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Land Rheinland-Pfalz | bpb.de

Land Rheinland-Pfalz

Benjamin Höhne Uwe Jun

Historischer Hintergrund

Rheinland-Pfalz (RP) ist nach dem Zweiten Weltkrieg als gänzlich neu zusammengefügtes Bundesland, bestehend aus der einst zu BY gehörenden Pfalz, den ehemaligen preußischen Rheinprovinzen und Regierungsbezirken Koblenz und Trier sowie den damaligen Regierungsbezirken Rheinhessen und Montabaur „ohne Rücksicht auf historisch gewachsene Räume“ (Billing 2000, S. 328) als Teil der französischen Besatzungszone entstanden. Im August 1946 gründete die französische Besatzungsmacht das Land RP, das aber erst die Annahme der Verfassung durch eine Volksabstimmung und die Wahl des ersten Landtags am 18. Mai 1947 als seine eigentliche Geburtsstunde betrachtet. Obwohl die Diskussion um den Zuschnitt des Landes und seine Existenzberechtigung noch länger anhielt, hat es seine Zuschreibung als „Kunstprodukt“ längst abgegeben und eine eigenständige Identität gewonnen (vgl. Sarcinelli 2000), mit recht hoher Identifikation der Bevölkerung zu den gemeinsamen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Symbolen, Strukturen und Traditionen. Noch immer wirken aber die am Anfang der Geschichte des Landes deutlicher spürbaren regionalen Identitäten nach, die die einzelnen Landesteile geprägt haben und ein Bewusstsein für regionale Besonderheiten deutlich hervortreten ließen. Diese äußerten sich auch in unterschiedlichem Wahlverhalten und differenten politischen Einstellungen, insbesondere mit Blick auf die heterogene Konfessions- und Siedlungsstruktur des Landes mit seinem überdurchschnittlichen Katholikenanteil und seiner ländlichen Prägung, die eine lang währende Vorherrschaft der CDU in RP begünstigte. Während die CDU in dünn besiedelten Gebieten (Eifel, Hunsrück, Westerwald) und in denen mit einem hohen Anteil katholischer Wähler (Trier, Koblenz) lange Zeit Hochburgen hatte, reüssierte die SPD mit abnehmendem Anteil der Katholiken (Pfalz) und steigendem Anteil an Großindustrien (Ludwigshafen, Mainz) doch war dieser Anteil an der Wählerschaft des Landes insgesamt zu gering, um die Spitzenstellung der CDU bis in die 1980er-Jahre ernsthaft zu gefährden.

Bevölkerung – Gesellschaft – Wirtschaft

RP grenzt an BW, HE, NRW und das SL sowie auf einer Länge von 296 km an Belgien, Frankreich und Luxemburg. Mit einer Fläche von 19.854,06 qkm, die 5,6 % der Gesamtfläche Ds entspricht, gehört RP zu den kleineren Flächenländern (9. Rang innerhalb der Bundesländer; wenn nicht anders genannt, Zählweise vom höchsten zum niedrigsten Wert, Jahresangaben Ende 2016). In keinem anderen Bundesland nimmt Wald den Anteil von 42 % an der Gesamtfläche ein (Landwirtschaftsfläche: 8243 qkm, davon auf 642 qkm Weinbau in den Anbaugebieten an Ahr, Mittelrhein, Mosel, Nahe, Rheinhessen und Pfalz – das entspricht 63 % der bestockten Rebflächen Ds).

