und das ostmitteleuropäische Machtvakuum — machten den Zweiten Weltkrieg zwar nicht unvermeidlich, ließen ihn jedoch möglich werden oder vergrößerten sogar die Wahrscheinlichkeit des Krieges. Hitlers Vorstellung von der Welt, seine ehrgeizigen Ziele und seine Macht, die Richtung der deutschen Außenpolitik allein zu bestimmen, stehen im Mittelpunkt jeder objektiven Erklärung der Ursachen des Zweiten Weltkrieges.

In seiner vulgär-darwinistischen Sicht der Welt war Adolf Hitler das Opfer unsinniger Vorstellungen. Die erste war, daß jede Nation wählen müsse zwischen Niedergang und Tod einerseits und territorialer Ausdehnung andererseits. Er sah den Kampf um „Lebensraum“ zwischen den Nationen nicht nur als unvermeidlich, sondern als Quelle des Fortschritts an. Die Revision des Versailler Vertrages und die Zusammenführung aller Deutschen in einem Staat waren für ihn nur ein Mittel zu einem umfassenderen Ziel: der territorialen Ausdehnung Deutschlands nach Osten. Eine zweite verhängnisvolle Illusion war sein Glaube, Großbritannien würde nicht kämpfen, um die deutsche Vorherrschaft über Europa zu verhindern.

Die Verwandtschaft zwischen Hitlers Theorien und seiner tatsächlichen Außenpolitik wird offentsichtlich, wenn wir uns mit den wichtigsten Einzelheiten der Krise von 1939 befassen. Eine solche Untersuchung sollte auch ganz klar zeigen, was den Krieg im Jahre 1939 verursachte.

Entsprechend seiner Selbsttäuschung hinsichtlich Großbritanniens stieß Hitler im März 1939 über die im Münchener Abkommen festgelegte Grenze in das Herz der Tschechoslowakei vor. Die strategischen Folgerungen aus Hitlers Griff nach Prag waren für Beobachter der neuen Karte Europas deutlich sichtbar; Polen war jetzt von Deutschland in die Zange genommen, die eine —alte — Backe dieser Zange lag an seiner Westgrenze, die andere — neue — umklammerte seine Südgrenze (die Slowakei hatte im März 1939 Deutschland das Recht eingeräumt, auf seinem Gebiet Truppen zu unterhalten). Eine nervöse Zuckung Hitlers, und die Zange zerbrach Polen.

Der britische Premierminister Neville Chamberlain hatte jetzt seine Illusion über Hitler verloren. Das im Augenblick wichtigste Problem für Großbritannien und Chamberlain war die Rettung Polens; letzten Endes war es jedoch viel wichtiger, Hitler-Deutschland im Zaum zu halten. Am 30. März gab Chamberlain in einem eigenhändig geschriebenen Jrief Polen das Versprechen: Sollte die polnische Unabhängigkeit in irgendeiner Weise bedroht werden und die Polen sich gezwungen sehen, militärischen Widerstand zu leisten, so würden die britische und französische Regierung „ihnen jede Unterstützung gewähren, die in ihrer Macht steht“. Polen hatte die britische Garantie nötiger, als Chamberlain annahm. Im Oktober 1938 hatte Hitlers Außenminister, Joachim von Ribbentrop, dem polnischen Botschafter in Berlin zu verstehen gegeben, Deutschland wünsche die Rückgliederung der Freien Stadt Danzig, die für Polen als Hafen notwendig war, und den Bau einer exterritorialen Autobahn und Eisenbahnverbindung durch das polnische Gebiet, das sich zwischen Ostpreußen und dem übrigen Deutschland erstreckte. Am 24. November hatte Hitler der Wehrmacht befohlen, Vorbereitungen für eine überraschende Besetzung Danzigs zu treffen. Dann hatte Hitler eine Zeitlang ver cht, die polnische Einwilligung ohne Gewaltanwendung zu erlangen Noch am 25. März 1939 hatte er voller Optimismus seinen Jeneralen verkündet, er wolle das Danzig-Problem nach Möglichkeit mit friedlichen Mitteln losen. Nach Chamberlains Garantie für Polen aber war es gewiß, daß Warschau sich bloßem diplomatischen Druck nicht fügen würde. Zwischen März und dem 31 August 1939 weigerten sich Hitler und Ribbentrop, den polnischen Botschafter zu empfangen, obgleich dieser verschiedene Versuche unternahm, die abgerissene Verbindung neu zu knüpfen. Hitler wollte nicht reden, außer die Polen wären zur Kapitulation bereit, und möglicherweise nicht einmal dann Am 3 April erhielt die Wehrmacht eine neue Weisung Hitlers-Es waren Vorbereitungen für einen Feldzug gegen Polen zu treffen, so daß die Operation jederzeit vom 1. September 1939 an durchgeführt werden konnte Zwischen Anfang April und dem 1. September bestimmte die von Hitler vorsätzlich ausgelöste polnische Krise die Diplomatie des Erdballs.

