Rücküberweisungen stellen heute mit den Auslandsdirektinvestitionen
Daten und Trends
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Dieser signifikante Anstieg ist auf die steigende Zahl von Migranten, die häufigere Nutzung von offiziellen Transfermechanismen
Um die wahre Dimension der Rücküberweisungen erfassen zu können, muss beachtet werden, dass die Zahlungsbilanz die informell übermittelten Gelder gänzlich außer Acht lässt. Experten schätzen, dass diese die Finanzflüsse über offizielle Kanäle noch weit übertreffen.
Datenermittlung
Nach Vorgaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden offizielle Rücküberweisungen in drei einzelne Posten der Zahlungsbilanz bilanziert:
Als Erwerbseinkommen (engl. compensation of employees) gelten die Bruttoeinkünfte von Arbeitskräften, die sich weniger als zwölf Monate im Ausland aufhalten.
Zu Heimatüberweisungen der Arbeitsmigranten (engl. workers' remittances) zählen die tatsächlich transferierten Gelder von Arbeitnehmern, die sich über ein Jahr im Ausland aufhalten.
Vermögensübertragungen von Migranten (engl. migrants' transfers) fassen alle Übertragungen von Nettovermögen zusammen, die Migranten bei grenzüberschreitenden Umzügen mit sich führen.
Viele nationale Zentralbanken folgen aber nicht der Definition des IWF und bilanzieren Rücküberweisungen von Migranten auch unter anderen Zahlungsbilanzposten, am üblichsten unter Andere Laufende Übertragungen anderer Sektoren (engl. other transfers of other sectors)
Es bestehen mehrere Probleme bezüglich der Schätzung der Rücküberweisungsflüsse und deren Vergleichbarkeit zwischen den Ländern. Erstens wird der reale Umfang der Rücküberweisungen ohne Zweifel unterschätzt, wenn er nur als Summe der Erwerbseinkommen, Heimatüberweisungen der Arbeitsmigranten und Vermögensübertragungen von Migranten berechnet wird (siehe oben). Auf der anderen Seite werden im Falle einer Zurechnung der Anderen Laufenden Übertragungen anderer Sektoren
Zweitens haben einige kleine Industrieländer, wie z.B. Luxemburg und die Schweiz, Arbeitsmärkte, die sich auch auf die Nachbarländer erstrecken: Ein großer Teil der Arbeitskräfte besteht aus Pendlern, die in einem Nachbarstaat ansässig sind. Demzufolge melden diese Länder hohe Ausflüsse von Erwerbseinkommen. Um diesen "grenzüberschreitenden Pendlereffekt" zu korrigieren, werden hier für diese zwei Länder die Erwerbseinkommen bei der Schätzung der Rücküberweisungsflüsse nicht berücksichtigt.
Top 10 Empfängerländer von Rücküberweisungen 2004 (als Anteil vom BIP); Letzte zugängliche Daten: für Haiti von 2003, für Tonga von 2002 und für die Palästinensischen Gebiete von 2001. (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de
Top 10 Empfängerländer von Rücküberweisungen 2004 (als Anteil vom BIP); Letzte zugängliche Daten: für Haiti von 2003, für Tonga von 2002 und für die Palästinensischen Gebiete von 2001. (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de
Letztendlich stimmt die Höhe der gesamten weltweiten Rücküberweisungszuflüsse mit der Höhe der gesamten Ausflüsse nicht überein. Der oberen Definition folgend betrugen im Jahr 2004 die gesamten weltweiten Rücküberweisungsausflüsse nur 225.1 Mrd. US$, währenddessen die gesamten weltweiten Rücküberweisungszuflüsse 278.6 Mrd. US$ ausmachten. Diese Unstimmigkeit beruht auf der Tatsache, dass Empfänger- und Quellländer von Rücküberweisungen dieselben Geldtransfers unter verschiedenen Kategorien bilanzieren (z.B. als Ausfluss von Direktinvestitionen in dem Quellland, aber als Zufluss von Heimatüberweisungen der Arbeitsmigranten im Empfängerland).
Alle Zahlen zu den Rücküberweisungen von Migranten, inklusive der Zahlen aus diesem Kurzdossier, müssen deswegen mit Vorsicht interpretiert werden.
Wohin fließen die Gelder?
