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Chronik: 15. Dezember 2020 bis 18. Januar 2021 | bpb.de

Chronik: 15. Dezember 2020 bis 18. Januar 2021

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Die Ereignisse vom 15. Dezember 2020 bis 18. Januar 2021 in der Chronik.

15.12.2020 Konrad Szymański, Minister für Angelegenheiten der Europäischen Union, teilt mit, dass Polen von seinem Recht Gebrauch machen und den sogenannten "Rechtsstaatsmechanismus" des EU-Haushaltspaketes (mehrjähriger Finanzrahmen 2021 bis 2027 und Hilfspaket zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie) vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg anfechten wird. Der Rechtsstaatsmechanismus sieht vor, dass in den Bereichen, in denen es zu Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit kommt, EU-Gelder gekürzt werden können. Auf das Haushaltspaket und den Mechanismus haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs in der vergangenen Woche geeinigt.
16.12.2020 Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nimmt an der Videokonferenz "Schlesische Ordnung" (Śląski Ład) teil, die sich mit der Transformation der Region infolge der europäischen Energiewende befasst. Teilnehmer sind außerdem die EU-Kommissarin für Energie, Kadri Simson, Klimaminister Michał Kurtyka und der Vizeminister des Ressorts für staatliche Aktiva, Artur Soboń. Morawiecki sagt, Polen gebe zurzeit 50 bis 70 Mrd. Zloty für den Import russischer und arabischer Energieträger (Erdgas, Erdöl, Kohle) aus und habe das Ziel, dass die Summe infolge der europäischen und heimischen Energietransformation im Land bleiben wird.
17.12.2020 In einem Brief an den Präsidenten des Amtes für Wettbewerbs- und Konsumentenschutz (Urząd Ochrony Konkurencji i Konsumentów), Tomasz Chróstny, äußert der Bürgerrechtsbeauftragte, Adam Bodnar, Kritik an der Übernahme des privaten Medienkonzerns "Polska Press" durch den Energiekonzern PKN Orlen. Da Orlen auch sechs Druckereien gekauft habe, werde er nicht nur als Herausgeber von Presseerzeugnissen fungieren, sondern auch Einfluss auf den Druck von lokalen, konkurrierenden Printmedien nehmen können. Das Vorgehen, dass Orlen, dessen Aktien zu einem großen Teil vom polnischen Staat gehalten werden, Druck, Herausgabe und Verbreitung der Presse verantwortet, sei als Versuch zu werten, zu Praktiken der Volksrepublik Polen zurückzukehren.
20.12.2020 Der Chef des Büros für Nationale Sicherheit (Biuro Bezpieczeństwa Narodowego – BBN), Paweł Soloch, sagt nach einem Treffen mit dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Arndt Freytag von Loringhoven, Deutschland messe der Zusammenarbeit im Weimarer Dreieck (Deutschland, Frankreich, Polen) große Bedeutung bei. Beide Seiten haben die Absicht, das Format wiederzubeleben, das im kommenden Jahr sein 30-jähriges Jubiläum hat.
21.12.2020 Die Landesstaatsanwaltschaft teilt mit, dass Justizminister und Generalstaatsanwalt Zbigniew Ziobro bei Sejmmarschallin Elżbieta Witek beantragt hat, die Immunität von Joanna Scheuring-Wielgus, Abgeordnete der Linken (Lewica) aufzuheben. Der Vorwurf lautet auf bösartige Störung eines öffentlichen Gottesdienstes sowie Beleidigung religiöser Gefühle. Im Rahmen der Proteste des "Landesweiten Frauenstreiks" (Ogólnopolski Strajk Kobiet), ausgelöst von der Verschärfung der Rechtssprechung zum Abtreibungsrecht durch das Verfassungstribunal (Trybunał Konstytucyjny), hat Scheuring-Wielgus am 25. Oktober 2020 während einer Messe in einer Kirche in Thorn (Toruń) gemeinsam mit ihrem Ehemann Plakate gezeigt, die die Aufschrift "Frau! Du kannst selbst entscheiden!" und "Die Frauen sollten das Recht haben zu entscheiden, ob sie gebären wollen oder nicht, und nicht der Staat mit Unterstützung der katholischen Ideologie" trugen. Für die Straftaten können bis zu zwei Jahre Freiheitsentzug verhängt werden.