Im April brachte Hitler als zusätzliche diplomatische Trumpfkarte seine Beziehungen zu Mussolini ins Spiel. Als Italien am 7. April 1939 in Albanien einfiel, überzeugte die feindselige Reaktion Großbritanniens und Frankreichs — die Rumänien und Griechenland eine Garantie gaben — Mussolini davon, daß ein Pakt mit Berlin wünschenswert sei. Ein in Berlin niedergelegter Vertragsentwurf wurde am 12. Mai an Mussolini mit dem Vorschlag gesandt, daß die Unterzeichnung zwischen dem 21. und 24 Mai stattfinden sollte. Dies war kein Verteidigungspakt; er sollte Gültigkeit haben, gleichviel ob einer der Partne durch den Angriff einer dritten Macht ode durch eigene Angriffshandlungen n „kri rische Verwicklungen . . . geriet". Mussolini nannte ihn den „Stahlpakt“. Am 22. Mai wurde er untei großem Gepränge in Berlin unterzeichnet Am nächsten Tage bekräftigte Hitler in einer Besprechung mit hohen Militärbefehlshabern seinen Entschluß, Polen anzugreifen.

Er gab zu, daß Danzig nur ein Vorwand war;

der wirkliche Grund sei, mehr Lebensraum für Deutschland zu gewinnen. Man könne keine Wiederholung der Tschechen-Affäre erwarten. warnte er Polen würde bei der ersten sich bietenden Gelegenheit angegriffen werden Am 14 Juni setzte Hitler den Stichtag für den Abschluß der militärischen Vorbereitungen auf den 20. August fest.

Nach allgemeiner Auffassung konnte sich Hitler auf den italienischen Beistand verlassen, falls es zum Kriege käme. Auf wen konnten Großbritannien und Frankreich rechnen, um Polen zu retten und gleichzeitig den Krieg zu vermeiden? Im Frühjahr 1939 wandte sich Chamberlain zögernd und voller böser Ahnungen an Moskau In den folgenden langen Verhandlungen versicherte der Kreml seine Bereitwilligkeit, einen Pakt mit Großbritannien und Frankreich zu unterzeichnen, jedoch nur unter der Bedingung, daß Sowjettruppen im Falle eines Krieges in Polen einmarschieren konnten Moskau verlangte darüber hinaus, daß die polnische Regierung freiwillig ihr Einverständnis mit dieser Klausel geben sollte Voller Furcht vor den sowjetischen Absichten verweigerte Warschau die Zustimmung, und London und Paris übten zwischen Mai und Juli keinen Druck aus, um Polen gefügig zu machen.

Unterdessen hatte Stalin seit März Berlin gegenüber die Möglichkeit einer Annäherung zwischen der Sowjetunion und Nazi-Deutschland angedeutet.

