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Vor 70 Jahren: Friedensvertrag von San Francisco

Redaktion

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Am 28. April 1952 trat der Friedensvertrag von San Francisco in Kraft. Der Vertrag markiert das Ende der amerikanischen Besatzungszeit in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg. Überschattet wurden die Verhandlungen durch den Kalten Krieg.

Der japanische Ministerpräsident Shigeru Yoshida bei der Vertragsunterzeichnung. Ohne Beteiligung der Sowjetunion wurde am 8. September 1951 in San Francisco (Kalifornien) der Friedensvertrag zwischen Japan und den USA, England und weiteren 46 Staaten geschlossen. (© picture-alliance, akg-images | akg-images)

Sechs Jahre nach dem militärischen Ende des Zweiten Weltkrieges fand im September 1951 die Friedenskonferenz von San Francisco statt. Am 8. September 1951 unterzeichneten insgesamt 49 Staaten das in Deutschland als "Friedensvertrag von San Francisco" bekannte Dokument (im Englischen auch oft: "Treaty of Peace with Japan"). Der Vertrag trat am 28. April 1952 in Kraft. Er gab Japan die nationale Souveränität zurück und beendete die amerikanische Besatzung, die seit dem Ende des Interner Link: Zweiten Weltkrieges bestanden hatte.

Japans imperialistische Bestrebungen

Japan hatte seit Ende des 19. Jahrhunderts eine imperialistische Politik in Asien verfolgt. Durch den erfolgreichen Ausgang des Russisch-Japanischen Kriegs von 1905, dem ersten Sieg über eine europäische Macht, war das Land zu einer militärischen Großmacht aufgestiegen. Im Jahr 1910 annektierte Japan die koreanische Halbinsel. Nach dem Ende des Interner Link: Ersten Weltkrieges erhielt das japanische Kaiserreich einen Teil der ehemals deutschen Kolonien im Pazifik als Mandatsgebiete vom Interner Link: Völkerbund. Im Jahr 1931 marschierte Interner Link: Japan in die zu China gehörende Mandschurei ein. Sechs Jahre später begann der Zweite Japanisch-Chinesische Krieg, dem bis 1945 mindestens 15 Millionen Menschen zum Opfer fielen – laut chinesischen Angaben liegt die Zahl mit 20 Millionen Opfern noch deutlich höher.

Nachdem Japan im Dezember 1941 den US-amerikanischen Militärstützpunkt in Interner Link: Pearl Harbor angegriffen hatten, wurden die Kämpfe in China Teil des Pazifikkrieges innerhalb des Zweiten Weltkrieges. Die USA und ihre Alliierten drängten die japanischen Truppen sukzessive bis auf das eigene Territorium zurück. Anfang August 1945 griff die UdSSR in den Pazifikkrieg ein und eroberte unter anderem die nördliche Hälfte Koreas und den Südteil der Insel Sachalin mit den Kurilen. Nur eine Woche nach dem US-amerikanischen Abwurf zweier Atombomben am Interner Link: 6. August auf Hiroshima und am 9. August auf Nagasaki erklärte Japan seine Kapitulation.

Ausbruch des Kalten Krieges

In den ersten beiden Jahren nach 1945 zerbrach das Bündnis zwischen den USA, Frankreich und Großbritannien auf der einen Seite und der Sowjetunion auf der anderen Seite. Die UdSSR errichtete in den von ihr besetzten Staaten Osteuropas kommunistische Regime, die USA verkündeten im Jahr 1947 die so genannte Interner Link: "Truman-Doktrin", in der "freien Völkern" wirtschaftliche und militärische Unterstützung vor einer Ausweitung des sowjetischen Einflussbereichs zugesichert wurde.

In Korea, das in einen sowjetisch beherrschten Norden und in einen von den USA besetzten Süden geteilt worden war, trafen beide Systeme direkt aufeinander. Im Jahr 1948 wurde im Süden nach Parlamentswahlen die "Republik Korea" gegründet, während im Norden die dortigen Kommunisten unter Kim Il-Sung die "Demokratische Volksrepublik Korea" ausriefen und Wahlen ablehnten. Nachdem sich die sowjetischen und amerikanischen Truppen zurückgezogen hatten, überfielen nordkoreanische Truppen am 25. Juni 1950 den Süden – der Koreakrieg begann. Der UN-Sicherheitsrat stimmte einem Militäreinsatz unter der Führung der USA zu. Zur Unterstützung des kommunistischen Nordens griff China Ende 1950 mit etwa 400.000 so genannten "Freiwilligen" aktiv in den Koreakrieg ein.

Volksrepublik China blieb den Verhandlungen fern

Der allgemeine weltpolitische Rahmen dieser Zeit hatte auch Folgen für die Friedenskonferenz von San Francisco: China wurde nicht eingeladen, weil es Unstimmigkeiten darüber gab, ob die zwei Jahre zuvor gegründete Volksrepublik China oder die Interner Link: Republik China (Taiwan) verhandlungsberechtigt sei. Indien schlug eine Einladung aus. Die Interner Link: UdSSR nahm zwar mit einer Delegation teil, verweigerte aber am Ende die Unterschrift unter den Vertrag. Insgesamt fanden die Verhandlungen auch vor einer latent drohenden Eskalation des Koreakriegs statt.

