Wie wir über Russland sprechen?! LOKAL DEKOLONIAL - Perspektiven auf und aus PostOst
In Deutschland wird viel über Russland gesprochen – vor allem im Hinblick auf Politik, Migrationsgeschichten oder Wirtschaft. Hierbei wird unser Bild von Russland immer wieder stark durch mediale Darstellungen und politische Debatten geprägt – vor allem seit dem Angriffskrieg, den Russland gegen die Ukraine führt. Doch welche Stimmen bleiben dabei oft ungehört und welche historischen als auch gesellschaftlichen Hintergründe sind dabei bedeutend? Und wie unterscheiden sich die Perspektiven und Narrative – wenn wir Menschen mit russischen und anderen Migrationsbiografien mitdenken? Diese und weitere Fragen im aktuellen gesellschaftlichen Kontext sollen auf der Veranstaltung diskutiert werden. Die Historikerin Prof. Dr. Botakoz Kassymbekova (Professorin für Osteuropäische Geschichte an der Universität Zürich) eröffnet den Abend mit einem Impuls zur kolonialen Geschichte Russlands – und deren Spuren bis in die Gegenwart.
Anschließend zeigen wir den Dokumentarfilm Where Russia Ends (2024) des ukrainischen Regisseurs Oleksiy Radynski, basierend auf Archivmaterial ukrainischer Expeditionen in Sibirien aus den 1980er Jahren. Der Film beleuchtet Zusammenhänge zwischen Ausbeutung von Ressourcen, ökologischen Auswirkungen und der Verdrängung indigener Lebensräume in Russland.
Diese historischen Kontinuitäten imperialer Politik und ihre Bedeutung für unser Zusammenleben heute stehen im Mittelpunkt der anschließenden Diskussion.
Prof. Dr. Tanja Penter (Universität Heidelberg) moderiert das Gespräch mit Prof. Dr. Botakoz Kassymbekova, Philip Goll (Kulturforscher und Ko-Autor des Films) und Marina Solntseva (Politikwissenschaftlerin und Künstlerin). Gemeinsam diskutieren sie, wie diese Themen auch in Heidelberg und im aktuellen öffentlichen Diskurs präsent sind.
Ein Abend, der neue Perspektiven eröffnet – und zum Nachdenken über Geschichte, Gegenwart und Verantwortung anregt. An der Gestaltung des Abends ist der Externer Link: Karlstorbahnhof e.V. beteiligt.
Philip Goll
Philip Goll ist promovierter Kulturwissenschaftler und hat Medienwissenschaften, Slawistik und Europäische Ethnologie in Siegen, Wrocław/Poland, Berlin und Frankfurt an der Oder studiert. Er lebt und arbeitet in Berlin als freischaffender Autor, Übersetzer und Kulturforscher inspiriert von Methoden der künstlerischen Forschung, Wissensvermittlung und Tanz. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine widmet er sich in seiner Arbeit verstärkt der Geschichte des deutsch-russischen Gashandels, u.a. in Ausstellungen, Übersetzungen und Aufsätzen.
Botakoz Kassymbekova
Prof. Dr. Botakoz Kassymbekova ist Historikerin mit Schwerpunkt auf sowjetischer und zentralasiatischer Geschichte. Sie wuchs in Zentralasien auf und studierte zunächst an der American University of Central Asia in Bischkek, bevor sie einen Masterabschluss an der University of Essex erwarb. Ihre Promotion schloss sie 2012 an der Humboldt-Universität zu Berlin ab. Kassymbekova forscht insbesondere zur politischen Gewalt, Biopolitik und Erinnerungskultur in der Sowjetunion, mit einem Fokus auf Zentralasien. Sie lehrt und forscht derzeit am Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte der Universität Zürich.
Tanja Penter
Prof. Dr. Tanja Penter ist Professorin für Osteuropäische Geschichte an der Universität Heidelberg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf der Geschichte der Sowjetunion, insbesondere der Ukraine und des Donbass im 20. Jahrhundert, sowie auf Arbeitsgeschichte, Gewaltgeschichte und Transitional Justice. Sie hat sich intensiv mit der Erinnerungspolitik in postsowjetischen Staaten befasst und zahlreiche Beiträge zur historischen Aufarbeitung des Stalinismus und des Zweiten Weltkriegs in Osteuropa veröffentlicht.
Oleksiy Radynski
Oleksiy Radynski (geb. 1984) ist ein Filmemacher und Autor aus Kyjiw. Seine dokumentarischen Arbeiten wurden international gezeigt, etwa bei den Kurzfilmtagen Oberhausen, wo sein Film Chornobyl 22 2023 den Großen Preis gewann. Er schreibt u. a. für e-flux journal und The Atlantic und beschäftigt sich mit den ökologischen und politischen Folgen des russischen Imperialismus. Radynski ist Teil des Reckoning Project zur Dokumentation russischer Kriegsverbrechen.
Marina Solntseva
Marina Solntseva ist Doktorandin im DFG-Projekt „Imperiale Ätiologie“ an der FAU Erlangen-Nürnberg. Zuvor forschte sie an der Humboldt-Universität zu Berlin zur Protestwahrnehmung in autoritären Regimen mit Fokus auf Russland und Belarus. Sie arbeitete unter anderem bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und war am Projekt „A New Western Ostpolitik“ in Kooperation mit der Johns Hopkins University beteiligt. Ihre Interessen gelten politikwissenschaftlichen Zugängen zu Autoritarismus, Erinnerungskultur und postkolonialen Perspektiven im urbanen Raum.
Diese Veranstaltung ist Teil der Reihe Externer Link: LOKAL DEKOLONIAL in Heidelberg und Leipzig, einer Kooperation der bpb mit Externer Link: Mosaik Deutschland e.V. Heidelberg und dem Externer Link: Referat internationale Zusammenarbeit der Stadt Leipzig
Hinweise zur Veranstaltung
Veranstaltungsadresse:
Karlstorbahnhof, Zentrale, Marlene-Dietrich-Platz 3, 69126 Heidelberg
Veranstalter:
Bundeszentrale für politische Bildung in Kooperation mit Mosaik Deutschland e.V.
Zielgruppe:
Interessierte Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte
Anmeldung:
Teilnahmegebühr: kostenfrei
Sprache der Veranstaltung: Deutsch