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Im Praxistest: Erinnerungsorte – App | bpb.de

Im Praxistest: Erinnerungsorte – App

Sarah-Amina Brunzlow Amina Brunzlow

/ 3 Minuten zu lesen

75 Jahre nach der Wannseekonferenz wird Geschichte dank einer neuen App digital erfahrbar gemacht. "Erinnerungsorte für die Opfer des Nationalsozialismus" fordert die Nutzer auf, Geschichte mobil zu erleben und mitzugestalten. Erinnern und Gedenken brauchen Offenheit, Empathie, aber auch Neugier. Durch den modernen Zugang zu den Erinnerungsorten werden Schülerinnen und Schüler motiviert, den Geschehnissen der Zeit auf die Spur zu kommen, historische Orte und Gedenkstätten zu erforschen, zu deuten und in ihrer geschichtskulturellen Darstellung zu interpretieren.

Konzeption des Materials

Die bedienungsfreundliche und kostenlose App lässt sich leicht für Android- und Applenutzer herunterladen. Nach dem Öffnen kann man sich Erinnerungsorte in seiner Umgebung anzeigen lassen oder gezielt nach Einrichtungen, Städten und Bundesländern suchen. Angezeigt werden Erinnerungsorte wie z.B. Gedenkstätten, Museen, Mahnmale, Dokumentationszentren sowie Bildungsstätten und Initiativen in Deutschland. Die vorgestellten historischen Orte dienen der Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Das aktuell umfassende Angebot von 430 Lokalitäten wird stetig erweitert und überarbeitet. Die Verbesserung des Angebots richtet sich auch an die Nutzer, die neue Orte vorschlagen oder Fehler melden können.

Als Ergebnis der Suche werden Stecknadeln auf der Landkarte angezeigt, die den konkreten Erinnerungsort benennen und einen kurzen Informationstext sowie pädagogische Angebote, Kontaktmöglichkeiten, genaue Lage und Öffnungszeiten liefern. Neben der Suche nach spezifisch gewünschten Bundesländern kann auch nach Kategorien wie z.B. Bildungsstätte, Mahnmal, Museum usw. gefiltert werden. Die Ergebnisse können in vier verschiedene Typen aufgeteilt werden: Orte geschichtlicher Ereignisse (z.B. Neue Synagoge Berlin), bedeutender Strukturen (z.B. KZ Sachsenhausen), historischer Veränderungen (z.B. KZ Dachau) sowie gedeuteter Geschichte (z.B. Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin).

Einsatzmöglichkeiten im Unterricht und Anregungen

Die App kann in verschiedenen Szenarien eingesetzt werden. Thematisch sinnvoll einbetten lässt sich die Arbeit mit der App zum Thema "Erinnerungsorte des Nationalsozialismus" in der 9. und 10. Klasse des Geschichtsunterrichts oder im 3. Kurshalbjahr in der Oberstufe. Darüber hinaus kann sie für Kurs- oder Klassenfahrten gezielt als Planungshilfe eingesetzt oder in einer Projektwoche in der eigenen Stadt vertiefend genutzt werden.

Historisches Lernen am realen Ort bringt viele Vorteile mit sich. Die räumliche und sinnliche Wahrnehmung authentischer Plätze ist nicht nur motivierend, sondern fördert auch die Imaginationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Zudem können an Ort und Stelle Informationen, Kontext und Deutungen in unterschiedlichen Sozialformen erschlossen werden. Entlastet werden kann dies, indem Lehrerinnen und Lehrer im Vorhinein Kurzvorträge oder Fragebögen verteilen. Notwendig sind eine gute Vorbereitung sowie klare methodische und thematische Schwerpunktsetzungen. Das Sprechen über Eindrücke und Gefühle sollte genügend Raum finden, genau wie das Herausstellen der Ursachen bestimmter Wahrnehmungen. Zudem können vorbereitende Informationstexte und das Äußern von Erwartungen sowie die anschließende Reflexion dieser, entlastend wirken. Verwiesen werden soll an dieser Stelle auf das Dossier Geschichte begreifen, das projektorientierte Methoden zum Schwerpunkt der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten vorstellt. (Interner Link: http://www.bpb.de/lernen/projekte/geschichte-begreifen/).

Man kann die Schülerinnen und Schüler mithilfe der App gut die Entscheidung für eine Auswahl an Erinnerungsorten übertragen, ohne dabei Vorgaben und Schwerpunkte vorwegzunehmen. So fördert man methodisch das selbständige Erkunden außerschulischer Lernorte. Wenn es in der Stadt verschiedene Erinnerungsorte gibt, könnten diese unter mehreren Kleingruppen aufgeteilt werden. Es können aber auch, aufgrund einer fehlenden Auswahl, des Alters der Gruppe oder der Schwerpunktsetzung auf einen Ort, alle gemeinsam einen Erinnerungsort besuchen. Die Schülerinnen und Schüler könnten sich in beiden Varianten den Erinnerungsort beispielsweise in einer produktiven Zugangsweise erschließen, indem sie das Angebot der App durch ein Produkt ihrer Wahl, passend zum Erinnerungsort, ergänzen (z.B. Flyer, Blogs, Audioguides, Radiobeiträge etc.). Eine zweite gängige Zugangsweise, neben der Erkundung, ist die Erschließung eines Erinnerungsortes unter einer bestimmten Thematik (Veränderungen der baulichen Struktur, Opfergruppe, Strukturen des NS-Gewalt). Um solche Exkursionen nicht zu überfrachten, ist es sinnvoll, sich für eine Zugangsweise zu entscheiden. Auch hier können die Schülerinnen und Schüler produktiv tätig werden. Das Teilnehmen an geführten Touren könnte ebenfalls sinnvoll sein.

Fussnoten

Sarah-Amina Brunzlow unterrichtet Geschichte und Deutsch an einem Berliner Gymnasium.