Aufgabe der Beweisaufnahme ist es, zu den relevanten Beurteilungsgesichtspunkten (siehe Punkt 3) empirisch gehaltvolle Aussagen über die politische Wirklichkeit zu machen (ob etwas gegeben ist oder nicht). So lässt sich z.B. anhand der von der Regierung durchgeführten Maßnahmen ("Erfolgsbilanz") und anhand der von den Parteien in Aussicht gestellten Vorhaben realistisch abschätzen, welche Prioritäten gesetzt und wo welche Veränderungen im politischen Alltag herbeigeführt wurden bzw. werden sollten. Natürlich auch, wo Vorhaben nur teilweise oder gar nicht umgesetzt worden sind. Bei dieser "Beweisaufnahme" ist es sicherlich leichter, die regierenden Parteien eher an der Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu messen als die Opposition. Aber auch die Opposition war in der Regel schon einmal in der Regierung und muss sich fragen lassen, was sie zur Lösung der relevanten Probleme getan hat. Bei der kritischen Analyse von Maßnahmenkatalogen der Parteien, die noch nie Regierungsverantwortung übernommen haben, ist besonders darauf zu achten, ob die Versprechungen realistisch, d.h. in der angegebenen Zeit umsetzbar und finanzierbar sind, welche Folgen und Nebenfolgen damit verbunden sind.
Typische Fehler
Taten der einen Partei werden mit Versprechungen der anderen verglichen. (Richtig ist es, Taten mit Taten, Versprechungen mit Versprechungen zu vergleichen.)
Es wird nicht geprüft, ob Versprechungen auch umgesetzt wurden, ob Worten auch Taten folgten.
Es wird nicht geprüft, welche Mehrheiten (Interessengruppen, Personen) ein wichtiges Reformvorhaben innerhalb einer Partei stützen, also auf vorrangige Umsetzung achten, wenn die Partei an die Regierung kommen sollte.
Es werden nur Belege dafür gesammelt, welche (erfolgreichen) Maßnahmen in einem Politikbereich durchgeführt worden sind; es wird aber nicht aufgelistet, welche Maßnahmen (bisher noch oder immer noch) nicht durchgeführt oder gezielt verhindert wurden. Dies gilt bei Regierungs- und Oppositionsparteien wiederum unterschiedlich zu beachten.