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UN-Sicherheitsrat stützt französische Offensive in Mali | Hintergrund aktuell | bpb.de

UN-Sicherheitsrat stützt französische Offensive in Mali

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Der UN-Sicherheitsrat hat am Montag (14. Januar) in einer Sondersitzung den französischen Militäreinsatz im Norden Malis gebilligt. Seit Freitag (11. Januar) greift Frankreich Stellungen der Islamisten an, um einen weiteren Vormarsch der Rebellen in den Süden zu stoppen. Militärische Unterstützung soll Paris von westafrikanischen Soldaten erhalten. Die USA und die EU wollen sich logistisch und mit einer Ausbilder-Mission beteiligen - auch Deutschland kündigte Unterstützung an.

(© picture-alliance/AP)

Frankreich erhält Rückendeckung vom UN-Sicherheitsrat für seinen Militäreinsatz im Norden Malis. Die Mitglieder des Sicherheitsrates waren sich darüber einig, dass die Intervention mit dem Völkerrecht vereinbar sei. Am Freitag (11. Januar) hatte sich Paris in den Konflikt eingeschaltet und eine Luft-Offensive gegen die islamistischen Rebellen gestartet. Mit seinem Einsatz will Frankreich die geschwächte Übergangsregierung in Mali dabei unterstützen, den Vormarsch islamistischer Rebellen Richtung Süden zu stoppen. Die Islamisten beherrschen seit Monaten den Norden des Landes und rücken immer weiter in den Süden vor. Bei den Kämpfen sollen bislang mehr als 100 Islamisten durch das französische Militär getötet worden sein. Trotz der Militäraktion gelang es den Islamisten am Montag, die 400 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bamako gelegene Stadt Diabali unter ihre Kontrolle zu bringen.

Frankreichs Präsident François Hollande hofft nun auf Unterstützung der internationalen Gemeinschaft. Bereits Ende Dezember 2012 hatte der Sicherheitsrat mit der Resolution 2085 eine internationale Unterstützungsmission für Mali unter afrikanischer Führung genehmigt. Auch die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Externer Link: ECOWAS hatte aufgrund der eskalierenden Gewalt die umgehende Entsendung einer 3.300 Mann starken Eingreiftruppe entschieden. Paris hatte daraufhin eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates in New York beantragt, um die Zusage des UN-Gremiums zur Entsendung der Truppen der ECOWAS-Staaten zu beschleunigen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon betonte bei der Sitzung am Montag, dass die Resolution komplett umgesetzt werden solle, um die volle konstitutionelle Ordnung und territoriale Integrität Malis wiederherzustellen.

Die Rolle Deutschlands

Die UN-Staaten, die den Einsatz Frankreichs mehrheitlich tolerieren, wollen die Soldaten der ECOWAS-Mitgliedsländer mit Ausrüstung und Logistik unterstützen. Großbritannien will Transportflugzeuge beisteuern, die USA wollen das Land beim Transport und bei der Kommunikation unterstützen. Die EU plant mehr als 200 Soldaten in das Bürgerkriegsland zu schicken, um die Regierungstruppen für den Kampf gegen die Islamisten auszubilden. Noch in dieser Woche will die EU bei einer Sondersitzung der EU-Außenminister über die Lage in Mali beraten.

Außenminister Guido Westerwelle und Verteidigungsminister Thomas de Maizière bezeichneten den französischen Militäreinsatz als richtig - der Einsatz deutscher Kampftruppen stehe jedoch nicht zur Debatte, so Westerwelle. Regierung und Opposition diskutieren derzeit eine mögliche Beteiligung an der EU-Ausbildermission, die bereits seit Monaten beschlossen ist. Zudem verabredeten Westerwelle und der französische Außenminister Laurent Fabius am 14. Januar gemeinsam zu prüfen, wie Deutschland den französischen Einsatz - mit Ausnahme der Entsendung von Kampftruppen - politisch, logistisch, medizinisch und humanitär unterstützen könne.

