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9. Oktober: Landtagswahl in Niedersachsen

Redaktion

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Bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 9. Oktober 2022 wurde die SPD stärkste Partei. Die CDU kam auf Platz zwei, Grüne und AfD gewannen deutlich. Die FDP scheiterte an der Fünfprozenthürde.

Mit 33,4 Prozent der Stimmen wurde die SPD unter Ministerpräsident Stephan Weil bei der Landtagswahl in Niedersachsen stärkste Partei. (© picture-alliance/dpa)

Aus der Landtagswahl in Niedersachsen am 9. Oktober 2022 ist die Interner Link: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) des amtierenden Ministerpräsidenten Stephan Weil als stärkste Partei hervorgegangen. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichte die SPD 33,4 Prozent der Stimmen und war damit trotz Stimmverlusten von 3,5 Prozent im Vergleich mit der letzten Landtagswahl 2017 (36,9 Prozent) stärkste Partei.

Auch die Interner Link: Christlich Demokratische Union (CDU) unter Wirtschaftsminister Bernd Althusmann musste Stimmverluste hinnehmen und erzielte ihr schlechtestes Ergebnis seit 1955. Sie erreichte 28,1 Prozent der Stimmen und verlor damit 5,5 Prozent der Stimmen (2017: 33,6 Prozent).

Anders Interner Link: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (GRÜNE): Unter einem Führungsduo bestehend aus Julia Willie Hamburg und Christian Meyer konnten die Grünen ihr letztes Wahlergebnis um 5,8 Prozent steigern und erreichten 14,5 Prozent der Stimmen (2017: 8,7 Prozent).

Zu den Verlierern der Landtagswahl zählt auch die Interner Link: Freie Demokratische Partei (FDP). Mit 4,7 Prozent der Stimmen verlor die Partei 2,8 Prozent der Stimmen (2017: 6,2 Prozent) und verpasste knapp den Einzug in den Niedersächsischen Landtag.

Im Gegensatz dazu verzeichnete die Interner Link: Alternative für Deutschland (AfD) Stimmgewinne. Sie erhielt 10,9 Prozent der Stimmen und damit 4,7 Prozent mehr als bei der letzten Landtagswahl (2017: 6,2 Prozent).

Interner Link: DIE LINKE erreichte 2,7 Prozent der Stimmen und zieht damit erneut nicht in den Niedersächsischen Landtag ein (2017: 4,6 Prozent).

Rund sechs Millionen Wahlberechtigte waren in dem viertbevölkerungsreichsten Bundesland dazu aufgerufen, mindestens 135 Abgeordnete für die neue Legislaturperiode des Landesparlaments zu bestimmen. Die Externer Link: Wahlbeteiligung lag bei 60,3 Prozent und sank damit verglichen mit der letzten Wahl um 2,8 Prozent.

So wird in Niedersachen gewählt

Interner Link: Wahlberechtigt sind Deutsche ab 18 Jahren, die seit mindestens drei Monaten ihren Hauptwohnsitz in Niedersachsen haben oder sich dort gewöhnlich aufhalten und ihr Wahlrecht nicht durch einen Richterspruch verloren haben.

Alle Wahlberechtigten haben zwei Stimmen:

  • Ausschlaggebend für die Sitzverteilung ist die Zweitstimme für die Landeslisten der Parteien: Sie bestimmt, in welchem Größenverhältnis die Parteien im Landtag vertreten sind. Parteien, die weniger als fünf Prozent der gültigen Stimmen erreichen, sind von der Sitzverteilung Interner Link: ausgeschlossen.

  • Mit der Erststimme entscheiden sich die Wählerinnen und Wähler für die Wahl eines oder einer Wahlkreisabgeordneten. Der Kandidat oder die Kandidatin mit den meisten Stimmen bekommt einen Sitz im Landtag.

Der Landtag in Niedersachsen besteht aus mindestens 135 Abgeordneten. 87 Abgeordnete werden in den Wahlkreisen direkt per Erststimme gewählt. Mindestens 48 Abgeordnete ziehen über die Landeslisten der Parteien in das Parlament ein. Gelingt es einer Partei, mehr über die Erststimme gewählte Wahlkreiskandidaten in den Landtag zu entsenden als ihr nach ihrem Zweitstimmenergebnis verhältnismäßig zustehen, so verbleiben diese zusätzlichen Parlamentssitze bei der Partei (Interner Link: Überhangmandate). Alle anderen in den Landtag eingezogenen Parteien erhalten hierfür entsprechende Ausgleichsmandate. Dementsprechend erhöht sich die Gesamtzahl der Abgeordneten.

14 Parteien traten an

Bei der Wahl traten 14 Parteien mit einer Landesliste an. Die größte Fraktion im Landtag stellte auch bisher die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). In Niedersachsen war die SPD fast 50 Jahre an der Regierung beteiligt und stellte die meiste Zeit die Ministerpräsidenten. Laut Wahlprogramm will die SPD die Wirtschaft durch die Einrichtung eines Fonds bei der Bewältigung von Digitalisierung und Klimawandel unterstützen. Bis 2040 soll das Land vollständig durch erneuerbare Energien versorgt werden.

