Zukünftige Herausforderungen
Die mittelfristigen Perspektiven Marokkos im Bereich Migration hängen fundamental vom zukünftigen wirtschaftlichen Wachstum ab, und davon, inwieweit bürgerliche Freiheiten gestärkt werden und sich wirkliche Demokratisierung vollziehen kann.
Nach Jahren intensiven Bevölkerungswachstums wird sich die demografische Entwicklung in der Zukunft verändern. Das gängige Bild von Marokko als einem fast unerschöpflichen Quell junger, arbeitsloser Menschen, die bereit sind, nach Europa zu ziehen, sobald sich nur die Möglichkeit dazu bietet, verschließt sich der Tatsache, dass die Geburtenrate in Marokko eindrucksvoll zurückgegangen ist: von etwa 7,1 im Jahre 1965 (dem Beginn der 'Gastarbeiter'-Wanderung nach Europa) auf 2,5 um das Jahr 2000.
Wenn der gegenwärtige Trend anhält und die marokkanische Wirtschaft weiter wächst, eröffnen sich den nächsten auf den Arbeitsmarkt strömenden Generationen einzigartige Möglichkeiten, die ein in den nächsten Jahrzehnten rapide sinkendes Auswanderungspotenzial zur Folge haben könnten. Diese Entwicklung könnte Marokko auch als Migrationsziel noch attraktiver machen, was mit wachsender Zuwanderung und Ansiedlung aus Subsahara-Afrika einhergehen würde.Wie es scheint, hat dieser Prozess mit zunehmender Transsahara-Migration bereits begonnen.
Wenn jedoch gegenwärtige Reformen und wirtschaftliches Wachstum nicht gestärkt werden, könnte sich Marokkos Migrationswelle zu einem semipermanenten 'Migrationsplateau' ausdehnen oder umformen. Diese Stärkung hängt zwar hauptsächlich von innenpolitischen Faktoren ab, aber auch die Implementierung und die Auswirkungen der Freihandelszone zwischen Marokko und der EU werden dabei eine fundamentale Rolle spielen.

Dies könnte eine Ära wachsender afrikanischer Migration nach und Ansiedlung in Marokko, und die eines Nebeneinanders von Zuwanderung und Auswanderung einläuten, wie es für Länder in Übergangsphasen typisch ist. Interessanterweise könnte diese Übergangsphase Marokkos historische Funktion als Brücke zwischen Subsahara-Afrika, Nordafrika und Europa wiederherstellen.