23.12.2020 Im Kohlebergwerk Murcki-Stasic in Kattowitz (Katowice) verunglückt ein Bergmann tödlich. Nach Informationen der Höheren Bergbaubehörde ist dies der 18. tödlich verlaufende Unfall im polnischen Bergbau und der neunte im polnischen Steinkohleabbau in diesem Jahr (2019: 23 bzw. 16).
28.12.2020 Die Pressesprecherin von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS), Anita Czerwińska, teilt mit, dass die PiS den Vizeaußenminister Piotr Wawrzyk als ihren Kandidaten für das Amt des Bürgerrechtsbeauftragten der Regierung aufgestellt hat. Die neu angesetzte Frist für Vorschläge endet am 29. Dezember. Bisher hatten nur die Fraktionen Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska – KO) und Die Linke (Lewica) eine Kandidatin, die Juristin Zuzanna Rudzińska-Bluszcz, zur Wahl gestellt. Sie scheiterte jedoch in zwei Abstimmungen an den Stimmen der PiS. Zurzeit übt Adam Bodnar weiter das Amt aus; seine Amtszeit endete regulär im September.
29.12.2020 Die Polnische Bauernpartei (Polskie Stronnnictwo Ludowe – PSL) und die Konföderation (Konfederacja) geben bekannt, dass sie den Juristen und Steuerrechtsexperten Robert Gwiazdowski als gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Bürgerrechtsbeauftragten der Regierung aufstellen. Der Bürgerrechtsbeauftragte wird nach Zustimmung des Senats vom Sejm berufen.
29.12.2020 Der Automobilkonzern Fiat Chrysler Automobiles (FCA) kündigt Investitionen im FCA Poland-Werk in Tychy (Südpolen) an, mit dem Ziel, E- und Hybridautos der Marken Jeep, Fiat und Alfa Romeo zu produzieren. Die Serienproduktion des ersten der drei Modelle wird für die zweite Jahreshälfte 2022 angestrebt. Das Werk liegt in der Sonderwirtschaftszone Kattowitz (Katowice).
30.12.2020 Ministerpräsident Mateusz Morawiecki gibt ein Unterstützungsprogramm für die Gebiete der ehemaligen staatlichen Landwirtschaftsbetriebe der Volksrepublik Polen (poln.: PGR) bekannt. Es ist eingebettet in das Regierungsprogramm für lokale Investitionen. Gemeinden, in denen PGR lagen, können zwischen 50.000 und 5 Mio. Zloty für den Bau oder die Modernisierung von Straßen und Kanalisation beantragen sowie für Bibliotheken, Einrichtungen der Kinderbetreuung, der Freizeitgestaltung u. ä. Die Antragsfrist läuft vom 4. Januar bis zum 12. Februar 2021.
04.01.2021 Justizminister und Generalstaatsanwalt Zbigniew Ziobro kündigt auf "Twitter" an, dass er sich in seiner Funktion als Generalstaatsanwalt an das Verfassungstribunal (Trybunał Konstytucyjny – TK) wenden werde, damit bestätigt werde, dass der Rechtsstaatsmechanismus des EU-Haushaltspakets (mehrjähriger Finanzrahmen 2021 bis 2027 und Hilfspaket zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie) nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar ist. Der Rechtsstaatsmechanismus sieht vor, dass in den Bereichen, in denen es zu Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit kommt, EU-Mittel gekürzt werden können.
