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75 Jahre IWF: Währungshüter in Krisenzeiten | Hintergrund aktuell | bpb.de

75 Jahre IWF: Währungshüter in Krisenzeiten

Redaktion

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Am 1. März 1947 nahm der Internationale Währungsfonds (IWF) seine operative Tätigkeit auf. Der IWF setzt sich seither für die Förderung des Welthandels und die Stabilisierung des internationalen Währungssystems ein. Die UN-Sonderorganisation versteht sich als Krisenhelferin. Doch es gibt auch Kritik.

Das Logo des Internationalen Währungsfonds am IWF-Gebäude in Washington. (© picture-alliance, ASSOCIATED PRESS | Andrew Harnik)

Im Juli 1944 beschlossen die Teilnehmer der Währungs- und Finanzministerkonferenz der Vereinten Nationen im US-amerikanischen Bretton Woods die Gründung des Externer Link: Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie der Interner Link: Weltbank. Die Idee, Währungen möglichst weltweit zu regulieren, hatte in Nordamerika und Europa zahlreiche Anhänger. Ein Grund dafür war die Weltwirtschaftskrise ab Ende der 1920er-Jahre, die auf beiden Seiten des Atlantiks viele Menschen in die Armut gestürzt hatte. Die damals grassierende Massenarbeitslosigkeit war nach Ansicht von Ökonomen nicht zuletzt Folge protektionistischer Maßnahmen, Abwertungswettläufe bei den Währungen und Einschränkungen des Devisenmarkts, denen man fortan mit einer neuen Weltwährungsordnung begegnen wollte.

Zentrales Ziel der Konferenz von Bretton Woods war die Schaffung eines Systems fester Wechselkurse. Währungen sollten stets gegeneinander getauscht werden können, um den Handel zwischen den Staaten zu erleichtern. Zuständig für die Einhaltung des in Bretton Woods festgelegten Systems sollte der IWF mit Sitz in Washington, D.C. sein.

Fast alle Staaten der Welt sind Mitglied im IWF

Die zunächst 39 Mitglieder zählende Institution wurde am 27. Dezember 1945 offiziell gegründet und nahm am 1. März 1947 ihre operative Geschäftstätigkeit auf. 1952 trat die Bundesrepublik Interner Link: dem IWF bei. Aktuell hat der IWF 190 Mitgliedsländer. Nur wenige Staaten wie etwa Kuba gehören dem Währungsfonds nicht an. Während die Führung der Interner Link: Weltbank stets unter amerikanischer Leitung steht, liegt die Führung des IWF bislang immer in europäischer Verantwortlichkeit. Derzeitige Direktorin und damit IWF-Chefin ist die Bulgarin Kristalina Georgieva. Der IWF hat rund 2700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 150 Ländern.

Über die laufende Geschäftsführung des IWF verfügt das Exekutivdirektorium mit seinen 24 Mitgliedern. Oberstes Leitungsgremium des IWF ist der Gouverneursrat. In dem Rat ist jedes Mitgliedsland mit einer Gouverneurin oder einem Gouverneur und deren Stellvertretung vertreten. Häufig setzen sie sich aus den Präsidentinnen und Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedstaaten und den Finanzministerinnen und -ministern zusammen. Sie entscheiden über zentrale Fragen wie die Aufnahme neuer Mitglieder, die Verteilung der Anteile der Mitglieder am Fonds oder die Neuzuteilung sogenannter Interner Link: Sonderziehungsrechte (SZR).

Sonderziehungsrechte sind eine Art künstliche Reservewährung, die als Zahlungsmittel zwischen den Währungsbehörden der jeweiligen Länder dient. Sie sind eine finanzielle Rücklage, die jederzeit in andere Währungen wie den Dollar eingetauscht werden kann. SZR sind vergleichbar mit der Gewährung eines Dispositionskredits, wenn die eigenen Währungsreserven knapp werden. Seit 1969 darf der IWF den Mitgliedstaaten in Krisenzeiten durch die Zuteilung solcher Sonderziehungsrechte zusätzliche Liquidität zur Verfügung stellen.