Während seines ganzen politischen Wirkens hatte Hitler die Notwendigkeit eines Kreuzzuges gegen den Kommunismus gepredigt. Im Jahre 1935 hatte er als Antwort auf britische Vorschläge eines Nichtangriffspaktes zwischen allen Mächten Mittel-und Osteuropas rund-heraus erklärt, eine Zusammenarbeit zwischen Nationalsozialismus und Bolschewismus stünde völlig außer Frage. Beim Abschluß des Anti-Kominternpaktes mit Japan 1936 hatte Hitler gelobt, daß Deutschland keine politischen Verträge mit der UdSSR schließen würde. Sogar 1939 war Berlins erste Reaktion auf Moskaus Andeutungen einer möglichen Zusammenarbeit vorsichtig. Als aber der Widerstand der Westmächte und Polens gegen seine Forderungen anhielt, sogar noch nachdem der Stahlpakt unterzeichnet war, begann Hitler mit beträchtlichem Eifer um Stalin zu werben. Am 26. Juli gab Berlin Moskau zu verstehen, daß es zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer keine Probleme gebe, die zu einem Konflikt zwischen Deutschland und Rußland führen müßten und daß ferner beide Länder gemeinsam im Gegensatz zu den kapitalistischen Demokratien Westeuropas stünden.

Am 12. August, zwölf Tage nachdem eine englisch-französische Militärmission in Moskau angekommen war, um über ein westliches Abkommen mit der UdSSR zu verhandeln, unterrichtete der Kreml Berlin, daß er bereit wäre, politische Probleme mit Deutschland zu erörtern. Die Sowjets betrieben ihr Doppelspiel voller Eifer. Am 14. August teilten sie der englisch-französischen Militärmission ohne Umschweife mit, die »erste Bedingung" für eine sowjetische militärische Zusammenarbeit mit England und Frankreich sei eine Erklärung Polens an Moskau, daß es bereit sei, der Roten Armee im Kriegsfälle den Einmarsch in polnisches Gebiet zu gestatten. Der polnische Außenminister Josef Beck weigerte sich nach wie vor, obgleich London und Paris ihn jetzt drängten, nachzugeben. Becks Stolz war ebenso unerschütterlich wie seine Furcht vor den Russen. Am 20. August machte er seine letzte Konzession: Die englisch-französische Mission könnte den Einmarsch sowjetischer Truppen inPolen zugestehen, »als ob die Frage nicht an Polen gestellt worden wäre."

Unterdessen war Berlin die Geduld ausgegangen; Hitlers Stichtag für den Abschluß der militärischen Vorbereitungen rückte immer näher. Am 15. August wurde Molotow gebeten, einer Reise Ribbentrops nach Moskau zu Verhandlungen zuzustimmen. Als Molotow sich erkundigte, ob Berlin eine gemeinsame deutsch-sowjetische Garantie für die baltischen Staaten in Erwägung ziehen würde, gab Ribbentrop sein Einverständnis hierzu und schlug gleichzeitig einen auf 25 Jahre befristeten Nichtangriffspakt vor. Ribbentrop unterstrich auch die Notwendigkeit einer möglichst raschen Übereinkunft: Deutschlands Geduld angesichts der »polnischen Provokationen" sei nahezu zu Ende, warnte er, „ernsthafte Zwischenfälle* könnten sich jeden Augenblick ereignen.

Obwohl am 18. August ein deutsch-sowjetischer Handelsvertrag unterzeichnet worden war, war Hitler das sowjetische Vorgehen noch zu langsam. Am 20. August richtete er eine Botschaft direkt an Stalin. Die Spannungen mit Polen seien „unerträglich“ geworden, sagte er; Ribbentrop solle am 22. oder 23. August in Moskau empfangen werden, um einen Nichtangriffspakt und ein geheimes Zusatzabkommen zu unterzeichnen. Stalin war sofort einverstanden, daß Ribbentrop in zwei Tagen ankommen sollte. Die englisch-französische Mission wurde daher abgewiesen, als sie am 22. August die Ermächtigung zur Unterzeichnung eines Militärabkommens mit der UdSSR erhalten hatte. Klementi Woroschilow, der die Verhandlungen mit den Westmächten führte, kündigte an, er gehe auf die Entenjagd. An diesem Abend verlautbarte die Sowjetpresse, daß Deutschland und die UdSSR einen Nichtangriffspakt unterzeichnen würden.

