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Chronik: 19. Oktober bis 1. November 2021 | bpb.de

Chronik: 19. Oktober bis 1. November 2021

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19.10.2021 Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, und der Ministerpräsident Polens, Mateusz Morawiecki, nehmen an der Debatte im Europäischen Parlament zur "Krise der Rechtsstaatlichkeit in Polen und dem Vorrang von EU-Recht" teil. Hintergrund ist das Urteil des polnischen Verfassungstribunals (Trybunał Konstytucyjny – TK ) vom 7. Oktober, dass das EU-Recht nur "in gewissen Grenzen" über polnischem Recht steht. Die EU wertet das als Verletzung der europäischen Verträge und Werte. Von der Leyen hebt die Rechtsstaatlichkeit als gemeinsame Grundlage der Europäischen Union hervor. Die Europäische Kommission werde handeln; Maßnahmen wären eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, ein Rechtsstaatsverfahren, die Zurückhaltung finanzieller Mittel oder die Anwendung des Anfang des Jahres beschlossenen "EU-Rechtsstaatsmechanismus". Morawiecki sagt in seiner zeitlich deutlich überzogenen Rede, dass sich Polen nicht von der EU erpressen lasse. Er zeigt sich besorgt, dass sich die EU zu einem bürokratischen Superstaat entwickele, der sich zunehmend in die Belange der Mitgliedsstaaten einmischt.
20.10.2021 Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland bietet Polen an, die Präsenz der Bundespolizei im deutsch-polnischen Grenzgebiet zu erhöhen. Bundesinnenminister Horst Seehofer sagt, man unterstütze Polen bei der Abwehr illegaler Einreise, verfolge aber keine Schließung der deutsch-polnischen Grenze. Hintergrund sind die illegalen Grenzübertritte an der polnisch-belarussischen Grenze von Migranten aus afrikanischen und asiatischen Ländern, die der belarussische Staatspräsident Alexander Lukaschenko zielgerichtet herbeigeführt hat. Ein Teil der Migranten zieht weiter in Richtung Deutschland, wo im Oktober 3.200 Personen mit einem Bezug zur Belarus-Route registriert wurden.
21.10.2021 Das Europaparlament verabschiedet eine Resolution (502 Ja-Stimmen, 153 Nein-Stimmen, 16 Enthaltungen), in der es das Urteil des polnischen Verfassungstribunals (Trybunał Konstytucyjny – TK ) vom 7. Oktober 2021 als "Angriff auf die europäische Wertegemeinschaft und das Recht als Ganzes" verurteilt. Gefordert wird, Finanzmittel der Europäischen Union keinen Regierungen zur Verfügung zu stellen, die absichtlich und systematisch die europäischen Werte missachten. Die Europäische Kommission und der Europarat werden aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die Resolution hat keine bindende Wirkung. Das Urteil des TK kam zu dem Schluss, dass Teile der Bestimmungen der europäischen Verträge nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar sind.
23.10.2021 Unter dem Motto "Mütter an die Grenze. Kinder gehören nicht in den Wald" findet in Michałowo an der polnisch-belarussischen Grenze eine Demonstration für die Zulassung medizinischer und humanitärer Organisationen in die mit Ausnahmezustands belegte Zone statt. Unterstützt wird die Aktion von den Ehefrauen ehemaliger Präsidenten, Danuta Wałesa, Jolanta Kwaśniewska und Anna Komorowska. Im Grenzgebiet halten sich seit Wochen Migranten aus dem Nahen Osten und anderen Ländern auf, die der belarussische Staatspräsident Alexander Lukaschenko gezielt dorthin geholt hat. Polen will sie nicht aufnehmen, Belarus lässt sie nicht ins Land zurück.
23.10.2021 Donald Tusk wird in einer allgemeinen Mitgliederabstimmung mit 97,4 % der Stimmen als Parteichef der Bürgerplattform (Platforma Obywatelska) bestätigt. Außerdem wurden die PO-Vorsitzenden auf Woiwodschafts- und Kreisebene gewählt.
25.10.2021 Auf Antrag des Landesjustizrates (Krajowa Rada Sądownictwa – KRS) beruft Präsident Andrzej Duda 100 neue Richter in verschiedene Gerichten auf Woiwodschaftsebene sowie darunter liegenden Ebenen. Der KRS ist ein rechtlich umstrittenes Gremium, dem vorgeworfen wird, von der Regierungskoalition politisch instrumentalisiert zu werden.
