Zwar haben Sünde und Buße als machtvolle Instrumente zur sozialen Disziplinierung weitgehend ausgedient, aber die kulturellen Spuren des Sündenkonzeptes sind allgegenwärtig. So hängt die Idee individueller Eigenverantwortung mit der Rezeptionsgeschichte der "Erbsünde" zusammen; zugleich lässt sich die hierarchische Geschlechterordnung auch auf die jahrhundertelange Deutung des "Sündenfalles" zurückführen.
Die Beschäftigung mit Schuld und Sühne führt unweigerlich zu Fragen der Moral – was gilt (noch) als ethisch vertretbar, was nicht? Und welchen Platz hat Moral in der Politik, welche Wertvorstellungen und Menschenbilder liegen Gesetzen zugrunde? Letztlich: Was ist das "gute" Leben?
Heiko Ernst
Die Sieben Todsünden: Heute noch relevant? - Essay
Weil die sogenannten Todsünden offensichtlich anthropologische Konstanten erfassen, taugen sie dazu, auch das Verhalten zeitgenössischer Menschen zu reflektieren und den Gestaltwandel der moralischen und ethischen Probleme ihrer Gesellschaften zu untersuchen. Manche Todsünde gilt heute gar als Tugend.
Friedrich Wilhelm Graf
Sünde, Schuld(en) und Recht - Essay
Die uralte Sündenlehre kann dafür sensibilisieren, dass auch die Welt der Wirtschaft und der Rechtskultur voraussetzungsreicher und kulturell pfadabhängiger ist, als vielfach angenommen. Es wird der Versuch unternommen, den lebensdienlichen Sinn alter religiöser Symbole wie Sünde und Schuld zu erläutern.
Ulrike Auga
Erfindungen von Sünde und Geschlecht
Frauen werden häufig als Verführerinnen und Verantwortliche für das Böse in der Welt gekennzeichnet. Auch christliche Traditionslinien wählten die Erzählung vom „Sündenfall“, um daraus die Lehre von der „Erbsünde“ zu entwickeln. Es zeigt sich jedoch, dass dieses in den Bibeltexten so nicht einmal vorkommt.
Gesine Palmer
Das seltsame Erbe der Sünde - Essay
Die Idee der Erbsünde mutet an wie ein Exzess der Unfreiheit, wie eine Entwürdigung der menschlichen Natur. Doch wer genauer hinsieht, könnte bemerken, dass sie auf verständliche Weise mit der Idee der Eigenverantwortung jedes Einzelnen und also mit dem Gedanken universaler Menschenrechte verbunden ist.
Detlef Kühn
Der neue Mensch. Zur trügerischen Vision menschlicher Vollkommenheit - Essay
Seit Urzeiten ist der Mensch mit sich unzufrieden. Daraus entstand die Sehnsucht nach einem neuen, besseren Menschen. Meist war sie mit der Utopie von einer anderen, besseren Gesellschaft verbunden. Mal sollte am Anfang der neue Mensch stehen, mal die neue Gesellschaft. Bislang ist der Plan nie aufgegangen.
Dirk Schindelbeck
Vom Überlebensmittel zum Laster: Zur Kulturgeschichte der Zigarette
Die Symbolwelten, welche die Zigarette des Jahres 2014 von jener des Jahres 1914 unterscheiden, beschreiben einen Gegensatz, der größer nicht sein könnte. Während die Zigarette im Ersten Weltkrieg für viele Soldaten ein Überlebensmittel war, ist sie heute unwiderruflich als Gesundheitsrisiko diskreditiert.
Publikation zum Thema
APuZ - Jahresband 2014
Der APuZ-Jahresband 2014: Sämtliche Ausgaben der Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" aus dem Jahr 2014.Weiter...