Der deutsch-sowjetische Vertrag vom 23. August 1939 wurde nach Ribbentrops Ankunft in Moskau rasch mit Molotow und Stalin ausgehandelt und in den frühen Morgenstunden des 24. August unterzeichnet. Ein geheimes Zusatz-protokoll sah für den Fall irgendwelcher politisch-territorialer Veränderungen vor, daß Ostpolen, Estland, Lettland, Finnland und Bessarabien als sowjetische Einflußsphäre betrachtet werden, Litauen und das westliche Polen dagegen in die deutsche Interessen-sphäre fallen sollten. Rundheraus gesagt, bedeutete das Abkommen die Vorbereitung der vierten Teilung Polens — eine Neuauflage rund 150 Jahre nach den drei Teilungen des 18. Jahrhunderts.

Nachdem Stalin noch bis zum 14. August darauf bestanden hatte, daß vor Abschluß eines Vertrages mit Großbritannien und Frankreich die polnische Zustimmung eilj-hc’t werden müßte, hatte er in der Nacht des 23. August bei seinen Abmachungen mit 2‘uzi-Deutschland keine derartigen Bedingungen gestellt. Der deutsch-sowjetische Vertrag besiegelte das Schicksal Polens und machte den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zur Gewißheit. Späterhin versuchte die sowjetische Propaganda Stalins Schritt zu rechtfertigen, indem sie behauptete: 1. daß Großbritannien und Frankreich lediglich darauf aus waren, Deutschland und die Sowjetunion in einen Krieg gegeneinander zu stürzen, in dem sie eine Zuschauerrolle einnehmen wollten; 2. daß der Vertrag zur Sicherung des Friedens dienen sollte; 3. daß die Sowjetunion keine andere Wahl hatte, als ihn zu unterzeichnen; daß Stalin durch diesen Pakt zwei Jahre gewonnen hatte, während derer die Sowjetunion sich auf Hitlers Angriff vorbereiten konnte. Gleichzeitig habe er sich durch die territoriale Vergrößerung ein Glacis verschafft, in dem später Widerstand geleistet werden konnte. Unterzieht man diese Argumente einer kritischen Prüfung, so wird deutlich, daß keines von ihnen als Rechtfertigung für Stalins Entscheidung dienen kann. 1. Als Großbritannien und Frankreich am 3. September Deutschland den Krieg erklärten, widerlegten sie die sowjetische Behauptung, daß sie Hitler nach Osten gegen die UdSSR drängen wollten. 2. Stalin wußte, daß der Pakt nicht der Sicherung des Friedens dienen sollte, denn er war sich vollkommen klar darüber, weshalb Hitler es so eilig mit dem Abschluß hatte. 3. Die dritte sowjetische Behauptung ist von vielen westlichen Autoren, einschließlich A. J. P. Taylors, akzeptiert worden. „Gleichgültig, wie man den Kristall hält und versucht, vom Standpunkt des 23. August 1939 aus in die Zukunft zu schauen", schrieb Taylor, „es ist schwer zu erkennen, welche andere Möglichkeit Sowjetrußland hätte verfolgen können." 4) Tatsächlich ist es sehr einfach, zwei andere Möglichkeiten zu sehen, die dem Frieden dienlicher gewesen wären. Seit dem Frühjahr 1939 hätte Stalin jederzeit ein Abkommen mit Großbritannien und Frankreich haben können, das die Integrität sowohl der UdSSR wie Polens garantiert hätte, wenn er nicht Bedingungen gestellt hätte, denen sich die Polen widersetzten. Ein solches Abkommen hätte Hitler höchstwahrscheinlich 1939 vor einem Angriff auf Polen zurückschrecken lassen. Wenn Stalin keinen Pakt zu den westlichen Bedingungen abzuschließen bereit, aber aufrichtig an der Bewahrung des Friedens und des Status quo interessiert war, hatte er eine andere Wahl: er hätte sich weigern können, sowohl mit der einen wie mit der anderen Seite einen Pakt zu schließen. Möglicherweise hätte Hitler angesichts des starken englisch-französischen Drucks Polen am 1. September 1939 nicht angegriffen. 4. Das Argument, daß die UdSSR durch die Abmachungen mit Berlin Zeit gewann sowie Raum, in dem die erste Wucht des Angriffs aufgefangen werden konnte, setzt voraus, daß Hitler-Deutschland untätig blieb, während Stalins Rußland die Waffen schmiedete, um den Feind zu vernichten. Aber Deutschland blieb nicht untätig. Als Hitler sich 1941 zum Angriff auf Rußland anschickte, hatte sich die deutsche Rüstungsproduktion gegenüber 1939 verdreifacht Die Produktion der Sowjets hatte sich in keinerlei vergleichbarem Maße erhöht. In den letzten Jahren haben sogar sowjetische Historiker die Stalinsche Behauptung, die UdSSR sei 1941 auf den Krieg wohl vorbereitet gewesen, als Legende enthüllt Schließlich stellte sich heraus, daß der 1939 eingehandelte Raum von geringem Nutzen war; Hitlers Panzer durch-stießen ihn 1941 in wenigen Tagen.