Streit gab es vor allem über den künftigen Status Japans. Die UdSSR wollte die Neutralität des Landes durchsetzen und kritisierte am Vertragsentwurf, dass er keine Sicherungsmechanismen enthielte, um ein erneutes Aufleben des japanischen Militarismus zu verhindern. Die UdSSR kritisierte außerdem, dass der Vertrag von den USA allein entworfen wurde und den Weg zu einer amerikanisch-japanische Militärallianz ebnen würde. Sie sahen in den in Japan stationierten amerikanischen Truppen eine Bedrohung für die Sowjetunion und andere sozialistische asiatische Länder. Die USA warfen der sowjetischen Staatsführung vor, insgeheim darauf hinzuarbeiten, einen Friedensvertrag aus geopolitischen Interessen zu verhindern. Japan sollte demnach so lange in einem Besatzungszustand gehalten werden, bis es keine Möglichkeiten mehr habe, sich des sowjetischen Einflusses zu erwehren.

Status der Kurilen

Uneinigkeit gab es auch über den künftigen Status von Taiwan und der Penghu-Inseln: Die Sowjetunion betrachtete die Inseln, auf die sich nach Ende des chinesischen Bürgerkriegs die Kräfte der nationalistischen Partei Kuomintang zurückgezogen hatten, als Teil Festlandchinas und damit des kommunistischen Einflussbereichs – und positionierte sich damit als Fürsprecher für die Volksrepublik. Der Vertrag machte dazu keine abschließenden Regelungen.

Ein bis heute bedeutender Diskussionspunkt auf der Konferenz war der Status der Kurilen, eine Inselkette, die sich zwischen der japanischen Insel Hokkaido und der russischen Halbinsel Kamtschatka erstreckt. Sie wurden von der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg komplett besetzt. Japan erhebt jedoch bis heute Anspruch auf die vier südlichen Kurileninseln, die sie mit Bezug auf den 1855 geschlossenen Vertrag von Shimoda als "Nördliche Territorien" bezeichnet. Der Friedensvertrag von San Francisco regelt, dass Japan "auf alle Rechte, Titel und Ansprüche auf die Kurileninseln" verzichte. Allerdings hatte die Sowjetunion den Vertrag nicht unterzeichnet. Bis heute ist kein beiderseitig bindender Friedensvertrag zwischen Japan und Russland zustande gekommen. Bis März 2022 hatte es zwar neuerliche Gespräche darüber gegeben, allerdings hat sich Russland aus den Verhandlungen zurückgezogen, weil Japan sich den westlichen Sanktionen infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine angeschlossen hatte.

Inhalte des Vertrages

Der Externer Link: Friedensvertrag von San Francisco, so wie er am 28. April 1952 in Kraft trat, verankerte in Kapitel eins den Frieden zwischen den Alliierten und Japan. Die Bündnismächte erkennen die "volle Souveränität" der "Japaner über Japan und dessen Hoheitsgewässer" an, der Kriegszustand ist beendet. Im zweiten Kapitel des Vertrages werden die Territorialfragen geklärt. Japan erkennt die Unabhängigkeit Koreas an, verzichtet auf sämtliche Ansprüche bezüglich der ehemals japanisch besetzten Insel Formosa (heute: Taiwan) sowie der Penghu-Inseln und gibt alle Ansprüche auf, die mit den Völkerbundmandaten verbunden waren.

In Kapitel drei werden Sicherheitsfragen definiert. So verpflichtet sich Japan, mögliche Streitfragen künftig ausschließlich friedlich zu lösen und mit den Interner Link: Vereinten Nationen zu kooperieren. Die Alliierten billigen Japan das Interner Link: Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der Interner Link: UN-Charta zu. Kapitel vier und fünf beschäftigen sich mit wirtschaftlichen und finanziellen Fragen.

Unmittelbar nach dem Vertragsabschluss schlossen die USA und Japan das erste US-japanische Sicherheitsabkommen, womit sich Japan politisch dem Westen zuwandte.

Ungeklärte Probleme mit China

Einige Fragen blieben nach dem Friedensvertrag von San Francisco ungeklärt. Dazu gehörte zunächst auch das Verhältnis zu China. Zwar hatte Japan am 28. April 1952, dem Tag des Inkrafttretens des Friedensvertrages von San Francisco, einen separaten Vertrag mit Taiwan unterzeichnet (Externer Link: Vertrag von Taipeh), allerdings ohne die Beteiligung der Volksrepublik China. Erst 1978 kam es zu einem Friedensvertrag zwischen Tokio und Peking.

Ebenso wie um die Kurilen gibt es bis heute Konflikte um die unbewohnten Senkaku-Inseln, die zwischen Japan und Taiwan liegen und laut chinesischen Angaben einst zum Kaiserreich China gehört haben sollen – Japan sieht in den von China angeführten Beweisen keine eindeutigen Belege für die Zugehörigkeit der Inseln. 1895 annektierte Japan die Senkaku-Inseln, kurz vor dem Ende des Ersten Chinesisch-Japanischen Krieges. Seinen Anspruch verlor Japan im Zuge des Friedensvertrages von San Francisco. Artikel 3 des Vertrages stellte die Inseln unter die militärische Verwaltung der USA. Nach der Unterzeichnung eines Rückgabevertrages, gelangten sie im Jahr 1972 wieder zurück unter die japanische Verwaltung. Gleichwohl beanspruchen auch China und Taiwan die Inseln für sich. In jüngster Zeit kam es immer wieder zu Spannungen zwischen China und Japan wegen der Senkaku-Inseln.

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