Auswirkungen staatlicher Rahmenbedingungen und kultureller Leitbilder auf das Geschlechterverhältnis
Deutschland und Finnland
Tätigkeitsmuster von Frauen und Männern
Unverkennbar haben sich die Erwerbsmuster von Frauen in Europa seit den sechziger Jahren gewandelt. Seit dieser Zeit ist die Zahl registrierter Beschäftigungsverhältnisse kontinuierlich gestiegen. Ulrich Beck spricht in diesem Zusammenhang von einem "Modernisierungsschub".[4] Allerdings lassen die statistischen Auswertungen einen deutlichen Unterschied zwischen Finnland und Deutschland erkennen. Während in Finnland 1960 bereits zwei Drittel der Frauen einer Erwerbstätigkeit nachgingen, war es zu diesem Zeitpunkt in Deutschland lediglich die Hälfte aller Frauen. Bis 1999 stieg der Anteil der erwerbstätigen Frauen in Finnland auf ca. 70, in Deutschland auf etwas über 55 Prozent.[5]
Bezüglich der Arbeitszeitstrukturen zeigen die statistischen Daten, dass sich in Deutschland der Anteil teilzeitbeschäftigter Frauen von 25 Prozent zu Beginn der siebziger Jahre auf nahezu 33 Prozent im Jahre 1999 erhöht hat. In Finnland hingegen spielt Teilzeitarbeit von Frauen nur eine marginale Rolle. Dort stieg ihr Anteil nur geringfügig von 10 Prozent Ende der siebziger auf 13 Prozent Ende der neunziger Jahre.[6] Für finnische Frauen stellt Teilzeitarbeit offensichtlich keine Option dar, und ihr Erwerbsverhalten ähnelt dem finnischer Männer. Beide Geschlechter sind vom Eintritt ins Erwerbsleben bis zur Rente in Vollzeit beschäftigt.[7]
Warum nehmen Frauen in Deutschland eine Teilzeitbeschäftigung auf? Denkbar wäre, dass diese Arbeitsform insbesondere beim Eintritt ins Erwerbsleben oder an dessen Ende gewählt wird.[8] Ein Forschungsprojekt des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit belegt aber, dass Frauen insbesondere nach Mutterschaftsurlaub und Elternzeit eine Teilzeitarbeit der Vollbeschäftigung vorziehen. Der Teilzeitjob erweist sich damit als Domäne von Müttern.[9]
Zur Beurteilung der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt sind quantitative Analysen nur begrenzt aussagekräftig. Daneben gilt es auch zu fragen, in welchen Berufen und Positionen Männer und Frauen beschäftigt sind. Unter diesem Aspekt lassen sich für beide Länder Gemeinsamkeiten finden. Obwohl die Arbeitsmarktintegration von Frauen in Finnland besser gelungen ist als in Deutschland, unterscheiden sich ihre Berufsfelder in beiden Ländern nur marginal. Hier wie dort dominieren Frauen in den sozialen Dienstleistungsberufen und sind meist im öffentlichen Sektor beschäftigt, während Männer überwiegend in sonstigen Dienstleistungsberufen in der Privatwirtschaft und in Industrieberufen arbeiten.[10] Auch bei der Betrachtung der beruflichen Positionen zeigen sich in beiden Ländern die gleichen Muster: Hoch dotierte Führungspositionen werden vorwiegend von Männern bekleidet, Frauen hingegen finden sich überwiegend auf den unteren Hierarchieebenen.[11]
Die Veränderungsprozesse bei der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt hatten auch Auswirkungen auf das Verhältnis von bezahlter zu unbezahlter Arbeit. Eine jüngst erschienene europäische Vergleichsstudie kann die Sonderrolle Finnlands im europäischen Kontext untermauern. Die Untersuchung ergab, dass finnische Frauen insgesamt weniger Zeit mit unbezahlter Haus- und Sorgearbeit verbringen. Diese wird in höherem Maße über staatliche Angebote abgedeckt als in anderen Ländern, wo sie unbezahlt - als Hausarbeit - erledigt wird.[12] Dessen ungeachtet arbeiten Frauen auch in Finnland - ähnlich wie in Deutschland - mehr im gemeinsamen Haushalt als Männer, und dies trifft auch dann zu, wenn beide Partner Vollzeit arbeiten.
Daneben bestätigen Zeitbudget-Studien, dass auch die Tätigkeiten in beiden Ländern in traditioneller Weise zwischen Männern und Frauen aufgeteilt werden: Frauen sind hauptverantwortlich für die täglich anfallenden Erledigungen wie z.B. das Kochen, Saubermachen, Einkaufen und die Kinderbetreuung. Handwerkliche Arbeiten wie beispielsweise kleinere Autoreparaturen und das Instandhalten der Wohnung bzw. des Hauses liegen hingegen eher im Zuständigkeitsbereich der Männer.[13]