So erweisen sich die sowjetischen Argumente bei kritischer Untersuchung eines nach dem anderen als nicht stichhaltig. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß Stalin 1939 nicht doch von der Richtigkeit des einen oder anderen überzeugt gewesen wäre, wie trügerisch sie auch immer waren. Aber selbst wenn Stalin eingesehen hätte, wie hohl sie alle waren, ist es sehr wahrscheinlich, daß er doch zu einer Vereinbarung mit Hitler gelangt wäre, da für seinen Handel mit Berlin zwei andere Motive denkbar waren. Erstens mochte Stalin mit dem Abkommen das kühl berechnende Ziel verfolgt haben, Hitler gegen die Westmächte zu hetzen, um damit zu erreichen, was in der kommunistischen Theorie als unvermeidlich vorausgesagt wurde: ein Krieg zwischen den kapitalistischen Staaten, aus dem allein die UdSSR Nutzen ziehen konnte. Von dem kommunistischen Dogma, daß ein gegenseitiger Vernichtungskrieg der Kapitalisten unvermeidlich war, war es 1939 nur ein Schritt bis zu dem Ereignis des 23. August, das den Krieg zur Gewißheit machte. Und wenn ein derartiges ideologisches Motiv bei Stalin nicht den Ausschlag gab, blieb ein anderer Grund, so zu handeln, wie er es am 23. August tat: durch die Abmachung mit Hitler waren Gewinne ohne irgendeinen Preis zu erzielen. Stalin war nicht im unklaren darüber gelSsen worden, daß der Westen ihm nicht die Herrschaft über die baltischen Staaten, Ostpolen und Bessarabien zugestehen wollte. Hitler wollte sie zugestehen. Wahrscheinlich waren also entweder langfristige Ziele des Kommunismus oder die Aussicht auf sofortige territoriale Gewinne dafür maßgebend, daß Stalin 1939 dem Angriffskrieg grünes Licht gab.