Das Hauptziel des IWF besteht bis heute darin, die Stabilität des internationalen Währungssystems zu sichern. Ein funktionierendes System der Wechselkurse und internationaler Zahlungen ermöglicht es Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern sowie Staaten, Güter und Dienstleistungen voneinander zu kaufen.

Der Internationale Währungsfonds setzt sich nach eigenen Angaben für die Ausweitung des Welthandels sowie für eine Steigerung des Lebensstandards und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in seinen Mitgliedsstaaten ein. Er habe es sich auch zum Ziel gesetzt, die Armut insbesondere in Ländern des globalen Südens zu bekämpfen. Der IWF soll die Anfälligkeit der Staaten gegen Wirtschafts- und Finanzkrisen und das Ungleichgewicht in den Zahlungsbilanzen der Mitglieder verringern. Darüber hinaus berät er seine Mitglieder in wirtschafts-, fiskal-, wechselkurs- und geldpolitischen Angelegenheiten.

Nicht zuletzt bewertet und analysiert der IWF mögliche Risiken für wirtschaftliche und fiskalische Instabilität in seinen Mitgliedsstaaten. Auch im Falle von Naturkatstrophen hilft die Organisation.

Die Rolle des IWF in wirtschaftlichen Krisenzeiten

Als Reaktion auf die Corona-Pandemie stockte der IWF die Sonderziehungsrechte seiner Mitgliedsstaaten im August vergangenen Jahres um insgesamt rund 650 Milliarden Euro auf. Messgröße für den SZR-Anteil, den jeder Staat zugeteilt bekam, war die IWF-Quote der Mitgliedstaaten und die relative Wirtschaftskraft der Länder. Die von der Corona-Pandemie im Verhältnis zu den Industriestaaten härter betroffenen Länder erhielten aus den Hilfen gut 42 Prozent, also etwa 193 Milliarden Euro. Frankreich hatte im vergangenen Jahr darauf gedrängt, dass reiche Länder ihre Sonderziehungsrechte möglichst an die ärmsten Länder, insbesondere in Afrika, umverteilen. Auf Deutschland entfielen etwa 30 Milliarden Euro. Die Länder können diesen neuen finanziellen Spielraum bei der Krisenbewältigung und für die wirtschaftliche Erholung einsetzen.

Für die Nutzung der SZR stellt der IWF normalerweise keine Bedingungen. Zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie hat der IWF zudem einen vorübergehenden Schuldenerlass für die 25 ärmsten Mitgliedsländer veranlasst, der im April 2022 ausläuft.

Der IWF organisiert mögliche Schuldenerlasse bei Staaten mit sehr hohen Verbindlichkeiten und koordiniert die Vergabe von Hilfskrediten an Mitglieder, die vorübergehend in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Die Vergabe von Überbrückungskrediten bei Zahlungsbilanzdefiziten wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer wichtiger. Bei der Bekämpfung der Ende 2007 ausgebrochenen internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise und der Interner Link: Europäischen Schuldenkrise übernahm der IWF eine wichtige Rolle und gewährte etwa Griechenland und Argentinien Milliardenkredite.

Zuletzt vergab der IWF vermehrt zinslose Darlehen. Der Währungsfonds setzt für seine Finanzhilfen die Währungsreserven seiner Mitgliedsländer ein. Kredite des IWF für überschuldete oder kurzfristig in Probleme geratene Staaten sind allerdings in der Regel an umfassende wirtschaftspolitische Reformen zur Sanierung der Wirtschaft des Empfängerlandes geknüpft. So wurden Staaten, die Kredite aufnahmen, in den vergangenen Jahren vom IWF beispielsweise dazu verpflichtet, öffentliche Ausgaben zu reduzieren und die Privatisierung von Staatsbetrieben zu fördern.