05.01.2021 Die Regierung beschließt, dass das bis 2023 geltende Hilfsprogramm zu Erhalt und Modernisierung von Eisenbahninfrastruktur für weitere Eisenbahn- und Schienengesellschaften offen ist. Dies soll der Unterstützung von wenig frequentierten oder stillgelegten Linien dienen.
07.01.2021 Als Reaktion auf die Ereignisse in der US-amerikanischen Hauptstadt Washington, als Anhänger des noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump gewaltsam in den Parlamentssitz eingedrungen waren, was dazu führte, dass die Kongress-Sitzung zur Bestätigung des Präsidentschaftswahlsieges von Joe Biden unterbrochen und die Abgeordneten evakuiert werden mussten, schreibt Präsident Andrzej Duda auf "Twitter", dass die Ereignisse eine innere Angelegenheit der USA seien und Polen von der Stärke der amerikanischen Demokratie überzeugt sei. Die politische Macht sei vom Wählerwillen abhängig und für die Sicherheit des Staates und der Bürger würden die dazu bestimmten Organe sorgen. Außenminister Zbigniew Rau schreibt auf "Twitter", dass ein starkes Europa starke Vereinigte Staaten brauche und sich die Demokratie in den USA immer auf Werte und Institutionen gestützt habe. Dies gelte weiterhin zum Wohle der USA und der freien Welt.
07.01.2021 Jarosław Gowin, Minister für Entwicklung, Arbeit und Technologie, kündigt die Arbeit an einem neuen Konzept der Industriepolitik an. Festgelegt wird es von fünf Bestandteilen: Digitalisierung der Industrie, Herstellung system- und sicherheitsrelevanter Produkte (beispielsweise in der Pharmaindustrie), Förderung der heimischen Produktion, "Green Deal" und eine den neuen Technologien entsprechend ausgebildete Gesellschaft.
08.01.2021 Präsident Andrzej Duda legt ein Veto gegen eine Gesetzesnovelle über die Einheiten der Regierungsadministration ein. Die Novelle bezieht sich auf die Umstrukturierung des Ministerrates und die Reduzierung der Anzahl der Ministerien im vergangenen Jahr. Duda stützt sein Veto darauf, dass die Novelle vorsieht, die Bereiche Forst und Jagd aus dem Umweltressort auszugliedern, und dies nicht ausreichend begründet. Außerdem sollen Unterstaatssekretäre der Regierungsverwaltung in den öffentlichen Dienst übernommen werden, was Gehaltserhöhungen bedeuten würde. Duda legt dar, dass er Gehaltserhöhungen für diese Personengruppe zwar für notwendig, aber in der wirtschaftlich angespannten Lage der Corona-Epidemie für unangemessen hält.
08.01.2021 Die Fraktion von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwść – PiS) legt dem Sejm einen Entwurf für eine Gesetzesnovelle zu Strafmandaten vor. Demnach soll es für den Bürger keine Möglichkeiten mehr geben, ein Strafmandat nicht anzunehmen. Das Strafmandat kann dann nur vor Gericht angefochten werden. Die gegenwärtige Regelung sieht vor, dass sich bei Annahmeverweigerung des Strafmandats das ausstellende Organ an das Gericht wenden und Strafantrag stellen muss. Der Entwurf wird von der Koalitionspartei "Verständigung" (Porozumienie), der Opposition sowie dem Bürgerrechtsbeauftragten kritisiert.
12.01.2021 Der stellvertretende Außenminister Marcin Prydacz trifft sich per Videokonferenz mit seinem türkischen Amtskollegen, Sedat Önal. Beide bekräftigen angesichts der Konflikte u. a. im Südkaukasus und in Osteuropa die Notwendigkeit eines ehrlichen und effektiven Engagements mit den Mitteln der NATO und der OSZE. Richtungsweisend sollte dabei das Völkerecht sein. Thematisiert wird auch die Zusammenarbeit im Rahmen des polnisch-rumänisch-türkischen Dreiecks, das wichtig für die Sicherheitszusammenarbeit u. a. im Rahmen der NATO sei, so Przydacz.