Mit 4.077.581 Einwohnern (E.) ist RP das nach Bevölkerung siebtgrößte Bundesland. Seit 1950 hat das Land rund eine Mio. E. hinzugewonnen, parallel dazu stieg die Bevölkerungsdichte von 151 auf 205 E. je qkm; sie liegt jedoch noch immer unter dem Bundesdurchschnitt. Stärker besiedelt ist das Land östlich entlang des Rheins und nahe Ballungsgebieten angrenzender Bundesländer wie Köln-Bonn (Landkreise mit der höchsten Bevölkerungsdichte in 2015: Rhein-Pfalz-Kreis: 497, Mainz-Bingen: 345, Neuwied: 288 E. je qkm); dünne Besiedlungsstrukturen sind für die ländlichen Gebiete Hunsrück und Eifel sowie die Westpfalz kennzeichnend (Landkreise mit der niedrigsten Bevölkerungsdichte: Eifel-Kreis Bitburg-Prüm: 60, Vulkaneifel: 67, Cochem-Zell: 90, Bernkastel-Wittlich: 96 E. je qkm). 57,7 % der E. leben in Gemeinden mit bis zu 10.000 E. (1950: 71,7 %). Die größten Städte mit über 100.000 E., in denen zusammen 14,9 % der Einwohner leben (1950: 4,1 %), sind die Landeshauptstadt Mainz (209.779 E.) sowie die Kreisfreien Städte Ludwigshafen am Rhein (164.718 E.), Trier (114.914 E.) und Koblenz (112.586 E.) (Angaben für 2015). Durch Zuwanderungsüberschüsse und eine älter werdende Gesellschaft (der Anteil der über 65jährigen stieg von 9 % in 1950 auf 21 % in 2015) wurde das Geburtendefizit – die Geburtenrate schwankt seit Mitte der 1970er-Jahre um einen Wert von 1,4 Kindern je Frau – bisher ausgeglichen. Für die Bestandsaufrechterhaltung wäre ein Wert von 2,1 erforderlich. 431.764 E. werden zur ausländischen Bevölkerung gezählt, die 9,5 % der Landesbevölkerung ausmacht (D 10,5 %). Die größten Gruppen stellen Einwanderer aus der Türkei (58.580), Polen (42.845), Syrien (35.870), Italien (30.269) und Rumänien (26.055) dar. Der Anteil von Mitgliedern der katholischen Kirche liegt bei 41 % und der der evangelischen Landeskirchen bei 28 %. Höher ist der Katholiken-Anteil nur im SL, gefolgt von BY. Katholische Hochburgen sind die Landkreise Bitburg-Prüm (76 %) und Trier-Saarburg (72 %), evangelische Hochburgen Kusel (54 %) und Birkenfeld (50 %). Die konfessionellen Bindungen entwickeln sich weiter ungebremst rückläufig.

Mit einem BIP von 139,5 Mrd. € nimmt RP den 6. Rang innerhalb der Bundesländer ein. Die rheinland-pfälzische Wirtschaft wird von kleineren und mittleren Unternehmen dominiert. Sie erwirtschafteten 2016 42 % der gesamten Unternehmensumsätze, womit ihr Anteil am Gesamtumsatz deutlich höher als in den westdt. Flächenländern (33 %) ausfällt. Begünstigt durch die zentrale Lage des Bundeslandes in Europa mit Frankreich als wichtigstem Handelspartner spielt die Außenwirtschaft eine bedeutende Rolle. Die Exportquote, d. h. der Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz der Industrie, beträgt 53,3 % (4. Platz im Bundesländervergleich, D 47,7 %). Vorrangige Exportgüter sind Vor- und Enderzeugnisse der pharmazeutischen, chemischen und Kunststoffindustrie sowie Fahr- und Nutzfahrzeuge. Der Anteil des Dienstleistungsbereichs (ausgenommen Öffentlicher Dienst) an der Bruttowertschöpfung ist niedriger (64,5 % in RP und 68,9 % in D) und der des produzierenden Gewerbes (26,0 % in RP und 22,6 % in D) höher als im Bundesdurchschnitt. Für RP stellt die Konversion aufgrund der unter den alten Bundesländern höchsten Konzentration militärischer Einrichtungen (bis zu 7,6 % der Landesfläche) eine langfristige Herausforderung dar. Seit Ende der 1980er-Jahre wurden 93.000 militärische, 34.000 zivile und schätzungsweise weitere 50.000 indirekt betroffene Stellen abgebaut und ca. 2 Mrd. € für Konversionsprojekte bewilligt. Der mittlerweile an chinesische Investoren verkaufte Flughafen in Hahn galt dabei als besonders erfolgreiches Vorzeigeprojekt, er hat aber mit sinkenden Passagierzahlen (2010: ca. 3,5 Mio. Passagiere, 2017: ca. 2,5) und einem rückläufigen Frachtaufkommen zu kämpfen (2010: 228.547 Tonnen, 2017: 126.753 Tonnen).

Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt verlief in RP in der Vergangenheit günstiger als in D insgesamt. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat sich zwischen 1990 und 2016 erhöht (von 1.165.059 auf 1.361.894), die Arbeitslosenquote lag 2017 bei 4,8 % und wurde nur in BW und BY unterschritten. Die Verteilung der Erwerbstätigen auf die einzelnen Wirtschaftssektoren verläuft ähnlich zur Bruttowertschöpfung: Der Anteil der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe liegt mit 25,6 % höher als in D insgesamt (24,2 %), im Dienstleistungsbereich liegt er bei 72,3 % in RP und 2 Prozentpunkte darüber in D. 2,1 % entfallen in RP auf die Land- und Forstwirtschaft.