Um von Stalin den „Blankoscheck“ zu erhalten — der in seinen Folgen nur dem Blankoscheck vergleichbar war, den das Deutsche Reich 1914 Österreich gab —, nahm Hitler, der lautstärkste Antikommunist in Europa, in Kauf, als Erfüllungsgehilfe für die kommunistische Prophetie benutzt zu werden. Für den armseligen Gewinn in Polen öffnete er der sowjetkommunistischen Flut die Tore Ostmitteleuropas. Hitler hoffte, daß Großbritannien, Frankreich und Polen sich friedlich seinen Forderungen unterwerfen würden, sobald der Pakt mit Stalin abgeschlossen war, und der Friede mit Großbritannien galt ihm nach wie vor als erstrebenswerter Preis. „Nun ist die Wahrscheinlichkeit groß", sagte er am 22. August vor seinen Generalen, „daß der Westen nicht intervenieren wird." Aber friedlich oder nicht, er war entschlossen, seinen Willen zu haben, und zwar sofort. Am nächsten Tag wurde der Angriffsbeginn auf den 26. August festgesetzt. Als der französische Außenminister Edouard Daladier von dem deutsch-sowjetischen Vertrag erfuhr, bemerkte er in privatem Kreise, daß dieser die französische Lage nahezu hoffnungslos mache. Die Franzosen sähen sich nun der ganzen deutschen Macht gegenüber, denn Polen könnte nicht länger als zwei Monate aushalten und Großbritannien würde zwei Jahre für seine Rüstung brauchen. Daher appellierte Daladier am 26. August an Hitler, über eine Regelung der strittigen Fragen zu verhandeln; er stand jedoch zu der französischen Garantie für Polen.

Chamberlain erfuhr am 22. August von dem Vertrag zwischen Nazis und Sowjets. Während der folgenden Tage der Krise war die Position, die er einnahm, härter als die Frankreichs. Sofort am 22. August sandte er eine persönliche Botschaft an Hitler, die für einen Staatsmann mit normaler Mentalität hätte unzweideutig genug sein müssen: „Es ist behauptet worden, daß die große Katastrophe vermieden worden wäre, wenn Seiner Majestät Regierung ihren Standpunkt im Jahre 1914 klar dargelegt hätte. Unabhängig davon, ob dieser Behauptung Bedeutung zuzumessen ist oder nicht, ist Seiner Majestät Regierung entschlossen, dafür zu sorgen, daß im vorliegenden Falle kein solch tragisches Mißverständnis entsteht. ... Es ist unmöglich, das Ende einmal begonnener Feindseligkeiten abzusehen. Es wäre ein gefährlicher Irrtum, anzunehmen, ein einmal beg-nnener Krie würde in kurzer Zeit zu Ende gehen ..." Chamberlain wies ausdrücklich darauf hin, daß der deutsch-sowjetische Vertrag die gegenüber Polen eingegangene Verpflichtung Großbritanniens in keiner Weise einschränken würde. Er warnte Hitler, daß „ein Krieg zwischen unseren beiden Völkern das größte Unglück sein würde, das sich ereignen könnte". Chamberlain seine Absichten auch aller machte in Öffentlichkeit bekannt: Ein formeller englisch-polnischer Beistandspakt wurde am 25. August in London unterzeichnet.

Am 25. August erhielt Hitler noch eine andere Warnung. Am Abend überbrachte der italienische Botschafter eine Botschaft Mussolinis: Italien könne nicht „die Initiative zu militärischen Operationen ergreifen", wenn es zum Krieg käme, außer Deutschland würde . unmittelbar Kriegsmaterial und Rohstoffe liefern", die Italien benötige. Die Liste wurde in Rom sorgfältig zusammengestellt, um Mussolini als Vorwand zu dienen. Sein Schwiegersohn und Außenminister, Graf Ciano, notierte in sein Tagebuch, daß die italienische Bedarfs-liste so umfangreich war, „daß sie geeignet gewesen wäre, einen Stier zu erschlagen, falls er hätte lesen können."

