Ost-westdeutsche Integrationsbilanz
Das Ausmaß der Desintegration und der subjektiven Wahrnehmung von Benachteiligung ist in Ostdeutschland höher – mit Folgen insbesondere für schwache gesellschaftliche Gruppen.Einleitung
Fast 20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer sind abwertende Einstellungen gegenüber schwachen Gruppen in Ost- und Westdeutschland nach wie vor unterschiedlich ausgeprägt. Die Analysen zum Thema "Grup-penbezogene Menschenfeindlichkeit" (GMF), d.h. zu abwertenden Einstellungen gegen-über Minderheiten und schwachen Gruppen in der Gesellschaft,[1] bestätigten immer wieder, dass in Ostdeutschland rassistische, islamophobe und fremdenfeindliche Einstellungen weiter verbreitet sind als in Westdeutschland. Aus welchen Gründen kommt es zu dieser unterschiedlichen Einstellungsverteilung?Im Forschungsprojekt "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" rückte diese Differenz bereits mehrfach in den Fokus von Ursachenanalysen. Wir konnten anhand der Daten der jährlich erhobenen repräsentativen Bevölkerungsbefragungen zeigen, dass die unterschiedlichen Lebensbedingungen und wechselseitigen Wahrnehmungen in den beiden Landesteilen die unterschiedlichen Einstellungen gegenüber schwachen Gruppen begründen.[2] Anlässlich der nun fast 20-jährigen gemeinsamen Geschichte von Ost- und Westdeutschland richten wir unseren Blick hier auf die Integrationsbilanz, d.h. auf die Frage nach dem gesellschaftlichen Zusammenwachsen. Konnten annähernd gleiche Teilhabechancen in beiden Landesteilen etabliert werden? Wie ist das Verhältnis der Deutschen zueinander, und wie hängt dieses wechselseitige Verhältnis mit Einstellungen gegenüber Minderheiten und schwachen Gruppen in Deutschland zusammen?