Die liberale und pro-europäische Partei der Aktion und Solidarität (Partidul Acțiune și Solidaritate, PAS) hat die Parlamentswahl in der Republik Moldau überraschend deutlich gewonnen. Sie kam auf 50,2 Prozent der Stimmen und konnte damit die absolute Mehrheit der Mandate im Parlament verteidigen. Anfang September lag die Partei bei Umfragen noch zwischen 29,7 bis 34,7 Prozent.
Zweitstärkste Kraft wurde mit rund 24,2 Prozent der „Patriotische Wahlblock“ (Blocul Electoral Patriotic, BEP), in dem sich unter anderem sozialistische und kommunistische Parteien versammelt hatten. Der Patriotische Wahlblock vertritt einen pro-russischen Kurs. Den Einzug ins Parlament schafften ebenfalls der Wahlblock „Alternative“ (Blocul politic „Alternativa”, BA) mit rund 8,0 Prozent, die pro-russische „Unsere Partei” (Partidul Nostru, PN) mit 6,2 Prozent und die Partei „Demokratie zu Hause“ (Partidul Politic Democrația Acasă, PPDA) mit 5,6 Prozent der Stimmen.
Die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Polen und Deutschland – Emmanuel Macron, Donald Tusk und Friedrich Merz – gratulierten dem moldauischen Volk in einer Externer Link: gemeinsamen Erklärung, so wörtlich, „zu seinem Bekenntnis zur Demokratie an einem entscheidenden Scheideweg”. Gleichzeitig sprachen Macron, Tusk und Merz auch die seit Monaten laufende Debatte um mögliche Manipulationsversuche bei der Wahl an. „Wir würdigen die moldauische Gesellschaft und Behörden für die friedliche Durchführung der Wahlen trotz beispielloser Einmischung Russlands, unter anderem durch Stimmenkauf und Desinformation”, so die Staats- und Regierungschefs. „Diese hybriden Versuche zielen darauf ab, die demokratischen Institutionen des Landes und seinen Weg in die Europäische Union zu untergraben. Trotz verschiedener Formen manipulativer Einmischung zur Destabilisierung des Landes haben die moldausichen Wähler erneut gezeigt, dass sie sich ihre Zukunft in Frieden und Freiheit nicht nehmen lassen werden.”
Am Wahltag kam es zu zahlreichen Bombendrohungen gegen Wahllokale. Laut Externer Link: Angaben des moldauischen Außenministeriums waren davon vor allem Einrichtungen im Ausland betroffen, so zum Beispiel in Rom, Brüssel, Genua oder Bukarest. In der Nacht zum Wahlsonntag registrierten die moldauischen IT-Behörden zudem Cyberangriffe auf die Systeme der Zentralen Wahlkommission.
Immer wieder war in den vergangenen Wochen über eine mögliche russische Einflussnahme bei der Wahl diskutiert worden. Staatspräsidentin Maia Sandu (PAS) hatte bereits Externer Link: vor der Wahl schwere Vorwürfe gegen die russische Regierung geäußert. Russland hätte Hunderte Millionen Euro ausgegeben, „um politische Parteien zu finanzieren, sogar um Wähler zu bestechen oder junge Leute auszubilden, um Destabilisierungsaktivitäten zu organisieren“.
Moldau hat am 3. März 2022 einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt – eine Woche nach Beginn der
Wer hat bisher regiert?
Die Republik Moldau ist eine parlamentarische Demokratie mit direkt gewähltem Präsidentschaftsamt. Der Ministerpräsident oder die Ministerpräsidentin wird vom Präsidenten oder der Präsidentin nach Konsultationen mit dem Parlament vorgeschlagen und muss anschließend vom Parlament bestätigt werden, geht also Externer Link: in der Regel aus der parlamentarischen Mehrheit hervor.
Die
Pro-Europäische Regierungspartei PAS
Bei der Parlamentswahl im Jahr 2021 bekam die PAS insgesamt 52,8 Prozent der abgegebenen Stimmen und damit die absolute Mehrheit im Parlament. Sie führte die Regierung seitdem ohne Koalitionspartner. Im August 2021 wurde die PAS-Politikerin Natalia Gavrilița zur moldauischen Ministerpräsidentin gewählt. Ein halbes Jahr später begann Russland mit der vollständigen Invasion der Ukraine, was direkte Auswirkungen auf Moldau hatte, das direkt an die Ukraine grenzt. Unter anderem kam es zu einem massiven Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise. Zudem gab es Befürchtungen, dass auch Moldau als frühere Sowjetrepublik ein potenzielles Angriffsziel für Russland sein könnte. Gavrilița geriet zunehmend unter Druck. Am 10. Februar 2023 reichte sie ihren Rücktritt ein.
Am 16. Februar 2023 wurde Dorin Recean als neuer Ministerpräsident von Moldau vereidigt. Er gehört keiner Partei an, war aber zuvor als innenpolitischer Berater für die moldauische Präsidentin Maia Sandu (PAS) tätig.
Sozialistische und russlandfreundliche Opposition
Die Opposition bestand in der vergangenen Legislatur an erster Stelle aus dem linken Wahlblock der Kommunisten und Sozialisten (Blocul electoral al Comuniștilor și Socialiștilor, BeCS), der bei der Wahl 2021 27,2 Prozent der Stimmen bekam.
Die pro-russische Șor-Partei (Partidul „ȘOR”, PS) erhielt damals 5,7 Prozent der Stimmen. Sie wurde im Jahr 2023 verboten, nachdem der Verfassungsgerichtshof sie als verfassungswidrig erklärt hatte. Die Partei soll im Wahlkampf nicht deklariertes Geld zur Destabilisierung der Republik Moldau eingesetzt haben, koordiniert von Russland.
Russische Einflussnahme und Wahlmanipulation
Die Republik Moldau ist seit Jahren Ziel von hybriden Angriffen seitens der Russischen Föderation. Die russische Staatsführung betrachtet alle Staaten, die territorial bis 1991 der Sowjetunion angehörten, als Teil der
Etwa 90 Prozent der Menschen in Moldau sprechen und/oder verstehen neben ihrer Muttersprache (meist der moldauische Dialekt des Rumänischen) auch Russisch – ebenfalls ein Erbe der Sowjetherrschaft. Deswegen ist es beispielsweise für russische Staats- und Propagandamedien sehr einfach, Zugang zum politischen Diskurs in Moldau zu bekommen.
Darüber hinaus versuchte Russland in der Vergangenheit auch, durch Stimmenkauf Einfluss auf Wahlentscheidungen zu nehmen: Bei der Präsidentschaftswahl 2024 und dem zeitgleich abgehaltenen Referendum über die Verankerung eines EU-Beitritts als Ziel in der Verfassung kam es zu massiven Manipulationen. Staatspräsidentin Maia Sandu sprach später vom versuchten Kauf von bis zu 300.000 Stimmen.