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Ornamentik | bpb.de

Ornamentik

gehört zu den Kennzeichen der islam. Kunst, weshalb in Europa der Begriff der «Arabeske» aufkam. Das Ornament kann in rhythm. Abfolge eine Fläche in jedwedem Material vollkommen überziehen. Ebenso sind die Muster allseitig verwendbar, es gibt keine materialspezifischen Ornamente. Zweifelsohne ist die hohe Kultur des Ornaments auf das Interner Link: Bilderverbot zurückzuführen. Die künstler. Phantasie konzentrierte sich auf dieses Ausdrucksmittel und schuf damit eine Formensprache, die dem muslim. Betrachter verständlich war und ihn ästhet. befriedigte. Zwei Grundtypen des Ornaments sind zu unterscheiden: das vegetabile und das geometr. Beide Typen können mit­einander verflochten und durch Schrift bereichert werden. Die Interner Link: arab. Schrift kann auch unabhängig zu einem Ornament gestaltet werden (Interner Link: Kalligraphie). Neu in der islam. Kunst ist – im Gegensatz zur antiken Kunst – die Strukturierung des vegetabilen Ornaments durch geometr. Raster im quadrat. oder hexagonalen System, das sich damit endlos vervielfältigen lässt, und die Geometrisierung der vegetabilen Form selbst. Neu ist auch die Entwicklung eines mathemat. hochkomplizierten Systems für die Schaffung des geometr. Ornaments, das die Kenntnis der von der Antike ererbten mathemat. Konstruktionen weit übertrifft. Bereits im 10.– 11. Jh. lassen sich Ornamente beobachten, die die seit der Antike bekannten Möglichkeiten übertrafen. Als einer der Höhepunkte lässt sich der sog. «Kassettenstil» ansehen, der sich formal als ein Sternengeflecht über einem hexagonalen Grundsystem darbietet. Dieses Ornament beherrscht die islam. Kunst von der Koranillumination bis zur Interner Link: Architektur im 11.– 16. Jh. Als eine in der islam. Kunst einmalige Schöpfung ist die Erfindung der Muqarnasformen anzusehen. Hier wird ein geometr. Grundmuster mit Hilfe von plastischen geometr. Elementen in die Dreidimensionalität überführt, wie z. B. das sphärische Dreieck. Damit ergibt sich die Möglichkeit, Gewölbe zu schaffen, deren Grundstruktur ein geometr. Muster darstellt, oder Übergänge zu bilden. Muqarnasgewölbe beherrschten die islam. Architektur vom 11.– 17. Jh. in den Kernländern des Islams (z. B. auch in der Alhambra, Granada/Spanien, 13.– 15. Jh.). Musterbücher verbreiteten Ornamentmotive und waren den Künstlern allgemein zugänglich. In bestimmten Zeiten, etwa der Epoche der Timuriden (Interner Link: Dynastien) im 15. Jh., wurden die Ornamente in einer Hofwerkstatt erfunden und verbreitet. Die Bedeutung eines Ornaments erschließt sich heute nicht ohne Weiteres. Das traditionelle Lebensbaummotiv z. B. in den Interner Link: Mihrab-­Nischen gehört zu den leichter verständlichen Ornamenten.

Literatur:, 1988. – Baer, E.: Islamic Ornament, 1998. – Golombek, L.: The Function of Decoration in Islamic Architecture. Theories and Principles of Design in the Architecture of Islamic Societies, 1987. – Grabar, O.: The Mediation of Ornament, 1992. – Kühnel, E.: Die Arabeske, 1949. – El-­Said, I./Parman, A.: Geometric Concepts in Islamic Art, 1976.

Autor/Autorinnen:Prof. Dr. Barbara Finster, Universität Bamberg, Islamische Kunst und Archäologie

Quelle: Elger, Ralf/Friederike Stolleis (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München: 6., aktualisierte und erweiterte Auflage 2018.

Fussnoten