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Einlagensicherung, europäische | bpb.de

Einlagensicherung, europäische

L. Fischer

Im Allgemeinen ist unter Einlagensicherung der Schutz von Einlagen – also beispielsweise Bankguthaben – vor ihrem vollständigen oder teilweisen Verlust zu verstehen. Der sog. Entschädigungsfall tritt dann ein, wenn das Kreditinstitut nicht in der Lage ist, die fällige Einlage zurückzuzahlen und dazu auch zukünftig nicht in der Lage sein wird.

Die Sicherung von Einlagen kann entweder auf freiwilliger Basis oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung erfolgen. Auf europ. Ebene wurde die Einlagensicherung im Rahmen der Bankenunion durch EU-Richtlinienrecht harmonisiert. Das heißt, die Mitgliedstaaten der EU werden verpflichtet, die in der Richtlinie bestimmten Mindeststandards zur Einlagensicherung in ihr nationales Recht einzuführen. Die erste Richtlinie hierzu wurde 1994 erlassen (Richtlinie 94/19/EG), allerdings als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 hinsichtlich des Anlegerschutzes wesentlich überarbeitet und erweitert (Richtlinie 2009/14/EG). Die aktuell gültige Richtlinie trat am 2.7.2014 in Kraft (Richtlinie 2014/49/EU). In Deutschland erfolgte die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht durch das Einlagensicherungsgesetz (EinSiG).

Die Einlagensicherung dient unmittelbar zunächst dem Schutz der Anleger. Darüber hinaus soll allerdings auch das Vertrauen der Kunden in den Finanzmarkt insgesamt gestärkt werden. Dies soll insbesondere zu höherer Finanzmarktstabilität beitragen und davor schützen, dass die Kunden ihre Spareinlagen in Krisensituationen abziehen (sog. »bank run«) und so die Lage von finanziell angespannten Kreditinstituten weiter verschärfen.

Inhaltlich regelt die Richtlinie (engl. »Deposit Guarantee Scheme Directive«, abgekürzt DGSD), dass alle Kreditinstitute zum Schutz der Einlagen einem Einlagensicherungssystem angehören müssen. Im Entschädigungsfall steht dem Einleger dann ein Entschädigungsanspruch gegen das Einlagensicherungssystem zu. Dieser Entschädigungsanspruch wurde für den Regelfall von ursprünglich 20.000 Euro im Jahre 1994 auf aktuell 100.000 Euro festgelegt. Dabei gilt der Entschädigungsanspruch pro Kunde und Bank. Weiterhin gibt die Richtlinie vor, dass bei Transaktionen, die bestimmten – insbesondere sozialen – Zwecken dienen, die Deckungssumme zu erhöhen ist. Das nationale Recht sieht insoweit vor, dass die Einlagensicherung für einen bestimmten Zeitraum auf bis zu 500.000 Euro erhöht wird. Dieser Schutz greift insbesondere dann, wenn die Einlagen für die Lebensführung des Anlegers von besonderer Bedeutung sind, wie beispielsweise beim Erwerb einer privaten Wohnimmobilie. Die Einlagensicherung selbst erfolgt durch nationale Systeme, deren Handeln allerdings weitgehend harmonisiert ist und die auf europ. Ebene eng miteinander kooperieren. In Deutschland unterstehen die Einlagensicherungssysteme der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die Einlagensicherungssysteme haben zu gewährleisten, dass der zu erstattende Betrag innerhalb von 7 Arbeitstagen ab Feststellung des Entschädigungsfalles zur Verfügung steht. Für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2023 können die Mitgliedstaaten hiervon in gewissen Grenzen abweichen. Die Finanzierung der Einlagensicherungssysteme erfolgt grundsätzlich durch Finanzmittel ihrer Mitglieder. Die Finanzierung kann auch aus anderen Quellen gespeist werden, wobei eine Finanzierung aus Steuermitteln nicht vorgesehen ist. Der Steuerzahler soll für die Einlagensicherung nach Möglichkeit nicht haften. Die Richtlinie sieht vor, dass die Einlagensicherungssysteme bis zum 3.7.2024 über eine Zielausstattung von 0,8 % der Höhe der gedeckten Einlagen verfügen. Die Beiträge, die die Kreditinstitute an das Einlagensicherungssystem zu leisten haben, hängen von der Höhe der gedeckten Einlagen und der Höhe des Risikos ab, denen das jeweilige Institut ausgesetzt ist. Die Kreditinstitute haben die Anleger förmlich darüber zu informieren, wie ihre Einlagen geschützt sind.

Bereits seit einigen Jahren wird darüber diskutiert, die nationalen Einlagensicherungssysteme durch ein europ. Einlagensicherungssystem (engl. »European Deposit Insurance Scheme«, abgekürzt EDIS) zu ersetzen. Ein entsprechender Verordnungsvorschlag zur vergemeinschafteten Verwaltung der Einlagensicherung scheiterte allerdings bislang aufgrund politischer Differenzen.

Literatur

  • H. Berger: Die neue Einlagensicherung, in: Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (BKR). H. 4/2016, S. 144-152.

  • Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, 67. EL Juni 2019, Art. 63 AEUV Rn. 398.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: L. Fischer

Siehe auch:

Fussnoten

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