Politisches System

Verfassung

Die 1947 in Kraft getretene Verfassung ist wie keine andere der dt. Bundesländer von der katholischen Naturrechtslehre geprägt, was auf den Entwurf des „eigentlichen Vaters der rheinland-pfälzischen Verfassung“ (Kißener 2006, S. 64), des Koblenzer Staatsrechtlers Adolf Süsterhenn, später auch Mitglied im Parlamentarischen Rat zur Ausarbeitung des Grundgesetzes, zurückgeht und in der Rückführung der Staatsgewalt auf Gott (Volk lediglich als Träger dieser), dem Subsidiaritätsprinzip (herausgehobene Stellung der kommunalen Selbstverwaltung) und in Erwähnung sozialer Grundrechte seinen Ausdruck findet. Der Prozess der Verfassungsgebung war von inner- und zwischenparteilichem sowie regionalem Dissens geprägt, etwa in Fragen der Wirtschafts- und Sozialordnung, der Stellung der Pfalz innerhalb des neuen Bundeslandes und insbesondere in der Frage des Nebeneinanders von staatlichen und konfessionellen Schulen. Letzterer Punkt konnte in der beratenden Landesversammlung nicht einhellig geklärt werden und wurde zugunsten der Anerkennung konfessioneller Schulen durch eine Volksabstimmung zeitgleich mit der Abstimmung über die Verfassung entschieden. Während CDU und Liberale der Verfassung zustimmten, lehnten SPD und KPD diese ab. Auch die Volksabstimmung erbrachte nur eine Zustimmung von knapp 53 Prozent, mit regional höchst unterschiedlichen Resultaten (etwa im Bezirk Trier eine Zustimmung von 76 %, in der Pfalz dagegen nur 40 %). Die Verfassung wurde vergleichsweise häufig (bisher 38mal, zuletzt im Mai 2015) – verändert oder ergänzt, im besonderen Maße im Jahr 2000, als vom Landtag eine grundlegende Verfassungsreform beschlossen wurde, die insbesondere die Absicht hatte, den Landtag zu stärken, mehr Bürgerbeteiligung zu ermöglichen und einzelne soziale Rechte (Schutz behinderter Menschen, Schaffung und Erhalt angemessenen Wohnraumes) erweiterte. Im Zuge der Föderalismusreform II hat das Land RP im Jahr 2010 eine Schuldenbremse zur Wahrung der Haushaltsdisziplin in der Verfassung verankert.

Regierungssystem

Wie in nahezu allen Bundesländern sind auch in RP direktdemokratische Elemente in Form von Volksinitiativen, -begehren und -entscheiden zu finden (siehe Artikel 108a und 109 der LV). Die Quoren sind relativ hoch (30.000 Stimmberechtigte für eine Volksinitiative, 300.000 für das Zustandekommen eines Volksbegehrens); bislang haben die Formen direkter Demokratie auf Landesebene keine nennenswerte Anwendung gefunden. Mit der 1994 durchgeführten Kommunalreform haben die Bürger mehr Entscheidungs- und Mitwirkungsrechte bekommen durch Stärkung der parlamentarischen Gremien (Gemeinderäte, Stadträte) und der Möglichkeit von direkten Eingaben an die Kommunalverwaltung durch E.anträge und Bürgerbegehren auf lokaler Ebene. Der 1996 ins Leben gerufene Kommunale Rat soll darüber hinaus mehr Mitwirkungsmöglichkeiten der Kommunen bei der Gestaltung der Landespolitik gewährleisten.

