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Sozialstaat | bpb.de

Sozialstaat

Ein Staat, der sich um soziale Gerechtigkeit bemüht und sich um die soziale Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger kümmert. Das Interner Link: Grundgesetz legt fest, dass die Bundesrepublik Deutschland "ein demokratischer und sozialer Bundesstaat" ist (Art. 20 GG).

Das Grundgesetz bezeichnet unseren Staat als einen demokratischen und sozialen Interner Link: Bundes- und Interner Link: Rechtsstaat [Art.20, Art.28 GG]. Damit wird ausgedrückt, dass sich die Gesetzgebung in unserem Staat auch um soziale Gerechtigkeit und die soziale Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu kümmern hat, also - kurz gesagt - auch Sozialpolitik zu betreiben hat.

Soziale Gesetzgebung hat in Deutschland eine lange Tradition. Ihr historisch ältester Zweig ist die Sozialversicherung. Als erstes Land der Welt führte Deutschland 1883 eine gesetzliche Krankenversicherung für Arbeiter ein. Sie besteht heute für alle abhängig Beschäftigten als Pflichtversicherung (bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe). Weitere gesetzliche Versicherungen sind hinzugekommen, die bei Arbeitslosigkeit, Unfall, Arbeitsunfähigkeit, Pflegebedürftigkeit einspringen und im Alter eine Rente zahlen. Sie sind meist bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe verpflichtend (Pflichtgrenze), können darüber hinaus aber auch freiwillig fortgeführt werden. Zusätzlich finanziert der Staat aus seiner Kasse soziale Leistungen, z.B. Kindergeld, Erziehungsgeld, Wohngeld, Interner Link: Hartz IV.

Nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) können an Auszubildende Beihilfen zur Berufsausbildung gezahlt werden, ebenso können Schülerinnen und Schüler weiterführender Schulen sowie Studentinnen und Studenten nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BaföG) vom Staat finanzielle Zuschüsse oder zinslose Darlehen erhalten.
Eine soziale Arbeitsgesetzgebung sorgt u.a. dafür, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsplatz nicht über Gebühr gefährdet oder belastet und werdende Mütter besonders geschützt werden, dass niemand von heute auf morgen entlassen werden kann, jeder bei Krankheit eine Zeit lang seinen Lohn weiter bezieht.

In Deutschland gibt es ein gesetzliches Anrecht auf Umschulung in einen anderen Beruf, Gesetze garantieren, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihrem Betrieb in unterschiedlicher Weise mitbestimmen können.

Im Mietrecht wird der Mieter gegenüber dem Vermieter geschützt, weil er in der Regel in der schwächeren Position ist.
Die Steuergesetze staffeln die Steuerhöhe nach sozialen Gesichtspunkten. Je höher der Verdienst ist, desto höher ist auch der Prozentsatz, der abgegeben werden muss. Dadurch wird in einem gewissen Maße auch eine sozialpolitisch erwünschte Umverteilung der Einkommen erreicht. Nach Abzug der Steuern ist der Unterschied zwischen hohen und niedrigen Gehältern nicht mehr so groß wie vorher. Steuergelder fließen z.B. auch in den sozialen Wohnungsbau, um erschwingliche Mieten zu erreichen, in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (Interner Link: ABM), um Arbeitslose wieder in Lohn und Brot zu bringen.

Dem Sozialstaatsgedanken entspricht, dass der Besuch staatlicher Schulen und Hochschulen kostenlos ist, und dass Studiengebühren an Hochschulen die tatsächlichen Ausbildungskosten bei weitem nicht decken, auch wenn z.B. ein Medizinstudent, der frei ist, später im Ausland eine besser bezahlte Stelle anzunehmen, die deutschen Steuerzahler im Jahr rund 40 000 Euro kostet.

Quelle: Thurich, Eckart: pocket politik. Demokratie in Deutschland. überarb. Neuaufl. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2011.

Fussnoten