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Bundesamt für Migration und Flüchtlinge | bpb.de

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Jörg Bogumil Jonas Hafner

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums (BMI). Ihr Aufgabenportfolio kann grundlegend in die beiden Stränge „Migration“ und „Integration“ unterteilt werden.

Die migrationsbezogenen Aufgaben ergeben sich hauptsächlich aus der Durchführung des Asylverfahrens. Weitere Migrationsaufgaben sind u. a. die Führung des Ausländerzentralregisters (AZR), die Förderung der freiwilligen Rückkehr und die Durchführung von Resettlement-, Relocation- und humanitären Aufnahmeverfahren sowie des Aufnahmeverfahrens für jüdische Zuwanderer. Die Integrationsaufgaben umfassen v. a. die Durchführung der Integrationskurse, der berufsbezogenen Deutschsprachförderung und der Migrationsberatung, wie auch die Förderung von Integrationsprojekten. Zudem ist die Geschäftsstelle für die Deutsche Islamkonferenz beim BAMF angesiedelt. Darüber hinaus verfügt das Bundesamt über ein Forschungszentrum, welches sich mit den Themenbereichen Migration, Integration und Asyl befasst.

Asylverfahren

Das Asylverfahren ist im Asylgesetz (AsylG) geregelt, es wird durch die persönliche Antragsstellung in einer Außenstelle oder einem Ankunftszentrum des BAMF eingeleitet. Dort wird die Identität der Antragssteller erfasst und eine erkennungsdienstliche Behandlung (Anfertigung von Lichtbild und Fingerabdrücken) durchgeführt. Mithilfe nationaler Datenbanken (AZR und Datenbank des Bundeskriminalamts) wird geklärt, ob bereits ein Asylantrag in D gestellt wurde. Im sogenannten Dublin-Verfahren (gemäß Dublin-III-Verordnung) wird über das europaweite Fingerabdruck-Identifizierungssystem EURODAC geprüft, welcher europäische Staat für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig ist. Wird die Zuständigkeit Ds festgestellt, erfolgt im nächsten Schritt die persönliche Anhörung des Antragsstellers, bei welcher die Fluchtgründe dargelegt werden müssen. Auf Basis der hierdurch gewonnenen Erkenntnisse wird über den Asylantrag entschieden. Bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen erstellt das BAMF einen positiven Bescheid, andernfalls wird der Asylantrag mittels eines negativen Bescheids abgelehnt. Folgende Schutzformen sind zu unterscheiden: Die Asylberechtigung (Art. 16a GG), der Flüchtlingsschutz (§ 3 AsylG), der Subsidiäre Schutz (§ 4 AsylG) und das Abschiebungsverbot (§ 60 Abs. 5 o. 7 AufenthG).

Aufbau

Die innere Organisation des BAMF gliedert sich in zehn Abteilungen, welche in Gruppen und Referate unterteilt sind. Der Präsident des Bundesamtes wird durch das BMI bestellt und durch zwei VizepräsidentInnen unterstützt. Das BAMF verfügt neben der Nürnberger Zentrale über weitere Standorte im gesamten Bundesgebiet. In sogenannten Warteräumen und Bearbeitungsstraßen werden Asylsuchende vor der Verteilung auf die Bundesländer, die für die Erstaufnahme zuständig sind, registriert. Während in den Außenstellen und Ankunftszentren (hier bündeln BAMF und Bundesländer ihre Prozesse örtlich) die Asylverfahren durchgeführt werden, sind die Regionalstellen für die Integrationsaufgaben zuständig. In Entscheidungszentren wird über entscheidungsreife Asylverfahren entschieden und Schulungen des Personals erfolgen in Qualifizierungszentren. Für das Jahr 2019 sieht der Bundeshaushalt ein Soll von 7865 Stellen beim BAMF vor.