Die Entwicklung des Konfliktes

Karte von Mali (© Wikimedia, Stefan Kühn / CIA World Factbook)

Seit der 1960 ausgerufenen Unabhängigkeit Malis von der französischen Kolonialmacht bestimmen Auseinandersetzungen zwischen nach staatlicher Unabhängigkeit strebenden Tuareg und den jeweiligen Regierungen das Konfliktgeschehen. Die in der Sahara lebenden Tuareg werfen der Regierung des westafrikanischen Staates vor, den Nomadenstamm politisch, sozial und ökonomisch zu marginalisieren. Anfang des Jahres 2012 eskalierte der Dauerkonflikt zwischen der Rebellionsbewegung der Tuareg und der Regierung erneut. Im April 2012 rief die "Nationale Bewegung für die Befreiung von Azawad" (Mouvement National de Libération de l'Azawad, MNLA) - eine von Tuareg dominierte Organisation - einen unabhängigen Staat "Azawad" im Norden Malis aus.

Um ihre Ziele zu verwirklichen, hatten sich die Tuareg mit der radikalislamistischen Gruppierung Ansar Dine ("Verteidiger des Glaubens") verbündet. Auch die Islamisten kämpfen für einen Staat im Norden - anders als die MNLA, denen ein religiös neutraler Nationalstaat vorschwebt, will Ansar Dine aber einen islamistischen Staat mit der Scharia als Rechtsgrundlage durchsetzen. Inzwischen kämpfen auch die einstigen Verbündeten gegeneinander. In den letzten Monaten gelang es den Islamisten den Norden sukzessive in ihre Gewalt zu bringen. Viele Schulen wurden unter der Herrschaft der Islamisten geschlossen, Kinder werden zwangsrekrutiert. Frauen, die sich nicht verschleiern, sind harten Repressionen ausgesetzt.

Mali ist faktisch geteilt

Seit dem Vormarsch der Islamisten ist Mali de facto geteilt. Im Norden herrschen neben Ansar Dine zwei weitere islamistische Gruppierungen: die al-Qaida im islamischen Maghreb (AQMI), die insbesondere den Drogenhandel in der Region kontrolliert und für mehrere Entführungen verantwortlich gemacht wird, sowie die "Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika" (MUJAO), die sich von der AQMI abgespalten hat. Experten befürchten, dass sich die Sahara-Region dauerhaft in ein Operationsfeld islamistischer Terroristen verwandelt.

InfoboxMali

Mali galt lange als demokratischer Vorzeigestaat in Afrika. Zugleich zählt es zu den ärmsten Ländern der Erde: 59 Prozent der rund 14 Millionen Einwohner leben unter der Armutsgrenze. Dürreperioden haben der Landwirtschaft nachhaltig geschadet. 65 Prozent des Landes ist von Wüste oder Halbwüste bedeckt. Im Konfliktgeschehen spielen neben der politischen und sozialen Dimension auch die Bodenschätze in der Sahara eine große Rolle. Bodenschätze wie Gold, Diamanten, Mangan, Phosphat sowie Erdöl und Erdgas machen die Region wirtschaftlich und politisch attraktiv.

Auch der Süden ist politisch instabil. In der Hauptstadt Bamako hatte am 22. März eine Gruppe von Offizieren die Macht übernommen und Präsident Amadou Toumani Touré gestürzt. Inzwischen ist wieder eine Übergangsregierung um Präsident Dioncounda Traoré an der Macht. Doch Traoré fehlt es an finanziellen und militärischen Mitteln, um die Lage zu stabilisieren - daher bat der Präsident die einstige Kolonialmacht Frankreich um Unterstützung bei der Bekämpfung der Rebellen.

Die Folgen des Konfliktes

Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass bisher mehr als 410.000 Menschen aus dem Norden Malis geflohen sind, rund fünf Millionen Menschen seien von dem Konflikt betroffen.

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