Im Bildungsbereich will die SPD mit Spitzenkandidat Weil unter anderem eine "digitale Lernmittelfreiheit" einführen und kostenlose Tablets für alle Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellen. Mit der Gründung einer Landeswohnungsbaugesellschaft will die SPD Wohnungsnot und hohe Mieten bekämpfen. Weiterhin sollen die Polizeipräsenz, das schnelle Internet und die ÖPNV-Anbindung ausgebaut werden.

Seit 1976 standen drei Christdemokraten an der Spitze des Bundeslandes. Bernd Althusmann, stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister, führt die Partei wie schon 2017 als Spitzenkandidat in die Landtagswahl.

In ihrem Wahlprogramm setzt die CDU Akzente in der Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik. Für kleine und mittelständische Unternehmen plant sie ein Förderprogramm in Höhe von 250 Millionen Euro. Mit Blick auf die Energiekrise will die CDU erneuerbare und fossile Energieträger zur Versorgungssicherheit nutzen. Im Bereich Wohnungsbau setzt die Partei auf lokale, kommunale und private Träger. Die CDU will den Fachkräftemangel in Kitas und insbesondere in der Pflege durch duale und bezahlte Ausbildungen beheben. Die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum soll verbessert werden.

Die 1979 gegründeten niedersächsischen Grünen saßen insgesamt acht Jahre auf der Regierungsbank in Hannover – zuletzt von 2013 bis 2017. Den Landtagswahlkampf führt die Partei mit einem Spitzenduo bestehend aus Julia Willie Hamburg und Christian Meyer. Im Fokus des Wahlprogramms stehen der Klima- und Umweltschutz, aber auch sozialpolitische Themen.

Im Wahlkampf kündigen die Grünen ein "Jahrzehnt der Erneuerung und Investitionen" sowie den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft an. Sie möchten etwa ein 365-Euro-Nachverkehrsticket für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Menschen mit geringem Einkommen einführen. Die Grünen fordern einen massiven Ausbau des Radwegnetzes und der Windenergie, 100.000 weitere Sozialwohnungen sowie die Absenkung des Wahlalters.

Die FDP ist seit 1947 unregelmäßig im Landtag vertreten. Sie war in der Vergangenheit sowohl an Regierungen mit der CDU als auch mit der SPD beteiligt. Zu ihren Grundprinzipien zählt, dass individuelle Selbstverantwortung und privates Handeln Vorrang gegenüber staatlichen Eingriffen in das Marktgeschehen haben sollen.

Stefan Birkner führt die FDP erneut in den Wahlkampf. Die Liberalen fordern, den Schulen mehr Freiraum in der Unterrichtsgestaltung zu gewähren. Darüber hinaus setzt sich die Partei unter anderem dafür ein, den Betreuungsschlüssel in Kitas zu verbessern, Bürokratie abzubauen und die Digitalisierung voranzutreiben. Die FDP fordert die strikte Einhaltung der Interner Link: Schuldenbremse.

Mit 6,2 Prozent zog die Alternative für Deutschland (AfD) bei der Wahl vor fünf Jahren erstmals in den Landtag ein. Die Politikwissenschaft ordnet die AfD zumeist als rechtspopulistische Partei ein, weist aber auf die wachsende Bedeutung völkisch-nationalistischer, rassistischer und rechtsextremer Positionen hin. Die AfD wird vom Bundesamt für Interner Link: Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt. Der niedersächsische Verfassungsschutz stuft den hiesigen Landesverband seit Mai 2022 als Verdachtsobjekt ein.

Die AfD Niedersachsen gilt als extrem zerstritten. Ihre Landtagsfraktion wurde im Herbst 2020 nach heftigen internen Konflikten und Austritten mehrerer Mitglieder aufgelöst. Vorsitzender des Landesverbands ist der AfD-Bundestagsabgeordnete Frank Rinck. Die AfD kritisiert die Corona-Politik von Bund und Ländern. Wegen steigender Energiekosten will die Partei Kernkraftwerke länger nutzen und die Energiesteuer "massiv senken". Die AfD tritt für ein traditionelles Konzept von Familie, bestehend aus "Mann, Frau und gemeinsamen Kindern", ein.

Energiepreise großes Thema im Wahlkampf

Das wohl zentrale Thema im Wahlkampf war die Energiekrise und der richtige Umgang mit ihren Folgen. Fast alle größeren Parteien plädierten für eine weitere Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Ministerpräsident Weil forderte von der Bundesregierung, die Staatshilfen auszuweiten. Über die Finanzierung zusätzlicher Hilfen wie etwa einen Gaspreisdeckel herrschte zum Teil Uneinigkeit. SPD und Grüne sind für die Aussetzung der Schuldenbremse, die FDP dagegen.

Diskutiert wurde auch über den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien. Klassische landespolitische Themen wie die Bildungspolitik spielten zuletzt eine eher untergeordnete Rolle: Unterschiedliche Vorstellungen haben die Parteien etwa bei der Abschaffung der Förderschulen oder beim Ausbau von Gesamtschulen.

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