Entwicklung

Die Ursprünge der Behörde gehen zurück auf die Asylverordnung 1953, welche das Verfahren zur Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) regelte. Für die Durchführung des Anerkennungsverfahrens wurde die „Bundesdienststelle für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge“ eingerichtet und mit 40 Mitarbeitern ausgestattet (BAFI 2004, S. 156). Mit dem Ausländergesetz (AuslG) wurde die Behörde 1965 in „Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge“ (BAFI) umbenannt und fortan mussten auch Personen, die sich auf das Asylgrundrecht (damals Art. 16 II 2 GG) beriefen, das Verfahren beim BAFI durchlaufen – zuvor waren die Ausländerbehörden für die Asylgewährung zuständig. Die Prüfung der Anträge oblag beim BAFI weisungsunabhängigen Anerkennungsausschüssen, bestehend aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Gleiches galt für die Widerspruchsausschüsse, vor welchen gegen Entscheidungen des Anerkennungsausschusses vorgegangen werden konnte. Zur Vereinheitlichung der Spruchpraxis des Bundesamtes wurde mit dem AuslG das Amt des „Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten“ geschaffen, welcher den Weisungen des BMI unterlag und Rechtsbehelf gegen Entscheidungen des BAFI und von Verwaltungsgerichten einlegen konnte.

Zunehmende Asylbewerberzahlen führten 1978 und 1980 zu Beschleunigungsgesetzen, die die Widerspruchsausschüsse abschafften und die Anerkennungsausschüsse durch weisungsunabhängige Einzelentscheider ersetzten. 1982 trat das Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) in Kraft, in Folge dessen Art. 1 der GFK zwischenzeitlich als Anspruchsgrundlage im Asylverfahren gestrichen, später aber mit dem neuen AuslG 1990 wieder in das Asylverfahren einbezogen wurde. Zudem wurden die Ausländerbehörden durch das AsylVfG allein für die Asylantragsannahme zuständig.

Zwar ging die Asylantragszahl nachfolgend zuerst zurück, ab 1988 stieg sie jedoch wieder an und erreichte mit über 438.000 im Jahr 1992 einen Höchststand. Dies führte 1992 zur Neuregelung des AsylVfG, was u. a. zur Folge hatte, dass Asylanträge nur noch beim BAFI gestellt werden konnten. 1993 verabschiedete der Bundestag den sogenannten „Asylkompromiss“, wodurch das Asylgrundrecht durch verschiedene Maßnahmen eingeschränkt wurde und die Asylbewerberzahlen deutlich zurückgingen. Während sich die Mitarbeiterzahl im BAFI auf 320 im Jahr 1982 erhöhte, stieg sie bis Ende 1993 auf 4100 zuzüglich tausend weiterer abgeordneter Kräfte von anderen Behörden – 1995 setzten dann Personalabbaumaßnahmen ein (Kreienbrink 2013, S. 403 ff.).

Weitere substanzielle Änderungen brachte das Zuwanderungsgesetz 2005, welches u. a. das AsylVfG änderte und mit dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) das AuslG ersetze. Das BAMF erhielt seinen jetzigen Namen, ihm wurde die Verantwortung für die neuen Integrationskurse und weitere Integrations- und Migrationsaufgaben übertragen, die Weisungsunabhängigkeit der Asylentscheider wurde aufgehoben und das Amt des „Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten“ gestrichen.

Hohe öffentliche Aufmerksamkeit kam dem BAMF im Verlauf der sogenannten „Flüchtlingskrise“ zu, welche außerordentlich hohe Asylbewerberzahlen (2015: 441.899, 2016: 722.370) als Auslöser hatte. Kritisiert wurde seine Aufgabenwahrnehmung, insbesondere im Bereich der Asylantragsbearbeitung, wofür einerseits eine unzureichende personelle Ausstattung und Defizite in der Qualifizierung der (Neu-)Beschäftigten sowie andererseits die Priorisierung der Quantität zu Ungunsten der Qualität seitens der Leitungsebenen verantwortlich gemacht werden (vgl. Bogumil et al. 2018, S. 28 ff.). Im Bundesamt wurden in Folge der Krise Maßnahmen zur Qualitätssteigerung, u. a. Personalqualifizierungsmaßnahmen, ein neues Qualitätssicherungskonzept für die Asylantragsbearbeitung sowie ein Qualitätsprüfungssystem für den Dolmetschereinsatz, ergriffen.

Quelle: Andersen, Uwe/Wichard Woyke (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 8., aktual. Aufl. Heidelberg: Springer VS 2021. Autor des Artikels: Jörg Bogumil

Fussnoten