Mehr Mitspracherecht für Schwellenländer

Die Stimmrechtsanteile, also das Mitspracherecht beim IWF, werden maßgeblich durch die Quoteneinzahlung der Mitgliedsstaaten bestimmt. Diese sind gleichzeitig die wichtigste Quelle für die finanziellen Mittel des Währungsfonds. Die Quoten der einzelnen Staaten werden auf der Grundlage ökonomischer Faktoren wie etwa dem Bruttoinlandsprodukt, dem Anteil am Welthandel oder den Währungsreserven berechnet. Sie bilden bei einzelnen IWF-Krediten die Basis für die Ermittlung der Kredithöhe, die die Mitglieder in Anspruch nehmen können.

Noch immer sind die traditionellen Industriestaaten im Gouverneursrat dominant. Die USA vereinen 16,5 Prozent der Stimmanteile auf sich. Da wichtige Entscheidungen des IWF eine Zustimmung von 85 Prozent benötigen, verfügen die Vereinigten Staaten als einziges Land über eine Sperrminorität. Japan hat aktuell einen Stimmanteil von 6,1 Prozent, Deutschland 5,3 und Frankreich sowie das Vereinigte Königreich jeweils gut vier Prozent. China kommt mittlerweile auf rund 6,1 Prozent.

Die Stimmrechtsanteile sollen seit 2010 reformiert und nicht mehr ausschließlich nach den Kapitalanteilen gewichtet werden. Im Rahmen eines 2011 beschlossenen Reformschritts bekamen Schwellenländer und insbesondere China bereits ein größeres Mitspracherecht. Weitere Reformen scheiterten bislang an der Blockade der USA, die durch ihre Stimmanteile wichtige Entscheidungen verhindern kann.

Kontroversen um den IWF

Nicht nur die Stimmrechtsaufteilung sorgte in den vergangenen Jahren für Kritik Interner Link: am IWF. Für Unmut sorgten etwa die Konditionen, zu welchen wirtschaftlich schwache Länder Hilfskredite bekommen (s. Externer Link: Washington Consensus). Streichungen von Sozialleistungen führten mitunter zur Verarmung von Teilen der Bevölkerung. Zum Teil kauften ausländische Konzerne als Folge der IWF-Politik auch Bereiche der Daseinsvorsorge auf – mitunter mit fatalen Folgen für die jeweiligen Länder. Der IWF überschreite mit solchen Verpflichtungen seine vor allem auf Währungsfragen ausgerichtete Kompetenz und schränke die Souveränität der einzelnen Staaten zu stark ein, so die Kritik von Gegnern des IWF.

Weiter wird kritisiert, der IWF habe sich den Interessen der reichen Länder verschrieben. Zu häufig stehe der Schutz der Gläubiger im Mittelpunkt, gehe es bei Hilfen für arme Länder vor allem darum, die Kredite von Banken und Industriestaaten vor einem Ausfall zu schützen. Marktöffnungen hätten in armen Ländern dazu geführt, dass heimische – vor allem landwirtschaftliche – Produkte verdrängt worden seien. Der IWF hat in der Vergangenheit zum Teil auf die Kritik reagiert und Konditionen und Auflagen bei der Kreditvergabe überarbeitet sowie die Wirkung der eigenen Programme überprüft.

Im vergangenen Jahr wurden Datenmanipulationsvorwürfe gegen die IWF-Spitze bekannt. IWF-Chefin Kristalina Georgieva wurde vorgeworfen, sie habe in ihrer Zeit bei der Weltbank die Schönung eines Berichts zum Geschäftsklima in China veranlasst. Aus Mangel an eindeutigen Beweisen durfte sie ihr Amt jedoch behalten.

Der IWF wurde auch in der Hoffnung geschaffen, dass wirtschaftliche Stabilität Demokratien stützen kann. Doch mitunter haben seine Maßnahmen Kritikerinnen und Kritikern zufolge sogar zur Verstärkung von Krisen beitragen. Zugleich haben autoritäre Staaten wie China innerhalb der UN-Sonderorganisation in den vergangenen Jahren an Macht gewonnen.

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