Vor 60 Jahren nahm das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe seine Arbeit auf. Als "Hüter der Verfassung" trägt es dazu bei, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen. Seine Rechtsprechung wirkt als Schrittmacher gesellschaftlicher Integration und verändert den deutschen Rechts- und Sozialstaat nachhaltig.
Als "Letztinterpret" des Grundgesetzes bewegt sich das Bundesverfassungsgericht im Spannungsfeld zwischen Recht und Politik. Es genießt großes Vertrauen in der Bevölkerung, seine Urteile, Beschlüsse und Verlautbarungen stoßen weitgehend auf Akzeptanz. Dieses Vertrauen kann erschüttert werden, wenn das Gericht zunehmend die Aufgabe des Gesetzgebers übernimmt oder in diese Rolle gedrängt wird. Denn die Verfassung sieht vor, dass politische Konflikte primär im parlamentarischen Raum gelöst werden sollen.
Udo Di Fabio
Vom Recht, Recht zu sprechen: Die Legitimation des Bundesverfassungsgerichts - Essay
Die Welt des 21. Jahrhunderts ist eine polyzentrische, in der auch das Recht grenzüberschreitender verflochten ist. Welchen Beitrag leisten Verfassungsorgane, die Identität der Verfassung unter gewandelten Bedingungen wirksam zu halten?
Rosemarie Will
Bedeutung der Menschenwürde in der Rechtsprechung - Essay
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, ob und wann die Würde eines Menschen verletzt ist. Doch wie kann man das juristische Dilemma, das durch die normativ unscharfen Interpretationen der Menschenwürde entstanden ist, beheben?
Hans Vorländer
Regiert Karlsruhe mit? Das Bundesverfassungs-
gericht zwischen Recht und Politik
Das Bundesverfassungesgericht ist ein Machtfaktor im politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Die Stärke des Gerichts in Karlsruhe liegt in ihrer Deutungsmacht begründet, die vom Vertrauen der Bevölkerung gestützt wird.
Uwe Kranenpohl
Hinter verschlossenen Türen: Beratungsgeheimnis des Bundesverfassungs-
gerichts
Der interne Entscheidungsprozess ist von widerstreitenden Prinzipien gekennzeichnet: Einerseits sind die Abläufe durch Arbeitsteilung gekennzeichnet; andererseits ist jede Entscheidung Ergebnis eines gemeinschaftlichen Arbeitsprozesses.
Gary S. Schaal
Das Bundesverfassungs-
gericht als Motor gesellschaftlicher Integration?
Der Aufsatz identifiziert zwei Formen der Integration durch Verfassungsrechtsprechung: qua Konsens und qua Konflikt. Beide Integrationsmodelle werden anhand einer Diskussion von vier Entscheidungen exemplarisch dargestellt.
Eva Kocher
Bundesverfassungs-
gericht und Verrechtlichung auf europäischer Ebene: Das kollektive Arbeitsrecht
Das BVerfG ist nicht zwangsläufig die erste Instanz, um im Arbeitsrecht problematischen Rechtsentwicklungen auf europäischer Ebene etwas entgegenzusetzen. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof könnte eine wichtige Rolle spielen.
Uwe Wesel
Recht, Gerechtigkeit und Rechtsstaat im Wandel - Essay
Das formelle und materielle Rechtsstaatsverständnis unterliegt dem Wandel der Zeit. 1951 wurde das Bundesverfassungsgericht eingerichtet. Seine Rechtssprechung trug wesentlich zur Weiterentwicklung des Rechtsstaats bei.
Winfried Hassemer
Strafrechtliche Aufarbeitung von Diktaturvergangenheit - Essay
Die Herausforderungen liegen in der Rechtsordnung einer Gesellschaft: das Verhältnis von Gerechtigkeit und Rechtsstaat, die Möglichkeiten des (Straf-)Rechts und Anforderungen, die eine Rechtskultur an das Konzept einer "Lösung" richtet.
Dossier
Deutsche Demokratie
In der deutschen Demokratie ist die Macht auf mehr als 80 Millionen Menschen verteilt: Alle Bürger sind für den Staat verantwortlich. Aber wie funktioniert das genau? Wer wählt den Kanzler, wer beschließt die Gesetze? Und wie wird man Verfassungsrichter?