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Simulation | bpb.de

Simulation Eigentliche Spielphase

Prof. Dr. Stefan Rappenglück Dr. Stefan Rappenglück

/ 3 Minuten zu lesen

Der Spielablauf ist abhängig vom gewählten Politikthema der Simulation und den damit verbundenen Entscheidungsprozess bzw. -verfahren, den beteiligen Akteuren mit ihren jeweiligen Rollenprofilen und den Spielregeln. In der Regel wechseln sich in einer Simulation inhaltliche Diskussion und Strategiebildung in Kleingruppen mit Plenarsitzungen ab.

Eine Debatte in einer Planspiel-Simulation. (© Planspiel der Akademie für Politische Bildung, Foto Rolf Poss)

Die Spielphase kann entweder durch eine Sitzung der Gesamtgruppe (z.B. durch eine Plenardebatte) oder durch die konstituierenden Sitzungen der Arbeitsgruppen beginnen. Anschließend finden zwischen den Spielgruppen intensive Verhandlungen in Form von gegenseitigen Präsentationen und Kontaktgesprächen statt. Aufgelockert werden die Sitzungen durch Pressekonferenzen, Briefings, Eilmeldungen und unvorhersehbare Ereignisse. Das Planspiel wird in der Regel in Plenum mit der Gesamtgruppe und durch eine Pressekonferenz abgeschlossen.

Die Kommunikation zwischen den Gruppen geschieht über die Spielleitung. Optimal verläuft eine Simulation dann, wenn die Spielleitung nicht zur Koordinierung der einzelnen Spielzüge beitragen muss.

Zeitgleich beginnt die Presse-Arbeit. Die Betreuung des Presseteams erfordert eine/n zusätzliche/n Teamer/in. Für eine optimale Mediengruppe sind ausreichende Hintergrundmaterialien (wie beispielsweise Szenarien, Länderprofile etc.) und Utensilien (Computer, Drucker, Kopierer, Stellwände, Digitalkamera) notwendig.

Idealtypisch sollte die Presse bei allen Plenar- und Ausschusssitzungen anwesend sein und damit auch den Entscheidungsprozess "nebenbei" verfolgen und dokumentieren können. Bei der Evaluierung kann dann auf die Dokumentation zurückgegriffen werden. Allerdings können – wie in der Realität auch – die Spielgruppen entscheiden, ob sie die Presse in ihren Arbeitsgruppen "zulassen".

Die Presse-Gruppe hat insbesondere zu Beginn einer Simulation einen recht engen Zeitplan und Handlungsdruck, weil möglichst früh Wandzeitungen an den Stellwänden veröffentlichen werden sollten, um den Ablauf des Planspiels zu dynamisieren.

Daher werden Informationen aus den Gruppen eingeholt, Hintergründe und Problemlagen recherchiert sowie erste Interviews durchgeführt. Die Journalisten schreiben ihre Artikel für die erste Ausgabe der Zeitung und veröffentlichen Presseerklärungen, die auf den Stellwänden aufgehängt werden. Falls eine Videoanlage vorhanden ist, beginnt auch das Videoteam bereits mit den ersten Aufnahmen für die später zu sendende Reportage.

Die Spielleitung sollte in dieser Phase die Gruppen kontinuierlich besuchen, um mögliche Verständnisfragen und Probleme aus dem Weg zu räumen, mögliche Informationsdefizite abzubauen und Impulse für die weitere Strategiebildung der Gruppen zu geben.

Zwischen den Sitzungen werden je nach Anlage der Simulation Talk-Shows integriert, die durch die Presse auf Stellwände angekündigt werden. Neben der spielerischen Auflockerung des Planspiels durch diese kreative Methode, ist der "innere Plan" eine möglichst knappe Information aller beteiligten einzelnen Gruppen über das bisherige Ergebnis und den Verhandlungsprozess im Planspiel.

Am Ende eines jeden Planspiels sollte in der Regel die Herausgabe einer kleinen Zeitung stehen, die alle Teilnehmenden zur Erinnerung an das Planspiel mitnehmen können. Ebenfalls sollte niemals versäumt werden, am Ende eines Planspieles der Presse-Gruppe für die geleistete Arbeit zu danken, die in relativ knapper Zeit zu erfolgen hat.

Während der Simulation können Situationen ("Leerlaufzeiten") entstehen, in denen die Gruppen unterschiedlich intensiv arbeiten müssen und können – dies gehört jedoch zum Spiel und muss didaktisch aufgefangen werden, z.B. durch weitere Pressegespräche oder Recherchearbeiten. Es sollten auch Pausen für informelle Gespräche und Unterbrechungen der Sitzungen eingeplant werden, weil – wie in der Realität – gerade in diesen Situationen Entscheidungen getroffen werden.

Aufgrund zeitlicher Restriktionen und der Komplexität des Politikgegenstandes muss der Verhandlungsablauf – beispielsweise in Europa bezogenen Simulationen – didaktisch reduziert werden. Diese didaktische Reduzierung führt jedoch keinesfalls zu einer gravierenden Verzerrung des europapolitischen Entscheidungsprozesses.

Prof. Dr. Stefan Rappenglück war bis März 2021 Professor für Europäische Studien/Politikwissenschaft an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München, Geschäftsführender Gesellschafter von Rappenglueck Simulations. Berlin-München und Lehrbeauftragter an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin und an der Hochschule München; Schwerpunkte: Europa, Europavermittlung, Planspiele, Mitglied der Jury des deutschen Planspielpreises, langjährige Erfahrung in Entwicklung, Durchführung und Evaluation von Politiksimulationen, Ausbildung von Trainerinnen und Trainern.