Oberste Verfassungsorgane des Landes sind der Landtag, die Landesregierung und das Landesverfassungsgericht. Die derzeit 101 Abgeordneten des Landtages werden seit 1991 alle fünf Jahre neu gewählt (bis dahin alle vier Jahre). Wie in vielen Landesparlamenten ist der Anteil der vor dem Eintritt in den Landtag im Öffentlichen Dienst Beschäftigten hoch und die Neueinsteigerquote gering (29 Abgeordnete wurden 2016 erstmals in den Landtag gewählt). Der Frauenanteil liegt derzeit bei 35,6 % und ist zuletzt wieder gesunken. Das Durchschnittsalter der Abgeordneten beträgt zu Beginn der aktuellen Wahlperiode 50,6 Jahre. Das Mandat wird in Vollzeit ausgeübt, die steuerpflichtige Grundentschädigung (Diät) beträgt seit 2018 6 162,52 €, hinzu tritt eine steuerfreie Kostenpauschale zur Finanzierung von Mitarbeitern und des Abgeordnetenbüros. Der Landtag besitzt das Selbstauflösungsrecht mit der Mehrheit seiner Mitglieder (Art. 84 LV), er wählt den Ministerpräsidenten und kann diesem, aber auch einzelnen Ministern, das Vertrauen entziehen. Nach Vertrauensentzug kann der Ministerpräsident bzw. der Fachminister geschäftsführend sein Amt weiter leiten, bis sein Nachfolger gewählt worden ist. Die Landesregierung, bestehend aus dem mit der Richtlinienkompetenz ausgestatteten Ministerpräsidenten und den von ihm ernannten Ministern, bedarf zur Übernahme der Geschäfte der Wahl durch den Landtag (Art. 98 LV). Der Ministerpräsident kann die Minister entlassen, formal ist dazu aber die Zustimmung des Landtags erforderlich. Der Landtag besitzt das Abberufungsrecht gegenüber der Landesregierung, hat aber bis dato noch nie davon Gebrauch gemacht. Eine Besonderheit des Regierungssystems ist die nach skandinavischem Vorbild eingerichtete Position des Bürgerbeauftragten, der als Ansprechpartner für Beschwerden der Bürger zur Verfügung stehen und als Vermittler zwischen Verwaltung und Bürger fungieren soll. Er wirkt eng zusammen mit dem Petitionsausschuss des Landtags. Auch in RP kann von einer deutlichen Übermacht der Landesregierung gegenüber dem Landesparlament gesprochen werden. Es bleibt aber unverändert der zentrale Ort für den öffentlichen Schlagabtausch konkurrierender politischer Ideen und der politischen Debatten des Landes.

Wahlen, Wahlverhalten und Parteiensystem

Seit der Landtagswahl 1991 gleicht das Landeswahlsystem dem Zwei-Stimmen-Verhältniswahlsystem im Bund, Unterschiede bestehen insbesondere bei der Dauer der Legislaturperiode. Für die Umrechnung der auf die Parteien entfallenen Stimmen wird seit 2011 das Sainte-Laguë-Verfahren angewandt. Seit 1994 werden in RP die Bürgermeister und Landräte für acht Jahre direkt vom Volk gewählt, eine Wiederwahl ist möglich. Falls ein Bewerber im ersten Wahlgang nicht die absolute Mehrheit erzielt, kommt es zu einer Stichwahl der beiden erfolgreichsten Kandidaten. Bei den Wahlen zu den Gemeinderäten, Verbandsgemeinderäten und Kreistagen findet ein personalisiertes Verhältniswahlrecht Anwendung, bei dem die Wähler so viele Stimmen haben, wie Sitze zu vergeben sind. Die Stimmen können für Parteilisten und einzelne Wahlbewerber abgegeben werden, die Möglichkeiten des Kumulierens und Panaschierens sind gegeben.

Bei der Beteiligung an den Landtagswahlen ist zwischen 1991 und 2011 ein Rückgang von 73,9 % auf 61,9 % zu verzeichnen. Zur Landtagswahl 2016 stieg die Quote wieder an und erhöhte sich ähnlich dem Bundestrend im Kontext der populistischen Mobilisierung und Gegenmobilisierung auf 70,4 %. Von Bedeutung für Wahlverhalten und Parteiensystem in RP ist die lange Zeit überwiegend katholisch und ländlich-agrarisch geprägte Sozialstruktur und deren Auflockerung seit Mitte der 1980er-Jahre, die zu einem stärkeren Wechselwahlverhalten und zu nachhaltigen Veränderungen im Parteiensystem beigetragen hat. Das Parteiensystem hat mehrere grundlegende Wandlungen vollzogen (vgl. Jun und Höhne 2008, S. 341–352). Es wurde bis 1991 ununterbrochen von der CDU dominiert, die immer den Ministerpräsidenten und die stärkste Fraktion stellte, in sechs Legislaturperioden sogar mit absoluter Mandatsmehrheit (1955 bis 1959 und 1971 bis 1987). Seither übte die SPD eine Vormachtstellung aus, von 2006 bis 2011 sogar in einer Alleinregierung. 2011 verringerte sich der Vorsprung der SPD (35,7 %) zur CDU (35,2 %) zwar auf 0,5 Prozentpunkte, aber bereits 2016 wurde der Abstand mit 4 Prozentpunkten wieder etwas ausgebaut. Koalitionspartner der Sozialdemokraten wurden Bündnis 90/Die Grünen und die FDP in einer so genannten Ampelkoalition. Anders als in der Phase der CDU-Dominanz ist diese Vorrangstellung der SPD jedoch weniger sozialstrukturell bedingt. Sie fußt stärker auf situativen bzw. personellen Faktoren, insbesondere auf der Popularität der Ministerpräsidenten Kurt Beck und Malu Dreyer sowie der seit Ende der 1980er-Jahre aufgrund innerparteilicher Zerwürfnisse zunächst geschwächten, seit der Übernahme des Parteivorsitzes durch Julia Klöckner im Jahr 2011 jedoch stabilisierten CDU. Auch in RP stehen die Großparteien SPD und CDU vor gravierenden Herausforderungen (vgl. Jun 2010). Bei der Landtagswahl 2016 schwindet deren Bindungskraft erstmals auf zusammen weniger als 70 % der Wähler. Darüber hinaus führen dramatische Mitgliederverluste zu ihrer organisatorischen Schwächung (SPD 1990: 72.717 und 2017: 36.048 Mitglieder; CDU 1990: 71.913 und 2017: 39.920 Mitglieder).

