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Im Praxistest: Umwelt und Verkehr (2016) | bpb.de

Im Praxistest: Umwelt und Verkehr (2016) Themenblätter im Unterricht Nummer 113

Sven Greinke

/ 8 Minuten zu lesen

In der vorliegenden Ausgabe der "Themenblätter im Unterricht" thematisiert der Autor die Bedeutung des Verkehrs für die Gesellschaft und Wirtschaft, um davon ausgehend auch die (negativen) Folgen für die Umwelt differenziert diskutieren zu können.

Fachdidaktische Vorüberlegungen

Verkehr und Umwelt sind seit einigen Jahren zentrale Themen des öffentlichen Diskurses und haben dadurch auch immer mehr Eingang in die Themenspektren der Schulwelt erhalten. Die Globalisierung und das Leben in einer globalen Welt führen zu einem einen hohen Beförderungsbedarf an Menschen und Waren. Die negativen Folgen für die Umwelt durch Emissionsprozesse (sichtbar in Form des voranschreitenden und durch die Umweltbelastung verursachten Klimawandels) sind ebenso evident wie die Abhängigkeit bestimmter gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Prozesse vom Funktionieren des Verkehrs. In den letzten Jahren haben massive Naturereignisse den Verkehr ebenso zum Erliegen gebracht wie zum Beispiel zuletzt im Sommer des Jahres 2022 Warnstreiks des Personals der Flug- oder Flughafengesellschaften, was wiederum sowohl gesellschaftliche als auch wirtschaftliche Folgen hatte.

In der vorliegenden Ausgabe der "Themenblätter im Unterricht" thematisiert der Autor eben diese Bedeutung des Verkehrs für die Gesellschaft und Wirtschaft, um davon ausgehend auch die (negativen) Folgen für die Umwelt differenziert diskutieren zu können. Ziel ist es, das eigene Bewegungsverhalten zu reflektieren und möglicherweise umweltfreundlicher zu gestalten. Wenngleich das vorliegende Heft aus dem Jahre 2016 stammt und damit für ein so aktuelles Thema älter ist, bietet es einen fundierten Einstieg in ein sehr aktuelles Themenspektrum. Die Nutzung von Elektroautos, die infrastrukturelle Ausstattung mit zum Beispiel Ladestationen für diese Autos, die Diskussion um Tempolimits in Innenstädten und Überlandverkehrsstraßen sowie möglicherweise autofreie Zonen oder Wochentage in Städten, die Ausweitung und Finanzierung des öffentlichen Personenverkehrs sind nur einige prominente Beispiel aus diesem Spektrum. Einen vorläufigen Höhepunkt erfuhr dieser Diskurs im Sommer 2022 durch die Einführung eines bundesweit gültigen 9€-Tickets im Regional- und Nahverkehr in Folge des Kriegs in der Ukraine und der damit verbundenen massiven Erhöhung der Preise für Versorgungsgüter und Gas.

Neben dem finanziellen Aspekt wurde und wird hierbei auch der Umweltaspekt kontrovers diskutiert. Der große Erfolg des 9€-Tickets hat deutlich gemacht, dass für viele Menschen der (in diesem Fall mitunter auch finanziell erzwungene) Umstieg auf öffentliche Beförderungsmittel durchaus attraktiv ist. Auch dadurch kann auf lange Sicht die Belastung für die Umwelt reduziert werden. Die Fortführung eines solchen Angebots ist von vielen Seiten (Verbänden und politischen Parteien gleichermaßen) gefordert worden, zuletzt wurde gar die Möglichkeit thematisiert, auch Taxis in eine mögliche Lösung einzubeziehen, um den Umkreis von Bahnhöfen noch besser erschließen zu können. Gerade in Städten wie Berlin ist die Reduzierung des Autoverkehrs ein schon lange und kontrovers diskutiertes Thema. Der oben thematisierte Zusammenhang zwischen Verkehr und Umwelt auf der einen Seite und die Auswirkung des Verkehrs (in diesem Fall seiner Finanzierung und der Anbindung der Menschen an diesen) auf das gesellschaftliche und politische Leben ist anhand dieses aktuellen Beispiels evident.

Aktuelle politische Themen sind für Schülerinnen und Schüler häufig sehr motivierend, da Themen wie der Klimawandel und die Mobilität sie persönlich unmittelbar betreffen und jeder Schüler und jede Schülerin hier recht niederschwellig tätig werden kann. Der große Erfolg der Bewegung Fridays for Future auch in den Schulen hat gezeigt, dass der Schutz des Klimas ein für junge Menschen zentrales Thema ist, für das diese einzutreten bereit sind. Die negativen Auswirkungen des Klimawandels sind gerade für diese Generation von hoher Relevanz, sodass viele daran interessiert sind, mehr über die Hintergründe dieses Themenkomplexes und ihre eigenen Handlungsoptionen zu erfahren. An vielen Schulen haben sich in den letzten Jahren Gruppen (bis hin zu ganzen Schulen) formiert, die verstärkt auf den Schutz des Klimas hinarbeiten, klimaneutral arbeiten wollen oder an Aufklärungsaktionen teilnehmen, um die Bedeutung des Themas weiter zu verbreiten. Für Schulen ist die Verbindung von Verkehr und Schule auch deswegen bedeutsam, weil hier verschiedenste Jahrgänge in den Schulen auf dem Kompetenzstand der jeweiligen Jahrgangsstufe tätig werden können.