13.01.2021 Der Senat verabschiedet mit 51 Ja-Stimmen, 48 Nein-Stimmen und einer Enthaltung eine Resolution, die von den Senatoren der Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska – KO) eingebracht wurde. Darin wird Solidarität mit den USA bekundet und der "versuchte Angriff auf demokratische Prozedere in den USA" verurteilt. Weiter wird die Bereitschaft des Senats bekräftigt, mit dem gewählten Präsidenten der USA, Joe Biden, intensiv zusammenzuarbeiten. Hintergrund ist, dass Anhänger des noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump in der vergangenen Woche das Capitol, den Parlamentssitz in Washington, stürmten, worauf die zu der Zeit stattfindende formale Bestätigung der Ergebnisse der US-Präsidentenwahl unterbrochen werden musste.
14.01.2021 Der Sprecher von Präsident Andrzej Duda, Błażej Spychalski, bestätigt, dass Dudas Tochter Kinga nicht mehr Beraterin des Präsidenten für gesellschaftliche Fragen ist.
15.01.2021 Justizminister Zbigniew Ziobro und sein Stellvertreter, Sebastian Kaleta, stellen auf einer Pressekonferenz ein Vorhaben zum Schutz der Äußerungsfreiheit im Internet vor. Es soll ein fünfköpfiger "Rat für die Äußerungsfreiheit" für eine sechsjährige Amtszeit vom Sejm berufen werden. Der Rat soll prüfen, ob die in der polnischen Verfassung garantierte Äußerungsfreiheit in den sozialen Medien eingehalten wird. Wenn beispielsweise eine Internetplattform einen Inhalt entfernt oder blockiert, solle der Nutzer das Recht haben, beim Rat Beschwerde dagegen einzulegen, so Ziobro. Die Vizefraktionsvorsitzende der Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelksa – KO), Kamila Gasiuk-Pihowicz, kommentiert, das Vorhaben schütze die, welche Hasssprache im Internet ausüben. Außerdem habe das Vorhaben zur Folge, dass die Freiheit der sozialen Medien beschränkt und diese einer staatlichen Institution untergeordnet werden, da jede Beschwerde gegen eine von den sozialen Medien getroffene Entscheidung erst vom Rat für die Äußerungsfreiheit geprüft werde, bevor es zu einer Überprüfung durch das Verwaltungsgericht komme.
17.01.2021 Nach aktuellen Angaben von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) hatte die Partei im Dezember 2020 45.399 Mitglieder, das waren ca. 5.000 mehr als Anfang des Jahres 2020. Ende 2015, d. h. kurz nach Übernahme der Regierungsverantwortung, betrug die Anzahl der Mitglieder ca. 20.000. Der Chef des Exekutivkomitees der PiS, Krzysztof Sobolewski, sagt, für die Aufnahme in die PiS seien zwei Empfehlungen von PiS-Mitgliedern sowie eine positiver Beurteilung der örtlichen Parteistrukturen erforderlich.
17.01.2021 Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Präsident Andrzej Duda verurteilen die Festnahme des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny in Moskau und fordern eine rasche Reaktion vonseiten der Europäischen Union. Nawalny wurde nach seiner Rückkehr aus Berlin, wo er wegen eines Giftanschlag des russischen Geheimdienstes auf ihn behandelt worden war, inhaftiert, da er laut offizieller Begründung gegen Bewährungsauflagen verstoßen hat.
18.01.2021 Senator Jacek Bury gibt seinen Austritt aus der Fraktion der Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska – KO) bekannt. Künftig werde er als parteiloses Senatsmitglied die oppositionelle Gruppierung Polen 2050 (Polska 2050) von Szymon Hołownia unterstützen.


Sie können die gesamte Chronik seit 2007 auch auf Externer Link: http://www.laender-analysen.de/polen/ unter dem Link "Chronik" lesen.

Fussnoten