Hitler war äußerst betroffen über diese Reaktion seitens Italiens und Großbritanniens. Er widerrief den der Wehrmacht gegebenen Befehl zum Angriff am 26. August; er brauche, wie er sagte, „Zeit für Verhandlungen". Schon am 25. August hatte er versucht, Frankreich von Polen zu trennen, indem er dem französischen Botschafter versicherte, daß er keine Ansprüche auf Elsaß-Lothringen habe. Am Mittag desselben Tages versuchte er, auch Chamberlain zu umgarnen und ihm einen Kaufpreis anzubieten: Wie zuvor offerierte er die englisch-deutsche Freundschaft; er würde die Unversehrtheit des britischen Empire garantieren; als Gegenleistung sollte Großbritannien ihm freie Hand gegen Polen lassen. Die britische Antwort kam am 28. August. Eine friedliche Regelung des deutsch-polnischen Konfliktes sei die unerläßliche Voraussetzung für eine englisch-deutsche Verständigung; Deutschland solle direkte Verhandlungen mit Polen aufnehmen.

In den folgenden Tagen setzte Hitler seine Versuche fort, Großbritannien dazu zu bringen, Polen im Stich zu lassen. Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob er auch für den Fall zum Kriege entschlossen war, daß Polen seine öffentlich verkündeten Forderungen annahm. Die Beweise deuten darauf hin, daß er es war, daß seine Forderungen nur ein propagandistischer Vorwand für den Krieg waren; überdies liefen Hitlers öffentlich erhobene Forderungen jetzt auf die Annektion des Korridors und Danzigs hinaus. Am 24. August teilte Hitler den Briten mit, daß er verhandeln würde, wenn ein polnischer Unterhändler, versehen mit der Vollmacht, ein Abkommen zu schließen, am folgenden Tag einträfe. Großbritannien protestrierte, daß die Zeit zu kurz sei. Um Mitternacht des 30. August erbot sich der britische Botschafter, die deutschen Forderungen nach Warschau weiterzuleiten; ihm wurde gesagt, daß weitere Bemühungen in dieser Hinsicht zwecklos seien, weil der polnische Unterhändler nicht zu dem geforderten Termin eingetroffen war. Ribbentrop las die Bedingungen vor, unter denen Deutschland zu einem Abkommen bereit gewesen wäre, falls, wie er sagte, der polnische Unterhändler eingetroffen wäre; er wies aber ausdrücklich darauf hin, daß sie nicht länger gültig waren. Als am nächsten Tag, dem 31. August, der polnische Botschafter in der ersten Unterredung, die ihm seit dem 27. März gewährt worden war, erklärte, daß Polen zu Verhandlungen bereit war, schnitt ihm Ribbentrop das Wort ab, da er nicht mit der Vollmacht zur sofortigen Unterzeichnung eines Abkommens gekommen war. An diesem selben Tage ratifizierte der Oberste Sowjet den deutsch-sowjetischen Vertrag. Hitler befahl den Angriff für den Morgen des folgenden Tages. Am 1. September 1939 um 4. 45 Uhr brachen die Panzerdivisionen der Wehrmacht in Polen ein. Mit einiger Verspätung, am 3. September, erklärten Großbritannien und Frankreich Deutschland den Krieg, nachdem sie gehofft hatten, Hitler könne dazu überredet werden, seine Truppen aus Polen zurückzuziehen. Vierzehn Tage später griff die Rote Armee ein, indem sie Polen den Gnadenstoß gab. Der Zweite Weltkrieg war im Gange.

Sieben Jahre später prüfte der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg Tonnen von Dokumenten, verhörte zahlreiche Teilnehmer und kam in dem Urteil über die Naziführer zu dem Schluß, daß der Krieg, der am 1. September 1939 von Deutschland gegen Polen begonnen wurde, ganz offensichtlich ein Angriffskrieg gewesen sei.