Aufbau und Struktur des Materials

Das angebotene Material ist zum Teil eine konkrete Handreichung für den Unterricht und bietet einige gute und praktikable Ansatzpunkte und Materialien. Das Heft besteht aus vier Seiten, auf denen der Lehrkraft Hintergrundinformationen sowie eine kurze Einführung zum Thema geboten werden, sowie aus zwei Arbeitsblättern für die Schülerinnen und Schüler mit insgesamt vier Aufgaben. Anschließend finden sich auf Seite 9 des Hefts weiterführende Hinweise zu weiteren Materialien der Bundeszentrale für politische Bildung (inklusive Online-Angeboten) und zu Internetadressen zum Thema.

Die zwei Arbeitsbögen bauen inhaltlich aufeinander auf: Auf dem ersten Arbeitsbogen (Aufgaben 1 und 2) werden Mobilität und Verkehrsmittel sowie das individuelle Verkehrsverhalten thematisiert. Auf dem zweiten Arbeitsbogen (Aufgaben 3 und 4) sind dann zum Verkehr und Klimawandel und zum anderen die Frage, wie der Ausstoß von CO2 verringert werden kann, der Gegenstand.

Der Einstieg in der ersten Aufgabe ist mit der Zuordnung von Verkehrsmitteln, die in Form von Bildern dargeboten werden, zu Bewegungsanlässen anschaulich und nicht sehr komplex gehalten. In der zweiten Aufgabe sollen die Schülerinnen und Schüler basierend auf einer vierspaltigen Tabelle (mit den Kategorien Verkehrsmittel, Nutzungsgründe, zurückgelegte Kilometer und Zeitaufwand) ihr eigenes Bewegungsverhalten an einem Tag in der Woche sowie einem Tag am Wochenende systematisieren, mit Mitschülerinnen und Mitschülern diskutieren und dann eine persönliche CO2-Mobilitätsbilanz auf Basis des CO2-Rechners des Umweltbundesamtes erstellen.

In der dritten Aufgabe wird direkt auf das eigene, in Aufgabe 2 ausgewertet Bewegungsverhalten Bezug genommen, um ausgehend davon zu erarbeiten, wie die Schülerinnen und Schüler tun können, um die Umwelt weniger zu belasten. Mögliche Lösungen werden individuell entwickelt und dann gemeinsam diskutiert. Wiederum aufbauend darauf findet zum Abschluss eine Pro-Contra-Diskussion zu den Themenbereichen Carsharing, Tempolimit und Elektroautos statt, die als Möglichkeit untersucht werden, die CO2-Emission zu reduzieren. Hilfreich ist hier der Verweis auf die Methode der Pro-Contra-Diskussion in der Methodenkiste der bpb.

Für die beiden genannten Arbeitsbögen stehen zudem im Lehrermaterial weitere fundierte Materialien wie Grafiken und Schaubilder zur Verfügung, die der Lehrkraft zum einen zur individuellen Vorbereitung, zum anderen auch zur Ausweitung des Unterrichtsangebots zur Verfügung stehen. Meines Erachtens eignet sich das hier angebotene Material sehr gut, um das Themenheft sachgerecht in verschiedenen Jahrgängen und auch in verschiedenen Kompetenzstufen (an möglicherweise unterschiedlichen Schultypen) einsetzen zu können. Hier wären für einen unmittelbaren didaktischen Einsatz noch weiterführende Hinweise wünschenswert, um dieses reichhaltige Angebot auch didaktisch fundiert einsetzen zu können.

Anregungen für den Unterricht

Das Thema "Verkehr und Umwelt" ist wie oben beschrieben gegenwärtig sehr wichtig und aufgrund des quasi Alters der handelnden Akteure mit Sicherheit auch für die Schülerinnen und Schüler sehr motivierend. Daher bietet das Material meines Erachtens auch einen sehr guten Anknüpfungspunkt an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler.

Eine konkrete Empfehlung für den Einsatz des Films im Unterricht hinsichtlich Jahrgangstufe und Schulform gibt es ebenso wenig wie einen möglichen tabellarischen Verlaufsplan einzelner möglicher Bausteine einer potentiellen Unterrichtseinheit. Das Themenheft ist zwar für den unmittelbaren Einsatz im Schulunterricht konzipiert, erfordert aber (abhängig von Jahrgangstufe und Kompetenzstand der Lerngruppe) noch eine eigene didaktische Aufbereitung. Es bietet sehr wertvolle Grundlagen, Hinweise und in Form der beiden Arbeitsbögen und der dort formulierten Arbeitsaufträge auch konkrete Anwendungsmöglichkeiten.

