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Schlussfolgerungen

Dr. Dita Vogel Dr. Norbert Cyrus Dita Vogel und Norbert Cyrus

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Auf Druck der Innenminister einiger Mitgliedstaaten investiert die Europäische Union erheblich in den Ausbau von Grenzkontrollen und plant die Erweiterung der Arbeitsmarktkontrollen im Innern der EU. In beiden Fällen ist es aus Sicht der theoretischen und empirischen Forschung offen, ob damit die angestrebte Reduzierung der illegalen Zuwanderung tatsächlich erreicht wird.

Durch den Ausbau der Grenzkontrollen werden die Risiken und Kosten einer irregulären Einreise bis hin zu einer Zunahme der Gefahr für Leib und Leben erhöht . Einerseits könnte dies potentielle irreguläre Migranten abschrecken. Andererseits wird dabei außer Acht gelassen, dass sich gerade bei strikt geschlossenen Grenzen überzogene Vorstellungen von den Verdienstmöglichkeiten nach einer erfolgreichen illegalen Einreise verbreiten können, die von kommerziellen Menschenschmugglern auch vorsätzlich genährt werden. Zugleich wird durch die Verschärfung der Grenzkontrollen der Rückreiseanreiz verringert.

Der Ausbau der Kontrollen im Inland erhöht nach derzeitiger Forschungslage die Chance, die angemeldeten Beschäftigungsmöglichkeiten für Zuwanderer ohne Status einzuschränken. Ob allerdings die aktuell vorgeschlagenen Instrumente dazu geeignet sind, ist zweifelhaft. Am Beispiel des im Mai 2007 vorgelegten Richtlinienvorschlags für Arbeitgebersanktionen wurde gezeigt, dass die unterstellten Voraussetzungen und Wirkungsmechanismen der vorgeschlagenen Maßnahmen ungesichert sind. Unsere Überlegungen deuten darauf hin, dass die erweiterten Arbeitgeberpflichten und Kontrollen in erster Linie die Beschäftigung von irregulären Migranten in regulären, steuerbelasteten Beschäftigungsverhältnissen verhindern würden, die in Europa jedoch relativ unbedeutend sind. Es ist außerdem zweifelhaft, ob Art und Ausmaß der vorgeschlagenen Kontrollerweiterungen in der Umsetzung zu realisieren sind. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand liegt vor allem ein Vollzugsdefizit vor, weil Sanktionen gegen Arbeitgeber nicht effektiv durchgesetzt werden.

Die vorgeschlagene Stärkung und Erweiterung der Arbeitnehmerrechte könnte bei effektiver Umsetzung besonders ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse einzudämmen helfen, weil es in diesen Fällen für Arbeitnehmer unter Umständen trotz der Abschiebungsandrohung vorteilhaft sein könnte, sich auf dem Rechtsweg um ausstehende Löhne zu bemühen. Das Recht auf Einklagen eines vorenthaltenen Lohns wird allerdings einer besonders schwachen und schlecht informierten Arbeitnehmergruppe zugestanden. Ohne Unterstützung und Beratung ist es unwahrscheinlich, dass deren Mitglieder das Recht in Anspruch nehmen können. Der Steuerungszweck der Regelung, der die Anreize für besonders krasses Sozialdumping mindern soll, würde somit verfehlt. Geschädigte Arbeitnehmer benötigen die Unterstützung und Beratung unabhängiger Stellen, wie auch der Kommissionsvorschlag bemerkt. Während allerdings für die Erhöhung der Kontrollintensität quantitative Zielvorgaben bestehen, ist das hier nicht der Fall, sodass der Vorschlag ins Leere zu laufen droht.

Weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene wird die Wirtschaftlichkeit und Effektivität der Investitionen zur Intensivierung der Migrationskontrolle systematisch evaluiert. Der Bundesrechnungshof hat in einer Evaluation der deutschen Arbeitsmarktkontrollen darauf hingewiesen, dass ein erheblicher und dringender Forschungsbedarf besteht. Ansonsten besteht die Gefahr, dass bei der Ausweitung von Kontrollanforderungen Arbeitgeber unnötig mit Bürokratie belastet und öffentliche Mittel in erheblichem Umfang aufgewendet werden, ohne dass das erklärte Ziel der Reduzierung der Anreize zu illegaler Zuwanderung erreicht wird.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Siehe Cornelius (2001).

Dr. Dita Vogel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am HWWI und Leiterin des EU-Projektes CLANDESTINO (Erarbeitung systematischer Verfahren zur quantitativen Schätzung irregulärer Migration in der EU).

Dr. Norbert Cyrus, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg und Leiter des EU-Projektes WinAct (Winning Immigrants as Active Members).