Das Urteil von Nürnberg sagte nicht die ganze historische Wahrheit, wenn es ausschließlich Deutschland die Schuld gab. Mussolini ließ zwar Hitler im entscheidenden Augenblick im Stich, aber von Mai bis weit in den August 1939 war er in den Augen der Welt der Komplice des Führers bei dem Verbrechen gegen den Frieden. Diejenigen Historiker, die sich nicht auf die Ereignisse des Jahres 1939 beschränken, werden sicherlich der britischen und französischen Appeasement-Politik ein gewisses Ausmaß an Schuld an Hitlers Dreistigkeit in der polnischen Krise beimessen. Die Versäumnisse der Vereinigten Staaten erscheinen ebenfalls in dem breiten Panorama der historischen Verantwortung; Roosevelt gewährte jenen in Großbritannien und Frankreich, die in den dreißiger Jahren Hitler gegenüber fest bleiben wollten, höchst ungenügende Unterstützung.

Auch wenn man das alles zugesteht, bleibt die Tatsache, daß es in der Krise von 1939 außer Mussolini (der, wie wir gesehen haben, im August kaum von Nutzen war) nur einen Komplicen bei Hitlers Verbrechen gegen den Frieden gab Hitler hätte den Zweiten " eltkrieg kaum angezettelt — jedenfalls nicht am 1. September 1939 gegen —, wenn Polen Stalin ihn dabei nicht unterstützt hätte. Mit Stalin als Partner fühlte sich stark er genug, loszuschlagen, sogar als er Kenntnis davon erhielt, daß sein Komplice in Rom nicht mitmachen wollte, sogar als er gewarnt wurde, daß Großbritannien und Frankreich kämpfen würden. In der Verantwortung für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges steht Stalin nur Hitler nach.

Aber Hitler trägt unter allen Umständen die Hauptverantwortung. Er selbst schob in seinen Ansprachen an das deutsche Volk den Polen die Schuld zu. Noch bei der Abfassung seines „Politischen Testaments* am 29. April 1945, als er am Ende seines Weges in die Zerstörung angelangt war, entschuldigte er sich. 1961 schließlich wurde Hitlers Selbstrechtfertigung durch Hoggar wiederaufgenommen, und Taylor erklärte, daß Hitler nur rd. eine Reihe von Fehlern in den Krieg geraten war. Sicher war seine Vorstellung, daß Großbritannien nicht eingreifen würde, ein Fehler, und es gab auch noch einige andere. Aber der Blitzkrieg gegen Polen voraus fest war im -gesetzt, und er war Teil eines größeren Planes.

Man sollte Hitlers letzte Direktive von 1945 lesen, wenn man den Anteil von Fehlern und von vorbedachter Planung an Hitlers Krieg abwägt. Der Führer sandte diese Direktive aus dem Bunker der Reichskanzlei an General-feldmarschall Wilhelm Keitel, als die Rote Armee schon ganz nahe war, am 30. April 1945, dem Tage, da er sich erschoß. Sie lautete: „Es muß das Ziel bleiben, für das deutsche Volk Land im Osten zu erringen.“

Fussnoten

Fußnoten

  1. Verschiedene Deutungen werden vorgestellt in: John L Snell (Hrsg ), The Outbreak of the Second World War. Design or Blunder?, Boston 1962.

  2. David L Hoggan, Der erzwungene Krieg. Die Ursachen und Urheber des 2 Weltkrieges, Tübingen 1961, S 793

  3. Eine ausführliche Darstellung des Folgenden mit Quellen-und Literatur-Hinweisen findet sich in: John L Snell, Illusion and Necessity The Diplomacy ol Global War, 1939— 1945. Boston 1953.

  4. A. J. P. Taylor, Die Ursprünge des Zweiten Weltkrieges. Gütersloh 1962, S. 337.

Weitere Inhalte

John L. Snell, Professor für Neuere Geschichte an der Tulane Universität, New Orleans, La., geb. 2. 6. 1923 in Plymouth, N. C., USA. Veröffentlichungen u. a.: Wartime Origins of the East-West Dilemma over Germany, New Orleans 1959; The Outbreak of the Second World War: Design or Blunder (Hrsg.), Boston 1962; Illusion and Necessity: The Diplomacy of Global War, 1939— 1945, Boston 1963.