Das Thema Umwelt und Verkehr ist in der Sekundarstufe I auch schon in der siebten Klasse von Interesse, der Einsatz des hier vorliegenden Materials erscheint aber insgesamt zu komplex, hier wäre eine Reduktion der Aufgaben oder einzelner Aufgabenteile meines Erachtens notwendig. Für den Einsatz in einer 8. oder 9. Klasse scheint das Material mit einiger didaktischer Hinführung und Begleitung didaktisch sinnvoll einsetzbar zu sein. Für den Einsatz in der 10. Jahrgangsstufe sowie in der Sekundarstufe II sind die beiden Arbeitsbögen je nach Kompetenzstand der Lerngruppen gut geeignet, müssten aber bei Bedarf auch noch durch zusätzliche Materialien vertieft werden. Der Vorteil des hier vorliegenden Materials ist meines Erachtens, dass es sehr strukturiert aufeinander aufbaut und auch die etwas komplexeren Aufgaben oder Aufgabenteile weggelassen oder verändert werden können. Zudem können die fundierten Grafiken aus dem Lehrermaterial auch in die Planung des Unterrichts einfließen (oder zumindest aufgrund ihres "Alters" einen Anhaltspunkt dafür bieten, in welchen Bereichen Materialen für den Einstieg oder eine mögliche Vertiefung an welchem Fundort zur Verfügung stehen).

Meines Erachtens bietet das Material eine gute Grundlage, um das Thema Verkehr und Umwelt im Unterricht zu behandeln. Je nach zur Verfügung stehendem Zeitvolumen kann (und möglicherweise sollte) das Material aber durch weitere Themen, die auch etwas aktueller als 2016 sind, ergänzt werden. Hier könnte zum Beispiel auf das 9€-Ticket, die Nutzung von Leih-Fahrrädern oder E-Scootern gerade in Großstädten ebenso eingegangen werden wie auf weitere Themenbereiche, die zum Beispiel unmittelbar mit dem gegenwärtigen Krieg in der Ukraine zusammenhängen. Auch eine Verbindung zum Thema Ernährung und Transport von Nahrungsmitteln ist möglich und mit Sicherheit für viele Schülerinnen und Schüler motivierend. Hier ist eine individuelle Schwerpunktsetzung je nach Rahmenlehrplan und schulinternem Curriculum sehr gut möglich.

Die auf dem Material formulierten Arbeitsaufträge, gerade zu den Aufgaben 3 und 4, könnten auch zu einer umfassenderen Projektarbeit ausgedehnt werden. Ausgehend von Aufgabe 3 könnten die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel ein eigenes Projekt zu diesem Thema entwerfen, das sie in unterschiedlicher Form präsentieren (als Podcast, Werbeplakat, Gründung von einer "politischen" Bewegung, konkrete Ideen für Projekte an der Schule). Es wäre dann auch möglich, mit den hier entstandenen Produkten der Schülerinnen und Schüler die im Material in Aufgabe 4 vorgenommen Urteilsbildung und Diskussion vorzunehmen. Das hätte den Vorteil, dass die Schülerinnen und Schüler eine unmittelbare Wertschätzung für ihre Arbeit erhalten.

Besonders attraktiv und für Lerngruppen unterschiedlicher Altersklasse motivierend ist ein von dem Thema ausgehender Gestaltungsspielraum für die Schülerinnen und Schüler. Sie könnten sowohl ihre Schulumgebung wie auch ihre private Umgebung mit den Produkten oder Ideen aus dieser Unterrichtsreihe gestalten. Besonders motivierend sollte die Tatsache sein, dass sich der in dieser Einheit vermittelte Unterrichtsstoff unmittelbar auf den Lebensalltag der jungen Menschen bezieht und diese möglicherweise ihre Gewohnheiten umstellen, wenn sie Hintergründe und Folgen ihres Handelns kennen und mögliche Alternativen entwickelt haben.

Zugriff und weitere Literatur

Das Material ist auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung unter Interner Link: https://www.bpb.de/shop/materialien/themenblaetter/236222/umwelt-und-verkehr/ eingebettet und kann dort kostenlos als PDF heruntergeladen werden.

Direkt auf der Seite finden sich Hinweise zu weiterer Literatur, die das Thema vertieft (hier Klimaschutz: Wissen und Handeln aus dem Jahre 2021).

Im Themenhaft ist auf Seite 9 eine umfangreiche Literatur- und Linkliste abgedruckt, die zwar mit dem Veröffentlichungsjahr des Filmes (2016) endet, aber neben einer Vielzahl an Veröffentlichungen der bpb zu Hintergrundinformationen auch über Verweise auf sehr fundierte Internetseiten verfügt, die ständig aktualisiert werden:

Externer Link: https://www.klimaschutz.de/de

Externer Link: http://fussabdruck.de/

Externer Link: https://fops.de/ (mobilitaet21)

Besondern sinnvoll für den Einsatz im Unterricht im Unterricht ist die Seite Externer Link: https://www.umwelt-im-unterricht.de/, da hier regelmäßig Materialien für den Unterricht eingestellt werden. Auch ein Blick auf die Seite Externer Link: https://fridaysforfuture.de/ ist lohnenswert. Insgesamt finden sich im Netz aber ausgehend von den hier genannten Themen und Seiten viele aktuelle und gute Quellen.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Sven Greinke, Politiklehrer aus Berlin