Nominal waren im Jahr 2004 China (21,4 Mrd. US$), Indien (20,1 Mrd. US$) und Mexiko (15,2 Mrd. US$) die Spitzenreiter beim Erhalt von Rücküberweisungen. Aber auch die Philippinen konnten mit ihren weltweit verstreuten Arbeitsmigranten einen zweistelligen Milliardenbetrag (10,0 Mrd. US$) verzeichnen (vgl. hierzu auch Box 2). Indien und China besitzen nicht zuletzt wegen ihrer Bevölkerungsstärke weltweit große Diasporagemeinden, wohingegen sich beispielsweise die Emigration aus Mexiko hauptsächlich auf die USA konzentriert. Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) fallen prozentual die Zuwendungen von Migranten in kleineren oder einkommensschwachen Volkswirtschaften deutlich stärker ins Gewicht.
Insgesamt belaufen sich die Rücküberweisungen auf 2,2% des BIP aller Entwicklungsländer. Die Republik Moldau, das ärmste Land Europas, ist bezogen auf das BIP das Land mit den höchsten Rücküberweisungszuflüssen (29,0%). Jedoch gehen Schätzungen davon aus, dass unter Einbeziehung informeller Kanäle und Sachgüter die Höhe der Rücküberweisungen doppelt so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt ist. Aufgrund der prekären wirtschaftlichen und politischen Lage des Landes arbeiten weite Bevölkerungsteile im Ausland.
Top 10 Rücküberweisungsquellländer 2004 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de
Top 10 Rücküberweisungsquellländer 2004 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de
Dem gegenüber stehen die Staaten, von denen Rücküberweisungen aus gesendet werden; bei ihnen handelt es sich in erster Linie um Industrienationen.
InfoKollektive Rücküberweisungen
Die individuelle Unterstützung der eigenen Familie im Herkunftsland stellt heute nicht mehr die einzige Form von Rücküberweisungsflüssen dar: Vermehrt treten monetäre Ströme in den Vordergrund, die von Migrantenverbänden aus den Gastländern in ihre Heimatgemeinden fließen. Dadurch, dass die Vernetzung der international verstreuten Diasporagemeinden und ihre bestehende Identifikation mit der Heimat intensiviert werden, nimmt die Förderung gemeinsamer Finanzierungskonzepte stetig zu. Alleine in Frankreich konnten im Jahr 2000 bereits 1.000 Immigranten-Vereinigungen gezählt werden. Diese finanzieren durch Rücküberweisungen unter anderem den Infrastrukturausbau in Senegal, Mali und Mauretanien. Sie finanzieren aber auch Prestigeprojekte wie den Bau von Moscheen. Demnach profitieren nicht nur einzelne Haushalte von Rücküberweisungsgeldern, sondern auch Gemeinden bzw. die Öffentlichkeit.
Aber auch hier besteht die Gefahr, dass die externen Geldzuflüsse neue Abhängigkeiten entstehen lassen, da der Entwicklung keine endogenen Mechanismen zugrunde liegen. Zudem werden viele Projekte nach ihrer Umsetzung nicht nachhaltig weiterverfolgt und verlaufen somit möglicherweise im Sande.
Aus diesen Anfangsfehlern entwickelte sich in der mexikanischen Provinz Zacatecas die staatlich geleitete Initiative Tres por uno ("Drei für Einen"). Sie versucht, die Rücküberweisungsgelder in produktive Vorhaben zu kanalisieren. Die Regierungen des Staates, des Landes und der Gemeinde geben zu jedem Dollar, der in Gemeinschaftsprojekte von Migrantenverbänden fließt, jeweils einen Dollar aus den eigenen Kassen dazu. Der große Vorteil dieser Initiative liegt nicht nur in der Mischfinanzierung, sondern auch in der verstärkten Zusammenarbeit zwischen Migrantenvereinigungen (sog. hometown associations) im Ausland, den lokalen Gemeinden und der Regierung. Die 1986 ins Leben gerufene Kooperation stellte von Anfang an das Zusammenwirken auf sozialer und politischer Ebene in den Vordergrund. Synergieeffekte und Lernprozesse, die aus dem Zusammentreffen der Interessengruppen entstehen, sind ihr eigentlicher Gewinn. Denn auch diese Initiative konnte trotz der Umsetzung von Baumaßnahmen für die Allgemeinheit noch keinen Anstoß für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum geben.
Stefanie Hertlein studiert Geografie, Wirtschaftspolitik und Ethnologie an der Universität Freiburg.
Florin Vadean ist Mitglied der Migration Research Group, Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), Promotionsstudent im Fach Volkswirtschaft an der Universität Hamburg und Research Fellow der Research on Immigration and Integration in the Metropolis (RIIM), Vancouver, Kanada.
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