Kleine Parteien spielten – auch aufgrund der herausragenden Bedeutung der Ministerpräsidenten als populäre Landesväter (insbesondere Peter Altmeier, Helmut Kohl, Bernhard Vogel, Kurt Beck und Malu Dreyer) – bisher eine untergeordnete Rolle (vgl. Höhne und Cronqvist 2010, S. 165–168). Lediglich die FDP (2017 4 413 Mitglieder) vermochte es fast durchgehend (nicht zwischen 1983 und 1987 sowie 2011 und 2016) im Parlament vertreten zu sein, davon fast ein halbes Jahrhundert als Mehrheitsbeschaffer in der Regierung. Bündnis 90/Die Grünen (2017 3 100 Mitglieder) scheiterten 1983 und 2006 an der 5 %-Sperrklausel. Bei der Landtagswahl 2011 erreichten sie im Zuge ihres bundesweiten Aufwärtstrends und der Reaktor-Katastrophe im japanischen Fukushima mit 15,4 % der abgegebenen gültigen Zweitstimmen ihr historisch bestes Wahlergebnis. Aber schon 2016 stürzten sie wieder ab, auf 5,3 %. Die Linke (2017: 1 633 Mitglieder) bzw. ehemalige PDS verfehlte seit 1990 immer den Parlamentseinzug, so auch 2016. Jeweils nur für eine Legislaturperiode parlamentarisch vertreten waren bisher die extremen Parteien KPD (1947–1951), DRP (1959–1963), NPD (1967–1971) sowie die rechtspopulistische AfD (seit 2016 mit 12,6 % der Wählerstimmen und 14 Sitzen). Die Freien Wähler wurden bisher nicht in den Landtag gewählt (2016 erreichten sie 2,3 %), verfügen aber auf kommunaler Ebene mit Ausnahme von Birkenfeld aktuell in allen Kreistagen über mindestens drei Sitze.

Politische Rolle in Deutschland

RP gilt als ein „selbstbewusstes Mittelland“ (Gube 2004, S. 215) mit einem „gemäßigte(n) politische(n) Klima“ (Haungs 1986, S. 202) und einer „politische(n) Kultur der Mitte“ (Sarcinelli 2000, S. 22). Diese Zuschreibungen bilden eine gute Voraussetzung für die Wahrnehmung einer Ausgleichs- und Vermittlungsfunktion der politischen Eliten des Bundeslandes bei Land-Land- oder Bund-Länder-Konflikten in D. In der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages kommen mit 37 von 709 Abgeordneten nur ca. 5 % aus RP. Im Bundesrat verfügt das Land mit vier Stimmen über ein mittleres Stimmengewicht. RP gehört zu den so genannten Nehmerländern; im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erhält es Ausgleichszahlungen (2017: 392 Mio. € plus 258 Mio. € Bundesergänzungszuweisungen). In der Medienpolitik spielt RP eine herausgehobene Rolle, was vor allem auf den Sitz des ZDF in Mainz und auf die Koordinierungsfunktion des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten bei den Verhandlungen der Rundfunkstaatsverträge der Länder zurückzuführen ist.

Quelle: Andersen, Uwe/Wichard Woyke (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 8., aktual. Aufl. Heidelberg: Springer VS 2021. Autor des Artikels: Benjamin Höhne

Fussnoten