26.10.2021 Infolge einer Regierungsumbildung vereidigt Präsident Andrzej Duda Henryk Kowalczyk als Minister für Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raumes sowie Vizeministerpräsident, Piotr Nowak als Minister für Entwicklung und Technologie, Tadeusz Kościński als Finanzminister, Grzegorz Puda als Minister für Fonds und Regionalpolitik, Anna Moskwa als Ministerin für Klima und Umwelt und Kamil Bortniczuk als Minister für Sport und Tourismus. Der Umbildung ging voraus, dass Jarosław Gowin, Parteichef von Verständigung (Porozumienie), als Minister für Entwicklung, Arbeit und Technologie im August entlassen wurde und die Regierungskoalition mit einigen Abgeordneten verlassen hat. Andere Vertreter von Verständigung wechselten zur größten Partei der Regierungskoalition, Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS).
27.10.2021 Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg verhängt gegen Polen Strafzahlungen an die Europäische Kommission in Höhe von einer Million Euro pro Tag, da Polen die Entscheidung des EuGH vom Juli, die Arbeit der Disziplinarkammer (Izba Dyscyplinarna) für Richter auszusetzen, nicht umgesetzt hat. Das Zwangsgeld muss so lange gezahlt werden, bis Polen der Entscheidung nachkommt oder bis der EuGH das endgültige Urteil in dieser Angelegenheit fällt. Die Disziplinarkammer am Obersten Gericht (Sąd Najwyższy), die die Regierung von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) im Rahmen ihres Justizumbaus eingerichtet hat, kann Richter bestrafen und entlassen. Der EuGH vertritt den Standpunkt, dass die Kammer nicht mit EU-Recht vereinbar ist.
28.10.2021 Justizminister Zbigniew Ziobro sagt mit Blick auf die Verfügung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg vom Vortag, Polen solle die verhängte Strafe an die Europäische Kommission nicht zahlen. Der Hintergrund für das Zwangsgeld ist, dass der EuGH im Juli entschieden hat, dass die Disziplinarkammer (Izba Dyscyplinarna) am Obersten Gericht (Sąd Najwyższy) ihre Arbeit einstellen muss, da sie gegen EU-Recht verstoße. Polen hat die Entscheidung nicht umgesetzt.
29.10.2021 Das Europaparlament reicht Klage gegen die Europäische Kommission beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ein, weil diese den EU-Rechtsstaatsmechanismus bislang nicht angewendet hat. Dieser sieht vor, dass EU-Mitgliedstaaten Gelder gekürzt werden können, wenn ein Missbrauch des Geldes wegen Rechtsstaatsverstößen droht. Der Kontext ist, dass Kritiker der polnischen Regierung vorwerfen, dass sie die Justizbehörden in Polen für politische Zwecke instrumentalisiert. Eine Gefahr für den EU-Haushalt sehen die Kritiker, da die nationale Justiz für die Aufklärung bei möglichem Missbrauch von EU-Finanzmitteln zuständig ist.
31.10.2021 Laut einer Verordnung des Ministerrates, die heute in Kraft tritt, werden die aktuell geltenden Bestimmungen zur Eindämmung der herrschenden Corona-Pandemie bis zum 30. November 2021 verlängert. Das bedeutet u. a. das Einhalten eines Mindestabstands von 1,5 m für Personen, die nicht im selben Haushalt leben, und das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im öffentlichen Personenverkehr, Geschäften, Behörden, Kirchen sowie in Schulen und Universitäten während der Pausen. In Veranstaltungsräumen (Theater, Kino) gilt weiter eine Beschränkung der Besucherzahl.
01.11.2021 Nach aktuellen Angaben des Gesundheitsministeriums wurden in Polen 3.030151 Covid-19-Infektionen seit Dezember 2019 festgestellt. 77.012 Personen sind im Zusammenhang mit dem Corona-Virus gestorben.

Sie können die gesamte Chronik seit 2007 auch auf Externer Link: http://www.laender-analysen.de/polen/ unter dem Link "Chronik" lesen.

Fussnoten

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